Kurz & bündig
- Vater und Sohn Kälin entschieden sich für ein Doppelmessermähwerk, weil es weniger Energie verbraucht, bodenschonender ist und eine bessere Futterqualität liefert.
- Während Tobias Kälin jun. mit einem Rotationsmähwerk 60 Liter Diesel verbraucht, benötigt er für die gleiche Fläche mit dem Doppelmessermähwerk lediglich 10 Liter.
- Die Umstellung erforderte eine Anpassung der Betriebsabläufe, da das Doppelmessermähwerk eine sorgfältigere Planung und regelmässige Wartung benötigt.
Mehr als ein Jahr lang überlegten Vater und Sohn Kälin, die beide Tobias heissen, ob sie auf ein Doppelmessermähwerk umsteigen sollten. Sie testeten verschiedene Techniken, denn diese Entscheidung hatte weitreichende strategische Folgen für den Betrieb. Im Jahr 2022 haben sie sich ein 9 Meter breites Doppelmessermähwerk der Firma BB-Umwelttechnik angeschafft.
Doch warum überhaupt wechseln? Das bisherige, 3 Meter breite Scheibenmähwerk war in die Jahre gekommen und sollte ersetzt werden. Hinzu kamen der Ruf nach umweltschonender Landwirtschaft sowie steigende Energie- und Dieselpreise – die Gründe sind vielfältig. Das nächste Mähwerk musste aus Sicht der Kälins zwei wesentliche Aspekte verbessern: Effizienz und Qualität.
Durch Youtube auf den Geschmack gekommen
Tobias Kälin junior erzählt, wie er beim Stöbern auf Youtube auf ein Video von Agropictures stiess. Darin wurde der Berghof Babel im Allgäu, Deutschland, porträtiert. «Mir gefiel die Technik, die sie nutzen: Kammschwader, leichte Traktoren und das Doppelmessermähwerk», berichtet er. Der Betrieb wurde als fortschrittlich und auf Futterqualität fokussiert präsentiert – das beeindruckte Kälin junior. «Ich dachte mir: Die Technik muss funktionieren, wenn ein solcher Betrieb sie in grossem Stil einsetzt.»
Er zeigte das Video seinem Vater, der ebenfalls begeistert war. Gemeinsam wollten sie nun herausfinden, ob diese Technik auch für sie von Nutzen wäre. Sie beschlossen, die Technik in einer Probephase zu testen, um ihre Effizienz und den Einfluss auf die Futterqualität aus erster Hand zu erleben.
In der Theorie ein einfacher Entscheid
Eigentlich sind die Vor- und Nachteile der verschiedenen Mähtechniken klar. Während Doppelmessermähwerke mit einem sauberen Schnitt punkten und Insekten sowie die Grasnarbe schonen, bringen sie auch Herausforderungen mit sich: Sie arbeiten langsamer und erfordern mehr Wartung.
Rotationsmähwerke hingegen sind robuster, ermöglichen bei entsprechendem Bestand höhere Flächenleistungen und sind wartungsärmer, verbrauchen aber mehr Energie. Bei der Überfahrt von Erdhaufen kann das Futter durch aufgewirbelte Erde verschmutzt werden. Die Entscheidung zwischen den Systemen ist daher keine Frage von «besser oder schlechter», sondern hängt davon ab, welche Prioritäten ein Betrieb setzt.
In der Praxis komplexer – auch das Trägerfahrzeug zählt
Vater und Sohn Kälin wollten ihre Flächenleistung steigern und nahmen daher ein Schmetterlings-Doppelmessermähwerk für den Frontanbau ins Visier. Durch die Vergrösserung der Arbeitsbreite von 3 auf 9 Meter erhöht sich automatisch die Schlagkraft. «Natürlich könnte man mit einem gleich breiten Rotationsmähwerk schneller fahren, aber wir können uns keinen Traktor leisten, der ein 9 Meter breites Rotationsmähwerk betreiben kann», erklären sie. Dazu wäre ein Traktor der oberen Leistungsklasse mit etwa 150 bis 200 PS nötig.
Im Gegensatz dazu benötigt das Doppelmessermähwerk je nach Hersteller nur 2 bis 3 PS pro Meter Arbeitsbreite – ein 60-PS-Traktor wäre bereits ausreichend. Als Kompromiss, um auch andere Arbeiten wie Übersaaten durchführen zu können, entschieden sie sich für einen Rigitrac SKH 75 mit rund 110 PS.
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Der Bedarfsunterschied des Mähwerkes zeigt sich deutlich im Dieselverbrauch. Während Tobias Kälin junior mit einem Rotationsmähwerk 60 Liter Diesel benötigt, verbraucht er mit dem Doppelmessermähwerk für die gleiche Fläche lediglich 10 Liter. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass ein Doppelmessermähwerk rund zwei Drittel weniger Diesel verbraucht als ein Rotationsmähwerk.
Hinzu kommt das deutlich geringere Gewicht eines kleinen Traktors mit Doppelmessermähwerk im Vergleich zu einer leistungsstärkeren Maschine mit Rotationsmähwerk. Ein weiterer Vorteil ist der reduzierte Verschleiss des Trägerfahrzeugs: Da das Doppelmessermähwerk mit niedrigen Drehzahlen betrieben werden kann, wird der Traktor im Vergleich zum Rotationsmähwerk geschont.
Wer weniger Arbeitsgänge verrichtet, ist auch schlagkräftiger
Tobias Kälin junior berichtet, dass sie bei Testfahrten festgestellt haben, dass das Anmähen mit einem Einachs-Balkenmäher nicht mehr nötig ist. Das Doppelmessermähwerk ist wendig und präzise genug, um direkt mit dem Mähen zu beginnen, was viel Zeit spart.
Dank der breiten Ablage des Schnittguts kann das erste Wenden im Prinzip entfallen. «Natürlich hängt es vom Grasbestand und der Witterung ab, aber grundsätzlich müssen wir einmal weniger kreiseln», sagt Tobias Kälin jun.
Ein gutes Ergebnis ist Einstellungssache
Die Einstellung des Mähwerks ist anspruchsvoll. Bis der Schnitt perfekt ist, muss viel justiert werden. Ein Landwirt mit mehr Erfahrung in der Mähwerk-Einstellung hat Kälins beim letzten Feinschliff geholfen. Der Austausch mit erfahrenen Landwirten hat sich als sehr wertvoll erwiesen.
Kälins schneiden das Gras nicht tiefer als 8 Zentimeter. Dafür sorgen die austauschbaren Gleitkufen. Mit dem Oberlenker kann die räumliche Ausrichtung des Balkens eingestellt werden. Möglichst waagrecht ist das Ziel oder eher etwas nach vorne gerichtet, sodass das Gras gut über den Balken fliessen kann.
Wenn das Gras abliegt, wird es schwierig
Ein Doppelmessermähwerk kann abgelegtes Gras nur schwer sauber schneiden. «Wir nehmen den ersten Schnitt nun tendenziell etwas früher, damit die Halme gar nicht erst abliegen», erklärt Tobias Kälin junior. Dadurch ergibt sich faktisch ein zusätzlicher Schnitt. Auch die Grasart, der Mähzeitpunkt und die Witterung beeinflussen das Abliegen. Raigrasbestände mit vielen Stängeln bleiben eher aufrecht, während krautige Bestände schneller abliegen.
Ein Rotationsmähwerk bewältigt abgelegte Grasnester besser. Allerdings muss dazu meist tiefer geschnitten werden – «oft rasiert man dann den Boden ab», ergänzt Kälin.
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Müheloses Schärfen dank Automat
Nach dem Mähen kommt das mühsame Schleifen. Tobias Kälin junior sieht dies aber nicht so tragisch. «In einer Stunde bin ich mit den anfallenden Arbeiten durch.»
Er habe einen Schleifautomaten, der für ihn die Arbeit erledigt; während der Automat schleift, kümmert er sich um die Schmierung. Um den Schleifautomaten auszulasten, schleift er zusätzlich noch Messer von Kollegen.
Das Fazit von Vater und Sohn Kälin
Kälins verfügen über ausreichend grosse Flächen, sodass sich ein 9-Meter-Doppelmessermähwerk für sie lohnt. Für einen kleineren Betrieb im Nebenerwerb wäre das vermutlich weniger sinnvoll. «Die Wartung muss gewissenhaft erledigt werden, damit das Mähwerk immer einsatzbereit ist» – das sei nicht für jeden geeignet.
Schliesslich haben sich Kälins aufgrund des geringeren Leistungsbedarfs, der daraus resultierenden Bodenschonung und der Futterqualität für ein Doppelmessermähwerk entschieden. Die Insektenschonung war ein weiterer Beweggrund. «Der Imker in der Nähe wird sich sicher freuen, wenn nach dem Heuen nicht die halbe Kolonie tot ist», sagt Kälin junior.
Die Kälins haben ihre Arbeitsabläufe angepasst, um effizient mit dem Doppelmessermähwerk zu arbeiten. Spontanes Mähen ist nicht mehr möglich – stattdessen erfordert die Technik eine sorgfältige Planung.
Betriebe, die eine ähnliche Mähtechnik in Betracht ziehen, sollten sich bewusst sein, dass die Abläufe entsprechend angepasst werden müssen. Eine Anschaffung allein um der Technik willen ist demnach wenig sinnvoll.
Betriebsspiegel der Generationengemeinschaft Heumatt
Tobias sen. und Tobias jun. Kälin, Bennau SZ
LN: 51 ha, silofreier Grünlandbetrieb
Kulturen: 42 ha intensive Naturwiese, 6 ha extensive Streuwiese, 3 ha Dauerweide
Tierbestand: 40 Kühe, 36 Jungvieh
Milchleistungsdaten: 7170 kg Milch, 3,84 % Fett, 3,39 % Eiweiss
Arbeitskräfte: Tobias sen. 100 %, Ehefrau Mary 100 %, Tobias jun. 100 % seit 2024
