Kurz & bündig
- Hochstamm-Obstbäume sind eine anspruchsvolle Kultur.
- Ein schöner Baum braucht Pflege und einen guten Boden.
- In Ökowiesen ist ein besonderes Augenmerk auf die Düngung und die Mäuse zu legen.
- Robuste Sorte helfen, die Spritzungen zu reduzieren.
- Bäume sollte nur gesetzt werden, wenn man bereit ist, sie auch zu pflegen.
Eines vorneweg: «Hochstamm-Feldobstbäume rentieren nicht, wenn man nicht dank Verarbeitung von Mostobst die volle Wertschöpfung auf dem Betrieb hat.» So klar hält es Daniel Schnegg fest, Obstbau-Verantwortlicher am Landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg. «Wir haben das bereits auf alle möglichen Arten durchgerechnet. Hochstämmer sind eigentlich nie rentabel, selbst dann nicht, wenn die Direktzahlungen ebenso wie die Vermarktung optimiert werden», sagt der Obstfachmann.
Eine Mitschuld für diese Misere sieht Daniel Schnegg auch beim Bund. Als entschieden wurde, die Hochstammbäume in der Schweiz mittels Direktzahlungen zu fördern, habe niemand an den Absatz gedacht.
«Wenn überall viele neue Bäume gesetzt werden, gibt es mittelfristig auch ziemlich viel zusätzliches Mostobst, das anfällt. Hier hätte man begleitend zur Förderung der Bäume auch Massnahmen zur Absatzförderung beschliessen müssen.» Dies sei aber gänzlich versäumt worden, ärgert sich Schnegg.
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Hochstamm-Obstbäume sind ein Kulturgut
Dennoch komme den Hochstämmern in der Schweiz eine wichtige Bedeutung zu, ist Daniel Schnegg von der Liebegg überzeugt. Hochstamm-Obstbäume seien ein Kulturgut, gibt er zu bedenken, und zwar eines, das sich nicht so einfach auf die Schnelle beschaffen lasse.
«Hochstamm-Obstbäume prägen unsere Landschaft. Sie sind Schattenspender, leisten einen wichtigen Beitrag zur Biodiversität und werfen mit dem Obst einen qualitativ hochwertigen Ertrag ab», fasst Schnegg zusammen. Im Aargau werden über 2 Mio Liter zu hochwertigem Süssmost veredelt.
Alle diese Funktionen könne aber nur ein gesunder, gut gepflegter Baum erfüllen. Doch was heisst das denn im Detail, wollten wir von Daniel Schnegg wissen.
Hochstamm-Obstbäume brauchen optimalen Boden
Bereits die Standortfrage sei wichtig, erklärt er. Und fügt an: «Ökowiesen beispielsweise sind häufig nicht besonders gut geeignet für schöne Hochstamm-Obstbäume.»
Die Ökowiesen sind meistens an mageren oder sonst schwierigen Standorten gelegen: Nasse Stellen, Waldränder, steile Hänge. Ein schöner Baum braucht hingegen – wie jede andere Nutzpflanze auch – einen optimalen Boden und auch ausreichend Nährstoffe. «Man kann einen Hochstamm-Obstbaum nicht einfach dort setzen, wo sonst nicht wächst.» Besonders heikel für Hochstamm-Obstbäume sind Lagen mit Staunässe oder solche mit erhöhter Frostgefahr.
«In den Ökowiesen gibt es nebst topografischen Hindernissen und oftmals nicht idealen Bodenverhältnissen oft ein weiteres grosses Problem für die Bäume: Die Mäuse.»
Daher ist es wichtig, dass die Bäume beim Pflanzen gegen Mäusefrass geschützt werden. Auch sollte die Stammscheibe frei von Unkraut gehalten werden, damit dem jungen Baum weder Nährstoffe noch Wasser entzogen wird.
Mit dem Einnetzen beim Setzen ist der Mäuseschutz jedoch nicht abgeschlossen. «Mäusefrass wird oft zu spät festgestellt. Wenn die Wurzeln schon abgefressen sind, nützt es nicht mehr viel, wenn Fallen gestellt werden. Die Mäuse müssen bereits vorher bekämpft werden», ist Daniel Schnegg überzeugt.
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«Nur gesunde, gepflegte Bäume erfüllen ihre Funktion.»
Daniel Schnegg, Obstfachmann Liebegg
Eine besondere Herausforderung ist bei den Hochstämmern auch der Pflanzenschutz. Wie in vielen anderen Kulturen auch ist man hier mit dem Problem konfrontiert, dass immer mehr Wirkstoffe verboten werden.
Das macht die Pflege anspruchsvoller und aufwändiger, was angesichts der tiefen Preise für das Mostobst besonders problematisch ist. «Ein normaler Apfel oder Birnen-Hochstammbaum braucht rund drei bis vier Spritzungen, damit er gesund bleibt und schöne Früchte trägt», sagt Daniel Schnegg.
Weil der Pflanzenschutz immer anspruchsvoller und aufwändiger wird, steigt die Bedeutung der vorbeugenden Massnahmen. Hier sind besonders zwei zu nennen: Der richtige Schnitt und die Wahl einer robusten Sorte.
«Besonders in den ersten zehn Jahren sind der Schnitt und die richtige Erziehung des Baumes sehr wichtig», sagt Daniel Schnegg. Fehler, die hier gemacht werden, lassen sich später kaum mehr korrigieren. Wichtig ist auch die Klärung der Frage, in welcher Höhe die Leitäste angeordnet werden müssen. «Wir empfehlen eine Mindesthöhe von zwei Metern, damit eine maschinelle Futterernte unter den Hochstammbäumen gut möglich ist», so der Obstfachmann.
Die Hochstamm-Obstbäume alle drei Jahre schneiden und regelmässig spritzen
Schnegg weist darauf hin, dass auch ältere Bäume regelmässig – mindestens alle drei Jahre – geschnitten werden sollten. «Birnbäume sind da etwas toleranter, da sie pyramidenförmig wachsen und es somit selten Belichtungsprobleme gibt», sagt Schnegg.
Kann man mit der Wahl einer robusten Obstsorte ganz auf den Pflanzenschutz bei Hochstämmern verzichten? «Nein», sagt Daniel Schnegg. Die Fungizid-Behandlungen liessen sich zwar reduzieren, jedoch gebe es keine Sorten, welche eine hundertprozentige Resistenz gegenüber allen wichtigen Krankheiten und Schädlingen aufweisen.
Aber eingesparte Behandlungen sind gespartes Geld, was bei diesem ohnehin nicht sehr einträglichen Betriebszweig durchaus ins Gewicht falle. Daher – und aufgrund der verschärften Situation bei den verfügbaren Mitteln – rät Schnegg, bei Neupflanzungen robuste Sorten zu berücksichtigen.
Eher abraten würde Daniel Schnegg von der Pflanzung von Kirschen- oder Zwetschgenbäumen. «Hier haben wir mit der Kirschessigfliege seit Jahren ein grosses, nach wie vor ungelöstes Problem. Hochstamm-Obstbäume lassen sich nicht vor diesem Schädling schützen. In den meisten Jahren wird man qualitativ keine gute Ernte haben», gibt Schnegg zu bedenken. Eine Volleinnetzung der Hochstamm Kirschbäume ist unrealistisch und unbezahlbar.
Hochstamm-Obstbäume werden für Generationen gesetzt. Dies gelte es bei der Pflanzung bereits zu berücksichtigen. «Bäume sollte nur gesetzt werden, wenn klar ist, dass man auch bereit ist, Zeit und Herzblut in die Pflege zu investieren, und dies im Wissen, dass der Erlös für den Rohstoff Mostobst nicht gut bezahlt ist», sagt der Obstfachmann.
Wie genau die Bäume fachgerecht gepflegt werden sollten, kann man unter anderem an Hochstamm-Schnittkursen der landwirtschaftlichen Schulen gelernt werden.
Wer nichts von Hochstammbäumen versteht und sich nicht gross dafür interessiert, pflanzt besser keine Hochstämmer. «Ohne Pflege gibt es keinen gesunden und ertragreichen Baum. Nur gesunde Bäume erfüllen ihre Funktionen und machen schlussendlich auch Freude», sagt Daniel Schnegg. Mit vergleichsmässig wenig Pflege nach der Aufbauphase kommen derzeit Walnussbäume und Kastanien aus. Diese haben dafür relativ hohe Ansprüche, was den pH-Wert des Bodens und das Klima betrifft.
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Ein Kulturgut, das mitviel Aufwand verbunden ist
Hochstamm-Feldobstbäume erfüllen wichtige Aufgaben und sind ein Kulturgut der Schweiz. Gleichzeitig sind sie für die Bauern aber ein Betriebszweig, der mit viel Aufwand und wenig Ertrag verbunden ist.
Das ist eine Herausforderung, die gelöst werden müsste, wenn die Zukunft des Hochstamm-Obstbaumes in der Schweiz langfristig gesichert werden soll. Ob und wie diese Herausforderung gemeistert werden kann, ist derzeit noch unklar.
Rechtliche Grundlagen
Seit 1. Januar 2018 schreibt die Direktzahlungsverordnung für Hochstamm-Feldobstbäume mit Biodiversitätsbeiträgen eine fachgerechte Baumpflege vor. Bis zum 10. Standjahr ab Pflanzung ist eine fachgerechte Baumpflege durchzuführen. Diese beinhaltet Formierung und Schnitt, Stamm- und Wurzelschutz, eine bedarfsgerechte Düngung sowie eine fachgerechte Bekämpfung von besonders gefährlichen Schadorganismen gemäss den Anordnungen der kantonalen Pflanzenschutzstellen.
Aufgrund der Bestimmung zur bedarfsgerechten Düngung wurde die Direktzahlungsverordnung angepasst: Befinden sich auf einer Fläche nach Absatz 1 Buchstabe a [extensiv genutzte Wiese] Bäume, die gedüngt werden, so wird die für den Beitrag massgebende Fläche um eine Are pro gedüngten Baum reduziert. Ausgenommen davon sind Hochstamm-Feldobstbäume; deren Baumscheiben dürfen bis zum 10. Standjahr mit Mist oder Kompost gedüngt werden
Für Bäume der Qualitätsstufe II wird ein fachgerechter Baumschnitt auch nach dem 10. Standjahr gefordert. Die fachgerechte Bekämpfung von besonders gefährlichen Schadorganismen (Quarantäneorganismen) muss gemäss Anordnung der Kantone immer durchgeführt werden.
Quelle: Agridea