Kurz & bündig

- In der «Association du Grillon» führen vier Landwirte eine Fruchtfolgegemeinschaft.
- Sie bewirtschaften total 229 ha.
- Rentabilität und Lebensqualität konnten gesteigert werden.
- Neu haben die Landwirte auch einen gemeinsamen Stall gebaut.

Am Anfang war die Idee, dass wir zusammenarbeiten möchten», erinnert sich Landwirt Christian Stähli, einer der drei Gründer der «Association du Grillon». Das war im Jahr 2006, und seine Berufskollegen Josy Pavillard und Jean-Pierre Wenger teilten diese Ansicht.

Dossier Jahresthema 2021 «Hand in Hand» – die Serie zum Thema Zusammenarbeit Wednesday, 27. January 2021 Zu jener Zeit schrieb Nicolas Pavillard, der Sohn von Josy, seine Diplomarbeit an der ETH Zürich. Das Thema: Innovative Zusammenarbeitsformen in der Landwirtschaft. Der Betreuer: Bernard Lehmann, später Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft. Wie genau diese Zusammenarbeit aussehen sollte, wussten die drei damals noch nicht. «Wir haben uns als Berufskollegen aber immer sehr gut verstanden und einander bereits damals vertraut», erinnert sich Stähli.

Jeden Samstag ein Meeting, um die Zusammenarbeit zu planen

Fortan trafen sich die Landwirte jeden Samstag, um gemeinsam einen idealen Weg für eine passende Zusammenarbeit zu finden. Das Ziel war klar: Sie wollten durch eine Zusammenarbeit effizienter werden. Sie wollten flexibler sein im Arbeitsalltag und dadurch ihre Lebensqualität steigern. Dadurch sollte es besser möglich sein, Ferien zu machen oder einem Nebenjob nachzugehen. Und der Verdienst sollte für alle gesteigert werden.

Die Lösung: Fruchtfolgegemeinschaft gegründet

Nach vielen Sitzungen und Gesprächen, auch unter Einbezug der Partnerinnen der Landwirte, kristallisierte sich eine Lösung heraus: Die Gründung einer Fruchtfolgegemeinschaft. Jedes Mal nach einem Meeting gab es «Hausaufgaben», alle waren angehalten, sich bis zum nächsten Samstag Gedanken zu einem Thema zu machen: Wie soll die rechtliche Form sein? Wie wird der Gewinn verteilt? Wie wird die Arbeit der Landwirte entschädigt? Der Start erfolgte im Jahr 2007, nur ein Jahr nach Beginn der Gespräche.

Eine Gemeinschaft braucht Bereitschaft zur Zusammenarbeit

Entscheidend war gemäss Nicolas Pavillard, dass alle von Anfang den Willen und die Bereitschaft hatten, zusammenzuspannen und einander zu vertrauen. Erst danach suchte man im Detail nach geeigneten Lösungen. Pavillard kennt den anderen Lösungsansatz: Von Hochschulen wurden Studien mit Pilotbetrieben durchgeführt. Die Studien zeigten auf, dass alle untersuchten Betriebe von einer Zusammenarbeit wirtschaftlich und sozial profitiert hätten. Umgesetzt wurden diese Fruchtfolgegemeinschaften in der Praxis aber letztendlich selten. Es scheiterte am Willen der Landwirte. Die Bereitschaft zur Zusammenarbeit muss die Basis sein.

Wieso gibt es nicht mehr Fruchtfolgegemeinschaften? Nicolas Pavillard sagt dazu: «Die Bauern haben oft das Gefühl, sie verlieren dadurch an Selbstständigkeit und sind weniger unabhängig. In unserem Fall war aber genau das Gegenteil der Fall!»

Dank Fruchtfolgegemeinschaft: Weniger Druck auf die Bauern und stressfreie Ferien

Konkret heisst das: Mit der Frucht-folgegemeinschaft erzielten die Landwirte bessere Einkommen für alle Betriebe. In einem ersten Schritt konnten die Landwirte Maschinen verkaufen, weil nicht mehr jeder einen eigenen Grubber brauchte. Zudem gab es weniger Druck für die Bauern. «Es ist schön, wenn man Entscheide gemeinsam fällen kann. Meistens kommen wir so auf eine bessere Lösung, als wenn man alles selber wissen und entscheiden muss.»

Und plötzlich war es möglich, im Sommer zwei Wochen ohne Stress Ferien zu machen. Die anderen Landwirte kümmerten sich in der Zwischenzeit um alles. Auch bei Krankheit oder einem Unfall ist sichergestellt, dass es nahtlos weitergeht, weiss Christian Stähli, der seine Hüfte operieren musste.

Alle Entscheide der Fruchtfolgegemeinschaft werden im Konsens gefällt

Doch wie genau sieht die Organisation und Aufgabenteilung in der «Association du Grillon» aus? «Anfangs haben wir uns ein bis zwei Mal pro Woche getroffen, um die anstehenden Arbeiten zu besprechen», erinnert sich Nicolas Pavillard. Grundsätzlich werden alle Entscheide gemeinsam durch Konsens gefällt. Die Fruchtfolge wird ebenso diskutiert wie die Anbaustrategie.

Längst haben sich in der Fruchtfolgegemeinschaft Automatismen eingespielt. Es findet keine wöchentliche Sitzung mehr statt. «Wichtig ist aber, dass immer alle informiert werden. Manchmal besprechen wir zu zweit, dass wir das Gras mähen möchten. Bevor wir das tun, werden alle anderen informiert. Ist die Wetterlage unsicher und jemand hat ein ungutes Gefühl, einigen wir uns manchmal auch darauf, nur die Hälfte zu mähen.» Streit oder Uneinigkeit gab es bisher – man glaubt es kaum – noch nie. «Wir haben immer gemeinsam diskutiert und Lösungen gefunden.»

Das ist möglich, weil die Charakteren zueinander passen. Und weil der Wille zur Zusammenarbeit ungebrochen ist. «Wir alle wissen, was wir aneinander haben. Da lohnt es sich absolut nicht, wegen der Frage, ob wir heute oder erst in einer Woche Weizen säen sollen zu streiten», sind sich alle einig.

Auch die finanziellen Belange der Fruchtfolgegemeinschaft sind klar geregelt

Alle, das sind neben Nicolas Pavillard, Christian Stähli und Sébastien Wenger, der den Betrieb mittlerweile von seinem Vater übernommen hat, auch David Brand. Er hat den elterlichen Betrieb im Jahr 2016 übernommen und ist sofort in die Fruchtfolgegemeinschaft eingestiegen. «Das war rückblickend der beste Entscheid, den ich hätte treffen können», lacht Brand. Sein Vater sei anfangs zwar skeptisch gewesen, mittlerweile ist aber auch er überzeugt.

Damit alles gut klappt, müssen natürlich auch die finanziellen Belange genau geregelt sein. Wann immer einer der Landwirte für die Association arbeitet, wird sein Einsatz mit einem Stundenlohn von 32 Franken abgerechnet. Es gibt selten Diskussionen, wer jetzt welche Arbeit ausführen kann, «es ist genug für alle da», sagt Nicolas Pavillard und lacht.

Die Fruchtfolgegemeinschaft bezahlt alle Arbeiten auf den Feldern, und sämtliche Erlöse gehen auch an die Gemeinschaft. Abgerechnet wird dann nach dem jeweiligen Flächenanteil, den die Gesellschafter in die Gemeinschaft eingebracht haben.

Nicolas Pavillard brachte 73 ha, David Brand deren 53, Sébastien Wenger 73 Hektaren und Christian Stähli 30 Hektaren. Die Kosten und die Erlöse jeder Parzelle werden anteilsmässig durch vier geteilt, auch die Direktzahlungen.

«Somit spielt es keine Rolle, ob zuerst der Weizen auf «meinem» Feld oder jener bei Christian gedroschen wird. Mein und Dein ist nicht mehr wichtig, wir machen das gemeinsam», sagt Nicolas Pavillard.

Massgeschneiderte Lösung für Direktzahlungen an die Mitglieder der Fruchtfolgegemeinschaft

Damit die Direktzahlungen anteilsmässig richtig und direkt an jeden Betrieb separat ausbezahlt werden, teilen die Landwirte alle Parzellen durch vier. Alle melden ihren Anteil im kantonalen Portal an. Aktuell arbeiten die Landwirte und der Kanton gemeinsam an einer neuen massgeschneiderten Lösung, um dieses etwas mühsame Anmeldeprozedere zu vereinfachen.

Maschinen vom Lohnunternehmen Pavillard gemietet

Eine gute Voraussetzung für die Fruchtfolgegemeinschaft ist auch, dass die Familie Pavillard ein separates Lohnunternehmen besitzt. «Die Association kann vom Lohnunternehmen auf einen sehr guten Fuhrpark zurückgreifen, weshalb die einzelnen Teilhaber ihre Maschinen teilweise verkaufen konnten. So können wir individuell Kosten einsparen. Es ist weniger Kapital gebunden», erklärt Pavillard.

Die Landwirte können die Maschinen des Lohnunternehmens einsetzen, abgerechnet wird mit normalen Tarifen. Ein weiterer Vorteil ist, dass zum Lohnunternehmen eine Werkstatt gehört. «Wenn wir Reparaturen an unseren Maschinen vornehmen, macht das auch das Lohnunternehmen», erklärt Pavillard.

Die Mitglieder der Fruchtfolgegemeinschaft sammeln gemeinsam Steine und entfernen Disteln

Gibt es auch Arbeiten, die niemand gerne macht und zu denen jemand verknurrt werden muss? «Nein», sagen alle gleichzeitig. Die Lösung ist elegant: Unliebsame Arbeiten wie etwa Steine einzusammeln oder Disteln zu entfernen werden einfach gemeinsam erledigt, und wiederum bekommen alle einen Stundenlohn von 32 Franken, egal welche Arbeit gemacht wird.

Wenn man solche Arbeiten zusammen macht, kann es manchmal sogar ziemlich lustig sein», sagt Sébastien Wenger, und so wie alle dabei lachen, glaubt man es sogar.

Auch wenn alle Bauern in die Entscheidungen einbezogen werden, bietet die Gemeinschaft doch auch Möglichkeiten, sich zu spezialisieren und zu professionalisieren. Christian Stähli war früher in erster Linie als Maschinist tätig.

Heute belastet ihn diese Arbeit körperlich, und er hat sich darauf spezialisiert, die Kulturen zu überwachen. «Wenn wir 30 Hektaren Raps haben, lohnt es sich, wenn jemand täglich prüft und schaut, ob wir wirklich Schneckenkörner streuen oder den Glanzkäfer bekämpfen müssen.»

Dieses Jahr konnte man komplett auf Schneckenkörner verzichten, weil Stähli die Kultur täglich genau im Auge hatte und feststellte, dass keine Gefahr durch Schneckenfrass besteht.

«So können wir jährlich viel Geld sparen», wissen die Landwirte. Und sie wissen es genau: Die Abrechnung bringt die Kostenwahrheit ans Licht, weil sämtliche Stunden, Hilfsstoffe, Maschinen und Direktzahlungen ehrlich abgerechnet werden.

Auch strategische Neuausrichtung der Fruchtfolgegemeinschaft gemeinsam tragen

Gab es nie kritische Momente, in denen man aneinandergeraten ist und jemand über einen Ausstieg nachgedacht hat? Auch hier kommt die Antwort einstimmig: Nein. Auch wenn eine strategische Neuausrichtung kommt, wird das mitgetragen. So werden einige Kulturen nach IP-Suisse-Richtlinien angebaut, was zu Beginn kaum in Frage gekommen wäre. Mit der Zeit hat man sich aber wieder mit Thema auseinandergesetzt, probiert, gerechnet – und ist einstimmig zum Schluss gekommen, dass dies bei einigen Kulturen der richtige Weg ist.

Wer sich für eine Fruchtfolgegemeinschaft interessiert, braucht dafür vor allem die richtigen Partner. Nicolas Pavillard vergleicht die Association du Grillon mit einer Gemeinschaftspraxis für Tierärzte: «Mehr Effizienz, mehr Flexibilität, tiefere Kosten, bessere Rentabilität, mehr Lebensqualität.»

Auch andere Landwirte haben sich bei den Bauern aus Orges VD nach ihrem Erfolgsrezept erkundigt. «Einige konnten kaum glauben, dass das bei uns klappt. Es kamen viele Einwände, beispielsweise, dass nicht alle gleich guten Boden in die Gemeinschaft einbringen. Das war aber nie eine Diskussion bei uns», so Pavillard.

Seit Anfang 2020 ist der neue Stall der Fruchtfolgegemeinschaft in Betrieb

Wie ernst die Zusammenarbeit den Landwirten ist, zeigt sich nicht nur an der bereits 14 Jahre dauernden Fruchtfolgegemeinschaft. Ihr neuestes Projekt hat eine neue Dimension der Verbindlichkeit gebracht: Die drei Landwirte Brand, Pavillard und Wenger haben gemeinsam einen neuen Stall für Mastschweine und Rindermast, Futtersilos und eine eigene Futtermühle gebaut.

Der Stall bietet Platz für 340 Mastschweine, die zu 85 Prozent mit hofeigenem Futter gemästet werden. Die Familie Pavillard besitzt zudem eine Metzgerei, an die ein Grossteil der Schweine zu einem fixen Preis von Fr. 5.–/kg Schlachtgewicht verkauft werden.

Im Rinderstall stehen Salers-Mutterkühe und Masttiere. Die Mutterkuh-Herde soll auf 70 Stück ausgebaut werden. Ein wichtiger Grund für die Investition ist, die Wertschöpfung auf dem Betrieb zu behalten und mit Hofdüngern wie Mist und Gülle die Fruchtbarkeit der Böden langfristig sicherzustellen. Der Stall wurde Anfang 2020 in Betrieb genommen, der Baurechtsvertrag läuft über 60 Jahre.

Es wäre untypisch für die Landwirte aus Orges, wenn nicht bereits das nächste Projekt anstehen würde. So soll im nächsten Jahr eine neue Biogasanlage gebaut werden – natürlich gemeinsam.

 

Fruchtfolgegemeinschaft «Association du Grillon», Orges VD

Mitglieder und Arbeitskräfte: Nicolas Pavillard, Christian Stähli, Sébastien Wenger, David Brand (seit 2016)
Gegründet: 2007
Fläche total: 229 ha
Kulturen: Futterweizen, Brotweizen (IP Suisse), Erbsen, Raps, Kunstwiesen, Mais, Zuckerrüben (IP Suisse), Dinkel (IP Suisse), Hartweizen (IP Suisse), Sonnenblumen (IP Suisse), Gerste
Besonderes: Eigene Verwertung mittels betriebseigener Mühle von Futterweizen, Gerste und Erbsen als Kraftfutter für Rinder- und Schweinemast

 

Ziele der Fruchtfolgegemeinschaft «Association du Grillon»

- Effizienz durch Grösse (Parzellen bis 21 ha)
- Gemeinsame Planung der Fruchtfolge
- Gemeinsamer Einkauf der Hilfsstoffe
- Gemeinsamer Verkauf der Ernte
- Bessere Auslastung der Maschinen
- Flexibilisierung der Arbeitszeit
- Steigerung der Rentabilität
- Zusammenarbeit unter Wahrung der Selbstständigkeit