Kurz & bündig
- Schriftliche Verträge empfehlen sich auch bei der Verpachtung von Einzelparzellen, da sie Klarheit schaffen.
- Das Auswahlverfahren für die Pachtbetriebe der Stadt ist mehrstufig. Das soll sicherstellen, dass der Betrieb für die PächterInnen wirtschaftlich ist.
- Der regelmässige Austausch zwischen den Parteien ist wichtig, sei es bei Jahresgesprächen oder spontanen Treffen.
Ueli Zaugg aus Münsingen BE verpachtete bis zu seiner Pensionierung fünf Hektaren Land. Heute führen seine Kinder die Pachtverträge der vier Parzellen weiter. Bernhard Koch, Fachbereichsleiter Landwirtschaft bei Grün Stadt Zürich betreut mit seinem fünfköpfigen Team 13 Pachtbetriebe, rund 600 Hektaren Grün-, Acker- und Rebflächen sowie den Gutsbetrieb Juchhof, den die Stadt selbst bewirtschaftet.
Die Herausforderungen im Alltag der Verpächter sind aber die gleichen: «Verpachten ist Vertrauenssache», sagt Ueli Zaugg. Er hat zwar eine abgeschlossene landwirtschaftliche Ausbildung. Den kleinen Betrieb mussten er und sein Vater aber schon früh wegen gesundheitlicher Probleme aufgeben. Zaugg hat Agronomie studiert und später das Inforama Schwand zehn Jahre lang geführt, bevor er Regierungsstatthalter im Kanton Bern wurde.
Bei der Auswahl seiner Pächter berücksichtigte er die fachlichen Qualifikationen, aber auch das Persönliche. Damit ist er in all den Jahren gut gefahren: «Wir hatten ein ungezwungenes, kollegiales Verhältnis.»
Das Zürcher Auswahlverfahren ist aufwendig, aber notwendig
Bei Grün Stadt Zürich ist das Auswahlverfahren für die Pachtbetriebe mehrstufig, erklärt Bernhard Koch. Der Agronom sagt, dass bei einer Ausschreibung die InteressentInnen eine ausführliche Betriebsdokumentation erhalten und darauf ein Grobkonzept samt Lebenslauf und Motivationsschreiben einreichen können. Es brauche eine anerkannte Ausbildung, eine höhere Ausbildung werde stärker gewichtet und die Erfahrung müsse zu den Betriebszweigen passen.
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«Wichtig zu wissen ist, dass wir auf Betrieben und Parzellenpachten eine biologische Bewirtschaftung einfordern sowie einen überdurchschnittlichen Anteil an Biodiversitätsförderflächen und dass Interessierte die Bereitschaft haben, die Betriebe für die Bevölkerung offen zu halten», so Koch.
Aus all den Interessierten werden vier bis fünf eingeladen, die dann ein ausführliches Betriebskonzept erarbeiten dürfen. Dazu gehören ein Betriebsvoranschlag und ein Finanzierungsnachweis für eine eventuelle Inventarübernahme. Der Prozess dauert rund sechs Monate und ist aufwendig. «Wir gehen ein jahrzehntelanges Vertragsverhältnis ein», sagt Koch. Da sei es der Stadt Zürich wichtig, dass der Betrieb für die PächterInnen wirtschaftlich sei. Zudem sei es mit dem Zuschlag nicht fertig: «Wir begleiten die neuen PächterInnen sehr eng, damit sie rasch bei uns ankommen.» Dazu gehört, die Vernetzung in der Stadt, bei Grün Stadt Zürich und den Nachbarn sicherzustellen.
Denn die öffentlichen Interessen spielen durchaus eine Rolle: Die Pachtbetriebe sollen zur Lebensqualität der Stadt Zürich beitragen, als aktiver Erholungsraum, mit Biodiversität, zur Hitzeminderung und nicht zuletzt, indem Lebensmittel produziert werden.
Denn wer meint, in der Stadt Zürich werde nur «alternativ» bewirtschaftet, liegt falsch: «Wir brauchen effizient eingerichtete und schlagkräftige Betriebe, die zum Teil auch grosse Flächen bewirtschaften können», sagt Koch. Ebenfalls gebraucht würden aber Menschen, die bereit sind, die Bevölkerung auf ihrem Betrieb mitwirken zu lassen und/oder an Bildungsprojekten für Erwachsene und Jugendliche rund um Landwirtschaft mitzuarbeiten.
Standardpachtverträge und Merkblätter als Basis
Geregelt ist sowohl bei Ueli Zaugg als auch bei der Stadt Zürich alles schriftlich: Zaugg verwendet den Standardpachtvertrag für Einzelparzellen. Darin sind neben den wichtigsten Punkten auch die gesetzlichen Grundlagen aus dem Landwirtschaftlichen Pachtgesetz (LPG) aufgeführt. Bei der Festsetzung des Pachtzinses orientierte sich Zaugg am «Merkblatt für die Bemessung des landwirtschaftlichen Pachtzinses» des Amts für Landwirtschaft und Natur des Kantons Bern.
Freiwilliger Abzug bei den Flächen
Bei Grün Stadt Zürich geben die bundesrechtlichen Anleitungen, Gesetze und Verordnungen sowie die kantonalen Vorgaben betreffend Bewertung der Arrondierung und Lage der Grundstücke den Rahmen vor. «Auf Flächen machen wir generell freiwillig einen Abzug von 64 Franken/ha, um Nachteile aus der Bewirtschaftung im siedlungsnahen Raum auszugleichen», so Koch. «Mit diesem pauschalen Abzug können wir alle PächterInnen gleich behandeln.»
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«Pachten ist ein jahrzehntelanges Vertrauensverhältnis.»
Bernhard Koch, Grün Stadt Zürich
Sämtliche Verträge haben einen betriebsspezifischen und einen allgemeinen Teil. Kommt es während der Pachtdauer zu Veränderungen, wird der ganze Vertrag erneuert.
Die Pachtdauer entspricht dem LPG – mit Ausnahme einiger Grundstücke, die nicht in diesen Geltungsbereich fallen. Ist bei diesen absehbar, dass eine Nachnutzung für Garten, Parks oder einen anderen Betrieb folgt, kommen Gebrauchsleiheverträge gemäss Obligationenrecht zur Anwendung: Damit kann die Pachtdauer kürzer sein.
Ungezwungene Gespräche, systematisch bei Problemen
Ueli Zaugg traf seine Pächterinnen unkompliziert im Dorf bei der Käserei oder im Wald: «Das waren ungezwungene Gespräche.» In all den Jahren als Verpächter musste er nur einem Pächter kündigen. Dieser habe die Parzelle übermässig verunkrauten lassen.
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«Ein ungezwungenes, kollegiales Verhältnis zu den Verpächtern.»
Ueli Zaugg, Münsingen BE
Zaugg ging systematisch vor: Nach persönlichen Gesprächen und einer schriftlichen Beanstandung folgte ein eingeschriebener Brief mit einer Androhung der Kündigung, die er dann vollzog. Diese habe der Pächter akzeptiert, da der Fall eindeutig gewesen sei.
Schriftliche Verträge schaffen Klarheit
In Sachen Bewirtschaftung seiner Parzellen zeigt sich Zaugg unkompliziert: «Meine Pächter sollen die Parzellen nach ihren Vorstellungen bewirtschaften dürfen.»
Er bestand zwar auf schriftlichen Verträgen, weil diese Klarheit schaffen würden. Doch von zu grossen Vorschriften hält er wenig: «Das führt öfters zu Spannungen.» Sinnvoll könne aber sein, bei gewissen Nutzungen (etwa intensivem Gemüsebau) zu vereinbaren, ob ein Verpächter dies erlauben wolle und ob dies eventuell zu einem höheren Pachtzins führen könnte.
Bei der ersten Verpachtung empfiehlt Zaugg, sich bei einem erfahrenen Sachverständigen zu informieren und diesen am besten zum Gespräch mitzunehmen. «Bei Meinungsdifferenzen braucht es offene Gespräche, wenn nötig, zusammen mit einem Fachmann», rät er.
Bei Grün Stadt Zürich stehen die PächterInnen in regem Austausch mit ihren Ansprechpersonen. Sie melden zum Beispiel Probleme mit Neophyten.
Standardmässig findet mit den BetriebspächterInnen und den PächterInnen von grösseren Flächen ein Jahresgespräch statt. «Dort hören wir, wie das vergangene Jahr auf dem Betrieb verlief, welche Entwicklungen um den Betrieb stattfinden, welcher Unterhalt mittel- oder langfristig ansteht, und spüren die Befindlichkeit auf den Betrieben», sagt Bernhard Koch. «Wir sprechen dort auch über die Qualität der Zusammenarbeit zwischen uns und den PächterInnen.»
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Nachfolgeregelungen für Pachtflächen und Betriebe
Was passiert, wenn Verpächter oder Pächter das Pensionsalter erreichen? Ueli Zaugg hat seine vier Flächen an seine Kinder weitergegeben, diese führen die Verträge weiter.
Bernhard Koch sagt, dass bei der Stadt Zürich grosse Veränderungen anstehen. Denn in diesem Jahrzehnt werden bei über der Hälfte der Pachtbetriebe altershalber die Pächterschaft wechseln. Auf einem Betrieb werde die jüngere Generation übernehmen, auf weiteren Betrieben sei Grün Stadt Zürich offen für solche Lösungen. Wer neu pachtet, muss die städtischen Ziele anerkennen und mögliche Veränderungen im Rahmen einer Neuverpachtung akzeptieren.
Eine Neuverpachtung sei unter anderem eine Gelegenheit, die Flächenzuteilung im Gebiet zu optimieren. «Das machen wir ungern in einer laufenden Pacht», sagt Koch.
Das zeigt: Die Interessen der PächterInnen geniessen viel Wertschätzung bei Grün Stadt Zürich.
Landwirtschaft in der Stadt Zürich
Die gesamte Landwirtschaft der Stadt Zürich umfasst rund 800 ha. Das sind knapp zehn Prozent der Stadtfläche. Rund zwei Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche in der Stadt und weitere Flächen um die Stadt gehören der Stadt Zürich und werden vom Fachbereich Landwirtschaft von Grün Stadt Zürich verwaltet. Den Gutsbetrieb Juchhof bewirtschaften Mitarbeitende der Stadt.
13 Betriebe sind verpachtet: Fünf Betriebe betreiben Milchwirtschaft mit oder ohne Ackerbau, drei Mutterkuhhaltung mit oder ohne Ackerbau, fünf Betriebe betreiben Ackerbau mit Gemüse und weiteren Kulturen. Einer ist aktuell noch inaktiv und wird von einem anderen Betrieb mitbewirtschaftet.