Kurz & bündig
- Felix Ruh aus Buch SH fährt seit 45 Jahren Mähdrescher und bezeichnet sich süchtig danach.
- Er hat die Entwicklung der Mähdrescher von Anfang an miterlebt und erinnert sich auch noch an das Dreschen von Getreide-Garben.
- Mit seiner Familie führt er ein Druschunternehmen mit drei Mähdreschern.
Dreschen liegt der Familie Ruh aus Buch SH seit Generationen im Blut. Der Grossvater von Felix Ruh begann bereits 1930 mit einer Wöhrle-Dreschmaschine die Getreide-Puppen aus der Umgebung auszudreschen. Dies führte Felix Ruhs Vater fort. Er kaufte 1959 noch die letzte von Wöhrle hergestellte Dreschmaschine. Felix Ruh kann sich noch gut an diese Super-Maschine erinnern.
So richtig fasziniert ihn das Dreschen, seit sein Vater 1970, als sämtliche Getreidefelder nach einem heftigen Sturm am Boden lagen, einen Fahr-M66-Mähdrescher mit 2,5 Meter Schneidwerk und vier Schüttlern kaufte. Der Bindemäher kam mit dem Lagergetreide nicht gut zurecht und die Zeit war gekommen, einen Mähdrescher für den überbetrieblichen Einsatz anzuschaffen.
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Eine Mähdrusch-begeisterte Familie
Felix Ruh bewirtschaftet mit seiner Familie in Buch SH einen Landwirtschaftsbetrieb und führt seit 36 Jahren mit viel Leidenschaft ein Mähdrusch-Unternehmen.
Unterstützt wird er von der ganzen Familie. Seine Frau Claudia Ruh organisiert die Einteilung der Mähdrescher. Der Landwirtschaftsbetrieb wird seit diesem Jahr von Tochter Martina geführt. Das Mähdrusch-Unternehmen wird nach seiner Pensionierung von Sohn Armin übernommen, der jetzt schon einen der drei Mähdrescher fährt.
Unterstützt wird das Druschunternehmen von Corinne Müller. Sie ist vom Mähdrusch nicht minder begeistert wie ihr Vater. Patrick Neidhart, Claudia Ruhs Bruder, hilft an extremen Tagen zusätzlich aus.
Seit Jahrzehnten zeichnet Ruh alles über die Mähdrescherei auf
In Aufzeichnungen hält Felix Ruh alles über die Mähdrescherei fest. So ist beispielsweise zu lesen, dass im Jahr 1974 der Fahr-M66-Mähdrescher 54 Hektaren geerntet hat.
Der Fahr M66 hatte mit seiner Dresch- und Wendetrommel und den Schüttlern ein einfaches Druschsystem. Obschon dieses Druschprinzip bis heute gleichgeblieben ist, erreichen heutige Drescher ein Mehrfaches an Flächenleistung.
Eine höhere Motorleistung, optimierte Abscheide-Organe und zusätzliche Trommeln und Hangausgleich brachten hier einen grossen Leistungssprung. Felix Ruh hat diese Entwicklung hautnah miterlebt.
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Grosse Reparaturen mitten in der Drusch-Saison
Heute benötigt ein Mähdrescher normalerweise nur den täglichen Parkdienst, um eine ganze Saison zuverlässig zu bestehen. Beim Fahr-Drescher war dies noch anders. «Die Ernte erstreckte sich über eine längere Zeit als heute, man nahm ein Feld nach dem anderen und die Landwirte hatten viel mehr Geduld. So störte es auch nicht, dass man nach drei vollen Dreschtagen beispielsweise das Motorenöl wechselte. Das kann man sich heute kaum noch vorstellen», erinnert sich Felix Ruh.
Auch grössere Reparaturen sind während der Saison angefallen. Ebenfalls aus dem Jahr 1974 ist in Ruhs Aufzeichnungen festgehalten, dass nicht nur viel gedroschen wurde, sondern auch repariert. «Mitten in der Saison ging die Schüttlerwelle kaputt. Wir mussten alle Teile ausbauen, bis die Maschine innen leer war und man hindurchschauen konnte.»
Solche Reparatur-Abenteuer sind heute nicht mehr denkbar. Eine Saison dauert heute nur noch wenige Tage. Bleibt ein neuer Mähdrescher auch nur einen Tag davon stehen, nimmt die Auslastung und die Wirtschaftlichkeit schnell ab.
Die Fläche nahm zu und es brauchte mehr Leistung
Die Druschfläche nahm für den Fahr M66 jedes Jahr zu. Die Familie Ruh ersetzte 1977 die Maschine mit einem Claas Mercator. Von da an befasste sich Felix Ruh noch intensiver mit dem Mähdrusch und es gab immer mehr Aufträge und bald folgte der nächste Leistungssprung.
Dies war 1984 mit einem Claas Dominator 76. Dieser hatte ein dreidimensionales Sieb, um der Hangneigung entgegenzuwirken.
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Dreschen am Hang
Am Hang wird die Druschleistung eingeschränkt. In der Maschine wird während dem Trennen von Korn und Spreu die Masse mit Luft und mit dem rüttelnden Sieb nach hinten befördert.
Die Körner sind schwerer als die Spreu und fallen dabei durch das Sieb. Spreu und Kurzstroh wird in Schwebe gebracht und aus der Maschine geblasen. Je grösser die Siebfläche, desto höher die Trennleistung und somit die Druschleistung.
Steht die Maschine schräg am Hang, bewegt sich die Masse gegen die untere Seite. Die Dicke der Schicht in diesem Bereich nimmt zu, während der obere Teil des Siebs ungenutzt bleibt.
Bei einem dreidimensionalen Sieb rüttelt dieses nicht nur nach hinten, sondern auch gegen die jeweilige Hangseite. Das Material wird besser verteilt und die Leistungseinbusse ist kleiner.
«Der Dominator war bereits ein moderner Mähdrescher», erinnert sich Felix Ruh. «Allerdings haben wir wegen der Kosten auf eine Kabine verzichtet und ich fuhr weiterhin an der prallen Sonne. Drei Jahre später haben wir dann eine Kabine nachgerüstet.»
In den 1980er- und 1990er-Jahren erntete Felix Ruh mit dem Dominator 76 jährlich rund 100 Hektaren. In Spitzenjahren kam er sogar auf 125 Hektaren. Die durchschnittliche Flächenleistung lag bei etwa 70 Aren. Die Maschine nutze er 15 Jahre lang.
Nachtanken und weiterfahren – die ganze Nacht hindurch
Den speziellsten seiner bisherigen Erntetage erlebte Felix Ruh 1984. Er hatte sich bereits gut an den damals neuen Dominator gewöhnt und konnte lange in die Nacht fahren, bevor er vom Tau gestoppt wurde. Am nächsten Morgen machte er wie immer die Wartung.
«Bei der täglichen Wartung bin ich pingelig. Ich blase den Motor ab, reinige den Luftfilter, schmiere und kontrolliere alle wichtigen Teile. Wenn man regelmässig überall genau hinschaut, erkennt man mögliche Defekte früher und kann allenfalls Teile vor einem Maschinenausfall ersetzen.» Nachdem der Dominator aufgefrischt war, konnte Ruh bereits um 9 Uhr mit dem Dreschen beginnen. Felix Ruh fuhr dann zu bis kurz vor Mitternacht. Dann musste er nach Hause zum Nachtanken. Das wäre bei den heutigen Lexion-Mähdreschern seines Maschinenparks nicht mehr notwendig: Die Fahrzeuge hätten genug Diesel an Bord.
Vollgetankt ging es dann gleich wieder weiter bis zum nächsten Morgen. Kurz vor sieben Uhr wurde Ruh vom Regen ausgebremst. Das war aussergewöhnlich, meistens setzt nach Mitternacht Tau ein.
Druschbedingungen ändern sich während dem Tag
Im Verlauf eines Druschtages ändern die äusseren Bedingungen und das Dreschwerk muss anders eingestellt werden. Entscheidend ist die Feuchtigkeit. Je höher sie ist, desto intensiver muss der Ausdrusch eingestellt werden. Die Drehzahl der Dreschtrommel wird erhöht und der Abstand zum Korb darunter verringert. Wenn am Nachmittag der Bestand durch die Sonne klingeldürr ist, geht der Ausdrusch viel leichter und die Intensität der Drusch-Werkzeuge wird reduziert. Ansonsten besteht die Gefahr, dass es zu Kornbruch kommt.
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Morgentau
Wenn die Luft trocken ist und sich kein Tau bildet, kann früh mit Dreschen begonnen werden. Normalerweise muss etwas länger zugewartet werden, bis der Morgentau weg ist. Dieses macht das Stroh und die Körner feucht und zäh und die Verluste auf dem Schüttler sind dann zu hoch.
Felix Ruh freut sich, wenn sich die Landwirte interessieren
Felix Ruh freut sich immer, wenn sich die Landwirte interessieren und fragen, was er zum Bestand und zum Ertrag meine und ob er allenfalls Tipps geben könne. «Für mich ist es am schönsten, wenn die Ertragserwartung der Landwirte mit schön gefüllten Anhängern erfüllt wird.»
«Viele Landwirte interessieren sich für das Dreschen und wollen wissen, wie es läuft. Ich zeige dann gerne, wie ich die Maschine für einen sauberen und verlustarmen Drusch einstelle.»
Felix Ruh kontrolliert die Druschqualität laufend
Dreschen ist nicht immer einfach und Felix Ruh gibt auch gerne Tipps an andere Fahrer. Oftmals würde das Gebläse mit zu geringer Drehzahl eingestellt. Dann ist der Wind zu schwach und es bildet sich auf den Sieben eine Matte. Darin bleiben die Körner «stecken» und gehen mit der Spreu verloren.
Immer, wenn sich die Bedingungen ändern, zum Beispiel bei der Feuchtigkeit oder bei einem Sortenwechsel, kontrolliert Felix Ruh die Druschqualität. Dabei kontrolliert er im Korntank die Körner auf Bruch und auf den Fremdbesatz wie Spreu oder Kurzstroh. Unter dem Schwad werden die Verlustkörner beurteilt.
Felix Ruh macht es nichts aus, vom Drescher zu klettern, um die Arbeitsqualität zu prüfen. Er liebt es sogar, daraus die beste Einstellung abzuleiten und eine perfekte Arbeit zu leisten.
Die Kontrolle nicht nur den Sensoren überlassen
Seine heutigen Mähdrescher überwachen die Arbeitsqualität ebenfalls fortlaufend. Ruh gleicht dann die Sensordaten mit seinen eigenen Kontrollen ab und orientiert sich bis zu seiner nächsten Kontrolle an den Verlustanzeigen am Terminal und dem regelmässigen Blick in den Korntank.
Eine Verlustanzeige erkennt hinter dem Reinigungssieb und den Schüttlern Körner, wenn sie aus der Maschine getragen werden. Diese Unterstützung nutzt Felix Ruh seit dem Dominator in den 1980er-Jahren.
Die Sensorik wurde bis heute jedoch immer mehr verfeinert und wurde umfassender. Heutige Mähdrescher sind sogar so schlau, dass sie aufgrund ihrer Sensordaten dem Fahrer optimale Einstelltipps vorschlagen.
Obschon Felix Ruh die technische Unterstützung der Fahrer-Assistenten schätzt, kontrolliert er die meisten Felder nach der Ernte. «Ich kontrolliere den Aufwuchs von Ausfallgetreide. So kann ich meine Arbeitsqualität am besten beurteilen.»
Drei Mähdrescher im Maschinenpark von Felix Ruh
Heute umfasst die Mähdrescherflotte von Felix Ruh drei Maschinen: Zwei ältere Lexion 430 und einen Lexion 670 Montana. Der 670er-Lexion ist die neuste Errungenschaft und seit diesem Jahr im Einsatz. Die Maschine hat Jahrgang 2019 und wurde mit 300 Stunden von der Landtechnik Firma Müller in Siblingen SH gekauft.
Auf den geplanten Verkauf des älteren Lexion wurde verzichtet, weil man nicht sicher war, ob die Lieferung wegen Corona bis zum Erntebeginn möglich sein würde. «Unterdessen haben wir entschieden, den Drescher zu behalten. Er ist eine super Maschine und leistet immer noch gute Dienste.»
Ruh schwärmt von seinem ersten Lexion. Seit 25 Jahren bietet Claas diese Baureihe an. Mit der Lexion-Baureihe setzte Claas neue Massstäbe. Vom Motor über die Druschorgane war alles stärker und leistungsfähiger als alle bisherigen Drescher.
Felix Ruh fand Ende der 1990er-Jahre Gefallen an den neuen Dreschern. Da sein Dominator sowieso am Anschlag war, ersetzte er ihn mit einem Lexion.
Diese Maschine hat in diesem Jahr ihre 22. Saison absolviert. Besonders begeistert ist Felix Ruh vom sparsamen Mercedes-Motor, welcher unterdessen 4'200 Betriebsstunden aufweist.
Im Jahr 2010 kam der zweite Lexion 430 hinzu. Die Maschine war gebraucht, stammt aus dem Jahr 2005 und hat den Montana-Hangausgleich.
Gut gepflegt wird ein Drescher jedes Jahr wirtschaftlicher
Dank der guten Pflege der Maschinen können diese während langer Zeit eingesetzt werden. Eigentlich wird ein Mähdrescher erst mit dem Alter wirtschaftlich, wenn jedes Jahr mehr Hektaren dazukommen.
Die Auslastung eines Mähdreschers ist heute eingeschränkt, weil sich die Ernte auf einige wenige Tage beschränkt. An diesen laufen die Maschinen mit voller Leistung und dann ist bald einmal Schluss.
«Mit dem Dominator habe ich in den 1980er-Jahren nicht viel weniger Fläche geerntet wie heute mit einem Lexion, welcher etwa drei Mal mehr Leistung hätte. Damals war die Ernte jedoch gestaffelter und über eine längere Dauer. Man hatte mehr Zeit, weil die Getreidearten eine nach der anderen abreiften.»
Dass es heute Schlag auf Schlag geht, zeigt Felix Ruh mit einem Blick in seine diesjährigen Aufzeichnungen. Am 9. Juli wurde der erste Raps gedroschen und am 14. Juli der erste Weizen. Ende Juli waren beide Kulturen gedroschen. Während zehn Tagen wurde Weizen gedroschen, aber nicht nur. An fünf Tagen davon wurde gleichentags auch Raps und an sechs Tagen auch noch Dinkel, Triticale und Roggen geerntet.
Die Hauptsaison ist also husch, husch vorbei. Das dem so ist, sieht Felix Ruh in den heissen und trockenen Sommern der letzten Jahre. Die Hitze bringe alles schnell zum Abreifen, weshalb ein intensiv geführter Bestand kaum später als ein Extenso-Bestand geerntet wird.
Felix Ruh will auch nach der Pensionierung dreschen
Deshalb sind die Bedingungen für ein Mähdrusch-Unternehmen in den letzten Jahrzehnten nicht besser geworden.
Die Mähdrusch-Technik allerdings schon und Felix Ruh ist weiterhin angefressen vom Dreschen. Deshalb bezeichnet er den neuen Lexion 670 als Investition in die Zukunft. Nach seiner Pension wird das Mähdruschgeschäft von seinem Sohn Armin weitergeführt. Er selber wird jedoch weiterdreschen.