Kurz & bündig
- Lukas Brönnimann wird dereinst den elterlichen Betrieb übernehmen.
- Er bemüht sich um eine schonende Bewirtschaftung ohne Strukturschäden am Boden, wie seine Vorfahren.
- In Zukunft will er vor allem leichte Mechanisierung einsetzen und den Bodenaufbau fördern.
- Stabile Böden verzeihen auch einmal einen Kompromiss bei der Bewirtschaftung.
«Wir verfügen beim Mähdrusch über eine hohe Schlagkraft» erklärt Lukas Brönnimann, «mit immer leistungsfähigeren und schwereren Maschinen. Diese Entwicklung ging lange gut, bis wir in diesem Sommer die Spurschäden bei der Getreideernte gesehen haben. Für mich hat die Effizienz in der Mechanisierung ihre Nützlichkeit verloren. Hier muss Effizienz neu definiert werden können.»
Bei durchnässten Boden vom Sommer 2021 musste Brönnimann Kompromisse eingehen
Lukas Brönnimann haderte mit sich und dem Regenwetter, als er in diesem Sommer die Getreideernte auf dem elterlichen Betrieb verantwortete. «Mit der Sense versuchte ich, die nassesten Stellen unten im Feld auszumähen, damit der Mähdrescher dort nicht durchfahren muss. Ich wollte Spurschäden vermeiden. Das ist mir nicht vollständig gelungen. Ich musste Kompromisse eingehen, die mir weh taten.»
Lukas Brönnimann musste den Mähdrescher durchwinken, obschon er innerlich genau wusste, dass die Bodenstruktur leiden wird. Er fühlt sich in einem System gefangen, das ihn unter Druck setzt.
Hätte er den Bestand stehen lassen sollen? Oder das Getreide mit dem Motormäher schneiden und mit dem Ladewagen auf den Hof fahren und dort in den Mähdrescher gabeln, wie dies beispielsweise ein Nachbar in der hügeligen Region machte? «Letztlich ernteten wir wie immer und es rächte sich in Fahrspuren. Es wurde sichtbar, dass die Technik auf trockene Jahre und tragfähige Böden ausgelegt ist.»
Lukas Brönnimann fragte sich auch, wie hier wohl sein Grossvater gehandelt hätte. Dieser und sein Vater versuchten immer, Sorge zum Boden zu tragen. Allerdings mit dem Kompromiss, der sich stetig erhöhenden Maschinengewichte. Lukas Brönnimann darf in ihre Fussstapfen treten und möchte es nicht minder gut machen. Beim Maschinengewicht will er ansetzen, dort sieht er Verbesserungspotenzial. «Unser Traktor wiegt rund vier Tonnen und ist meistens mit Doppelrädern bestückt. Aber eigentlich ist mir dieses Gewicht zu hoch.»
Die zukünftige Mechanisierung überdenken
Lukas Brönnimann ist überzeugt, dass die nasse Getreideernte 2021 vielen Landwirtinnen und Landwirten zu denken gab. Und er ist sich sicher, dass nicht immer alle hinter allem stehen konnten, was auf dem Acker ausgeführt wurde. «Ich bemühe mich, in Zukunft mit einer leichteren Mechanisierung zu arbeiten. Ich bin auch überzeugt, dass die nächste Generation leichtere Traktoren und Maschinen einsetzen wird, als es ihre Väter und Mütter taten. Das wäre erstmalig. Die vorherigen Generationen bauten immer schwerere Gerätschaften.»
Hier muss seiner Meinung nach auch die Landtechnikindustrie umdenken. Die sogenannte Effizienzsteigerung kann nicht mehr auf Kosten von immer höheren Bodendrücken weitergeführt werden. Die Weiterentwicklung der Landtechnik sieht er in mehr Intelligenz bei der Maschineneinstellung (also in Smart Farming) als in höheren Antriebsleistungen.
Der Respekt von Lukas Brönnimann vor früheren Generationen, welche den Boden erst fruchtbar machten, ist gross. Als er ein Buch von seinem Grossvater fand, welches dieser in den 1950er-Jahren zu seinem Abschluss an der Landwirtschaftsschule erhielt, nahm sein Respekt noch mehr zu: «Das Buch heisst «Ewige Heimat» und dokumentiert das Leben und das Arbeiten in der Landwirtschaft von früher.
Man hätte ihnen auch Unterlagen zur damals rasch einsetzenden Mechanisierung überreichen können. Aber offenbar erschien es den Verantwortlichen damals wichtiger, die jungen Landwirte an ihre Wurzeln zu erinnern. Das hat mich sehr beeindruckt und ich blättere gerne in diesem Buch. Auf Zeichnungen werden Bauersleute etwa Ende des 19. Jahrhundert bei harter Ackerarbeit mit Zugtieren dargestellt oder beim Diskutieren miteinander. Mich würde es interessieren, wie diese Leute ihre Zukunft gesehen haben.»
Das «bäuerliche» Bauern ist regionaler
Bei Brönnimanns finden sich auf dem Betrieb auch noch alte Geräte, welche im Pferdezug eingesetzt wurden. Auch das Geschirr für die Pferde ist noch vorhanden und Lukas Brönnimann ist derzeit daran die Raritäten und Erinnerungen aufzufrischen. «Man hat früher mit dem gearbeitet, was in der Region vorhanden war. Das ist für mich der Inbegriff des bäuerlichen Bauerns.»
Bäuerliches Bauern ist aus der Sicht von Lukas Brönnimann das Gegenteil von industrieller Landwirtschaft. Eine einst nachhaltige und selbsttragende Lebens- und Produktionsform. Das Herstellen von Lebensmitteln ohne starke Abhängigkeit von Hilfsstoffen wie Erdöl und Agrochemie.
Die Mechanisierung ist auf trockene und tragfähige Böden ausgelegt
Deshalb macht sich Lukas Brönnimann intensive Gedanken zur Mechanisierung der Zukunft. Die Maschinerie kann nicht mehr nur auf trockene Jahre und tragfähige Böden ausgelegt sein. Bei der Getreideernte denkt er einen Schritt zurück. Warum nicht wie früher das Getreide stationär auf dem Hof dreschen, um die extremen Bunkergewichte zu umgehen? Möglicherweise mithilfe von Robotern, welche das Getreide auf dem Feld selbstständig holen. «Wie früher» heisst hier nicht zurück zu alter Technik, sondern das Verfahren mit modernster Technik neu entdecken.
Die Mechanisierung ist jedoch nur ein Teil, welche den Bodenzustand stark beeinflusst. Ein anderer ist, den Boden aufzubauen und seine Fruchtbarkeit zu verbessern. «Wird ein Boden aufbauend geführt, kann er auch einmal einen Kompromiss bei der Bewirtschaftung verzeihen.»
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Boden als Barometer bei der Agrarpolitik
«Der Boden sollte in Zukunft bei der Agrarpolitik im Vordergrund stehen. Ein aktiver und lebendiger Boden ermöglicht den Nahrungsmittel-Anbau und das Filtern von Wasser. Wird der Boden durch Bearbeitung und Befahrung intensiv strapaziert, verliert er seine Stabilität, da die Krümelstruktur zerstört wird.»
Feine Bodenteile wie Ton und Schluff lösen sich aus den Krümel-Komplexen und verstopfen die Bodenporen. Das Wasser kann nicht mehr gut infiltrieren und Nährstoffe und Wasser nicht mehr gut gespeichert werden. Fliesst bei starkem Regen das Wasser oberflächlich weg, werden Bodenteile mitgerissen und es kommt zu Erosion.
Der junge Landwirt ist jedoch zuversichtlich, dass in diesem Jahr viele Landwirtinnen und Landwirte ob der Spurschäden bei der Getreideernte ein neues Bewusstsein zum Boden entwickelt haben. Viele haben gesehen, dass man an einem Punkt angelangt ist, wo es Gegensteuer braucht, nicht nur beim Maschinengewicht. Die Lösung sieht Lukas Brönnimann auch in bodenaufbauender Bewirtschaftung.
Er erinnert daran, dass Wald- und Weidesysteme Boden von selbst aufbauen können. «Hier sollten wir versuchen die Natur bestmöglich nachmachen. Mit einer Mulchschicht kann beispielsweise eine Laubschicht im Wald imitiert werden. Der Wasserhaushalt kann so auch bei einem strapazierten Boden sofort verbessert werden. Beim Kartoffelanbau gibt es bereits Verfahren mit gehäckseltem Transfermulch einer Spenderparzelle, welche über die Kartoffelkultur gestreut wird. Der Feuchtigkeitshaushalt wird verbessert und die Schicht unterdrückt das Unkraut.»
Auch gut umgesetzte Weidehaltung sieht Lukas Brönnimann als bodenaufbauende Massnahme. Mikroben und Nährstoffe, welche durch die Beweidung dem Boden in der frischen Qualität zugeführt werden, aber auch eingetretenes Pflanzenmaterial tun dem Bodenleben gut. Diese kann dann nicht nur Bodenverdichtungen lösen, sondern Boden aufbauen.
Wann ist Effizienz in der Landwirtschaft effizient?
Stellt sich bloss die Frage, ob das Beispiel mit der Mulchschicht über Kartoffeln noch eine genügend effiziente Bewirtschaftung ermöglicht. Auf einer Spenderfläche müsste eine Gründüngung angebaut werden. Der Aufwand für das Häckseln und Verteilen mit einem Breitstreuer wären gross. «Hier wird tatsächlich ein grosser Aufwand betrieben. Allerdings muss die Frage der Effizienz definiert werden. Ich sah heuer tiefe Erosionsgräben in Kartoffeln. Hier sind Ertragsausfälle und Schadensbehebung und das Reinigen von Strassen auch nicht effizient. Und der direkte Schaden, am über Jahre aufgebauten Acker-boden, lässt sich nicht beziffern und ist insgesamt höchst ineffizient.»
Lukas Brönnimann nennt ein weiteres Beispiel. «Im Wald ist man mit einem grossen Forwarder auf den ersten Blick effizient beim Holzrücken. Wenn durch das Gewicht dann jedoch das Brünnli auf der Weide nicht mehr läuft, muss man die Gesamteffizienz hinterfragen.» Zudem wird hier in kürzester Zeit kaputt gemacht, was früher mit Mühe erschaffen wurde: Man stelle sich den Aufwand vor, eine Quelle mit Handarbeit zu erschliessen.
Der junge Landwirt stellt spätestens nach der Ernte 2021 vieles in Frage, was in der Landwirtschaft als effizient bezeichnet wird. Er will den Boden schonen und bewahren. Generell wünscht sich Brönnimann, dass die Mechanisierung auf bewährte Verfahren zurückgreift, diese aber mit modernster Technik kombiniert.
Diese Konsequenzen zieht Lukas Brönnimann aus dem nassen Jahr 2021
- Brönnimann hat den Drescher-Fahrer auf den Wert seines leichtesten «alten» Dreschers hingewiesen
- Nasse Stellen mit dem Motormäher ausmähen und an Walme legen, wo sie der Drescher aufnimmt.
- Lohnunternehmer motivieren, leichte Maschinen anzubieten.
- Lösungen suchen, welche den Boden ganz von schweren Gewichten befreien.
- Ein starker Boden erlaubt auch einmal Kompromisse bei der Bewirtschaftung.
- Bodenaufbau muss im Sinne der Agrarpolitik sein.
- Übernahme von Trocknungskosten bei extremen Witterungsbedingungen, um das Zeitfenster der Ernte zu vergrössern.
- Die Gesellschaft muss im Rahmen der Agrarpolitik die Risiken mittragen, welche die Landwirtschaft durch den Klimawandel erlebt.
Betriebsspiegel der Familie Brönnimann
Lukas Brönnimann
Bewirtschaftung: Biologische Produktion, Bergzone
LN: 23 ha, 7 ha Wald
Kulturen: Getreide 3 ha, Rest Futterbau
Tierbestand: 20 Mutterkühe, 1 Stier
Weitere Betriebszweige: Hochstamm-Obstbäume
Arbeitskräfte: Eltern (Betriebsleiter), Lukas Brönnimann (Teilzeit-Pensum als Lehrer und Berater Bioschule Schwand)