Kurz & bündig

- Umstellen lohnt sich nur, wenn der Absatz der Produkte gewährleistet ist.
- Die Gründe für den Entscheid, den Betrieb umzustellen, sind vielfältig, von ökonomischen Überlegungen bis hin zur Weltanschauung.
- Biolandbau bedeutet rund 30 Prozent Mehraufwand.

Gemeinsam mit ihrem Mann Beat und den vier Kindern bewirtschaftet Gabi Schürch-Wyss in Bütikofen bei Kirchberg BE einen 33 ha Milchwirtschaftsbetrieb mit etwas Ackerbau. 2018 haben sie den Betrieb auf Bio umgestellt. Für Gabi Schürch-Wyss ist klar: «Aus unserer Sicht sollten nicht alleine wirtschaftliche Gründe dazu führen, auf Bio umzustellen.» Man müsse wirklich überzeugt sein, Freude daran haben und motiviert sein, sich auf Neues einzulassen, auszuprobieren und Rückschläge einstecken können. «Es ist ein dauernder Prozess», betont sie.

[IMG 2] Einen scharfen Blick auf die Wirtschaftlichkeit brauche es dennoch, denn: «Es macht keinen Sinn, umzustellen, wenn der Absatz des Produktes nicht gewährleistet ist.» Schürchs haben das am eigenen Leib erlebt. Sie mussten nach erfolgreicher Umstellungsphase die Milch trotzdem weiterhin für eine gewisse Zeit in den konventionellen Kanal liefern, weil ein Absatzdefizit bestand.

Darauf weist auch David Herrmann, Verantwortlicher Medienstelle Bio Suisse hin: «Es ist wichtig, dass an der Umstellung interessierte Betriebe zunächst den Absatz ihrer Produkte klären.» Aktuell seien Ackerkulturen wie Weizen, Sonnenblumen und Zuckerrüben, aber auch Rindfleisch sehr gesucht.

Mehr Anfragen für die Umstellung auf Bio, aber nicht wegen höheren Preisen

Simon Jöhr, Lehrer und Berater am Inforama Waldhof, hat aktuell zwar mehr Anfragen für die Umstellung auf Bio. Das habe aber unterschiedliche Gründe, schreibt er: «Die Gründe reichen von ökonomischen Motivationen bis hin zu Weltanschauungen, die sich verändern.» Die steigenden Düngerpreise spielen hier praktisch keine Rolle. «Die Landwirte werden zum Beispiel auf Biogasgülle und -gärgut ausweichen.»

Mit Blick auf die steigenden Preise raten Jöhr und sein Beratungsteam zu einen effizienten Umgang mit den nun teurer werdenden Ressourcen. «Oft sind Effizienzsteigerungen möglich», beobachte er. Dazu gehören Hofdünger-Aufbereitungen genauso wie der gezielte Düngereinsatz nach genauen Bodenanalysen statt nach Bedarf der jeweiligen Kultur sowie ein gut koordinierter Maschineneinsatz.

Die Familie Schürch geht genau so vor: Keine Übermechanisierung mit Traktoren und nur so viele PS einsetzen, wie nötig ist. Schürchs verwenden vor allem den aufgewerteten Hofdünger, sie sparen Düngergaben durch die Verbesserung des Bodenlebens ein.

David Herrmann von Bio Suisse sagt, dass die Knospe-Betriebe von den steigenden Düngerpreisen weniger betroffen seien, da Kunstdünger verboten sei.

Vertieft mit der Umstellung auf Bio auseinandersetzen und sich beraten lassen

Gabi Schürch-Wyss und ihr Mann haben sich bereits bei der Betriebsübernahme vor rund 20 Jahren Gedanken gemacht, ob sie auf Bio umstellen möchten. «Damals hat es aber für uns nicht gepasst. Wir und unser Betrieb haben uns über die Jahre weiterentwickelt.»

Kartoffeln und Zuckerrüben, welche in der Bio-Produktion eine grosse Herausforderung darstellen, haben sie irgendwann nicht mehr angebaut. So war dann der Schritt zur Umstellung im 2018 nicht mehr sehr gross und es brauchte wenig Anpassungen.

Den Mehraufwand für den Biolandbau kennen und sich die Vermarktung überlegen

Dennoch braucht es viele Überlegungen, das betont auch Simon Jöhr. Er spricht von sozioökonomischen, ökonomischen und auch ökologischen Überlegungen. David Herrmann gibt zu bedenken, dass der Biolandbau rund 30 Prozent Mehraufwand bedeutet. «Diese werden zwar über höhere Preise abgegolten, man muss diesen Aufwand aber auch leisten wollen, sonst klappt es nicht.» Eine wichtige Frage ist für Herrmann auch die Vermarktung der Produkte. «Wir empfehlen, sich im Vorfeld etwa bei den ProduktmanagerInnen von Bio Suisse gut zu informieren.»

Die Familie Schürch schliesslich stellt einen ganzen Strauss an Fragen:

  • Kann die aktuelle Produktion auf Bio umgestellt werden?
  • Wo liegen die Herausforderungen und wie könnten diese gelöst werden?
  • Sind Investitionen nötig oder muss eine Umstrukturierung ins Auge gefasst werden?
  • Ist der Absatz der Produkte gewährleistet?
  • Wo liegen unsere Stärken, wo unsere Leidenschaft?
  • Ist die Motivation da, etwas Neues zu wagen?

Denn, so ihr Fazit: Wie immer, wenn man Neues angeht, braucht es zusätzliches Engagement und Energie, man muss auch bereit sein, sich weiterzubilden. Deshalb raten Schürchs auch zu einer vertieften Auseinandersetzung und zu Beratung. Schürchs haben sich damals im Rahmen der Bio-Offensive des Kantons Bern durch das Inforama beraten lassen. Zudem haben sie einen Umstellungscheck durchgeführt und die zukünftige Kontrollorganisation machen lassen.

«Jede Produktionsform hat ihre Berechtigung»

Von heute auf morgen geht Umstellen nicht: Die Umstellungszeit dauert zwei Jahre. Gemäss Simon Jöhr ist aktuell nun immerhin sicher gestellt, dass die Produkte nach der Umstellungszeit auch wirklich in den Bio-Kanal geliefert werden können. David Herrmann rät Interessierten, sich rechtzeitig zum Beispiel mit dem Merkblatt zu informieren und sich mit anderen Knospe-Betrieben auszutauschen, die sich als Besichtigungsbetriebe zur Verfügung stellen.

Die Familie Schürch ist trotz den Herausforderungen nach wie vor überzeugt, dass sie mit der Umstellung die richtige Entscheidung getroffen haben. Dennoch haben sie für jeden anderen Entscheid Verständnis. «Jede Betriebsleiterin und jeder Betriebsleiter muss für sich und den Betrieb den passenden Entscheid fällen. Wenn jemand wieder wechselt oder gar nicht umstellt, gibt es dafür ganz bestimmt gute Gründe», so Gabi Schürch-Wyss.

Neben dem gesicherten Absatz spricht sie auch den Aspekt an, dass die Schweiz den Selbstversorgungsgrad halten können. «Aktuell stehen wichtige Fragen an, welche es zu klären gibt», sagt sie. Aus ihrer Sicht hat jede Produktionsform ihre Berechtigung: Auch als IP-Suisse/ÖLN-Betrieb habe man vielfältige Möglichkeiten, den aktuellen Herausforderungen zu begegnen.

Marktbericht Bio

Das BLW hat im «Marktbericht Bio» Nachfrage-Trends und Hintergründe des Bio-Konsums analysiert. Dazu wurden zwei Erhebungen verwendet. Zum einen die Daten des Konsumentenpanels von Nielsen IQ Switzerland, zum anderen das Biobarometer des Forschungsinstituts für Biologischen Landbau FiBL. Das Biobarometer basiert auf einer repräsentativen Online-Befragung von rund 1000 Personen in der Deutsch- und Westschweiz. Beim Konsumentenpanel führen 4000 Haushalte in der Deutsch- und Westschweiz Protokoll über ihre Einkäufe.