Kurz & bündig

- In erfolgreichen Verhandlungen gilt es, die eigenen Interessen zu wahren, diejenigen des Verhandlungspartners anzuerkennen und darauf einzugehen.
- Emotionen haben ihren Platz (zum Beispiel bei Betriebsübergaben).
- Gibt es keine sachliche Grundlage, ist es sinnvoll, Gespräche zu verschieben.

 

Als 28-jähriger Frischling im Gemeinderat fasste Andreas Widmer aus Mühlrüti SG den Auftrag, mit einem Grundbesitzer zu verhandeln. Blauäugig, euphorisch und ohne viel Ahnung stürzte er sich ins Gespräch. Und endete als begossener Pudel.

«Das sind die Erfahrungen, die du ein Leben lang nicht vergisst. Sie prägen dich und du lernst aus ihnen», sagt Andreas Widmer heute und schmunzelt. Inzwischen vertrat er 22 Jahre die ländliche Bevölkerung im Kantonsrat St. Gallen und amtete zwölf Jahre als Geschäftsführer des St. Galler Bauernverbandes. Seit 2022 ist er als selbstständiger Berater im ländlichen Raum tätig.

Vorbereitung auf schwierige Gespräche ist die halbe Miete

«Vor komplexen und schwierigen Gesprächen investiere ich sehr viel Zeit in die Vorbereitung. Denn je mehr ich weiss, desto einfacher wird die Verhandlung», ist Andreas Widmer überzeugt.

Politische Interessen vertreten, einen Verband repräsentieren, eine Mediation oder ein Gespräch mit einer Bauernfamilie: «Das sind völlig unterschiedliche Settings mit anderen Herangehensweisen», betont der 65-Jährige. «Doch für alle gilt: Das Wichtigste ist die Vorbereitung!» Es lohne sich, den Gesprächspartner und seine Interessen zu recherchieren.

Genauso wichtig ist es, die eigenen Ziele und Spielräume zu kennen. Trotz intensiver Vorbereitung kann es passieren, dass man im zweiten Satz des Gespräches auf dem falschen Fuss erwischt wird. Aus Erfahrung weiss Andreas Widmer: «Da beginnt man zu schwitzen. Entscheidend ist, dass man fachlich das Gesprächsthema beherrscht. Dann kann ich argumentieren und werde nicht über den Tisch gezogen.»

Die Artillerie bleibt vor jedem Gespräch zu Hause

«Den mach ich fertig und knöpf ihm sein letztes Hemd ab!» Wer mit dieser Win-lose-Haltung seinem Verhandlungspartner gegenübertreten will, bleibt besser zu Hause. In einer guten Verhandlung akzeptieren sich die Parteien und kommunizieren auf Augenhöhe. Dadurch kommen die Bedürfnisse aller Parteien zur Geltung. Es gilt, die eigenen Interessen zu wahren, diejenigen des Verhandlungspartners anzuerkennen und darauf einzugehen.

Die andere Partei ist kein Gegner auf dem Schlachtfeld. Wer trotzdem seine Artillerie auffährt, zerstört die Vertrauensbasis und dauerhaft tragbare Lösungen werden unerreichbar. Oberstes Ziel sollte es sein, dass sich alle Beteiligten nach dem Gespräch als Gewinnende fühlen und in einer positiven Stimmung die Verhandlung verlassen. «Dann sind auch weiterführende Zusammenarbeiten möglich», weiss Andreas Widmer.

Emotionen haben ihren Platz in Verhandlungen

Wer seine eigenen Interessen vertritt und auf persönlicher Ebene in ein Gesprächsthema involviert ist, sollte ein besonderes Augenmerk auf seine innere Gefühlswelt legen. Verhandlungen können einer Schifffahrt zwischen Eisbergen gleichen. Der Kapitän begegnet sachlichen Argumenten mit Erfahrung und Fachwissen.

Doch sobald persönliche Interessen involviert sind, droht das Schiff wegen verborgener Gefühle und Bedürfnissen aufzulaufen und zu kentern. Zu viele Emotionen in einer Verhandlung sind gefährlich und können eine Titanic-Tragödie auslösen. Dennoch sei es wichtig, Emotionen den nötigen Platz einzuräumen, ergänzt Andreas Widmer und nennt das Beispiel Betriebsübergabe.

Während die Betriebsnachfolger vor Euphorie und Ideologie strotzen, kämpft die abtretende Generation mit Existenzängsten. «Als Berater will ich beide Parteien emotional abholen. Dann komme ich auf der sachlichen Ebene weiter und kann über Betriebsstrategien und Altersvorsorge sprechen.»

Andreas Widmer räumt ein, dass es durchaus Situationen gebe, in denen eine gute Diskussionsgrundlage auf sachlicher Ebene nicht gefunden wird. Er rät: «Manchmal ist es besser, das Gespräch zu verschieben. Sonst läuft man Gefahr, das gegenseitige Gesprächsvertrauen zu verlieren. Es gibt Momente, in denen es einfach nicht passt. Das sollten wir akzeptieren.»

 

So gelingen Gespräche

Vorbereitung
Ob eine Verhandlung gelingt, können wir bereits vor dem Meeting entscheidend beeinflussen. Es zahlt sich aus, sich während der Vorbereitung mit unserem Ziel und unserer Rolle auseinanderzusetzen. Gleichzeitig müssen wir uns im Klaren sein, mit wem wir am Tisch sitzen und was seine Bedürfnisse sind.

Verhandlungspartner
- Mit was für einer Person verhandle ich?
- Was ist ihr Background?
- Welches sind ihre Triggerpunkte?
- Welches sind die Stärken und Schwächen der Person?
- Welche Organisation repräsentiert sie?
- Welche Position vertritt sie?
- Welche Ziele verfolgt sie?
- Was sind ihre Bedürfnisse und Motivationen?
- Welche Spielräume könnte sie haben?
- Mögliche Argumente des Verhandlungspartners?

Eigene Rolle
- Wen vertrete ich?
- Was ist meine Position?
- Was ist meine Motivation?
- Stehe ich unter Druck? Weshalb?
- Was triggert mich?
- Wie stehe ich persönlich zum Thema?
- Welche Emotionen löst die Thematik bei mir aus?

Eigene Ziele
- Was ist mein Ziel (kurz- und langfristig)?
- Warum verfolge ich dieses Ziel?
- Was sind meine Spielräume?
- Was sind meine Bedürfnisse?
- Was wären mögliche Kompromisse und Alternativen?

Fachliches Know-how
- Fakten, Zahlen, Marktentwicklungen kennen.
- Erfahrungswerte aufzeigen können.
- Sachliche Argumente vorbereiten.
- Einfache Grafiken und Skizzen, um Gesprochenes zu veranschaulichen.