Kurz & bündig
- Mündliche Pachtverträge sind riskant – wer auf Nummer sicher gehen will, sollte von Beginn an klare, schriftliche Abmachungen treffen.
- Das landwirtschaftliche Pachtrecht unterscheidet zwischen Gewerben und Grundstücken, mit unterschiedlichen Vorgaben für Pachtzins, Dauer und Kündigung.
- Ein Antrittsprotokoll und eine Regelung bei Streitfällen helfen, Konflikte zu vermeiden.
Mit einem festen Händedruck am Stubentisch besiegeln zwei Landwirte das neue Pachtverhältnis: Beide lächeln und sind zufrieden. Der junge Landwirt hat vor Kurzem den elterlichen Betrieb übernommen. Nun kommt noch ein schönes Stück Land vom Nachbarn dazu, der bald in Pension geht.
Doch was passiert, wenn die Nachkommen des alten Nachbarn andere Pläne haben? «Wenn der Vertrag nur mündlich abgeschlossen wurde, ist der Pächter in einer schlechten Position», sagt Benjamin Pulver. Er ist Meisterlandwirt/Agrotechniker HF und arbeitet als Berater für Agrofutura. Für den Schweizerischen Pächterverband macht er Beratungen in der Deutschschweiz.
«Ich werde häufig zu spät kontaktiert», sagt er. Das Telefon klingelt, wenn der Streit bereits da ist: Sinnvoller wäre, die Eckpunkte einer Pacht von Anfang an schriftlich zu regeln.
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«Schlau ist, beim Antritt der Pacht auch an deren Ende zu denken.»
Benjamin Pulver, Berater bei Agrofutura
Grundsätzlich gilt es zwischen der Pacht von landwirtschaftlichen Gewerben und der Pacht von Grundstücken zu unterscheiden. Unter den Begriff «landwirtschaftliche Grundstücke» fallen auch landwirtschaftliche Betriebe, welche die Standardarbeitskraft-Gewerbegrenze nicht erreichen. Der Pachtzins für landwirtschaftliche Gewerbe braucht eine behördliche Bewilligung. Die Gesuche sind bei den zuständigen Ämtern des Kantons einzureichen.
Der Pachtzins für landwirtschaftliche Grundstücke hingegen ist nicht bewilligungspflichtig. Das betrifft Einzelparzellen zur landwirtschaftlichen, reb- oder gemüsebaulichen Nutzung, mit oder ohne Ökonomiegebäude, sowie Sömmerungs- und Alpweiden.
Die Rechte und Pflichten des Verpächters …
Pulver erklärt, dass ein Verpächter das Recht habe, seinen Pächter frei auszuwählen, und auch grundlegende Vorgaben zur Bewirtschaftung fordern könne, solange diese nicht schikanös seien. So kann ein Verpächter festlegen, dass sein Gewerbe biologisch zu bewirtschaften sei.
In einem Pachtvertrag werden neben dem Pachtzins auch der Beginn und die Dauer geregelt. Im Bundesgesetz über die landwirtschaftliche Pacht ist geregelt, dass für einzelne Grundstücke eine erste Pachtdauer von mindestens sechs Jahren gilt, für ein landwirtschaftliches Gewerbe sind es mindestens neun Jahre. Eine kürzere Pachtdauer ist möglich, braucht aber eine Bewilligung des Kantons. Es gilt eine Kündigungsfrist von einem Jahr. Ist nichts anderes vereinbart, kann nur auf den ortsüblichen Frühjahrs- oder Herbsttermin gekündigt werden. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und ist auf Verlangen zu begründen.
Möchte ein Verpächter, dass zum Beispiel die Bewirtschaftungsart verändert wird, kann er diese Forderungen, unter Vorbehalt der gütlichen Einigung, erst auf die neue Pachtdauer hin stellen. Es braucht dann einen neuen Vertrag. «Der Verpächter muss sich im Klaren sein, dass sein Pächter kein Angestellter ist», sagt Benjamin Pulver: Wer verpachtet, überlässt sein Gewerbe oder eine Parzelle einer anderen Person zur Bewirtschaftung.
… und die gesetzlich geregelten Pflichten des Pächters
Eine Pflicht des Pächters ist, das Pachtobjekt sorgfältig zu bewirtschaften und in gutem Zustand zu erhalten. Wer etwa eine Alp verganden oder verbuschen lässt, erfüllt seinen Teil des Vertrags nicht. Dann ist nach erfolgter Ermahnung und nicht erfolgter Behebung des bemängelten Zustands zu gegebener Frist eine schriftliche Kündigung vonseiten Verpächter mit einer Frist von sechs Monaten auf den folgenden Frühjahrs- oder Herbsttermin zulässig.
Ist ein Pächter mit einer Kündigung nicht einverstanden, kann er ein Erstreckungsgesuch stellen. Nach Erhalt der Kündigung muss er bei einer Pacht auf unbestimmte Zeit die Klage innert drei Monaten einreichen, bei einer Pacht auf bestimmte Zeit bis spätestens neun Monate vor Ablauf. Ist dies für den Beklagten zumutbar, kann der Richter die Pacht um drei bis sechs Jahre erstrecken. «Ein grosser Teil der Erstreckungen kommt nicht vors Gericht, sondern wird von einer Schlichtungsstelle geregelt», sagt Pulver.
Damit eine Pacht gelingt, helfen schriftliche Vereinbarungen
«Entscheidend ist, dass die Chemie zwischen den Parteien stimmt», weiss Pulver. Doch das sei vor Pachtbeginn schwierig herauszufinden. Oft sei man sich zu Beginn im Groben einig und treffe eine mündliche Vereinbarung. Doch kaum gebe es Differenzen, stehe Aussage gegen Aussage, zum Beispiel in Bezug auf den Zustand bei Pachtantritt. «Deshalb empfehle ich neben dem schriftlichen Pachtvertrag auch die Erstellung eines Antrittsprotokolls.» Darin ist insbesondere Folgendes geregelt:
- Der Zustand des Objekts inklusive der Mängel.
- Werden Mängel behoben? Wenn ja, durch wen?
- Für ein Antrittsprotokoll (und auch für Pachtverträge) gibt es Vorlagen bei den kantonalen Beratungsstellen, Agrofutura und den Bauernverbänden.
Schlau sei, beim Antritt der Pacht auch an deren Ende zu denken, findet Pulver. Den Zustand sauber zu erfassen, könne vielen Streitigkeiten beim Pachtende vorbeugen. Ein Standardsatz im Vertrag laute «das Objekt ist im gleichen Zustand zurückzugeben». Das Protokoll hält fest, ob zum Beispiel ein voller Heustock übernommen wurde und somit auch voll zurückgegeben werden muss.
Eine weitere Vorsorgemassnahme: regeln, wie bei Streitigkeiten vorgegangen wird. Im Vertrag sollte somit stehen, dass Streitigkeiten in erster Linie gütlich zu regeln sind. Kommt keine Einigung zustande, wird die Schlichtungsstelle vor Ort oder ein bestimmter Sachverständiger eingeschaltet.
Wie hoch darf der Zins für Grundstücke sein?
Ein Kündigungsgrund für eine Parzelle kann sein, dass der Verpächter auf ein Angebot eines anderen Interessenten eingeht, das Grundstück also abgeworben wird: «Das ist aufs Ende der laufenden Pachtdauer nicht illegal, aber sicher nicht wünschenswert», sagt Benjamin Pulver.
Zum Teil werden die Pachtzinsen für landwirtschaftliche Grundstücke überzahlt, obwohl deren Höhe gesetzlich geregelt ist und das zulässige Mass nicht überschreiten darf.
Bloss: Wie eingangs beschrieben, braucht es für den Pachtzins für Grundstücke keine Bewilligung. «Der Kanton Zug kontrolliert nach meinem Kenntnisstand konsequent», weiss Pulver. Ansonsten spiele der Markt.
Und zwar so heftig, dass Pulver in seinen Beratungen Landwirte auch schon darauf hingewiesen hat, dass sie zwar nun mehr Land hätten, aber wegen des viel zu hohen Zinses keinen Verdienst mehr erwirtschaften könnten …
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Geprüft wird der Zins erst, wenn ein Hinweis kommt
In gewissen Ackerbaugebieten und für Spezialkulturen würden deutlich überhöhte Zinsen gezahlt, weiss Pulver. Einsprache dagegen kann nicht der Pächter selber erheben. Die durch den Kanton festgelegte Einsprachebehörde (z. B. Gemeinde) muss auf einen Hinweis hin den Sachverhalt prüfen, bevor diese eine Einsprache beim Kanton vornehmen kann. Das ist zum einen nur innert zwei Jahren nach Vertragsabschluss möglich und zum anderen mit einem hohen administrativen Aufwand verbunden.
Dem Pächterverband sei die Sensibilisierung darauf ein Anliegen, sagt Pulver – denn die Kantone hätten wegen des hohen Aufwands wenig Interesse an schärferen Kontrollen.
Bei einem landwirtschaftlichen Gewerbe ist eine Bewilligung des Pachtzinses nötig. Dieser wird auf Basis einer Ertragswertschätzung berechnet. Ertragswertschätzungen erstellen die kantonalen Beratungsstellen oder private Beratungsunternehmen, zum Beispiel Agrofutura oder Treuhandfirmen.
Pachten, Kapital aufbauen und dann erst kaufen
Zurück zum jungen Landwirt, der zu Beginn per Handschlag vom Nachbarn ein Stück Land gepachtet hat: Die Übernahme des elterlichen Betriebs könnte in einem ersten Schritt auch über eine Pacht erfolgen.
«Das ist eine gute Lösung, wenn zu wenig Kapital vorhanden ist, um den gesamten Betrieb zum gleichen Zeitpunkt zu kaufen», weiss Pulver. Bei einer Pacht erwirbt der Nachfolger in einem ersten Schritt das Inventar. Die Liegenschaft kann er vorläufig gegen Zahlung eines Pachtzinses nutzen.
Sobald der junge Landwirt genug Kapital erwirtschaftet hat, kann er die Liegenschaft kaufen. Dies dann aber nicht per Handschlag, sondern mit einem korrekten Kaufvertrag …
Kantonale Unterschiede bei der Pacht
Der Pächterverband geht davon aus, dass mind. 70 % der 50'000 Schweizer Betriebe zu den Pächtern gehören: Zwar sind geschätzt nur knapp 4000 Gewerbe verpachtet, doch die Grundstückpacht ist sehr weitverbreitet.
Geregelt sind die Bestimmungen für die landwirtschaftliche Pacht im Bundesgesetz über die landwirtschaftliche Pacht. Es gibt kantonale Unterschiede. Benjamin Pulver von Agrofutura erwähnt unter anderem:
- Vorpachtrecht für Nachkommen des Verpächters eines landwirtschaftlichen Gewerbes, welche dieses selber bewirtschaften wollen und dafür geeignet sind (bei Eintragung im Grundbuch).
- Vorpachtrecht für Landwirte in Berggegenden an benachbarten kantonalen Alpweiden.
- Für die Pacht von Grundstücken mit Spezialkulturen wie Reben und Obstanlagen können die Kantone eine andere Pachtdauer festsetzen.
- Erhöhung oder Verminderung des gesetzlich zulässigen Basispachtzinses um bis zu 15 %.
- Heruntersetzung der Standardarbeitskraft-Gewerbegrenze bis minimal 0,6 SAK.
Der Pächterverband vertritt die Interessen der Pächter.