Kurz & bündig

- Betriebseigene Wetterstationen sind für Ist-Werte, wie Niederschlag, Luft- und Bodentemperatur interessant.
- Wetterprognosen für den eigenen Betrieb lassen sich damit nicht direkt erstellen.
- Hingegen sind Wetterstationen mit Prognose-Modellen für Krankheiten und Schädlinge verbreitet. Sie kommen vor allem auf spezialisierten Betrieben zum Einsatz.
- Landwirte nutzen die Hotline von Meteotest für spezifische Wetterauskünfte.

Landwirt Remigi Capeder steht neben der Wetterstation und zieht den Bodensensor aus dem Oberboden. Nur zehn Zentimeter tief steckt der Sensor in der Erde. «Ist der Boden acht Grad oder wärmer, lege ich mit der Maissaat los», erklärt Capeder.

Remigi Capeder ist zuständig für den Ackerbau auf dem Juchhof, ein Betrieb der Stadt Zürich. Die Bodentemperatur ist für ihn ein wichtiges Indiz, um den idealen Saatzeitpunkt zu erwischen. «Für die Saat von Soja und Hanf warte ich, bis die Bodentemperatur für ein paar Tage mindestens zwölf Grad anzeigt», erklärt er weiter.[IMG 2]

Auf dem Juchhof stehen gleich drei Wetterstationen. Anstoss war die Wetterstation für den Rebberg, um Krankheiten zu prognostizieren. «Wir dachten, es könnte spannend sein, auch Daten aus den Ackerbauparzellen zu erhalten», erklärt Landwirt Remigi Capeder, «und das ist es absolut.» Seit drei Jahren kümmert Capeder sich nun um die beiden Wetterstationen in den Ackerbauparzellen.

Die Stationen im Ackerbau messen lediglich die Niederschlagsmenge, die Lufttemperatur und die Bodentemperatur. «Sie sind viel simpler, als jene im Rebberg», sagt Capeder. Für ihn reicht das aber völlig aus.

Die Station im Rebberg hingegen verfügt Sensoren für die Berechnung von Krankheits- und Schädlingsmodellen. Dafür misst sie zusätzlich die relative Luftfeuchtigkeit und die Blattnässe.

Das Infektionsrisiko für z.B. falschen und echten Mehltau kann so abgeschätzt oder die Entwicklung von Schädlingen wie Traubenwickler und Kräuselmilben beurteilt werden. Solche Modelle sind eine grosse Hilfe für die Entscheidung, ob und wann Pflanzenschutzmassnahmen notwendig sind.

Eine Station ist fix auf einem 15 Hektar grossen Feld installiert. Dort baut Capeder bis zu fünf verschiedene Kulturen an. Die zweite Wetterstation zügelt Capeder je nach Kultur, quasi eine «Wander-Station».

Für den Auf- und Abbau braucht es lediglich einen grossen Hammer, um die Metallstange zu setzen, einen Schraubenzieher, um ein Loch für den Bodensensor zu machen und einen Schraubenschlüssel, um die Station (Lufttemperatursensor, den Regenmesser und das Solarpanel) auf der Stange zu befestigen. Einmal installiert, werden die Daten stündlich über das Mobilfunknetz übermittelt.

Capeder checkt die Werte aus den Stationen bis zu dreimal pro Tag auf seinem Handy. «Je nach Jahreszeit hat ein anderer Parameter seine Wichtigkeit», sagt der Landwirt.» Im Frühling sind es vor allem die Bodentemperaturen, die ihn für die Saat interessieren. Mit den 13 Ackerkulturen hat der Juchhof eine sehr vielfältige Fruchtfolge.

Einen besonderen Nutzen sieht er in der Messung des Niederschlags. Einige Parzellen sind 4 km, andere 6 km und die weitesten 15 km vom Juchhof entfernt. «Ich sehe dank der Niederschlagsmessung, ob es sich lohnt, mit dem Traktor für die Bodenbearbeitung eine halbe Stunde zu fahren oder eher nicht», erklärt Capeder. Spannend sei, dass die nahegelegene Parzelle (4 km entfernt) fast immer mehr Niederschlag hat als jene fern vom Juchhof. «Das ist nett zu wissen, aber Einfluss auf die Bewirtschaftung oder die Fruchtfolge hat es nicht. Dazu sind die Unterschiede zu klein.»

Die Niederschlagsmenge und die Bodentemperaturen interessieren ihn. Aber daraus für den Betrieb relevante Entscheidungen und Schlüsse zu ziehen, sei nicht möglich. «Klar, wenn es beim Dreschen des Getreides zu regnen beginnt, und nur 3 bis 4 Millimeter anzeigt, weiss ich, dass wir einen Tag später weiterdreschen können.»

Und hin und wieder macht er spannende Entdeckungen: «Ist der Boden durch eine Zwischenfrucht oder eine Kultur bedeckt, ist er deutlich kühler, als wenn der Boden brach liegt.» Bracher Boden erwärme sich tagsüber viel schneller, kühle sich aber auch schneller wieder ab.

Remigi Capeder beobachtete schon Bodentemperaturen bis 40 Grad. Das war in einem heissen Sommer bei bracher Erde. Anbau-Pausen einhalten und die Bewirtschaftung den Standortfaktoren anpassen: Das seien wichtigere Faktoren als die Erkenntnisse aus der Wetterstation. «Die aktuellen Messwerte sind zum Teil richtig wichtig und nützlich, aber manchmal auch eine Spielerei.»

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Nützlich für Krankheits- und Schädlingsprognosen

Wetterstationen haben in der Schweizer Landwirtschaft einen wichtigen Stellenwert. «Spielerei» würde Thomas Anken sie nicht nennen. Thomas Anken ist Gruppenleiter Digitale Produktion bei Agroscope und befasst sich in verschiedenen Projekten mit Wetterstationen und unterschiedlichen Sensoren. «Das Wetter ist ein zentraler Baustein in der Betriebsführung», sagt Thomas Anken, «daraus ziehen Landwirte viele Schlüsse.» Heute könne man ab ein paar hundert bis mehrere tausend Franken in eine Wetterstation investieren.

«Es ist wichtig, die Wetterstation auf den jeweiligen Einsatzzweck abzustimmen», sagt Anken. Einsatzbereiche seien zum Beispiel Frostwarnungen im Obst- und Weinbau, die mit der automatischen Betätigung von Frost-Sprinkleranlagen verbunden sind sowie automatische Bewässerungen.

Es seien nicht nur die Wetterdaten auf dem jeweiligen Betrieb relevant. Zusammen mit den mikroklimatischen Daten der Plattform Agrometeo (siehe Kästchen) könne der Landwirt genaue Prognosen ableiten. «Da geht es vor allem um Krankheits- und Schädlingsprognosen», so Anken. Insgesamt 178 Wetterstationen von Agrometeo verfeinern die Prognosen von Meteoblue für die Landwirtschaft. Entsprechende Modelle für die Landwirtschaft ermöglichen eine Krankheits- und Schädlingsprognose für den Obst-, Wein- und Ackerbau (siehe Kästchen). «Es geht um den Pflanzenschutzmittel-Aufwand, aber auch um den Arbeitsaufwand», hält Anken fest. Beispielsweise im Bio-Intensivobstbau seien bis zu 50 Spritzungen nötig. Die Pflanzenschutzmittel werden immer spezialisierter, und «die Breitbandwirkung wird je länger je kleiner, deshalb muss immer genauer gespritzt werden», sagt Anken.

Er ist überzeugt, dass in Zukunft immer bessere Prognosen nötig sein werden, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden. Dass die Sensorik für Wetterstationen in den letzten Jahren immer günstiger und besser wurde, komme der immer höheren Nachfrage entgegen.

Betriebsspiegel Juchhof

Gutsbetrieb der Stadt Zürich

LN: 134 ha, davon 65 ha Ackerfläche, 48 ha Biodiversitätsförderflächen
Bewirtschaftung: Bio (ausser Rebberg)
Betriebszweige: Ackerbau, Futterbau Obst- und Weinbau, Ökoflächen, Gründienstleistungen für die Stadt Zürich, Schule auf dem Bauernhof
Kulturen: Saatweizen, Raps, Dinkel, Sojabohnen, Lupinen, Sonnenblumen, Öllein, Senf, Waldstaudenroggen, Hanf, Nackthafer, Mais, Zuckerrüben, Kürbis, zwei alte Weizensorten (Huron, Rotkorn), Wiesen und Weiden
Arbeitskräfte: 9 Mitarbeitende, eine Lernende im dritten Lehrjahr, je nach Saison Zivildienstleistende und Praktikanten

Kantonale PSM-Projekte setzen Wetterstationen ein

Wetterstationen kommen auch in kantonalen und kantonsübergreifenden Projekten wie z.B. bei «Pflopf» zum Einsatz. Im Projekt Pflopf geht es um die Pflanzenschutzoptimierung mit Precision Farming. Etwa 60 Betriebe in den Kantonen Aargau, Thurgau und Zürich sind in das Projekt involviert und nutzen auf ungefähr 900 Hektaren diverse Precision-Farming-Technologien.

Andreas Distel, Leiter Pflanzenschutzdienst/Feldbau an der Liebegg und Projektverantwortlicher für den Kanton Aargau, gibt Auskunft: «Für Pflopf haben wir auf sieben Betrieben im Kanton Aargau Wetterstationen installiert.» Vier davon stehen auf Ackerbaubetrieben, zwei auf Gemüsebetrieben und eine im Rebbau. Diese Wetterstationen sind ergänzend zu den zwölf hochqualitativen Wetterstationen im Kanton Aargau, welche Daten für Agrometeo übermitteln.

«In erster Linie versuchen wir mit Hilfe von Prognosemodellen, welche auf Basis von Messungen der Wetterstationen beruhen, den Beginn und Verlauf von diversen Pflanzenkrankheiten herauszufinden. Ausserdem werden wir schnell feststellen, ob die Anzahl und Verteilung der Wetterstationen reichen, um genaue Prognosen zu erhalten.»

Mit Hilfe der Prognosemodelle und der seriösen Erhebung der Schadschwellen im Feld soll der Pflanzenschutzmitteleinsatz optimiert und gleichzeitig reduziert werden. Prognosemodelle werden im Projekt auf Krankheiten wie Fusarien, Septoria oder Cercospora angewendet. Zur Visualisierung und Kanalisierung der ganzen Ergebnisse wurde die Plattform www.befallsrisiko.ch programmiert.

Im Moment ist diese Plattform noch nicht öffentlich. Projektteilnehmer können aber dort ihre eigenen und die anderen Parzellen einsehen. «Ziel ist, mit der Plattform, Pflanzenkrankheiten in einer Region möglichst genau abbilden zu können», so Distel. Er sagt aber auch, dass es für die Verbesserung der Vorhersagen noch Justierungen brauche.

«Aufgrund der Prognosen und den eigenen Erfahrungen des Landwirts, kann dieser den Krankheitsdruck so genauer bestimmen», sagt Distel, «und die mobilen eingesetzten Wetterstationen lassen sich einfach verstellen.» Schlussendlich gehe es bei Pflopf darum, den Pflanzenschutzmitteleinsatz zu optimieren bzw. reduzieren. «Bei den Wetterstationen sind wir noch Schritt für Schritt im Aufbau», sagt Distel. Pflopf läuft noch bis ins Jahr 2026.

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Wetterprognose für den eigenen Betrieb wäre möglich

Die Ist-Werte von Niederschlag, Lufttemperatur, Bodentemperatur lassen sich also einfach messen. Doch Wetter-Prognosen für den eigenen Betrieb lassen sich damit nicht direkt anstellen. «Grundsätzlich wäre dies möglich», erklärt Mario Rindlisbacher, Leiter Wetterprognosen bei Meteotest. Dazu wären langjährige Messungen und ein Prognosemodell benötigt. Allerdings werde das in der Landwirtschaft nicht nachgefragt. Meteotest setzt entsprechende Wetterstationen mit einem Wetterprognose-Modell in anderen Bereichen ein, beispielsweise im Strassenverkehr oder bei Seilbahnen. In Bezug auf Wetterprognosen erwähnt Rindlisbacher die Hotline: «Landwirte nutzen diese Dienstleistung sehr oft.» Vor allem in den Sommermonaten werde sie stark nachgefragt. «Meistens rufen Landwirte an, wenn eine trockene Periode ansteht, und in der Wettervorhersage von vereinzelten Gewittern und Regenschauern die Rede ist.»

Meteotest ist auch im Bereich Landwirtschaft tätig. Sie betreiben die Bodenstationen für das Bodenmessnetz www.bodenmessnetz.ch. Sensoren im Boden messen die Saugspannung. Die Resultate geben Rückschlüsse auf die Bodenfeuchte und auf die Befahrbarkeit des Bodens, um Verdichtungen zu vermeiden.

Prognosesysteme
 
Agroscope-Prognosesysteme: Agroscope entwickelt und betreibt seit langem Prognosesysteme, welche die Entwicklung von Schädlingen und Krankheiten im Voraus berechnen.
- Schädlingsprognose für den Obstbau (SOPRA): www.sopra.info
-Risikobeurteilung des Fusarienbefalls bei Getreide (FusaProg):www.fusaprog.ch
- Warn- und Prognosesystem zur Bekämpfung der Kraut- und Knollenfäule der Kartoffel (PhytoPRE): www.phytopre.ch, Artikel in «die grüne» 5/20
- Plattform mit Informationen und Entscheidungshilfen für eine optimierte Anwendung von Pflanzenschutzmass-nahmen in der Landwirt-schaft: www.agrometeo.ch

Private Prognosesysteme: Neben Agroscope gibt es auch einige private Anbieter von Prognosemodellen.
- Krankheits- und Schädlingsbefall für den Obst- und Weinbau inkl. Vorhersage (RimPro): www.rimpro.eu
- Diverse Warn- und Krankheitsprognosen für verschiedenste Kulturen aus Obst-, Wein-, Acker- und Gemüsebau (Pessl):www.metos.at

Datenübertragung mit LoRa und NB-IoT

Die Technik hat sich in den vergangenen Jahren sehr stark weiterentwickelt. Standardmässig lassen sich die Stationen ins Internet einbinden und per Smartphone oder Computer aufrufen. Neben der Mobilfunktechnologie etabliert sich langsam die Funkübertragung LoRa, die von Swisscom schon flächendeckend angeboten wird oder das NB-IoT das im Rahmen des 5G-Netzes weiter ausgebaut wird. Thomas Anken, Agroscope

LoRa:LoRa steht für «Long Range» und ist eine Funktechnologie, welche neu für das IoT (Internet of Things) entwickelt wurde. Neben der grossen Funkreichweite von bis zu > 10 km wurden bei der LoRa Technologie besonders auf einen geringen Energieverbrauch und auf eine möglichst kostengünstige Implementierung geachtet. LoRa kann eigenständig als Punkt-zu-Punkt Verbindung eingesetzt aber auch in einem privaten oder öffentlichen Netzwerk wie z.B. dem LoRaWAN (Long Range Wide Area Network) betrieben werden. Quelle: www.schmidiger.ch 

NB-IoT: Das Schmalbandnetz (Narrowband) für das Internet der Dinge ist ein global akzeptierter Standard, mit dem Internet der Dinge-Lösungen überall funktionieren. Mit «normalem» Mobilfunk ist im Internet der Dinge (IoT, Internet of Things) nichts zu machen. Der Energieverbrauch wäre viel zu hoch und die Netze würden unter der Last von zigtausend Geräten und Sensoren in einer Funkzelle rasch zusammenbrechen. Diese Schmalband-Kommunikation arbeitet mit Funkwellen (3GPP), die eine besonders grossflächige Abdeckung ermöglichen. Zugleich sind sie in der Lage, dicke Betonmauern zu durchdringen und so auch entlegene Winkel eines Gebäudes bis tief in den Boden zu erreichen. Da diese Sensoren meist nur einmal stündlich oder täglich kleine Datenpakete übertragen, können sie über Jahre ohne Batteriewechsel betrieben werden. Quelle: www.telekom.com