Kurz & bündig

- Dominik Wirth setzt auf effiziente Technik und durchdachte Abläufe.
- Damit spart er Ressourcen und steigert das Tierwohl.
- Statt zu wachsen, optimiert er stetig im Kleinen.
- Der Austausch mit Kollegen und Lehrlingen hilft ihm, Betriebsblindheit zu vermeiden.

Zu den besten zehn Prozent gehören, was den Deckungsbeitrag im Bereich Rinder und Schweine anbetrifft: Das Ziel von Dominik Wirth (32) ist ehrgeizig. Auf seinem Betrieb in Mörschwil SG optimiert er im Kleinen, um Grosses zu bewirken. Wobei sich «gross» weder auf die Anzahl Tiere noch auf die Fläche des Betriebs bezieht: Damit ist Wirth absolut zufrieden. «Ich möchte nicht um jeden Preis weiterwachsen, zuerst soll vieles optimiert werden.»

Manchmal überlege er, ob er etwas faul sei, weil er stets versuche, die Arbeit einfacher zu machen. Von aussen kommt dieser Eindruck überhaupt nicht auf: Der Landwirt mit Meisterprüfung ist aufs Gespräch vorbereitet, hat um 6 Uhr mit Gülleausbringen begonnen und macht sich nach dem Interview auf, um in Lohnarbeit weiter zu güllen.

Drei Standbeine mit viel Technik

Der Betrieb hat mit Milchkühen, Schweinezucht samt Mast sowie Lohnarbeiten drei Standbeine. Den Kuhstall hat Dominik Wirths Vater Martin im Jahr 2010 neu gebaut. Von seinem Vater hat Dominik Wirth das «Effizienz-Denken» mitbekommen. Als Vorbereitung auf den Neubau hat dieser Kurse besucht und sich für einen Stallbau mit Kuh-Komfort von Christian Manser beraten lassen.

Im Stall steht ein Melkroboter, «es wäre ein riesiger Fehler gewesen, hätten wir ihn damals für 45 Kühe nicht schon installiert», sagt Dominik Wirth. «Im neuen Stall haben wir mehr Kühe, aber weniger Arbeit als vorher im Anbindestall.»

Auch den Schweinestall haben Wirths umgebaut, um mehr Tierwohl, eine bessere Ordnung in den Abferkelbuchten und weniger Verluste bei den Saugferkeln zu erreichen. Beim Gespräch mit dem Stallbauer zeigte sich, dass deutlich mehr Investitionen gefragt waren als ursprünglich geplant. «Doch wir haben nun auch deutlich mehr Freude.» Der Neubau erfolgte zwischen 2014 und 2016 bei laufendem Betrieb.

[IMG 3]

Den Ursachen von Problemen auf den Grund gehen

Diese beiden grösseren Bauten sind die Basis. Fällt Dominik Wirth ein Missstand auf, geht er der Ursache auf den Grund. So hatte er 2017 Probleme mit hohen Zellzahlen. Den Ursprung fand er in der Einstreu, die mit Kolibakterien belastet war. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden die Matratzen von Hand eingestreut. Das war mit viel Aufwand verbunden, drei Leute waren einen Nachmittag lang beschäftigt. Wirth entschied, auf eine Einstreuanlage mit Pellets umzustellen. Das Material landet punktgenau in den Matratzen, die Zellzahlen sanken massiv und der Arbeitsaufwand ist gesunken. «Ich spare pro Woche eine Stunde», sagt Wirth.

Das mag nach wenig klingen. Thyas Künzle vom Landwirtschaftlichen Zentrum St. Gallen befasst sich in Kursen mit Arbeitseffizienz. Er ist überzeugt: «Setzen wir Ressourcen effizienter ein, kann das zum Beispiel zu gesünderen Tieren führen.»

Tagungen und Messen helfen gegen Betriebsblindheit

Die Art, wie Dominik Wirth an Probleme herangeht, stützt diese Auffassung. Wirth gibt zum Beispiel den Lehrlingen viel Verantwortung und ist an ihren kritischen Fragen interessiert. «Das verhindert, dass ich betriebsblind werde», sagt er. Oftmals hätten betriebsfremde Personen eine andere Sichtweise, die ihn weiterbrächten, so Wirth. Gegen «Betriebsblindheit» helfen ihm Besuche von Tagungen und Messen. Dort sucht er gezielt nach Informationen: An die «Tier & Technik» etwa hat er eine Liste mit acht Punkten mitgenommen. Wirth schreibt sich Gedanken auf und führt Arbeitslisten. Diese studiert er in ruhigen Zeiten.

Auch den Austausch mit Berufskollegen sucht er ganz bewusst, zum Beispiel in einem Buchhalterring. Darin legen die Landwirte ihre Buchhaltungen offen. Ist Wirth von einem Ergebnis beeindruckt, kann er nachfragen. «Mich freuen die guten Ergebnisse meiner Kollegen und spornen mich an, auf meinem Betrieb etwas zu verbessern», sagt er.

Viel Technik braucht einen bewussten Umgang

Im Gespräch betont er auch immer wieder, dass seine Art, den Betrieb zu führen, für ihn stimme – aber jeder Betriebsleiter müsse für sich entscheiden, wie weit er in der Effizienzsteigerung gehen wolle.

Dazu gehört zum Beispiel, dass er sich (aktuell) bewusst gegen eine automatische Fütterung bei den Milchkühen entschieden hat. Bei den Schweinen hingegen hat er ein System eingebaut, bei dem die Sau über einen Sensor Futtergaben auslösen kann. Die Daten zeigen Wirth, wie viel sie täglich frisst. «Solche Geräte sind eine Arbeitserleichterung», betont er.

Doch der Umgang damit muss ein bewusster sein: «Zum einen bringt viel Technik auch viel Unterhalt mit sich.» Er könne zwar gerade im Sauenbereich viel selbstständig reparieren. Dennoch seien die laufenden Kosten nicht zu unterschätzen.

Zum anderen würden die Daten stets die kranken Tiere anzeigen. «Wir haben drei Computer für die Kühe und die Sauen.» Um im Alltag motiviert zu sein, schaue er regelmässig, was gut laufe: «In den neuen Abferkelbuchten haben wir viel weniger Abgänge.» Das freut ihn sichtlich.

Dank angepasster Fütterung kalben die Kühe einfacher ab

Auch kleinere Anpassungen spiegeln sich bei den Tieren: Wirth hat die Fütterung der Galtkühe angepasst, weil er Probleme mit Festliegen hatte. Jeden zweiten Tag eine Mischung aus Silomais und Stroh herzustellen, macht auf den ersten Blick mehr Arbeit. Doch nun kalben die Tiere einfacher ab und sehr viele laufen gut an. «Verlieren konnte ich bei dieser Anpassung nichts», sagt Wirth. Das Resultat hat alle auf dem Betrieb überzeugt. Denn was nicht zu unterschätzen sei: Problemkühe seien Aufgabe des Betriebsleiters. Ihn würden kranke Tiere belasten, er brauche Zeit dafür und natürlich sei ein krankes Tier auch weniger leistungsbereit.

Mit Vorbeugen – in diesem Fall der angepassten Fütterung – verschafft er sich mehr Zeit, in anderen Betriebszweigen aktiv zu sein.

Der Bandschwaderverringert die Handarbeit

Wirth optimiert auch im Futterbau. 2024 hat er in einen Bandschwader investiert: «Wir haben viele kleine Parzellen, das bringt viel Handarbeit beim Rechen mit sich.» Die Maschine hat er ausführlich getestet: «Sie ist eine enorme Erleichterung. Wir sind schneller, das Futter ist weniger dreckig und wir schonen den Boden.»

[IMG 2]

Für solche Investitionen nimmt Wirth den Rechner in die Hand, bei kleineren Investitionen verlässt er sich auf sein Bauchgefühl. Er wägt ab, ob Kosten und Nutzen stimmen und überlegt auf zehn Jahre hinaus. «Wenn sich etwas in zehn Jahren rechnet, dünkt es mich sinnvoll – sonst ist Kapital blockiert.» Auch bei den Lohnarbeiten wägt Wirth ab, was für ihn sinnvoll ist. Die überbetrieblichen Arbeiten lasten die Maschinen besser aus, dank der 60-Prozent-Anstellung von Vater Martin Wirth und den beiden Lehrlingen hat Dominik Wirth Kapazität. Seine Preise kommuniziert er aber klar, und erste Priorität hat der eigene Betrieb: «Mit den Lohnarbeiten habe ich zusätzliche Einnahmen und gebe fürs Ballenpressen kein Geld aus.»

Wirth gibt Verantwortung ab und gewinnt Freiheit

Das ständige Optimieren macht ihm Freude. «Ich bin der Typ dazu», sagt er. Wichtig sei, Verantwortung abgeben zu können. Deshalb wählt er seine Lehrlinge sehr sorgfältig aus. Für eine Erstausbildung besteht er auf drei Schnuppertagen und einer Bewerbung, er betreut keine Lehrlinge im ersten Lehrjahr.

Dafür sei sein Betrieb nicht geeignet, der Tagesablauf verlange eine gewisse Flexibilität und sei selten gleich. Das Tagesgeschäft bringt er ihnen als Erstes bei. Sobald sie darin sicher sind, zeigt er ihnen beispielsweise, wie eine Brunstkontrolle auszuführen ist. Stück für Stück bekommen die Lehrlinge so mehr Verantwortung. Übergibt Wirth als Betriebsleiter Verantwortung, bekommt er mehr Freiheiten, um Zeit in anderes zu investieren.

Das Auge für Verbesserungen auf dem Betrieb schärfen

Dominik Wirth ist es wichtig, die Augen für Optimierungen offen zu haben. Deshalb braucht er regelmässig Abstand vom Betrieb. Diesen Abstand findet er auf Ausflügen oder während Ferien. Auch die fünf Jahre, die er im Aussendienst einer Melktechnikfirma verbracht hat, schärften sein Auge.

Er scheut sich nicht, Hilfe zu holen, Berater anzurufen und mit Kollegen zu diskutieren. «Du musst wissen, wo das Wissen ist», habe ihm sein Vater beigebracht. Den Durchfall bei den Absetzferkeln habe er nun dank einer Impfung unter Kontrolle, das Problem mit zu klein geborenen Ferkeln mit einer Anpassung beim Futter. Beides wurde in intensiven Diskussionen mit externen Beratern verbessert. Für Dominik Wirth sind die kleinen Anpassungen genauso wichtig wie die grossen. Die bringen ihm täglich Motivation und Freude, weil sie zeigen, dass er etwas verbessern konnte. Freude an seiner Tätigkeit ist für Wirth das Wichtigste.

Aktuell sind gerade zwei Herausforderungen: Wirth weiss, dass er einzelne Kälberiglus ersetzen muss. Gleichzeitig beobachtet er, dass sich die Zuchtkälber besaugen. Vielleicht könnte ein Tränkeautomat das Problem lösen? In den bestehenden Buchten könnte er mehr Kälber halten und die Investition für die Iglus würde wegfallen. «Der Automat ist zwar teuer, bringt aber mehr Flexibilität, erleichtert die Arbeit und kommt dem Bedürfnis der Kälber näher», fasst Wirth seine Überlegungen zusammen.

Die andere Herausforderung sind die Energiepreise. Wirth will diese mit einer Solaranlage auf dem Dach des Sauenstalls senken und in einen Stromspeicher investieren. Das brauche noch einiges an Überlegungen – wenn er den Bau angeht, will er möglichst viel auf einmal optimieren, zum Beispiel auch die Abluftanlage. «Wenn ich es mache, dann richtig», betont Wirth.

[IMG 4]

Betriebsspiegel der Familie Wirth
Dominik Wirth, Mörschwil SG

LN: 37 ha
Kulturen: Silomais, Kunstwiesen
Tierbestand: 160 Muttersauen, 160 Plätze für Mastschweine, 55 Milchkühe
Weitere Betriebszweige: Lohnarbeiten
Arbeitskräfte: Betriebsleiterpaar, Vater Martin Wirth (60 %), 2 Lehrlinge, Aushilfe bei Futterernte (ca. 100 h/Jahr)

 

Die Grundlagen, um effizient zu arbeiten

Die Methode des «Lean Management» kommt aus der (Auto-)Industrie: möglichst schlank und effizient möglichst viel produzieren. Die Landwirtschaft kann von dieser Denkweise profitieren. Das Landwirtschaftliche Zentrum St. Gallen bietet Kurse an, die sich mit «Lean Farming» beschäftigen. Thyas Künzle bezeichnet diese fünf Punkte als Grundlage:

- Erkennen, was Wert bringt (Wer ist mein Kunde? Welche Bedürfnisse hat er?)
- Die acht Typen der Verschwendung erkennen (kaputte Gerätschaften /kranke Tiere, zu viel produzierte Ressourcen, Wartezeiten, nicht erkanntes Wissen der Mitarbeiter, unnötige Fahrten, unnötige Hilfsmittel, unangenehme Bewegungsabläufe, überflüssige Arbeiten)
- Workflow (Wie wird die Arbeit effizient geplant?)
- Produzieren, was nachgefragt wird (Was brauche ich, was produziere ich?)
- Kontinuierliche Verbesserung (In kleinen Schritten effizienter/besser werden)