Kurz & bündig
- Familie Riedweg kombiniert Sonne und Wind für mehr Eigenstrom.
- Eine Windturbine ergänzt die PV-Anlage und liefert vor allem im Winter Strom.
- Die Windturbine ist 25 Meter hoch und leistet 30 kW als Eigenbedarfanlage.
Bernhard Riedweg und seine Frau Rita beschäftigen sich seit rund zehn Jahren mit Energiefragen rund um ihren Betrieb. Sie führen im luzernischen Escholzmatt einen Talbetrieb mit 30 Mutterkühen und 100 Mastschweineplätzen. Mit einer 30-kW-Photovoltaikanlage produzieren sie Strom für den Eigenverbrauch.
«Wir haben lange überlegt, wie wir den eigenen Strom noch stärker für unseren Betrieb nutzen könnten – auch in Randzeiten und wenn die Sonne nicht da ist. Zuerst dachten wir an einen Batteriespeicher, um hier einen Ausgleich zu schaffen. Letztlich haben wir uns jedoch für eine Windturbine neben unserem Bergbetrieb entschieden», so Bernhard Riedweg.
Sonne und Wind ergänzen sich für Eigenstrom
Die Windturbine produziert vor allem am Morgen und Abend Strom, wenn die PV-Module noch nicht voll produzieren, sowie bei Bewölkung und vor allem im Winterhalbjahr.
Dank der Möglichkeit einer Lokalen Energiegemeinschaft (LEG) kann der Strom der Windturbine ab dem Jahr 2026 nicht nur für den Bergbetrieb, sondern auch für den Talbetrieb als Eigenstrom genutzt werden. Die Windturbine hat eine Gesamthöhe von 25 Metern und steht auf einem Grat neben dem Bergbetrieb auf rund 1100 Meter über Meer. Anhand des Windatlas konnte das Windpotenzial beurteilt werden.
«Wir haben gesehen, dass für die Windturbine über das ganze Jahr ein nutzbares Potenzial von täglich durchschnittlich 3,5 Stunden besteht. Die PV-Anlage kommt im Übrigen auf einen ähnlichen Wert», so Bernhard Riedweg. So können pro Jahr theoretisch rund 38'000 kWh Strom mit Windkraft produziert werden.
«Bei der Kalkulation gingen wir von einer Produktion zwischen 30'000 und 45'000 kWh aus», so Riedweg. Gekostet hat die Anlage rund 200'000 Franken. Bei einer Abschreibungsdauer von 20 Jahren schaut etwas heraus, obschon der Strommarkt eine wenig planbare Angelegenheit ist.
Eine landwirtschaftliche Windkraftanlage
Heute kann eine PV-Anlage bei fast jedem Dach problemlos gebaut werden, bei einer Windturbine sieht es anders aus. Da dauert ein Bewilligungsverfahren für grosse Windparks über 20 Jahre.
Eine Windturbine mit maximal 30 Metern Höhe gilt bei den Behörden als Kleinwindanlage, welche gegenüber grossen Windparks mit einem vereinfachten Verfahren durch den Kanton bewilligt werden kann.
Die Windturbine von Familie Riedweg wurde als bäuerliche Anlage bewilligt, weil die Nutzung des Stroms als Eigenbedarf nachgewiesen werden konnte. Zudem musste der Standort im Hofareal angesiedelt sein. Dies wurde mit einem Abstand von rund 20 Metern zum Bergbetrieb-Gebäude erreicht. Hier wurde bei der Bewilligung also ein Standard angewendet, den man auch von anderen Bereichen kennt, welche möglich werden, wenn sie in Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Produktion stehen, zum Beispiel Bauten für die Biogasgewinnung.
Horizontale Turbine bringt mehr Leistung
Die technischen Abklärungen zur Anlage machte Bernhard Riedweg mit der Firma New Green Tec AG aus Kloten. Das Unternehmen ist auf die dezentrale Energieversorgung aus erneuerbaren Ressourcen spezialisiert und liefert Kleinwindanlagen von zwei bis dreissig Metern Höhe und Leistungen bis zu 100 kW. Frido Stutz ist der Chef von New Green Tec und begleitete das Windkraftprojekt von Familie Riedweg von Anfang an.
Nachdem die Eignung des Standorts nochmals geprüft worden war, wurde der Turbinentyp für die Baueingabe bestimmt. Es handelt sich um eine Anlage mit einer horizontalen Turbinenachse. «Wir haben auch Anlagen mit vertikaler Achse. Wenn es baulich jedoch möglich ist, erreicht man mit der Horizontal-Achse eine höhere Produktion. Diese werden laufend zur Windrichtung ausgerichtet, indem sich die Gondel auf dem Mast entsprechend dreht. Vertikale Turbinen, wie wir sie beispielsweise auf Dächern montieren, haben etwas weniger Wirkungsgrad, können dafür den Wind aus allen Richtungen aufnehmen, ohne sich ausrichten zu müssen», erklärt Frido Stutz.
Der Turbinenmast hat eine Höhe von 17 Metern. Die drei Flügel bilden einen Durchmesser von 16 Metern.
Turbine schaltet bei stabilem Wind ein
[IMG 2] Die Turbine dreht sich stets zur Windrichtung. Der Wind auf dem Grat kommt mehrheitlich von Westen. Die Anlage schaltet sich ab einer Windgeschwindigkeit von drei Metern pro Sekunde ein. Die Steuerung ist so ausgelegt, dass diese Mindestbedingung während fünf Minuten gehalten werden muss, damit das Windrad startet. Damit wird verhindert, dass das Windrad im Grenzbereich des minimalen Windes dauernd ein- und ausschaltet.
Die Nennwindgeschwindigkeit liegt bei neun Metern pro Sekunde. Dort wird die Leistung von 30 kW erreicht. Der Rotor in der Turbine treibt einen Generator an, der die mechanische Energie wie ein Dynamo am Velo in elektrische Energie umwandelt. Dieser Strom gelangt in den Wechselrichter im Serviceraum und von dort zum Hausanschluss, wo der Überschuss ins Netz gelangt. Dank der erwähnten Lokalen Energiegemeinschaft ab 2026 kann die Energie dann im Talbetrieb, wo der Hauptbedarf besteht, als Eigenstrom verwendet werden.
Bei Starkwind drehen sich die Rotorblätter um ihre Längsachse, um die Drehzahl zu reduzieren. Mit einer mechanischen Bremse wird die Anlage bei Sturm automatisch blockiert, um Schäden zu vermeiden.
«Der Mast ist hydraulisch kippbar, damit ein leichter Zugang für Wartungsarbeiten möglich ist. Das ist etwa einmal jährlich notwendig», sagt Windturbinen-Spezialist Frido Stutz.
Für die Verankerung im Boden waren rund 30 Kubikmeter Beton notwendig. Das Fundament misst an der Oberfläche rund 3,5 auf 3,5 Meter. Der Landverbrauch der Windkraftanlage ist somit gering.
Standorte für Windkraft prüfen
Das Bundesamt für Energie geht gemäss der Energieperspektiven 2050 davon aus, dass Windkraft sieben bis zehn Prozent des Schweizer Stromkonsums decken könnte. Mit dem Windatlas kann das Potenzial eines Standorts eingeschätzt werden: www.diegruene.ch/windatlas
Die Windkraftanlage von Familie Riedweg ist seit Anfang Juli 2025 in Betrieb und hat schon einige Hundert kWh Ökostrom produziert. Sie funktioniert einwandfrei. Die Anlage ist also bereit für die Windturbinen-Hauptsaison im Herbst und Winter und kann am 11. September 2025 am Tag der offenen Tür besichtigt werden. Interessenten können sich per Mail bei info(at)newgreentec.com anmelden und den Anfahrtsweg anfragen.
Stromproduktion vor allem im Winter
In der Schweiz produzieren Windkraftanlagen am meisten Strom im Winter. Sie liefern zwei Drittel der Energie im Winterhalbjahr, denn die Windverhältnisse sind zu dieser Jahreszeit optimal.
Im Gegensatz dazu sinkt die Stromproduktion aus Photovoltaik in genau jener Phase auf die tiefsten Jahreswerte. Dank der Stromausbeute im Winter ist die Windkraft eine ideale Ergänzung zur Solarenergie. Quelle: Energie Schweiz