Kurz & bündig

- Bei Getreide in weiter Reihe sollte mit etwa 10 Prozent Ertragsverlust gerechnet werden.
- Die Anforderungen für die Vernetzungsbeiträge können sich kantonal unterscheiden.
- Für die Weitsaat können je nach Sämaschinen-Art Schieber geschlossen, Zapfen eingeschlagen, Schieber eingebaut oder Verteilteller montiert werden.

Getreide in weiter Reihe könnte zu einem gefragten Element werden für die zukünftige Umsetzung der 3,5 % BFF auf Ackerfläche. Es ist nebst dem Ackerschonstreifen das einzige BFF-Element, das Nahrungsmittelproduktion und Biodiversitätsförderung vereint.

Doch gewisse Fragen zur Umsetzung tauchen immer wieder auf. Zum Beispiel: Muss die Saatmenge reduziert werden? Hat man Ertragseinbussen? Oder wie kann man mit seiner Sämaschine weite Reihen säen? Drei Fachpersonen wissen Antworten dazu.

Die Reduktion der Saatmenge kann sinnvoll sein, muss aber nicht

Bei der Frage, ob bei der Reihensaat die Saatmenge reduziert werden solle, waren sich die Fachpersonen nicht ganz einig. Vom Bund ist die Saatgut-Mengenreduktion nicht vorgeschrieben, wird aber empfohlen. Eine Saatgutreduktion sei durchaus sinnvoll, findet Martin Bertschi, Bereichsleiter Pflanzenbau und Versuchswesen am Strickhof.

«Die Idee bei diesem Verfahren ist grundsätzlich, mit 40 Prozent Lücken auch 40 Prozent weniger Pflanzen pro Quadratmeter zu säen und somit Saatgutkosten zu sparen», erklärt Bertschi. Wenn man bei Weitsaaten dieselbe Saatgutmenge pro Hektare einsetzt, dann werden mengenmässig in der Reihe mehr Samen gesät als bei Normalsaaten. Zudem könne das Getreide die Saatmengenreduzierung mittels Bestockung zu einem Teil auch kompensieren.

Diesen Ansatz bejaht auch Reto Ryser, Mitarbeiter der IP-Suisse im Bereich Ackerbau. «Wenn in der Reihe mehr Pflanzen gesät werden, nimmt die Bestockungszahl der einzelnen Pflanze ab. Somit hat man am Schluss trotzdem nicht viel mehr ährentragende Halme.»

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«Die Reduktion der Saatmenge um 40 % bedeutet nicht eine 40-prozentige Ertragsreduktion.»

Martin Bertschi, Berater Strickhof

Ertrag versus Biodiversität

Bernhard Streit, Dozent für Verfahrenstechnik im Pflanzenbau an der HAFL, sieht das etwas anders. «Aus Ertragssicht sollte die Saatmenge pro Hektare bei Weitsaaten nicht reduziert werden. In der Grundlage vom Pflanzenbau brauchen wir eine gewisse Anzahl ährentragende Halme für die Ertragsbildung.»

Aus Sicht der Biodiversität mache eine Saatgut-Mengenreduktion aber durchaus Sinn. «Man will ja lückige Bestände anlegen, damit sich Arten mit Lebensraum im Ackerland ansiedeln können. Die Frage ist nur, braucht es wirklich 40 Prozent Lücken? Denn so viele Hasen und Feldlerchen haben wir gar nicht», entgegnet Streit. Innerhalb der Vernetzung ist die Saatgutreduktion teilweise vorgeschrieben, doch das ist nicht national geregelt. Deshalb sollte bei der jeweiligen Vernetzungsstelle nachgefragt werden.

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«Braucht es 40 Prozent Lücken oder würden weniger auch reichen?»

Bernhard Streit, Dozent HAFL

Weniger Ertrag bei Weitsaaten, aber nicht massiv weniger

Im dreijährigen Feldversuch am Forum Ackerbau wurde bei der Weitsaat die Saatmenge um 40 Prozent reduziert. Dabei wurde über die ersten beiden Versuchsjahre eine durchschnittliche Ertragsreduktion von 7 Prozent im Herbizidverfahren und 9 Prozent im Striegelverfahren nachgewiesen. Die 40-prozentige Saatgutreduktion verursache somit nicht automatisch eine 40-prozentige Ertragsreduktion, weil das Getreide dies mittels Bestockung zu einem grossen Teil kompensieren kann.

Ausserdem könnte es sein, dass der lückige Bestand gesünder und standhafter ist. Einerseits, weil der Bestand besser durchlüftet ist, andererseits haben einige Pflanzen mehr Platz. Das ist aber auch fürs Unkraut vorteilhaft.

In Weitsaaten verunkrauten die Parzellen nicht zwingend stärker

Klar ist, dass aufgrund der Reihen mehr Licht in den Bestand kommt und daher Unkraut besser gedeihen kann. Wenn das Unkrautmanagement unter den möglichen Anforderungen dennoch erfolgreich erfolgt, ist gemäss Reto Ryser und Martin Bertschi der Bestand nicht zwingend viel stärker verunkrautet.

«Beim Herbizidverfahren haben die Mittel eine ziemlich gute Langzeitwirkung. Aber sie wirken nicht gegen Sommerkeimer», erklärt Bertschi. Daher sei im Herbizidverfahren die Verunkrautung weniger problematisch, ausser durch Sommerkeimer wie Disteln.

Bernhard Streit konnte in einem sechsjährigen Ressourcenschutzprojekt zu Weitsaaten aber feststellen, dass bei Getreide in weiter Reihe im Vergleich zu Normalsaaten eine stärkere Verunkrautung nach der Ernte feststellbar ist. «Beim Abreifen des Getreides entwickelt sich deutlich mehr Unkraut in den Lücken. Deshalb ist nach dem Dreschen häufig ein Grubberdurchgang oder eine Herbizidbehandlung mehr nötig.»

Deshalb empfiehlt Bernhard Streit, bei Getreide in weiter Reihe möglichst mit Untersaaten oder Gründüngung zu arbeiten. «Untersaaten gedeihen im Getreide häufig schlecht wegen fehlenden Lichts. Beim Weitsaaten könnte man diesen Vorteil nutzen und Untersaaten zur Unkrautunterdrückung einsetzen», erklärt Streit. Somit hätte man auch gleich die Anforderungen für den neuen Produktionssystembeitrag «Angemessene Bedeckung des Bodens» erfüllt, bei welchem der Boden nach der Ernte maximal sieben Wochen unbedeckt bleiben darf.

Nicht jede Art eignet sich gleich gut für Weitsaaten

Bei Weitsaaten werden grundsätzlich bestockungsfreudige Sorten mit grossen Fahnenblättern empfohlen. Somit kann das Unkraut bereits mit der Getreidesorte etwas unterdrückt werden. Zudem bieten langhalmige Sorten mehr Beschattung.

Die Sorte Montalbano zum Beispiel hat ein breites Fahnenblatt und einen langen Halm. Nara ist dagegen beispielsweise weniger geeignet, weil diese Sorte kurzhalmig ist und schmale Blätter hat.

Martin Bertschi meint, vielleicht könnte auch die Ausrichtung der Saatreihen einen Einfluss auf das Unkrautvorkommen haben. «Wenn man die Saatrichtung nach Ost-West ausrichtet, kommt aufgrund der Bestandeshöhe und Sonnenlaufbahn zwischen den Reihen weniger Licht an den Boden.» Das wäre ein Vorteil gegenüber Sommerkeimern wie Disteln.

Unkrautregulierung je nach Art, die gefördert werden soll

«Bei der Wahl des Verfahrens zur Unkrautregulierung muss man sich überlegen, welche Art man fördern will», erklärt Bernhard Streit. Denn beim Striegeln besteht die Gefahr, dass die Nester von Bodenbrütern beschädigt werden. Deshalb besteht die Bundesregel, dass bis maximal zum 15. Aprilgestriegelt werden darf. Denn Feldlerchen können bereits Ende März/Anfang April mit der Brut beginnen.

«Hier haben wir einen klassischen Zielkonflikt. Agronomisch gesehen ist die Regelung mit nur einem Striegeldurchgang meist wenig sinnvoll. Doch aus Sicht der Feldlerche ist sie überlebenswichtig. Wenn ihr Gelege früh im Jahr beschädigt wird, hat sie noch die Möglichkeit, ein zweites Mal zu legen», erklärt Reto Ryser.

Dagegen wird beim Herbizidverfahren Ackerbegleitflora und Unkraut als wertvolle Nahrungsressource weggespritzt. «Durchspritzen bringt der Biodiversität nichts. Was soll eine Feldlerche im sauberen Weizen? Sie ist ein Insektenfresser und Insekten werden von Blumen und auch Unkraut angezogen», erklärt Bernhard Streit. Er plädiert deshalb dafür, erst bei Erreichung der Schadschwelle zu spritzen. Denn die Ertragsbildung erfolge während der Bestockung, wodurch eine Spätverunkrautung wenig Einfluss auf den Ertrag hat. Bezüglich der Erhaltung von Nahrungsquellen mit einer minimalen Verunkrautung wäre der Striegel wiederum vorteilhafter für die Biodiversität.

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«Getreide in weiter Reihe und herbizidlos zusammen ist etwas für Fortgeschrittene.»

Reto Ryser, IP-Suisse

Möchte man also Striegeln und trotzdem das Unkraut im Griff haben, kann die Anpassung des Saattermins vorteilhaft sein. «Beim einmaligen Striegeln im Frühling kann es sein, dass das Unkraut durch das Anregen der Keimung eher noch gefördert wird», erklärt Reto Ryser. Daher empfiehlt er als Variante, wenn man nicht nur einmal striegeln möchte, den Weizen im Herbst früher zu säen. Dann erreicht er im Herbst noch die Bestockungsphase, womit die mechanische Unkrautregulierung dann bereits abgeschlossen werden kann.

Ansonsten wird aufgrund von herbstkeimenden Unkräutern beim Striegeln eher eine späte Saat empfohlen. So kann der Keimwelle der Unkräuter ausgewichen werden. «Aber ich denke, Weitsaaten gleich noch herbizidfrei zu führen, ist etwas für Fortgeschrittene», meint Reto Ryser.

Düngung nicht der Saatmenge anpassen

Grundsätzlich wird eine Düngerreduktion empfohlen. Jedoch sollte diese eher dem zu erwartenden Ertrag und nicht der Saatmenge angepasst werden. Denn 40 Prozent Düngerreduktion bei nicht gleich hoher Ertragsreduktion wäre zu viel. Bernhard Streit empfiehlt, sich ganz normal an den Normmengen zu orientieren.

Nicht jede Sämaschine eignet sich gleich gut für Weitsaaten

Nicht bei jeder Sämaschine ist die Weitsaat gleich einfach umsetzbar. Bei alten mechanischen Sämaschinen, wie zum Beispiel einer «Nodet», ist es am einfachsten. Dort können einfach die jeweiligen Schieber geschlossen werden. Bei pneumatischen Sämaschinen kommt es vor allem darauf an, ob sich der Verteilerkopf inner- oder ausserhalb des Saatguttankes befindet. Wenn sich der Verteilerkopf innerhalb befindet, können Schieber bei den Schläuchen eingebaut werden. Dann fällt das übrige Saatgut wieder zurück in den Saatguttank.

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Befindet sich der Verteilerkopf ausserhalb, wie bei pneumatischen Sämaschinen von Horsch und Amazone, können in den Verteilköpfen mit Zapfen oder angepassten Deckeln die Ausgänge verschlossen werden, wobei die Verteilgenauigkeit leiden kann. «Dann gerät das ganze Luftsystem völlig aus dem Häuschen», erklärt Bernhard Streit. Dann wird das Saatgut nur noch ungleichmässig verteilt. In diesem Fall müsste eine Rückführung der «verstopften» Schläuche zum Saatguttank gebaut werden, damit die Luft angemessen zirkulieren kann.

Zudem muss man berücksichtigen, dass je nach Sätechnik die Sämenge anders eingestellt werden muss. Wenn man das Saatgut um 40 Prozent reduzieren will, muss man folgendes beachten:

  • Bei der mechanischen Sämaschine kann gleich abgedreht werden wie für Normalsaaten, einfach 40 Prozent der Scharen schliessen.
  • Bei pneumatischen Sämaschinen mit Zapfen oder Verteilerdeckel muss 40 Prozent weniger Saatmenge eingestellt werden. Die Saatmenge pro Hektare bleibt gleich und in der Reihe wird 40 Prozent mehr gesät.
  • Bei pneumatischen Sämaschinen mit Rückführung des Saatgutes bleibt die Saatmenge gleich.

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Welchen Wert haben Weitsaaten als Acker-BFF?

Beim Anbau von Getreide in weiter Reihe besteht also ein Zielkonflikt zwischen Produktion und Biodiversität. Klar ist aber, dass der Wert für die Biodiversität bei Weitsaaten bei langem nicht so hoch ist wie bei langjährigen Acker-BFF Elementen. «Mit der Ernte des Getreides ist der Lebensraum, den man erschaffen hat, auf einen Schlag weg», erklärt Reto Ryser.

Deshalb zählt Getreide in weiter Reihe nicht zu den wertvollen Acker-BFF Elementen. Bernhard Streit findet es daher sinnvoll, dass nur maximal die Hälfte der Acker-BFF in Form von Getreide in weiter Reihe angelegt werden darf. «Deshalb möchten wir bei der IP-Suisse vermehrt langjährige Acker-BFF fördern, die auch mehr bringen für die Biodiversität. Das Ziel muss sein, ein Gleichgewicht zwischen Produktion und stabiler Biodiversität zu finden. Ich fände es schade, wenn in ein paar Jahren nachgewiesen werden würde, dass 3,5 % Acker-BFF nicht das gebracht haben, was man sich erhoffte», ermahnt Reto Ryser.

Anforderungen
- Flächen mit Sommer- oder Wintergetreide
- mindestens 40 % der Anzahl Reihen über die Breite der Sämaschine ungesät lassen. Die Verteilung darf variieren.
- Der Reihenabstand in ungesäten Bereichen beträgt mindestens 30 cm.
    - Das heisst, bei Sämaschinen mit Reihenabstand unter 15 cm müssen zwei Reihen ungesät bleiben.
    - Bei Sämaschinen ab 15 cm Reihenabstand nur eine Reihe (siehe Abbildung links)
- Düngung erlaubt
- Kombination von Getreide in weiter Reihe mit Ackerschonstreifen auf derselben Flächeist nicht erlaubt

Unkrautbekämpfung
- 1× Herbizidanwendung erlaubt
- oder 1× Striegeln bis zum 15. April
- Untersaaten mit Klee oder Klee-Grasmischungen erlaubt

Beiträge
- Beitrag: 300.–/ha
- Vernetzungsbeitrag: bis 500.–/ha

Vorsicht: Die Anforderungen für die Vernetzung sind kantonal individuell geregelt. Wenden Sie sich daher an ihre kantonale Vernetzungsstelle.

Fläche
Maximal 1,75 % der 3,5 % Acker-BFF kann in Form von Getreide in weiter Reihe angerechnet werden. Die Fläche darf aber auch grösser sein. Der Beitrag wird entsprechend pro effektiv angelegter Fläche ausbezahlt. Für die Erfüllung der Acker-BFF kann auch nur die nötige Teilfläche einer Parzelle in Weitsaat angelegt werden.

Quelle: Direktzahlungsverordnung 2023