Kurz & bündig

- Trotz vieler LehrabgängerInnen bleiben Stellen in der Landwirtschaft schwer zu besetzen, besonders in der Tierhaltung.
- Attraktive Arbeitsbedingungen, gute Unterkünfte und klar geregelte Arbeitszeiten helfen, Personal zu gewinnen.
- Höhere Einkommen in der Landwirtschaft und richtige Rahmenbedingungen sind dafür entscheidend.

Seit mehreren Jahren sind die Lernendenzahlen im Berufsfeld Landwirtschaft auf hohem Niveau. Aktuell befinden sich 3800 Lernende in Ausbildung für einen landwirtschaftlichen Beruf. Etwa 1000 von ihnen werden im Sommer ihr Fähigkeitszeugnis entgegennehmen.

Was sie danach machen, ist dem Bildungswesen-Geschäftsbereich Agriprof des SBV unbekannt. Dazu fehlen die nötigen Zahlen. Bekannt ist aber, dass es zunehmend schwierig ist, die offenen Arbeitsstellen auf Landwirtschaftsbetrieben zu decken.

Die Personalthematik beschäftigt auf dem Gemüsebetrieb täglich

In der sommerlichen Hauptsaison stehen bis zu 26 Personen auf der Lohnliste von Petra und Martin Krucker. Zusammen führen sie den Auhof in Wagen SG. Auf ihrem 13-Hektaren- Betrieb kultivieren sie Beeren, Gemüse und Salate. Vermarktet werden ihre Produkte im Hofladen, auf dem Markt oder mit Gemüseabos.

Betriebsspiegel Auhof

Petra und Martin Krucker, Wagen SG
LN: 13 ha
Kulturen: 2 ha Beeren (7 Sorten), 7 ha Gemüse und Salate (24 Sorten), Blumenfelder
Tierbestand: 85 Mastkälber im Lohn
Arbeitskräfte: Betriebsleiterehepaar, Vater des Betriebsleiters, 9 bis 11 Personen (Teilzeit/Stundenlohn) in der Vermarktung, 2 bis 11 Personen (ausländische Arbeitskräfte) auf dem Feld, 2 Büroangestellte (Teilzeit), 1 Köchin (Vollzeit)

www.auhofwagen.ch

Ihre Angestellten lassen sich in zwei Hauptgruppen typisieren. In der Vermarktung arbeiten vorwiegend Schweizer Frauen über 50; entweder in fixen Teilzeitpensen oder auf Stundenlohnbasis.

Für die Feldarbeiten engagieren Kruckers ausländische Angestellte. Die meisten von ihnen sind Studierende, die von Juni bis September auf dem Auhof arbeiten. Über die Jahre konnten sich Kruckers ein Netzwerk aufbauen. Es ist ihnen möglich, ohne Zwischenvermittlung AusländerInnen zu rekrutieren.

Erfolgreiche Vermittlungen sind nicht selbstverständlich. Kürzlich reiste ein Paar am Samstagabend an. Am Sonntagmorgen packten sie ihre Sachen und verliessen den Betrieb wieder. Sie hätten sich den Ort anders vorgestellt.

«Dann beginnt die Suche von vorne. Wir stehen immer unter Druck, ob wir genügend Personal aufbieten können», erzählt Martin Krucker. Wie viele andere Landwirtschaftsbetriebe erarbeiteten sie sich einen Helferpool. Das braucht Zeit. Und als Arbeitgeber ist man auf das Wohlwollen der Mitbevölkerung angewiesen.

Tierhalterbetriebe haben es noch schwerer

Monika Schatzmann ist Leiterin von Agrimpuls und beschäftigt sich täglich mit Angestelltenvermittlungen. Sie weiss: «Der Fachkräftemangel in der Landwirtschaft ist Realität.»

Nicht für alle Betriebstypen ist der Mangel an Personal gleich ausgeprägt. ErntehelferInnen aus dem Ausland gab es in der letzten Saison auf vielen Betrieben genügend.

Herausfordernd ist die Situation für Tierhalterbetriebe. Oftmals sind diese Arbeitsstellen für einzelne Personen. Die Arbeitnehmenden leben in enger Verbindung mit der Betriebsleiterfamilie. Sie sollten über spezifische Qualifikationen (z. B. Melken) verfügen und die deutsche Sprache beherrschen. Auch höhere Positionen, wie beispielsweise eine Stellvertretung für die Betriebsleitenden, sind schwierig zu besetzen.

Um die anfallende Arbeit möglichst ohne Angestellte zu meistern, investieren Betriebsleitende in moderne Technologien. «Das ist aber nur möglich, wenn die nötigen finanziellen Mittel vorhanden sind», gibt Monika Schatzmann zu bedenken.

Abwechselnde Tätigkeiten sind auf dem Gemüsebetrieb ein Plus

Auf dem Auhof sucht man vergebens eine angestellte Person mit landwirtschaftlicher Ausbildung. Martin Krucker ist der einzige Landwirt: «Wir sind zu klein und zu schlecht mechanisiert. Ausgebildete GemüsegärtnerInnen oder LandwirtInnen bieten sich auf grösseren Betrieben Stellen als VorarbeiterIn oder TeilbereichsleiterIn. Das können wir nicht bieten.» Abwechselnde Tätigkeiten und die Arbeit mit Frischeprodukten schätzen die Angestellten der Vermarktungsgruppe besonders. Petra und Martin Krucker legen Wert auf flache Hierarchien und direkte Kommunikation.

«Auch wenn viele Leute auf dem Auhof arbeiten, bleiben wir ein Familienbetrieb. Bei uns sind die Angestellten keine Nummer», betont Martin Krucker. Er erklärt, dass bei den ausländischen ErntehelferInnen andere Werte bedeutender sind. Wichtig für sie ist die Unterkunft. Sie schätzen die Nähe zur Stadt und dass sie selbst kochen können. Zudem ermöglicht die Familie Krucker den AusländerInnen zwei Wochen Ferien während der Hauptsaison, was in dieser Branche nicht üblich ist.

Lohn und Arbeitszeiten sind wichtige Themen für Angestellte

Monika Schatzmann vermutet, dass mehr als die Hälfte der ausgebildeten LandwirtInnen in der Landwirtschaft weiterarbeiten: «Jedoch nicht direkt auf Betrieben, sondern in der vor- oder nachgelagerten Branche. Dort sind Löhne und Arbeitsbedingungen lukrativer. Gleichzeitig ist man weiterhin in der Landwirtschaft tätig.»

Die Lohnrichtlinien für familienfremde Arbeitnehmende schlagen für landwirtschaftliche Betriebsangestellte mit weniger als fünf Jahren Berufserfahrung einen Richtlohn zwischen 3950 und 5025 Franken vor.

Neben dem Lohn ist die Arbeitszeit ein wichtiges Thema. Monika Schatzmann empfiehlt, die Frei-Tage der Angestellten vorgängig zu planen: «In einer wetterabhängigen Branche ist das schwierig. Für Arbeitnehmende ist es jedoch essenziell, denn sie führen auch ein Leben neben der Arbeit.» Auf freiwilliger Basis können Betriebsleitende die Wochenarbeitszeit anpassen.

In der Landwirtschaft ist ein höheres Einkommen nötig

Ein wohlwollendes Betriebsklima und strukturierte Arbeitsorganisation steigern die Attraktivität eines Arbeitgebers. Förderlich sind Unterkünfte ausserhalb des Betriebsleiterhauses mit der Möglichkeit, sich selbst zu verpflegen. Dadurch entstehen Rückzugsmöglichkeit und mehr Privatsphäre für Arbeitnehmende und Betriebsleiterfamilie. Raumplanerisch ist dieses Vorhaben aber nicht leicht umzusetzen.

Lohn, kürzere Arbeitszeit und Unterkünfte kosten Geld. Monika Schatzmann bringt es auf den Punkt: «Damit die Arbeitsbedingungen für Angestellte lukrativer werden, braucht es ein genügendes landwirtschaftliches Einkommen. Und dafür richtige Rahmenbedingungen.»

 

Die rechtlichen Vorgaben

Wer Personal einstellt, muss die Mitarbeitenden gemäss den gesetzlichen Vorgaben korrekt versichern. Gesetzlich vorgeschrieben sind Krankenkasse, Krankentaggeld, Unfallversicherung und Pensionskasse. Dafür hat Agrisano die Globalversicherung entwickelt.

Ebenfalls zu beachten sind die Stellenmeldepflicht und die Quellensteuer.

Stellenmeldepflicht: Hilfskräfte im Gemüse- und Obstbau (inkl. Weinbau/Rebbau) unterliegen der Stellenmeldepflicht. Freie Stellen müssen zuerst beim RAV gemeldet werden. Erst fünf Arbeitstage nach der Meldebestätigung darf die gemeldete Stelle öffentlich ausgeschrieben oder anderweitig besetzt werden.

Quellensteuer: Ausländische ArbeitnehmerInnen zahlen Quellensteuer. Diese wird von den Bruttoeinkünften durch die ArbeitgeberInnen abgezogen. Die Quellensteuer muss mit dem kantonalen Steueramt periodisch abgerechnet werden. Innerhalb der ersten acht Tage nach Stellenantritt müssen ArbeitgeberInnen ihre ArbeitnehmerInnen bei der kantonalen Steuerverwaltung anmelden.

Mehr Infos
 

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Genügend Personal für z Alp?

Während der Wintermonate werden auf der Onlineplattform zalp.ch rege Inserate zu Alpstellen und -personal geschaltet. Giorgio Hösli ist zalp-Redaktor. Aus Erfahrung weiss er, dass es in der Regel für eine funktionierende Alpwirtschaft ein Drittel mehr suchendes Personal braucht als Alpstellen. Denn nicht jeder Suchende geht schlussendlich auf die Alp, aber alle Alpstellen müssen belegt werden. Im Moment bieten 130 Alpen Stellen an – 106 ÄlplerInnen oder Teams suchen eine Alp. Lässt sich daraus ableiten, dass für den kommenden Sommer zu wenig Personal vorhanden ist? «Viele Stellen werden auch unter der Hand besetzt, daher ist eine Prognose heikel», sagt Giorgio Hösli, «aber die Zahlen lassen es vermuten.»

Von Juni bis September bietet das Alpofon Alppersonal und -verantwortlichen telefonische Unterstützung bei der Personalsuche. Fallen ÄlplerInnen kurzfristig aus, vermittelt die Hotline. Im Alpsommer 2024 wurde in 83 Fällen um Ersatzpersonal gefragt. Das Alpofonteam konnte in jedem Fall Kontakte weitergeben. Bei knapp einem Drittel war die Vermittlung erfolgreich. 64 % der Anrufe erfolgten bereits im Juni. Im ersten Alpmonat ist die Belastung der ÄlplerInnen am höchsten, dazu kamen das nasse Wetter und Schnee bis in tiefe Lagen.

Am meisten Ersatzpersonal (37 %) brauchte es auf Kuhalpen, Melkkenntnisse sind hier eine wichtige Voraussetzung. Bis Ende Alpsaison standen 78 ErsatzälplerInnen zur Verfügung: zu wenig. Der Mangel an Alpeinsatzspringern beschäftigt das Alpofonteam seit mehreren Jahren.