Kurz & bündig

- Honigbienen und Wildbienen steigern die Erträge vieler Kulturen, vor allem der Obstbäume.
- Die LandwirtInnen können mit einer schonenden Bewirtschaftung die Bedingungen für die Bienen wesentlich verbessern.
- Im Kanton Aargau förderte das Ressourcenprojekt «Bienenfreundliche Landwirtschaft» genau das mit 5,3 Mio Franken.

www.bvaargau.ch/bienenprojekt

Die Honigbiene ist ein Nutztier und jedes Bienenvolk bringt für die Landwirtschaft einen Bestäubungswert von 1250 Franken pro Volk und Jahr», erklärt Andreas König, Präsident des Verbands der Aargauischen Bienenzüchtervereine.

Im Kanton Aargau fliegen heute noch 12 000 Bienenvölker. Früher waren es 26 000. Das Total des Bestäubungswertes allein der Honigbienen macht somit rund 15 Millionen Franken pro Jahr aus. Dabei sind Wildbienen und alle anderen Bestäuber noch gar nicht mitgerechnet.

Am 31. August 2022 wurden die Ergebnisse des Ressourcenprojektes «Bienenfreundliche Landwirtschaft» am Landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg vorgestellt.

Das Bienensterben in der Schweiz hat viele Gründe

In der Schweiz gibt es rund 500 Wildbienenarten, von denen 60 Prozent auf der roten Liste aufgeführt sind. Andreas König ergänzt dazu: «Im Kanton Aargau haben wir seit den 1980er-Jahren auch 60 Prozent weniger Honigbienen.»

Dies hat bereits Auswirkungen auf Obstbauern, die aufgrund zu weniger Bestäuber auf importierte Hummelvölker aus Holland zurückgreifen. Sie befürchten, dass die Fruchterträge ohne diese Bestäuber nicht mehr gewährleistet werden können.

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Viele Landwirte kennen das Flugverhalten der Bienen nicht

Zudem gibt es im Sommer eine sogenannte «Trachtlücke». In den Monaten Juni und Juli ist das Blütenangebot für bestäubende Insekten gering. Und dies in der Zeit, in der Honigbienenvölker sowie Wildbienen- und andere Insektenpopulationen im höchsten Entwicklungsstadium sind.

Das mangelnde Nahrungsangebot auf den Ackerflächen führt dazu, dass die Wild- und Honigbienen in die Wälder und Agglomerationen ausweichen, um ihren Bedarf zu decken, erklärt Beatrix Vonlanthen vom privaten Beratungsbüro Agrofutura. «Oft müssen aber die Imker mit Futter nachhelfen um diese Trachtlücke zu überbrücken.»

Unter optimalen Voraussetzungen kann es im Sommer zur Waldtracht kommen. Dann saugen Blattläuse, Rindenläuse und Schildläuse den Saft der frischen Triebe von Fichten und Tannen aus und scheiden das «Abfallprodukt» als zuckerhaltigen Honigtau aus. «Die Bienen ‹melken› diese Läuse und produzieren so den Waldhonig», ergänzt Andreas König.

«Viele Landwirte kennen das Flugverhalten der Bienen nicht mehr und haben den Bezug zu den Bienen verloren», begründet Beatrix Vonlanthen weiter. «Früher waren viele Landwirte auch Imker, heute sind es nicht einmal 5 Prozent.»

Auch das Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln habe nach dem Zweiten Weltkrieg bis 2008 zugenommen, was einen Effekt auf die schrumpfende Wild- und Honigbienen-Population hat, bestätigen Andreas König und Beatrix Vonlanthen.

Das Ressourcenprojekt «Bienenfreundliche Landwirtschaft» nimmt sich dieser Thematik an und ist im Laufe von sechs Jahren auf grossen Anklang und Verständnis gestossen.

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Austausch und Verständnissind das A und O

Eines der grössten Highlights des Projektes ist der Austausch zwischen LandwirtInnen und Imkern. In diesem Punkt sind sich Ralf Bucher vom Aargauer Bauernverband, Beatrix Vonlanthen von der Agrofutura und Andreas König von den Aargauer Bienenzüchtern einig. Die Austauschtreffen haben dazu geführt, das Verständnis zwischen Imkern und LandwirtInnen zu fördern.

«Wenn ich nun meine Biodiversitätsfläche mähe, schaue ich erst, wie viele Bienen und Insekten fliegen», berichtet Ralf Bucher. Auch die Massnahme «schlaues Mähen» hat grossen Anklang gefunden. Wenn ohne Mähaufbereiter gemäht wird, ist die Bienen-Mortalität bedeutend geringer als mit Aufbereiter. Als insektenschonendste Mähmethode schneidet hier der Balkenmäher ab.

Wichtig sei es, betonen Ralf Bucher und Andreas König, die Tageszeiten beim Mähen zu beachten und Randzeiten wie die früheren Morgenstunden oder die späteren Abendstunden nach dem Bienenflug zu nutzen. Es mache keinen Sinn, bei vollem Bienenflug, kurz nach Mittag, in ein zu mähendes Feld zu fahren. Diese einfache Massnahme habe zu viel Verständnis und Einsicht geführt, betonen alle Beteiligten.

Einfache Massnahmen

- Merkblatt «schlau Mähen»in Zusammenarbeit mit dem SBV: www.schlaumaehen.ch
- Mähen mit Balken geht auch auf Klee- und Löwenzahnwiesen.
- Mähen mit Aufbereiter nur an Randzeiten (vor 9 Uhr morgens oder abends) oder bei Bienenflug weniger als eine Biene pro Quadratmeter.
- Trachtlücke schliessen, indem intensives Grünland im Sommer länger als sechs Wochen nicht gemäht wird._
- Kleinstrukturen wie Sandhaufen bewirken viel und sind ohne grossen Aufwand umzusetzen.

Ein ausreichendes Blütenangebot in den Monaten Juni und Juli zu schaffen ist eine weitere Massnahme, die von allen Beteiligten als einfach umzusetzen eingestuft wird. Das Projekt schlägt vor, Futterbauwiesen mit Rot- und Weissklee nach dem ersten oder zweiten Schnitt länger stehen zu lassen, damit der Klee voll zur Blüten kommt. «Diese Massnahme ist grossflächig und sehr einfach umsetzbar», erklärt Andreas König. Zudem habe diese Methode nur geringen Einfluss auf die Futterqualität.

Die Massnahme «Verzicht auf Sklerotiniabehandlung im Raps» sei heute praktisch Standard, erklärt Ralf Bucher. Der Verzicht hat sich als positiven Effekt erwiesen, wurde aber im Projekt nicht näher untersucht. Da Raps eine Kultur ist, welche Bienen wegen ihrer Blütenpracht stark anfliegen, wurde dies als sehr positiv eingestuft.

Einige Imker erzählten, dass der Honigertrag stieg, wenn die Bienenvölker während der Rapsblüte nahe der Kultur gelassen wurden. Umgekehrt berichteten die LandwirtInnen von einer leichten Steigerung ihres Rapsertrages aufgrund der guten Bestäubung. Eine Win-Win-Situation also.

Beatrix Vonlanthen berichtet, dass viele Landwirte sich für das Projekt interessiert und Fragen gestellt hätten. «Die Landwirte wollten die Massnahmen wirklich verstehen», freut sie sich. Auch sei das Verständnis für die Bienen und die Bedeutung der Biodiversität wieder in den Fokus der Landwirte gerückt.

«Beispielsweise kann schon ein Lindenbaum zur Überbrückung der Trachtlücke führen», erzählt Beatrix Vonlanthen. Somit können mit grossflächigen und einfachen Massnahmen, dem Mähen ohne Aufbereiter, dem Schliessen der Trachtlücke und dem Verzicht auf Pflanzenschutzmittel viel für die Bienen getan werden. Aber auch mit Kleinst-Massnahmen wie Kleinstrukturen oder Lindenbäumen kann viel bewirkt werden.

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Ein Projektziel: Auch Kleinstrukturen finanziell abgelten

Kleinstrukturen wie Sandhaufen sind wichtige Massnahmen, um vor allem bodennistende Wildbienen zu fördern. Das Ziel des Projektes ist die Anerkennung der Sandhaufen als Kleinstruktur, um diese auch finanziell abgelten zu können. Die Gespräche dazu sind im Gange.

Die Massnahmen wie «Getreide ohne Herbizidbehandlung» oder «abdriftsmindernde Applikationstechniken» sind bereits seit einigen Jahren im Einsatz, wurden jedoch auch in das Projekt integriert. «Zu Beginn waren sogar diese beiden Massnahmen eine Neuigkeit», berichtet Ralf Bucher.

Sind die beiden Massnahmen in den ersten Jahren seit ihrer Einführung 2017 eher aufgrund einer Marktnachfrage eingeführt worden, sind sie heute Bestand der guten landwirtschaftlichen Praxis.

«Es wurde beobachtet, dass in konventionellen Getreidefeldern ohne Einsatz von Pflanzenschutzmittel eine vergleichbare Anzahl Bestäuber fliegen wie im Bio-Getreide», erklärt Andreas König. Dies sei sehr erfreulich.

Die Massnahmen des Projektes werden von Agroscope und dem FiBL wissenschaftlich begleitet und ausgewertet. Die Resultate dazu werden 2023 erwartet. Aus der Praxis ist ein positives Echo vernehmbar, es ist ein grosses Verständnis von LandwirtInnen und Imkern vorhanden.