Kurz & bündig
-Saatkörner keimen besser, wenn sie exakt in den Boden eingebettet werden.
-Mais, Zuckerrüben etc. werden mit Einzelkorn-Sämaschinen schon heute exakt verteilt.
-Die neue Getreide-Sämaschine Proceed von Väderstad ist mit Einzelkorn-Säaggregaten ausgerüstet.
-Die Getreide-Saatkörner werden exakt wie Zuckerrüben im Boden mit Erde umhüllt und haben gute Keimbedingungen.

Ohne Getreidesaat verhungert die Weltbevölkerung. Die meisten Lebensmittel, die im Supermarkt gekauft werden, haben ihren Ursprung in einem Getreidekorn, welches irgendwo auf der Welt in den Boden gebracht wurde und gekeimt hat.

Man hat also allen Grund, mit Getreidesaatgut sorgsam umzugehen, was natürlich auch für Saatgut anderer Kulturen gilt.

Je mehr Körner keimen, desto weniger müssen ausgesät werden. Die Keimrate hängt von der Qualität des Saatgutes und von den Keimbedingungen im Ackerboden ab.

Bei den Keimbedingungen kann der Landwirt selbst viel dazu beitragen. Das Anbauverfahren und die eingesetzte Maschinentechnik sind hier entscheidend.

Kein Wunder, versucht man aus jedem einzelnen Saatkorn das Maximum herauszuholen. Dies gelingt dank optimaler Verteilung der Körner und einer sicheren Einbettung in den Boden.

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Maschinen- und Saatguthersteller sind am Entwickeln

Den Einfluss der Technik will Väderstad mit der Entwicklung der Getreide-Einzelkorn-Sämaschine namens Proceed weiter erhöhen. Die Körner sollen perfekt verteilt und einzeln mit einer Andruckrolle im Boden eingebettet werden. Das sind wichtige Voraussetzungen für eine hohe Keimrate, was geringere Aussaatmengen ermöglicht.

Daran arbeiten im Übrigen auch die Saatguthersteller. KWS als weltweit viertgrösster Saatguthersteller hat 2021das Projekt «pilliertes Weizensaatgut» gestartet. Damit wird ein homogenes Saatgut erzeugt, welches die Voraussetzung mit sich bringt, die immer höher werdenden Anforderungen zu erfüllen, wie KWS mitteilt.

Damit meint der Hersteller nichts anderes, als den gleichen oder einen höheren Ertrag mit weniger Saatgut zu erreichen. Das Pillieren wird die Keimbedingungen erhöhen und die Bemühungen unterstützen, mit weniger Input mehr zu erwirtschaften, um immer mehr Menschen ernähren zu können. Jeder Hersteller von Sämaschinen versucht, diese Ablage und Korn-Einbettung zu optimieren. So erfolgt die Tiefenführung der Säschare immer präziser. Hier kommt es auch immer auf den Zustand des Saatbetts an. Je feiner dieses ist, desto genauer arbeiten die Saatschare. Und mit Scheibenscharen, mit denen die meisten Sämaschinen ausgerüstet sind, kann auch trotz Ernterückständen gesät werden.

Bei der Proceed werden Getreidekörner erstmals mit Parallelogramm geführten Einzelkorn-Säaggregaten in Verbindung mit breiten Tiefenführungsrädern in den Boden gebracht. Mit dieser Fähigkeit kann das Saatkorn auch bei einem groben Saatbett und bei Ernterückständen oder in Gründüngungen genau abgelegt werden.

Die Vereinzelung der Getreidekörner erfolgt mit der gleichen Technik, welche auch bei den bekannten Einzelkorn-Sämaschinen der Väderstad Tempo-Baureihe eingesetzt wird. Aus einem Zentraltank wird das Saatgut kontinuierlich in den Säkörpern nachgefüllt. Es können konventionelle Saatkörner verwendet werden. Es braucht keine Kalibrierung einer bestimmten Norm.

Die Kornablage nicht dem Zufall überlassen

Lukas Keller von der Keller Technik AG in Nussbaumen TG ist für den Vertrieb der Maschinen des schwedischen Herstellers Väderstad in der Schweiz zuständig. Er freut sich über die neue Entwicklung aus dem Norden.

«Das Verfahren bietet neue Möglichkeiten. Die Körner werden gleichmässiger verteilt, es gibt keine Zufallsablagen mit Doppelbelegungen, bei der die Körner nicht ihre volle Leistung entwickeln können und sich gegenseitig in der Entwicklung behindern. Man kann aus weniger Saatgut mehr herausholen.»

In Feldversuchen des Herstellers seien 2021 diese Erwartungen bestätigt worden. Die Vereinzelung ist nur ein Problem, das bei der Proceed technisch gelöst wurde. Das andere ist die Kornablage im Boden. Das Säaggregat der Proceed fängt das Saatkorn im Boden mit einer Rolle sicher auf und verfestigt es am Saathorizont. Das Verfahren bewährt sich bereits seit vielen Jahren bei der Tempo Einzelkorn-Sämaschine für Reihenkulturen.

Sternräumer sorgen dafür, dass organische Rückstände am Saatband beseitigt werden und der Säkörper störungsfrei durch den Boden gleitet. Die Maschine kann auch für Direktsaat eingesetzt werden. Jeder Säkörper lässt sich mit einem hydraulischen Druck von bis zu 350 kg belasten. Dabei wird das volle Maschinengewicht übertragen.

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Gute Korneinbettung im groben Saatbett

Lukas Keller konnte im Jahr 2021 eine Proceed-Vorserienmaschine im Elsass im Einsatz begleiten. Dabei wurde bei verschiedenen Feldvorbereitungen gesät und auch direkt in einen Gründüngungsbestand. «Die Bedingungen waren nicht gut, um einen gleichmässigen Auflauf der Saat zu erwarten.

Aber entscheidend sind die Bedingungen am Saathorizont und da hat die exakte Tiefenführung und die Andruckrolle viel geholfen. Alle Saatkörner wurden perfekt angedrückt und keimten, wie sich auf den Feldern später gezeigt hat.»

Väderstad hat mit der neuen Maschine die Rückverfestigung für Getreide-Saatkörner verbessert. Jedes Korn wird aktiv angedrückt. Das lässt sich nicht mit der Rückverfestigung konventioneller Sämaschinen vergleichen, weil die Technik aus dem Einzelkornbereich stammt, wo schon immer mehr Präzision herrschte als bei konventionellen Sämaschinen.

Wenn man nun die Saatbedingungen technisch verbessert, damit die Keimbedingungen optimiert werden und die Keimrate ansteigt, kann man die Aussaatstärke reduzieren. Mit der Proceed von Väderstad hat man laut Firmenangaben mit der halben Saatgutmenge die gleichen oder besseren Erträge geerntet wie mit einer modernen konventionellen Sämaschine ohne Vereinzelung.

Bei teurem Saatgut lohnt sich die reduzierte Saatmenge rasch

Diese Ergebnisse sind gut möglich. Auch Aussaaten mit Sämaschinen von Horsch, mit einer Vereinzelung auf jedem Säschar, haben zu dieser Erkenntnis geführt.

Horsch vereinzelt auf dem Säschar
Die Vereinzelung von Getreidesaatkörnern auf der Sämaschine ist nicht neu. Horsch bietet seit einigen Jahren das Singularsystem an. Dabei wird auf jedem Säschar eine Vereinzelungseinheit montiert.

Jeder solche Dosierer wird mit einem Elektromotor angetrieben. Dieser passt sich der Fahrgeschwindigkeit an und hält die Aussaatstärke konstant. Um ein exaktes Ergebnis zu erzielen, muss das Saatgut über eine hohe Keimfähigkeit verfügen und die Körner müssen kalibriert werden.

Die Einzelkorndosierung soll sich bis zu einer Saatstärke von 250 Körner pro Quadratmeter eignen. Bei höheren Saatmengen oder unkalibriertem Saatgut, kann die Dosiereinheit mit einem Bypass umgangen werden und die Saat rieselt wie in der konventionellen Ausstattung vom Särohr direkt zum Säschar.

Mit dem System soll die Aussaatmenge reduziert und die Standraumverteilung verbessert werden. Die Folge sind eine bessere Bestandes-Durchlüftung und gesündere Pflanzen mit weniger Fungizidaufwand und bei gleichem oder besserem Ertrag.

Um das gleiche Ziel zu erreichen gibt es auch konventionelle Einzelkorn-Sämaschinen mit schlanken und eng aneinandergereihten Einzelkornsäkörpern. Damit können Getreidekörner wie beispielsweise Zuckerrüben gesät werden. Allerdings bedingt der schmale Scharabstand ein feines Saatbett damit die Schare keine organischen Rückstände mitschleifen. [IMG 4]

Bei Grossbetrieben spart man dabei viel Saatgutkosten. In der kleinstrukturierten Schweiz hat dieser Faktor eine kleinere Bedeutung. Aber das heisst nicht, auf Technik zu verzichten, welche neue Möglichkeiten im Getreidebau bietet. Erhältlich ist die Proceed ab 2023 in einer 6-Meter-Version.

Das Interesse der Schweizer Landwirte an neuen Verfahren im Getreidebau ist gross. Lukas Keller hat bereits Landwirte betreut, welche den gleichen Nutzen der Proceed mit der Tempo-Einzelkorn-Sämaschine erreicht haben.

Dazu war allerdings viel Aufwand und Technik notwendig. So wurde mit 50 Zentimeter Reihenabstand das ganze Feld gesät. In einem zweiten Durchgang wurden die gleichen Spuren mit GPS und einem Versatz von 25 Zentimetern zur ersten Überfahrt nochmals gesät. Dadurch wurde ein Reihenabstand von 25 Zentimetern dank GPS auf das Feld gezaubert.

Dabei habe es sich bereits gezeigt, dass mehr Körner bis zur Ernte gereift sind. Dank dem geringeren Konkurrenzdruck der Pflanzen untereinander durch eine bessere Standraumverteilung gibt es weniger Kümmerer, welche zwar Nährstoffe ziehen, aber letztlich zurückbleiben und allenfalls die Ernte erschweren.

Mit weniger Hilfsstoffen zu gleichem oder besserem Ertrag

Bei Väderstad ist man überzeugt, mit der neuen Saatmöglichkeit bessere Voraussetzungen zu schaffen, um weniger Betriebsmittel aufzuwenden und dennoch die Ertragsstärke zu halten.

Die halbe Saatmenge ist dabei das eine. Ein gleichmässigerer Aufwuchs bietet neue pflanzenbauliche Voraussetzungen. Die Pflanzen sind robuster, der Mittelaufwand für Pflanzenschutz kann unter diesen Voraussetzungen reduziert werden und der optimale Behandlungszeitpunkt kann wegen des einheitlichen Bestandes klarer definiert werden.

In den nächsten Jahren wird sich zeigen, wie die theoretischen Vorteile und die Erkenntnisse aus Versuchen in der Praxis genutzt werden.

Eine Maschine für alle Ackerkulturen
Die Säkörper der Proceed sind auf zwei Säschinen im Abstand von 50 oder 45 Zentimeter verteilt. Durch den Versatz der beiden Schienen ergibt sich ein Reihenabstand von 22,5 oder 25 Zentimeter. Hier sollen bis zur Serienreife einzelne Säkörper ausgehoben werden können, damit mit der gleichen Maschine zum Beispiel auch Zuckerrüben mit 50 und Mais mit 75 Zentimeter Reihenabstand gesät werden können.

Die Säschienen haben einen grossen Abstand zueinander. Das ist gut, wenn durch die Räumer viel Grünmasse weggeräumt werden muss und dank dem grossen Abstand das Material nicht mitgeschleift wird. Am Hang oder in Kurven kann der Abstand zum Nachteil werden, wenn die Maschine vielleicht abdriftet. So wird es schwierig, mit einem GPS-geführten Hackgerät die Spur exakt zu treffen. Der Reihenabstand von 25 oder 22,5 Zentimeter erscheint gross, kann jedoch als Chance bei der mechanischen Unkrautbekämpfung gesehen werden.