Kurz & bündig

  • Fusarien-Pilze können vor allem bei bei feucht-warmen Bedingungen während der Getreideblüte infizieren.
  • Weizenparzellen mit Vorkultur Mais sind besonders gefährdet.
  • Eine Fungizidspritzung während der Blüte zeigt eine Teilwirkung.
  • Für Schweinezuchtbetriebe gilt bei Fusarien Nulltoleranz
  • FusaProg dient als Informations- und Prognosesystem.

Der Weizen hat sich im Jahr 2021 bisher grösstenteils gut entwickelt. «Es gab einen frühen Start in die Vegetation mit warmen Temperaturen Ende Februar. Die Bestände konnten gut angedüngt werden. Auch Herbizid-Behandlungen waren gut möglich und wirksam.»

«Ende April brauchte es etwas Geduld bei den Fungizid-Behandlungen mit Halmverkürzer wegen den Frostnächten. Die Bestände waren Anfang Mai grösstenteils gesund dank der mehrheitlich trockenen Witterung und regelmässigem Wind», fasst Pflanzenbauberater Thomas Kim von der Agroline zusammen. Bis dahin dürften sich also die meisten Produzenten über ihre Bestände gefreut haben.

Auch gesunde Bestände, die ausreichend mit Nährstoffen versorgt sind, können aber noch Schaden nehmen. Eine wichtige Rolle spielen hier immer wieder die Fusarium-Pilze. Susanne Vogelgsang arbeitet seit 18 Jahren bei Agroscope und beschäftigt sich schon lange mit diesem Pilzarten-Komplex, der in allen Getreidearten Schäden verursachen kann.

«Durchschnittlich gibt es etwa alle drei bis vier Jahre grössere Probleme mit Fusarium graminearum, der häufigsten Fusarienart, dies aber natürlich nicht in regelmässigen Abständen», so die gelernte Agrarbiologin, die bei Agroscope als Gruppenleiterin der Forschungsgruppe «Ökologischer Pflanzenschutz im Ackerbau» arbeitet. «Im Jahr 2016 gab es letztmals flächendeckend massive Probleme mit diesem Schaderreger», gibt Vogelgsang Auskunft. Fusarien haben aber auch in den Folgejahren – je nach Blütezeitpunkt – mancherorts zu grossen Schäden geführt.

Pflanzenbauberater Thomas Kim hat wie Susanne Vogelgsang festgestellt, dass die Gefahr der Fusarien nach einigen Jahren ohne Probleme rasch nur noch im Hinterkopf der Landwirte präsent ist. «Nach einem Jahr mit hohem Druck wird wieder häufiger gepflügt und die Toleranz gegenüber Fusarien spielt auch bei der Sortenwahl wieder eine grössere Rolle», sagt Kim. Die vorbeugenden Massnahmen sind:

  • Möglichst kein Anbau von Weizen oder Triticale nach Mais
  • Falls doch Weizen nach Mais angebaut wird: Feines Mulchen und allenfalls oberflächliches Einarbeiten der Ernterückstände
  • Wahl wenig empfindlicher Weizensorten (Arina, Titlis, Montalbano)

Susanne Vogelgsang von Agroscope ist sich bewusst, dass in der Fruchtfolge der Weizen aus logistischen und wirtschaftlichen Gründen oft auf Mais folgt. «Es ist aber ein Fakt, dass Mais als Vorkultur für die Gefährdung entscheidend ist. Das betrifft nicht nur unmittelbar die eigene Parzelle. Es kann auch sein, dass ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht, wenn auf der Nachbarparzelle Ernterückstände von Mais auf der Bodenoberfläche liegen», gibt Vogelgsang Auskunft.

Es ist für Landwirtinnen und Landwirte leider kaum abschätzbar, ob der Mais bereits stark mit Fusarien befallen war oder nicht. «Wir unterscheiden zwischen Kolben- und Stängelfäule. Wenn man beim Kolben die Lieschblätter entfernt und ein weisslich-rosafarbenes Myzel sieht, ist eindeutig ein Befall vorhanden. Auch in den Stängeln ist rosafarbenes Myzel ein eindeutiges Indiz für Befall mit Fusarien», so Susanne Vogelgsang.

Der Umkehrschluss gelte aber nicht, hält sie ganz klar fest. Ist also weder im Kolben noch im Stängel Myzel von Auge sichtbar, so könne der Mais dennoch mit Fusarien befallen und der Weizen als Folgekultur stark gefährdet sein. Insbesondere bei Silomais kann der Befall nicht von Auge festgestellt werden. Das heisst also: Mais vor Weizen stellt immer ein Risiko dar.

Wer Weizen nach Mais anbaut, sollte folglich Vorsicht walten lassen. Dazu gehört, dass nach der Ernte von Silo- oder Körnermais die Ernterückstände möglichst fein gemulcht und anschliessend oberflächlich eingearbeitet werden. «Das fördert den schnelleren Abbau. So wird dem Pilz die Lebensgrundlage entzogen», so Vogelgsang.

Ein Pflugeinsatz kann helfen, ist aber – wie alle Massnahmen, ausser keinen Weizen nach Mais anzubauen – kein Garant für den Erfolg. Daher fördern viele Kantone den pfluglosen Anbau durch Direktzahlungen. Beim Pflugeinsatz sei es wichtig, dass die Ernterückstände komplett zugedeckt werden. Dennoch sei es nicht ratsam, zu tief zu pflügen. «Sonst gelangen die Rückstände in eine Bodenschicht, wo relativ wenig Sauerstoff ist und der Abbau der Ernterückstände deshalb nur langsam erfolgt», sagt Susanne Vogelgsang.

Fungizidbehandlung zur Blüte hat eine Teilwirkung

Ob eine Infektion mit Fusarien stattfindet, hängt wesentlich vom Wetter zum Zeitpunkt der Blüte des Weizens ab. Ideale Bedingungen für den Pilz herrschen bei feucht-warmen Bedingungen. Dazu muss es nicht einmal zwingend regnen – bereits eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit könne ausreichen, damit eine Infektion stattfindet, erklärt Susanne Vogelgsang.

Wenn gute Infektionsbedingungen für Fusarien vorliegen, gibt es die Möglichkeit einer direkten Bekämpfung: Eine Fungizid-Behandlung zum Zeitpunkt der Blüte. «Diese Spritzung wird nur situativ durchgeführt und ist keineswegs generell vorgesehen», sagt Berater Thomas Kim. Bei trockener Witterung ergebe eine solche Behandlung keinen Sinn.

Wenn auf Risikoparzellen zum Zeitpunkt der Blüte günstige Witterungsbedingungen – warm und feucht – für eine Fusarieninfektion vorherrschen, kann ein Fungizid mit den Wirkstoffen Prothioconazol oder Metconazol gespritzt werden. Namentlich werden in der Praxis vor allem die Mittel Proline von Bayer, Casac von Omya oder Osiris von BASF eingesetzt.

Der Wirkungsgrad der Behandlung liegt bei 50 bis 80 Prozent, wenn die Behandlung zwei Tage vor bis spätestens vier Tage nach der Infektion durchgeführt wird. Dies zeigten Versuche aus der Forschung. Für Produzenten ist es schwierig, die Wirkung der Behandlung genau abzuschätzen. «Man weiss nie, wie sich der Pilz ohne Behandlung entwickelt hätte», sagt Thomas Kim.

Nach der Blüte ist gegen Fusarien nichts mehr zu machen

Wurde der Einsatzzeitpunkt verpasst, lässt sich nichts mehr machen. «Heisse und trockene Bedingungen nach der Infektion können aber helfen, damit sich der Pilz nicht allzu stark ausbreiten kann», ergänzt Susanne Vogelgsang. Der Effekt der Spritzung gegen Fusarien sei nicht gleich effektiv wie eine Behandlung gegen Blattkrankheiten, weshalb die vorbeugenden Massnahmen umso wichtiger seien, so die Gruppenleiterin.

Die Blüte dauert beim Weizen je nach Wetter rund eine Woche. Für Produzenten mit Parzellen an gefährdeten Standorten ist es daher wichtig, genau zu beobachten, in welchem Stadium sich ihre Kultur befindet und wie sich das Wetter zum Zeitpunkt der Blüte präsentiert.

Mit FusaProg unterhält Agroscope ein Informations- und Prognosesystem für das Befallsrisiko mit Fusarien, auf das Landwirte und Personen aus der Beratung zurückgreifen können. Das Programme ist kostenlos und gibt Auskunft über die generelle Infektionslage und bietet zudem eine parzellenspezifische Beratung.

Die Landwirte erfassen ihre Parzellen mit Sortenangabe, Vorkultur, Bodenbearbeitung und weiteren Angaben, um möglichst exakte Prognosen für ihren Betrieb und die jeweiligen Parzellen zu erhalten.

Fusarien und die durch den Pilz gebildeten Mykotoxine sind insbesondere für Schweinezuchtbetriebe ein grosses Risiko. Mykotoxine sind giftig und können im Stall grosse Schäden anrichten.

Schweinezuchtbetriebe sind besonders vorsichtig in Sachen Fusarien

Thomas Hunkeler hat einen Schweinezuchtbetrieb in Altishofen LU. Er lässt punkto Fusarien nichts anbrennen. «Üblicherweise brauche ich im Weizen zwei Fungizide, wobei die zweite Behandlung relativ spät erfolgt. Wenn aber während der Blüte des Weizens ein hohes Infektionsrisiko besteht, behandle ich auch gegen Fusarien», so der Landwirt. Treten auf einer Parzelle dennoch Fusarien auf, so verwendet er das Stroh nicht für seinen Betrieb. «Das Risiko ist in der Schweinezucht eindeutig zu gross», weiss Hunkeler.

Urs Meyer aus Grosswangen LU bewirtschaftet ebenfalls einen Betrieb mit Schweinezucht. Seine Strategie ist ähnlich wie jene von Hunkeler. «Ich musste aber noch nie eine Behandlung gegen Fusarien durchführen», gibt Meyer Auskunft. Den Grund dafür sieht er auch in der Lage seiner Parzellen. «Die Parzellen sind leicht erhöht, es weht oft ein Wind und die Bestände trocknen gut ab», so der Landwirt. Seit dem Jahr 2004 verzichtet er auf den Pflug, und baut dennoch erfolgreich Weizen nach Mais an.

Die Forschung rund um die Bekämpfung der Fusarien steht nicht still. Agroscope forscht an vielversprechenden Ansätzen mit cut-and-carry Biofumigation bei Winterweizen und Zwischenfruchtanbau vor Sommerweizen. Die Wirkung von Wintererbsen als Zwischenfrucht nach Silomais war bezüglich Mykotoxinreduktion im Weizen ebenso gut wie die des Pflugverfahrens. Weiterhin war der Ertrag des Sommerweizens nach den Wintererbsen im Vergleich zu Verfahren ohne Zwischenfrucht substantiell erhöht.

Die Züchtung neuer, wenig anfälliger Sorten ist aufwändig. Die Anfälligkeit einer Weizensorte gegenüber Fusarien wird von vielen Genen beeinflusst, was einen Züchtungsfortschritt erschwert. Daher gilt bis auf weiteres: Vorbeugende Massnahmen so weit als möglich berücksichtigen und zum Zeitpunkt der Blüte das Wetter gut im Auge behalten. «Wenn nötig, empfiehlt sich eine Fungizidbehandlung zur Blüte, um einen drohenden Totalausfall zu vermeiden», sagt Pflanzenbauberater Thomas Kim.

 

 

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Gesundheitstest von Weizen: Rechts und links rosa Pilzmyzel von Fusarium graminearum.

Bild: Agroscope

 

Die Biologie der Fusarien

Fusarien sind Pilze, die in allen Böden und vielen Pflanzen vorkommen. Einige Arten, wie beispielsweise Fusarium graminearum, können Krankheiten an Pflanzen verursachen. Im Weizen zeigt sich das in Form von Ährenfusariosen. Die Krankheit wird auch «partielle Taubährigkeit» genannt. Diese Bezeichnung ist passend: Wenn der Pilz bei frühem Befall zur Ährenspindel vordringt, wird der Stofftransport unterbrochen. Ganze Ährenpartien können als Folge davon ausbleichen.

Ein Befall mit Fusarien vermindert den Ertrag des Weizens um bis zu 20 Prozent. Das Tausendkorngewicht und die Kornzahl pro Ähre werden vermindert. Wichtig ist aber vor allem auch die Beeinträchtigung der Qualität: Fusarienpilze bilden Mykotoxine (beispielsweise Deoxynivalenol DON oder Zearalenon ZEN), welche für Mensch und Tier giftig sind. Die Mykotoxine können nebst den Körnern auch das Stroh kontaminieren. Bei starkem Be-fall kann es vorkommen, dass das gesamte Erntegut verbrannt oder in die Biogasanlage transportiert werden muss.

Fusarien haben ein breites Wirtsspektrum. Sämtliche Getreidearten, viele Gräser und auch Mais gehören dazu. Fusarium graminearum überwintert vor allem auf Pflanzenresten, beispielsweise auf Maisstoppeln. Nicht nur Weizen ist von Fusarien betroffen. Auch Triticale, Roggen, Hafer und Gerste können von verschiedenen Fusarienarten befallen werden. Der Befall in Futterweizen ist oftmals höher als in Brotweizen.

Quellen: www.pflanzenkrankheiten.ch