Der neuste IPCC-Bericht, der Ende März 2023 veröffentlicht wurde, bestätigt deutlicher als je zuvor, dass der von Menschen verursachte Klimawandel kein Zukunftsszenario mehr ist, sondern Realität. In der Schweiz ist es in den letzten 150 Jahren 2,5 Grad wärmer geworden. Die Erwärmung ist hier damit ausgeprägter als in den meisten anderen Weltregionen.
Erich Fischer ist ETH-Professor am Institut für Atmosphäre und Klima und Mitautor des IPCC-Berichts, der 2021 veröffentlicht wurde. Er ordnet einige Aussagen ein, die im aktuellen Bericht zu lesen sind. Erschreckend ist etwa, dass bereits heute etwa die Hälfte der Weltbevölkerung einen Teil des Jahres unter schwerer Wasserknappheit leidet.
Gehört die Schweizer Landwirtschaft da auch schon dazu? Erich Fischer sagt, dass in der Schweiz die Wasserverfügbarkeit zur Zeit noch deutlich weniger ein fundamentales Problem sei als in anderen Weltregionen. Doch: «Wir haben aber in den Hitzesommern 2018 und 2022 durchaus gesehen, dass Wasserknappheit auch in der Schweizer Landwirtschaft punktuell zum Problem werden kann.»
Nutzungskonflikte um Wasser auch in der Schweiz
Auch in der Schweiz führen zunehmende Temperaturen zu höherer Verdunstung und lassen bei fehlendem Niederschlag die Böden weiter austrocknen. Insbesondere Regionen, die bisher in Hitzesommern von der Schnee- und Gletscherschmelze profitiert haben, kommen zunehmend in Bedrängnis, wenn die Gletscher grösstenteils weggeschmolzen sind und das Wasser wegen fehlender Schneeschmelze fehlt.
Während Trockenperioden kann es zu Nutzungskonflikten kommen. Zudem: «Wenn lange Trockenperioden von intensiven Starkniederschlägen unterbrochen oder beendet werden, sind die Böden versiegelt und das Wasser kann weniger gut versickern.»
Fischer schreibt, dass gewisse Anpassungsmassnahmen an den Klimawandel funktionieren können. Im IPCC-Bericht werden dafür als Beispiele besseres Wassermanagement und Wasserspeicherung, gezieltere und effizientere Bewässerungstechniken und nachhaltige Landnutzung erwähnt.
Für die Schweizer Landwirtschaft sieht er als Herausforderung nicht nur vermehrte Hitze und Trockenheit im Sommer. Auch die fehlenden Kältewellen im Winter können Folgen haben und die Entwicklung von Schädlingen begünstigen. Falls dann der Frost im Frühling trotzdem einmal zuschlägt, ist die Vegetation oft schon weiter entwickelt und die Schäden an Kulturpflanzen können grösser ausfallen.
Andererseits, so Fischer, sei es für die Schweizer Landwirtschaft wichtig zu verstehen, dass clevere Anpassung an die neuen Bedingungen auch Chancen bieten und Wettbewerbsvorteile schaffen könne.
Ein Punkt im IPCC-Bericht, der Fragen aufwirft, ist die Forderung nach «einer nachhaltigen Intensivierung der Landwirtschaft». Was hat man sich darunter vorzustellen?
Auf vorhandenen Flächen nachhaltig mehr produzieren
Sowohl Erich Fischer wie Robert Finger, Professor für Agrarökonomie an der ETH Zürich, weisen darauf hin, dass der Bericht die ganze Welt im Blick hat. Es gibt riesige Unterschiede zwischen Agrarsystemen und nicht jeder Ansatz ist für jedes System geeignet. Zudem muss die Forderung in den Zusammenhang des ganzen Ernährungssystems gesetzt werden. Dazu gehört auch, den Konsum zu hinterfragen und Lebensmittelverschwendung zu reduzieren.
Finger erklärt, dass die nachhaltige Intensivierung der Landwirtschaft auf eine Steigerung der Produktivität bei minimalen zusätzlichen negativen Auswirkungen auf die Umwelt ab. Konkret heisst das, dass in einigen Teilen der Welt (z.B. in Afrika) die Nahrungsmittelproduktion auf vorhandenen Anbauflächen nachhaltig gesteigert werden kann. Ziel ist, wertvolle Ökosysteme wie nicht bewirtschaftete Wälder und ihre Leistungen langfristig zu erhalten. Aber: «Nachhaltig intensivieren bedeutet nicht, dass man überall, inklusive in der Schweiz, flächendeckend viel mehr Inputs einsetzt und zum Beispiel mehr düngt.»