Alles begann mit der Leidenschaft zum Bier. Vor über zehn Jahren wurde Fritz Bernhard Mitglied bei den Grafenrieder Bierfreunden und Aktionär bei der Burgdorfer Gasthaus Brauerei. Die Dividende ist jeweils Freibier. Doch beim Schweizer Bier ist oftmals lediglich das Wasser wirklich schweizerisch. Das Malz wird meistens aus Deutschland importiert.

Das wollte Fritz Bernhard aus Urtenen-Schönbühl BE ändern. Er hatte die Idee, selber Schweizer Braugerste zu produzieren. Dazu hat er sich mit einigen anderen bierbegeisterten Landwirten zusammengetan und mit dem Braumeister vom Burgdorfer-Bier abgesprochen. Zusammen mit der HAFL Zollikofen haben die Produzenten auf ihren Betrieben Versuchsfelder angelegt, um verschiedene Braugerste-Sorten zu testen.

Kurz & bündig

- Für Braugerste müssen diverse Qualitätskriterien wie Hektoliter- und Tausendkorngewicht, Keimfähigkeit, Protein- und Feuchtigkeitsgehalt erfüllt werden.
- Eine präzise N-Düngung ist entscheidend für die Erreichung des geforderten Proteingehaltes. Dazu ist eine jährliche Nmin-Analyse nötig.
- Nur die Vollgerste (Gersten-körner > 2,5 mm dick) können fürs Brauen verwendet werden. Der Rest wird als Futtergerste verkauft.

Später im Jahre 2012 wurde schliesslich die IG-Mittellandmalz gegründet. Fritz Bernhard vertritt in deren Vorstand die Produzenten. Aus anfänglichen Kleinparzellen mit Versuchsfeldern und wenigen Produzenten wurden bis zu diesem Jahr 3 Hektaren Vertragsanbau. Jeder Produzent darf jährlich gleich viel Fläche anbauen, das wird jedes Jahr neu verhandelt.[IMG 3]

Hauptabnehmer der Schweizer Braugerste sind vor allem Burgdorfer- und Öufi-Bier sowie Rugenbräu. Da in der Schweiz bis anhin keine Mälzerei existierte, wurde die Braugerste nach Deutschland gebracht. Anschliessend wurde das Malz von der IG-Mittellandmalz wieder importiert und an die Kleinbrauereien vermarktet.

Anfang 2022 wurde die neue Mälzerei im Kanton Aargau eröffnet. Nun soll sämtliche Schweizer Braugerste dort verarbeitet und vermarktet werden. Das kann eine Chance für die Schweizer Braugerste-Produzenten sein, da sie auf noch mehr Fläche anbauen können.

Anbau ist ähnlich wie Futtergerste, aber doch nicht ganz

Die Braugerste wird grundsätzlich ähnlich angebaut wie die intensive Futtergerste. Nachdem die Braugerste zwischen Mitte und Ende September gesät wurde, erfolgt eine Herbizidbehandlung im Herbst. Im Frühling erfolgt eine zweimalige Fungizidbehandlung sowie die Halmverkürzung.

Die Braugerste muss diverse Qualitätskriterien erfüllen. Eine davon ist der Proteingehalt, der zwischen 9,5 bis 11,5 Prozent liegen sollte. Liegt er zu hoch, kommt es zu Vergärungsproblemen und die Schaumqualität ist ungenügend. Der Bierschaum ist aber gefragt bei den Schweizer Brauereien.

Braugerste muss viele Qualitätskriterien erfüllen [IMG 3]

Proteingehalt: 9,5 – 11,5 %
Hektolitergewicht: > 62 kg/hl
Feuchtigkeitsgehalt: < 14,5 %
Tausendkorngewicht: > 44 g
Keimfähigkeit im Labor muss nach 5 Tagen noch > 95 % sein
Mykotoxingehalt: DON-Test < 1,25 mg/kg
Vollgerste für Brauerei muss > 2,5 mm dick sein

Wenn eines der Kriterien nicht erfüllt ist, wird die Braugerste als Futtergerste deklassiert.

Deshalb ist die Düngung ein entscheidender Erfolgsfaktor. Zur Überprüfung der Stickstoffdüngung müssen daher alljährlich zwischen Februar und März Nmin-Proben von der Braugerste-Parzelle gestochen werden. Somit ist ersichtlich, wie viel Stickstoff sich noch im Boden befindet.

Im Herbst setzen Bernhards lediglich etwa 25 m3 Gärgülle vor der Saat ein. Anhand der Nmin-Proben kann die Düngung fertig geplant werden. Je nachdem wird die benötigte Menge noch mineralisch mit Ammonsalpeter ergänzt: Meistens als Schossergabe und teilweise als zweite Gabe vor der Ausbildung des Fahnenblattes. In gewissen Jahren kam es aber auch schon vor, dass gar nicht mehr mineralisch nachgedüngt werden musste, da die humusreichen Böden um den Moossee oft noch erhebliche Mengen an Stickstoff nachliefern.

Kosten für intensiven Anbau,bei extensivem Ertrag

Die Braugerste wird zwar in Bezug auf den Pflanzenschutz intensiv angebaut, jedoch ist lediglich ein Ertrag zwischen 65 und 75 dt/ha zu erwarten. Das unter anderem, weil Braugerste im Vergleich zu Futtergerste nur zweizeilig ist und daher weniger Körner pro Ähre ausgebildet werden. Winterbraugerste bietet noch etwas mehr Ertrag als Sommerbraugerste.

Betriebsspiegel Seehof 

Marco und Fritz Bernhard, Urtenen-Schönbühl BE

LN: 26 ha
Kulturen: Winter-Braugerste, Winterweizen IP-Suisse, Brauweizen (Versuch), Raps, Kartoffeln, Zuckerrüben, Mais
Tierbestand: 25 Mutterkühe
Weitere Betriebszweige: Bed & Breakfast, indirekte Fleischvermarktung an Gastronomie

Nebst den diversen Qualitätskriterien, die erfüllt werden müssen, kann auch nicht die gesamte Menge der Gerste zum Brauen verwendet werden. Die Braugerste läuft in der Mühle durch einen Trieur. Dabei werden sämtliche Körner, die breiter als 2,5 mm sind, ausgesiebt. Nur diese schweren Körner, die sogenannte Vollgerste, kann zum Brauen verwendet werden. Die restlichen Körner werden als Futtergerste verwertet.

So wird auch der Preis zusammengesetzt. Für Braugerste werden dieses Jahr 90 Franken pro Dezitonne gezahlt. Das mag im ersten Moment nach viel klingen. Jedoch enthält die Braugerste meisten nur 85 bis 90 Prozent Vollgerste. Im Jahr 2021, als es so nass war, lag der Vollgerste-Anteil lediglich bei 70 Prozent.

Für die restlichen 30 Prozent erhielten Bernhards letztes Jahr den Futtergerste-Preis von 32.50 Franken. Dabei müssen noch die Annahmegebühr, der Swissgranum-Beitrag sowie die Kosten für den Trieur abgerechnet werden. Im Jahr 2021 erhielten Bernhards einen Preis, der in etwa einem Top-Winterweizen nach IP-Suisse entsprach. In normalen Witterungsjahren liegt der Preis doch etwas höher. Man hatte aber die Pflanzenschutzkosten wie für eine intensive Gerste, beim Ertrag einer extensiven Gerste.

Eine interessante Kultur mit Risiko der Deklassierung zu Futtergerste

Der Preis für Braugerste kann je nach Anbaujahr interessant sein, sofern der Vollgerste-Anteil hoch ist. Der Anbau kann aber auch risikoreich sein. Wird eines der Qualitätskriterien nicht erfüllt, wird die Braugerste direkt zur Futtergerste deklassiert – der Landwirt hatte aber höhere Anbaukosten.

Marco Bernhard findet die Kultur aber trotz den Risiken sehr interessant. Bis anhin hatte sein Vater und er auch Glück, dass die Braugerste immer alle Kriterien erfüllt hat. Zudem ist die Freude am Bier sehr gross und wird umso grösser, wenn durch den regionalen Braugerste-Anbau noch mehr Swissness im Bier steckt.