Kurz & bündig
- Maschinenschätzungen sind bei Hofübergaben, Pachtwechseln oder Gemeinschaftsgründungen wichtig, um Transparenz zu schaffen und Konflikte zu vermeiden.
- Schätzer wie Stephan Berger berücksichtigen Alter, Zustand, Nutzung und Marktpreise.
- Korrekte Bewertungen fördern faire Lösungen.

Stephan Berger arbeitet am Strickhof für die Fachstelle Agrartechnik und Digitalisierung. Dazu gehört auch, dass er Maschinen schätzt. Besonders wichtig ist eine Schätzung, wenn die Hofübergabe ansteht, Pächterinventar verkauft wird oder wenn sich ein Betrieb in eine Gemeinschaft einbringt.

Adrian Schwab von der Treuhand + Beratung Schwand AG in Münsingen BE ergänzt, dass seiner Erfahrung nach das Erbrecht ein Auslöser sei – damit spricht er die Gleichbehandlung der Geschwister an, wenn es um die Hofübergabe geht. Während der laufenden Geschäftstätigkeit eines Betriebs brauche es nach Schwabs Erfahrung selten eine Schätzung.

Maschinenschätzungen brauchen Sachverstand und Erfahrung

Schwab findet es sinnvoll, dass jemand von einer Landmaschinenwerkstatt, der den Markt und die Preise kennt, eine Schätzung macht. «Alternativ kann es ein Sachverständiger sein, der mit den Grundlagen vertraut ist und die nötige Erfahrung hat», so Schwab.

[IMG 4]

«Den Preis so festlegen, dass ich die Maschine auch kaufen würde.»

Stephan Berger, Strickhof

Diese hat Stephan Berger, er macht seit rund 15 Jahren Schätzungen. Mittlerweile sind es zwischen 50 und 80 pro Jahr. Er sagt: «Neben der Erfahrung braucht es eine neutrale Haltung, als Schätzer muss ich von den Landwirten akzeptiert werden – besonders bei Schätzungen in Streitfällen. Dafür braucht es eine gewisse Bekanntheit.» Es dürften auf keinen Fall Gefälligkeitsdienste gemacht werden und die eigene emotionale Beziehung zu einer Marke oder einer Maschine dürfe nicht in die Bewertung einfliessen.

Was nicht angebunden ist, gehört in eine Schätzung

Stephan Berger kommt zum Einsatz bei innerfamiliären Hofübergaben, bei der Gründung und der Auflösung von Gemeinschaften, bei Scheidungen, Pachtübergaben, Erbstreitigkeiten im Zusammenhang mit vorhandenen Maschinen und wenn Inventar in eine AG oder GmbH überführt wird. Auf einem Betriebsrundgang schaut er sich alle Maschinen an. «Alles, was nicht angebunden ist, gehört in die Schätzung.» Deshalb sei die Liste am Ende meistens um einiges länger als angenommen.

Mit einem Zeitwertrechner bekommt er einen ersten Anhaltspunkt über den Wert einer vergleichbaren Maschine. Auch die Angaben von Gebrauchtmaschinen-Plattformen wie Agropool kommen zum Einsatz. Zu hoch gewichtet Berger diese nicht: «Den effektiven Preis für eine Maschine kennt man erst, wenn sie auf dem Markt verkauft wird.»

Ausstattung, Alter und Einsatzstunden haben einen Einfluss

Stephan Berger achtet bei den Schätzungen auf Ausstattung, Alter, Einsatzstunden, Zustand, Unterhalt und Abnützung. Je nachdem müssen Zu- oder Abschläge gemacht werden. Auch die Rarität oder sogar ein allfälliger Sammlerwert kann den Schätzungswert nach oben oder unten drücken. «In der Praxis spüre ich oftmals, dass ein emotionaler Wert beim Veräusserer vorhanden ist», so Berger.

Adrian Schwab nennt als Hilfsmittel bei Schätzungen ebenfalls Drittvergleiche. Zudem:

  • die Daten aus der Buchhaltung (Anschaffungspreis und Anschaffungsjahr)
  • Kostenkatalog Agroscope
  • Angaben Betriebsleitung
  • Augenschein
  • Erfahrungswerte

Berger und Schwab sind sich einig: Es gibt einen gewissen Spielraum bei Schätzungen. «Für die Ertragswertschätzung eines landwirtschaftlichen Gebäudes gibt es Schätzungsanleitungen», so Berger.

Das fehle für Maschinen. «Als Schätzer muss ich aber die Werte gegenüber dem Steueramt und allen bei einer Hofübergabe beteiligten Personen gegenüber verantworten können», sagt Berger. Er lege bei einer Verkehrswertschätzung den Preis so fest, dass er die Maschine zum geschätzten Preis selbst kaufen würde, sagt Berger, der zusammen mit seinem Bruder und einem BG-Partner einen Betrieb führt.

Schwab sagt, dass zwei Schätzungen des gleichen Bestands immer voneinander abweichen würden, aber idealerweise in etwa gleich hoch sein sollten.

Der Maschinenpark gehört zum Geschäftsvermögen

Zum Tragen kommt eine Schätzung besonders, wenn es um die Hofübergabe geht. Adrian Schwab erklärt, dass der Maschinenpark Teil des Geschäftsvermögens sei. Eine Überbewertung der Maschinen sei nach Handelsrecht nicht erlaubt. Erlaubt sind jedoch stille Reserven, die Maschinen sind also unterbewertet (tiefer Buchwert).

[IMG 3]

«Während des laufenden Geschäftsbetriebs braucht es meist keine Schätzung.»

Adrian Schwab, Treuhand + Beratung Schwand AG

Werden nun Inventarbestandteile über diesem Buchwert verkauft, entsteht ein Gewinn. Diesen Gewinn muss der Verkäufer versteuern. Der Käufer habe dafür mehr Abschreibungspotenzial, sagt Schwab. Stephan Berger ergänzt, dass bei einem niedrigeren Verkaufspreis der Veräusserer zwar von einem geringeren Liquidationsgewinn profitiere und weniger Steuern zahlen müsse. Der Käufer könne jedoch nur den niedrigeren Ankaufspreis in die Buchhaltung aufnehmen, was auch das Abschreibungsvolumen des Käufers verringere.

Mit einer Schätzung Transparenz schaffen

Stephan Berger findet es wichtig, bei einer innerfamiliären Hofübergabe Transparenz gegenüber den Geschwistern des Übernehmers zu schaffen. Denn: Bei einer Hofübergabe innerhalb der Familie wird der Nutzwert zugrunde gelegt, während beim Verkauf an Dritte der Verkehrswert entscheidend ist. «Werden dabei Inventarbestandteile bei der Veräusserung nicht korrekt bewertet, kann dies zu erbrechtlichen Ungleichbehandlungen führen», so Berger.

Seiner Meinung nach gehört heutzutage zu einer korrekten Hofübergabe auch eine Inventarschätzung: «Nur wenn alle Zahlen auf dem Tisch liegen, ist eine vollständige Transparenz gewährleistet. Das kann viel zu einer konfliktfreie(re)n Hofübergabe beitragen.»

[IMG 2]

Zum Tragen kommt eine Schätzung auch bei der Gründung einer Betriebsgemeinschaft. Dann müssen die stillen Reserven von eingebrachtem Inventar ermittelt werden. Somit sind die Anfangsbestände korrekt festgehalten. Bei einer Auflösung der Gemeinschaft kommen diese Werte dann zum Zuge.

Berger erwähnt zwei weitere Fälle, bei denen eine Schätzung sinnvoll ist. Zum einen könne die Bewertung des landwirtschaftlichen Inventars auch im Fall von Schaden (bei Brand oder zur Ermittlung der Versicherungsdeckung) beigezogen werden.

Zum anderen könne bei Scheidungen eine Maschinenschätzung zu einer fairen Lösungsfindung beitragen. «Hier geht es vor allem um die stillen Reserven, die transparent gemacht werden müssen», so Berger.

Diese stillen Reserven würden im Geschäftsvermögen erst bei der Realisierung besteuert, erläutert Adrian Schwab. Deshalb sei eine Schätzung während des laufenden Geschäfts meist nicht nötig, sondern nur bei einem Verkauf der Maschinen.

Lösungen finden, die beide Parteien zufriedenstellen

Stephan Berger hat sich einen Namen als Maschinenschätzer gemacht. Er hält eine saubere Datengrundlage sowohl bei Maschinen wie auch bei der Ertragswertschätzung für wichtig, damit eine faire Hofübergabe zustande kommt.

Die Maschinenschätzungen gehören zu seinen Aufgaben am Strickhof und im Gespräch ist seine Begeisterung dafür spürbar. «Ich bin gerne auf den Betrieben und mag die Vielfalt.» Es freue ihn, wenn er zu einer Lösung beitragen könne, die beide Parteien zufriedenstelle.

 

Welchen Wert hat mein Traktor?

Im Internet finden sich verschiedene Möglichkeiten, den Wert einer Maschine zu berechnen. Stephan Berger vom Strickhof und Adrian Schwab von der Treuhand + Beratung Schwand AG weisen darauf hin, dass diese Werte bei einer Schätzung zwar eine Basis liefern, dass aber erst das sorgfältige Prüfen von Punkten wie etwa dem Zustand der Maschine einen Schätzwert ergibt. Will jemand eine Maschine verkaufen, muss sie dann dem Markt standhalten.

Agropool
Der Online-Marktplatz Agropool der Schweizer Agrarmedien AG eignet sich auch für einen Vergleich von Landmaschinen.

Tractoscope
Agroscope liefert mit dem Kostenkatalog eine Berechnungsgrundlage für Maschinen. Der Kostenkatalog umfasst rund 600 Landmaschinentypen. Im Online-Tool Tractoscope lassen sich Annahmen konfigurieren und die Maschinenkosten individuell berechnen.

Lectura
Lectura ist ein Maschinenportal aus Deutschland, das eine Registrierung braucht und (nach kurzem Gratis-Testen) kostenpflichtig ist. Lectura Valuation zeigt zum Beispiel den Listenpreis und Angebote für verschiedene Fahrzeuge an.

Simo-Net
Simo-Net ist ein Bewertungsportal für gebrauchte Landmaschinen, das von der französischen Branchenorganisation Sedima betreut wird. Berechnen lässt sich auch der Wert einer Maschine. Das Portal ist kostenpflichtig, die Sprache lässt sich auswählen.