Viele Schweizer Forstbetriebe arbeiten defizitär und verlieren im Wald jedes Jahr Geld. Im Auftrag des Bundes ermittelt WaldSchweiz, der Verband der Waldeigentümer, die wirtschaftlichen Kennzahlen bei Forstwirtschaftsbetrieben.

Dazu unterhält WaldSchweiz das Forstwirtschaftliche Testbetriebsnetz (TBN), das 160 öffentliche Forstbetriebe aus den Zonen Jura, Mittelland, Voralpen und Alpen (inklusive Alpensüdseite) umfasst. Ziel ist es, die wirtschaftliche Situation der Forstbetriebe detailliert abzubilden und darauf aufbauend Schlussfolgerungen für die gesamte Branche zu ziehen.

Die Verluste der Forstbetriebe werden jährlich kleiner

Im Jahr 2022 ergaben die Erhebungen folgende Verluste:

  • Über den Gesamtbetrieb verloren die TBN-Betriebe 2 Franken/Hektar (2021: 29 Franken/Hektar Verlust)
  • Im Kerngeschäft der Waldbewirtschaftung verloren die TBN-Betriebe 16 Franken/Hektar(2021: 33 Franken/Hektar Verlust)

Grund für die Verbesserung ist vor allem der höhere Holzerlös, der sich seit drei Jahren in einem Aufwärtstrend befindet. Dies vor allem durch die positive Preisentwicklung dank höherer Nachfrage beim Energieholz. Es gibt aber grosse regionale Unterschiede:

Im Mittelland und in den Voralpen werden höhere Holzerlöse erzielt, weil der Nadelholzanteil an der Gesamtnutzung höher und die Holzqualität tendenziell besser ist.

In den Alpen resultieren aufgrund der schlechteren Qualität tiefere Holzerlöse und die Kosten sind höher.

Der Erlös aus der Holzernte deckt die Kosten nicht. Gemäss Benno Schmid, Leiter Kommunikation und Politik von WaldSchweiz, sollten Waldleistungen für die Allgemeinheit zusätzlich abgegolten werden.

Muss der Wald überhaupt genutzt werden, wenn er defizitär ist?

Grundsätzlich sind Schweizer Waldeigentümer nicht verpflichtet, ihren Wald zu bewirtschaften. Ausnahmen sind Bewirtschaftungen von Schutzwald und von Wald entlang der Verkehrsinfrastrukturen, die in der Schweiz stark geregelt und mit öffentlichen Geldern unterstützt werden.

Wie viel Waldfläche wird heute nicht mehr genutzt?

Gemäss dem Landesforstinventar der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL wurden in der Schweiz in den letzten 20 Jahren mehr als 20 Prozent der zugänglichen Waldfläche nicht bewirtschaftet und dazu noch 15 Prozent gering bewirtschaftet. Etwas 5 Prozent wurden als kritisch betreffend die Bestandsstabilität eingestuft.

Das Holzerntepotential wird so nicht ausgeschöpft, wie hoch sind die Verluste?

Der Bund spricht von einem nachhaltig nutzbaren Holzerntepotential von 7 bis 8 Mio Kubikmetern pro Jahr. Davon werden im Schnitt der letzten Jahre jedoch nur 5,5 Mio Kubikmeter genutzt. Es gibt also noch Potential.

Das Potential ist aber nicht überall gleich hoch. So wird etwa im Mittelland das Nutzungspotenzial aktuell nahezu ausgeschöpft, während in den übrigen Regionen wie den Voralpen oder der Alpensüdseite noch wesentliche Reserven vorhanden sind.

Dort ist aber die Holzernte mit erheblichen Kosten verbunden. Der Einsatz eines Seilkrans kann in der Regel nicht durch den Holzerlös allein gedeckt werden. Soll dieses Potential ausgeschöpft werden, sind gezielte Fördermassnahmen notwendig.

Wie sieht es mit der Gesundheit der Schweizer Wälder aus?

Mehrheitlich sieht der Wald gesund aus. In den vergangenen Jahren gab es aber viele Schäden wegen Borkenkäfern und Trockenheit. Gemäss WSL-Erhebungen ist ein erheblicher Teil der Bäume angeschlagen.

Wie sieht die optimale Waldnutzung aus heutiger Sicht aus?

Die ideale Waldnutzung erlaubt auch in Zukunft einen breiten Spielraum in der Produktion. Das heisst: genügend Verjüngung und Mischwälder mit einer breiten Palette an Baumarten. Diese Voraussetzungen erlauben auch eine bessere Wiederkraft und Anpassung der Wälder an die klimatischen Veränderungen. Eine Form der Bewirtschaftung, die in dieser Richtung geht und von einigen Betrieben angestrebt wird, ist der Plenterwald.

Der Plenterwald ist ein sich stetig verjüngender Dauerwald, in dem Bäume aller Dimensionen kleinstflächig bis einzelstammweise vermischt sind. Im Plenterbetrieb werden einzelne Bäume gefällt und so ein permanenter Hochwald geschaffen. Diese Bewirtschaftungsform ist aber nicht in allen Regionen gleich anwendbar.

Was empfehlen Sie bei der Bewirtschaftung von Kleinparzellen, wie man sie häufig beim Privatwald vorfindet?

Der durchschnittliche private Waldbesitz umfasst in der Schweiz rund 1,5 Hektaren. Um diese kleinen Flächen sinnvoll zu bewirtschaften, empfiehlt sich eine Zusammenarbeit mit den lokalen Forstdiensten und -betrieben. Diese kennen die Situation vor Ort gut und können auch über mehrere Waldflächen hinweg eine gute Bewirtschaftung sicherstellen.

Gibt es Nutzungsanreize durch öffentliche Gelder?

Um die Waldleistungen sicherzustellen, unterstützt die öffentliche Hand die Waldeigentümer im Jahre 2020 mit 300 Mio Franken jährlich (Bund: 151,2 Mio, Kantone: 139,6 Mio).

Gemessen an der Waldfläche – rund ein Drittel der Schweiz ist Wald – und im Vergleich zu anderen Bereichen wie der Landwirtschaft, fliesst nur sehr wenig Geld in die Waldwirtschaft. Diese Gelder werden nicht pauschal gesprochen, sondern sind im Rahmen von Leistungsvereinbarungen zwischen Bund, Kantonen und Waldbesitzern an klar definierte Qualitätskriterien gebunden.

Der Grossteil der Gelder fliesst in die Schutzwaldbewirtschaftung. Ohne diese kann die Waldpflege in dem häufig steilen und unwegsamen Gelände nicht gewährleistet werden.

Im schlimmsten Fall könnte der Wald seine Schutzleistung nicht mehr erbringen und es müssten teure Verbauungen gebaut werden. Diese kämen bis zu zehnmal teurer als die Pflege der Schutzwälder.

Weitere Beiträge gibt es unter anderem für Wiederaufforstungen nach grösseren Waldschäden oder für defizitäre Pflegemassnahmen, zum Beispiel in jungen Wäldern. Dazu kommen Beiträge für Biodiversitätsmassnahmen wie Naturwaldreservate oder Waldrandaufwertungen.

Der Wald spielt auch beim Klima eine zentrale Rolle. Einerseits leidet er unter dem Klimawandel, andererseits spielt er eine zentrale Rolle beim Klimaschutz?

Der Wald und sein Holz leisten auf drei Arten einen Beitrag zum Klimaschutz: CO2-Speicherung, CO2-Bindung und Substitution:

Bäume lagern durch Photosynthese CO2 als Kohlenstoff in ihrer Biomasse ein. Verwendet man Holz als Baustoff, bleibt das zu Kohlenstoff umgewandelte CO2 über Jahrzehnte in der Holzkonstruktion gebunden und kann vorerst nicht in die Atmosphäre zurückentweichen.

Der Austausch fossiler Rohstoffe oder energieintensiver Materialien durch Holz führt zu einem Substitutionseffekt. Bauen mit Holz ist daher nachhaltiger als Bauen mit anderen Rohstoffen, deren Herstellung zusätzliche Energie benötigt. Der Wald kann so dazu beitragen, den Klimawandel abzubremsen.

Für den Wald ist die Anpassung an den Klimawandel eine grosse Herausforderung. Trockenheit und Hitze verändern den Baumbestand. In tieferen Lagen werden die Nadelbäume immer mehr durch Misch- und Laubwälder ersetzt. Die Baumgrenze steigt und die Bäume wachsen in der Höhe weniger schnell.

Damit wir den Wald besser an den Klimawandel anpassen können, hat das Parlament mit der Motion von Ständerat Daniel Fässler für die letzten vier Jahre insgesamt 100 Mio Franken gesprochen.

Diese Gelder sind nun aufgebraucht und das Parlament ist derzeit daran, diese Finanzierung auch für die kommenden Jahre zu sichern.