Kurz & bündig

- Die Düngerpreise steigen stetig an.
- Die Hersteller drosseln die Produktion, weil die Kosten für das dazu benötigte Erdgas zu hoch sind.
- Wer frühzeitig bestellt, muss sich keine Sorgen um die Verfügbarkeit machen.
- Zuletzt waren die Düngerpreise im Jahr 2008 auf ähnlichem Niveau.

Jürg Friedli, Geschäftsführer der Landor, ist froh, dass in der Schweiz die Verfügbarkeit der meisten Dünger unter anderem dank dem Frühbezugssystem gewährleistet sein sollte.

Herr Friedli, die Düngerpreise steigen stetig und die Düngerproduktion wird weiter zurückgefahren. Sind Sie zuversichtlich, all Ihre Kunden mit den bestellten Düngern versorgen zu können?

Jürg Friedli: Die Lage ist sicher angespannt und bereitet uns Sorge. Wir denken aber, dass es möglich sein wird, unsere Landwirte mit Dünger einzudecken. Es kann jedoch sein, dass einzelne Spezialdünger nicht erhältlich sind und auf Ersatzprodukte ausgewichen werden muss.

Und wenn es wirklich hart auf hart kommt, haben wir noch Dünger am Pflichtlager.

Wie gross sind die SchweizerPflichtlagervorräte beim Dünger?

Das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung BWL schreibt vor, dass der schweizweite Jahresbedarf für Stickstoffdünger eingelagert sein muss. Da reden wir von rund 16'000 Tonnen Rein-Stickstoff oder umgerechnet rund 35'000 Tonnen Harnstoff. Sollte sich die Lage weiter zuspitzen, würde sicher darüber diskutiert, ob diese Pflichtlager freigegeben werden sollen.

Wie viel Dünger hat die Landor ungefähr an Lager?

In der Hauptsaison und über alle Sorten gesehen haben wir rund 25'000 Tonnen eingelagert. Mehr können wir rein aus Platzgründen gar nicht einlagern.

Spüren Sie, dass weniger Dünger bestellt worden ist als in den letzten Jahren?

Grundsätzlich bestellen die Landwirte den Dünger, welchen Sie für die Ernährung ihrer Kulturen benötigen. Gerade beim Stickstoff kann man nicht einfach auf Dünger verzichten. Was wir aber spüren ist, dass in anderen Jahren bei der Bestellung eher aufgerundet worden ist, während heuer eher abgerundet wird. Das gibt dann rund 10 Prozent tiefere Bestellmengen.

Hat das Vorbezugssystem in einem Jahr wie 2021 grosse Vorteile?

Das ist ganz klar so. Dank diesem System und vielen frühzeitig eingegangen Bestellungen konnten wir die Preise relativ lange auf einem vernünftigen Niveau halten. Zudem haben wir für die vorbestellte Ware Verträge mit unseren Düngerlieferanten, weshalb die Verfügbarkeit gesichert sein sollte.

Wo werden Ihre Dünger produziert?

Die meisten Produzenten haben wir in Holland, Belgien, Deutschland und Frankreich. Wichtig ist der Anschluss an den Rhein. Der ökologisch beste und auch günstigste Transportweg ist normalerweise mit dem Schiff.

Wenn die Pegelstände tief sind und die Schiffe daher nicht voll beladen werden können, kann die Bahn eine gute Alternative sein. Der Transport mit Lastwagen ist ineffizient und zu teuer.

Gab es schon einmal eine vergleichbare Situation am Düngermarkt?

Ja, im Rahmen der Finanzkrise 2008. Damals sind die Preise sogar noch höher geklettert als sie es heute sind. DAP hat damals Fr. 150.–/dt gekostet, und auch für 60er-Kali mussten die Landwirte über 100 Franken pro 100 kg bezahlen.

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Welche Tendenzen gibt es beim Düngermarkt generell?

Der Absatz von Bio-Dünger gewinnt laufend an Bedeutung. Beim Mineraldünger verschiebt sich die Nachfrage von reinem Stickstoff-Dünger wie Ammonsalpeter hin zu Stickstoff-Schwefel-Düngern wie beispielsweise dem MgS-Ammonsalpeter.

Das macht agronomisch auch absolut Sinn. Der wichtigste Dünger ist aber nach wie vor der 27 Prozent Ammonsalpeter. Rund 40 Prozent des gesamten Düngermarktes entfällt auf diesen Dünger.

Wer seinen Dünger noch nicht vollständig bestellt hat, fragt sich vielleicht, ob es sich lohnt, auf sinkende Preise zu spekulieren und zuzuwarten. Was sagen Sie dazu?

Das ist ein unternehmerischer Entscheid, den am Ende jeder Landwirt selber treffen muss. Ich persönlich würde nicht bis Februar 2022 warten. Wenn der Raps erwacht und noch kein Dünger auf dem Betrieb ist, stelle ich mir das sehr mühsam vor.

Gibt es viele Landwirte, die bei tiefen Preisen sehr viel Dünger auf einmal einkaufen und diesen einlagern?

Das wird nur sehr vereinzelt gemacht, weil bei den Landwirten oft auch der Platz fehlt.

Worauf muss bei der Lagerung von Düngern geachtet werden?

Bei den meisten Mineraldüngern ist überlagern kein Problem. Wir haben schon 10-jährigen Harnstoff aus dem Pflichtlager genommen, welcher nach wie vor einwandfreie Gehalte und eine gute Granulierung aufwies.

Organische Biodünger sollte man jedoch maximal einige Monate lagern. Das gilt auch für Branntkalk. Sonst drohen Qualitätsverluste.

Was sind gerade – abgesehen vom Preis – die grossen Themen in der Branche?

Ein Hauptziel ist es, die Stickstoff-Effizienz zu steigern. Das wird umso wichtiger, wenn die Schraube bei der Nährstoffbilanz angezogen wird. Das, was wir ausbringen, muss auch bei der Pflanze landen. Stabilisierte Ammonium- oder Harnstoffdünger können hier einen Beitrag leisten. Ebenfalls ein grosses Thema ist das Phosphor-Recycling. Hier laufen branchenübergreifend spannende Projekte, um in der Schweiz den Phosphor aus den Kläranlagen zurück in die Landwirtschaft bringen zu können.

 

 

Wieso steigen die Düngerpreise?

Fünf Jahre lang war der Dünger für die Landwirte günstig erhältlich. «Die Preise, die wir zuletzt hatten, waren auch nicht unbedingt normal, sondern lagen klar unter dem langjährigen Durchschnitt», gibt Jürg Friedli, Geschäftsführer der Landor in Muttenz, zu bedenken. Verantwortlich für die tiefen Preise waren der für die Schweiz günstige Euro-Kurs sowie die tiefen Energiepreise.

Die Herstellung von Stickstoffdüngern ist energieintensiv. Als Energieträger in den Produktionsstätten kommt in Europa hauptsächlich Erdgas zum Einsatz. 80 Prozent der Produktionskosten fallen auf den Verbrauch von Erdgas zurück – und die Erdgaspreise sind seit Jahresanfang regelrecht explodiert. Weil die Düngerproduktion durch den steigenden Erdgaspreis stark verteuert wird, haben einige Düngerproduzenten ihre Werke abgestellt oder die Produktion massiv gedrosselt.

Demgegenüber steht die Nachfrage, die weltweit steigend ist. Länder wie China oder Indien fragen immer grössere Mengen nach. Dieses Auseinanderdriften von Angebot und Nachfrage führt zu steigenden Preisen.

Die Einfuhr von Dünger in die Schweiz ist nicht durch Zölle geschützt. Somit sind internationale Preiserhöhungen in der Schweiz immer direkt spürbar. Eine abfedernde Wirkung hat hingegen der für Importe günstige Eurokurs. Wäre der Eurokurs gleich wie im Jahr 2009, würde der Ammonsalpeter nochmals Fr. 25.–/100 kg mehr kosten.