Kurz & bündig
- Die Gründüngung mittels Direktsaatverfahren gleich in die Stoppeln einzusäen, ist eine Alternative zur herkömmlichen Stoppelbearbeitung und kann auch in einen Betrieb mit konventioneller Bodenbearbeitung integriert werden.
- Beim Direktsaatverfahren verliert der Boden weniger Wasser, die Restfeuchte kann zur Keimung genutzt werden und der Boden ist unmittelbar wieder bedeckt.
- Voraussetzung für eine erfolgreiche Ansaat nach dem Direktsaatverfahren ist ein biologisch aktiver Boden, ein ebenes Feld und angepasste Sätechnik.
Jedes Jahr nach der Getreideernte steht die Stoppelbearbeitung an. Die Palette an Stoppelbearbeitungsgeräten auf dem Markt ist breit. Aber alle haben denselben Nutzen: Mit einer leichten Bodenbearbeitung soll das Ausfallgetreide möglichst rasch zum Keimen gebracht werden. Dadurch verdunstet jedoch viel Wasser. Und das in einer Jahreszeit, in welcher Wasser oft ein rares Gut ist.
Genau diese Verdunstung will Dominique Flury vermeiden. Der Landwirt aus Selzach SO sät seine Gründüngungen kurz nach der Getreideernte direkt in die Stoppeln ein. Somit hat er Wasser und Zeit gespart und gleichzeitig das Unkraut unterdrückt. Als Mitglied von Swiss No-Till hat er Zugang zu Wissen und Erfahrung zum Thema. Flury will andere Landwirte ermutigen, diese Art der Gründüngungs-Ansaat zu testen. Er sieht darin viele Vorteile, jedoch auch Herausforderungen.
Keine Zeit verlieren im Sommer
«Die Zeit nach der Getreideernte ist die wertvollste zur Biomasse-Produktion einer Gründüngung», sagt Dominique Flury. «Dies aufgrund hoher Temperatur-Summen und Fotosynthese-Leistung der Pflanzen.» Er will die verbleibende Vegetationsdauer nach der Ernte maximal ausnutzen. «Das kann ich nur, wenn ich direkt und zeitnah säe».
Bei der herkömmlichen Stoppelbearbeitung verliert man Zeit, weil man das Ausfallgetreide zuerst keimen lassen möchte, um es anschliessend wieder zu zerstören. Wertvolle Zeit, die zum Wachstum der Gründüngung genutzt werden könnte.
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Boden nicht bewegen und Restfeuchte ausnutzen
Zudem verdunstet bei der Stoppelbearbeitung wertvolles Keimwasser, welches im schlimmsten Fall der Gründüngung fehlt und zu einem verzögerten oder unregelmässigen Feldaufgang führen kann. In den ersten Stunden bis Tage nach dem Dreschen befindet sich noch Restwasser und Tau in den Stoppeln, welches laufend verdunstet. Mit einer Stoppelbearbeitung wird die Verdunstung zusätzlich angeregt. Wenn die Gründüngung direkt eingesät wird, bieten die verbleibenden Stoppeln Schatten und der Wind trocknet den Boden weniger aus.
Einen weiteren wichtigen Punkt sieht Flury in der Wirtschaftlichkeit. Beim Direktsaatverfahren braucht er nur eine Maschine und eine Überfahrt. Der Dieselverbrauch beträgt etwa fünf bis zehn Liter pro Hektare, in Abhängigkeit der eingesetzten Technik. Jedoch kann es zu einer Arbeitsspitze kommen, wenn geerntet und möglichst rasch gesät werden muss.
Ernten, Stroh bergen und säen ist eine Herausforderung
«Der Knackpunkt an diesem Verfahren ist, dass die Strohernte die Gründüngungssaat verzögert», sagt Dominique Flury. Einerseits verdunstet in der Zeit bis zur Saat bereits ein Teil des Wassers. Andererseits haben Ausfallgetreide und Unkräuter/-Gräser Zeit zu keimen, wodurch sie bereits einen Vorsprung gegenüber der Gründüngung erreicht haben.
Deshalb setzt Flury vor der Saat der Gründüngung ein- bis zweimal einen Strohstriegel ein. Damit kann er gekeimte Unkräuter ausreissen und somit gleiche Startbedingungen für das ausgebrauchte Saatgut und die Unkrautsamen setzen.
Mit dem Strohstriegel fährt er diagonal zur Saatrichtung über die Felder. Somit kann er nebst der Unkrautregulierung noch die übrigen Stroh- und Spreu-Resten gleichmässig verteilen. Flury baut auf seinem Betrieb ausschliesslich Dinkel als Getreide an, welcher aufgrund der Halmlänge gewissermassen im Hochschnitt gedroschen wird. Dabei sucht er einen Kompromiss zwischen Strohertrag und Bodenbedeckung nach dem Drusch.
Der Verzicht auf die Strohbergung erleichtert die zeitnahe Aussaat erheblich, dabei ist aber ein Augenmerk auf die Häckselqualität zu legen.
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Wann ist der optimale Zeitpunkt für die Saat?
Wenn es die Wetterbedingungen zulassen, versucht Dominique Flury, innert zwei bis drei Tagen das Stroh zu bergen und anschliessend möglichst schnell zu säen. Wenn genügend Restfeuchte vorhanden ist, kann Flury zeitnah säen und muss keinen Niederschlag abwarten. «Natürlich ist es immer gut, wenn man vor einem Regen säen kann», meint er.
Weil Flury möglichst zeitnah und unabhängig vom Niederschlag säen will, passt er die Sätiefe der Bodenfeuchte an. «Ich säe nicht nach Schulbuch, sondern säe in den feuchten Horizont, das kann auch mal tiefer sein», erklärt Flury.
Darüber hinaus sind die Sätechnik und die Bodenbeschaffenheit wichtige Erfolgsfaktoren.
Ein ebenes Stoppelfeld ist Voraussetzung
Das Direktsaatverfahren ist ein ganzheitlicher Systemansatz. Erst nach konsequenter Umsetzung des Systems über Jahre kommen dessen Vorteile zum Tragen. Die Umsetzung beginnt mit der Ausebnung der Flächen. Verdichtungen durch Fahrspuren sind grundsätzlich zu vermeiden.
Bei herkömmlichen Getreidesaatverfahren wird der Boden vor der Saat gelockert, wodurch leichte Fahrspuren entstehen können. Wird noch bei nicht optimalen Wetterbedingungen geerntet, entstehen Fahrspuren durch den Drescher, weil der Boden nicht ausreichend durchwurzelt und tragfähig ist. Im Direktsaatverfahren bleibt der Boden tragfähiger. Im besten Fall ist er dauernd bewachsen und gut durchwurzelt, wodurch kaum Fahrspuren entstehen.
Fahrspuren sind Unebenheiten, die bei der Direktsaat problematisch sind. Erstens aufgrund der Sätechnik und zweitens auch, weil Fahrspuren ein Zeichen von Verdichtungen sind. Diese können im Direktsaatverfahren kurzfristig nicht gelockert werden, wodurch das Saatgut schlechte Keimbedingungen hat.
Wer erstmals versuchen möchte, seine Gründüngung direkt einzusäen oder säen zu lassen, sollte daher darauf achten, dass die Stoppelfläche möglichst eben und frei von starken Verdichtungen ist.
Grasansaat ist schwierigerals Gründüngungs-Saat
Wenn Futterbaumischungen im Direktsaatverfahren gesät werden, ist die Vermeidung von Unebenheiten noch viel zentraler. «Bei der Grassaat müssen alle Voraussetzungen stimmen. Der Grassamen ist filigran und anfällig auf Austrocknung. Da ist eine ebene Bodenoberfläche noch wichtiger. Auch für die folgende futterbauliche Nutzung.»
Die Erfolgschancen zum Ausprobieren dieses Saatsystems sind bei einer Gründüngung deutlich höher. Zudem ist der Verlust beim Nichtgelingen geringer in Hinblick auf die Saatgutkosten von Futterbaumischungen.
Zinken- oder Scheibenschar: Welcher passt wann?
Weiter ist die Sätechnik ein wichtiger Erfolgsfaktor. Bei den Direktsaatmaschinen gibt es verschiedene Schartypen und nicht jede ist für jeden Boden und alle Bedingungen geeignet:
Die Zinkenschar hat den Vorteil, dass sie den Saathorizont von Stroh freiräumt und das Saatgut auf den feuchten Bodenhorizont ablegt. Dafür neigen die Scharen dazu, Erntereste zusammen zu schleifen. Der Kraftbedarf ist aufgrund der selbsteinziehenden Schar gering.
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Die Scheibenschar schneidet einen Schlitz in den Boden, wobei sehr wenig Boden bewegt wird. Das Zerschneiden von Strohresten ist bei hoher Strohauflage herausfordernd. Zudem benötigt sie hohe Schardrücke, um das Saatgut in den meist trockenen Bedingungen im Sommer korrekt ablegen zu können.
Gemäss Flury sind die Zinkenschare besser für Sommersaaten geeignet und die Scheibenschare besser für die Herbstsaaten.
Es gibt kein pauschales «Betty Bossi Rezept»
«Bei der Direktsaat gibt es kein pauschales ‹Betty Bossi Rezept›. Jeder Betrieb ist individuell, da die Böden und die Fruchtfolge anders sind. Deshalb muss die Maschine und das Verfahren zum Betrieb passen», erklärt Dominique Flury.
Eine weitere Herausforderung sieht er in der Verfügbarkeit der Technik. Jeder Betrieb hat seinen Maschinenpark auf ein System ausgelegt. Daher ist eine Änderung der Anbausysteme mit Kosten und Aufwand verbunden. Zudem ist nicht in jeder Region ein Lohnunternehmer in der Nähe, der Lohnsaaten mit einer Direktsaatmaschinen anbietet.
Den Mut haben, es zu versuchen
Trotzdem findet Flury die Direktsaat von Gründüngung ins Stoppelfeld eine gute Einstiegsvariante und sinnvolle Alternative zur herkömmlichen Stoppelbearbeitung. «Es braucht Mut und Überzeugung, aber man sollte es unbedingt versuchen, bevorzugt auf einer Teilfläche.»
«Die Opportunitätskosten zur Alternative sind überschaubar. Ertragsverluste müssen keine in Kauf genommen werden, denn falls es nicht funktionieren sollte, hat man immer noch die Möglichkeit, herkömmliche Stoppelbearbeitung zu betreiben und die Aussaat im Anschluss vorzunehmen. Bei einem Totalausfall setzt man insgesamt ca. 250 Franken pro Hektar in den Sand. Rund 130 Franken fürs Saatgut und den Rest gegebenfalls für den Lohnunternehmer», meint Flury.
Gründüngungen bringen
viele Vorteile [IMG 5]
Gründüngung zur Unkrautunterdrückung
Für Dominique Flury ist die Gründüngung die Vorbereitung auf die jeweilige Folgekultur. Gründüngungen haben viele Vorteile wie zum Beispiel verbesserte Wasserinfiltration und Wasserhaltevermögen, Verringerung von Nährstoffverlusten und Erosion, sowie der Erhalt und Aufbau der Bodenbedeckung.
Die Gründüngung dient auch zu Unkrautunterdrückung. Wird sie möglichst bald nach der Ernte eingesät, kann sie das Unkraut und Ausfallgetreide konkurrieren und somit unterdrücken.
Gründüngungs-Mischung selber zusammenstellen
Dominique Flury stellt seine Gründüngungen selber zusammen. Dazu schreibt er ein Rezept und lässt die Gründüngung von Eric Schweizer AG zusammen mischen. «Das kostet etwas, aber ist es mir wert».
Auf dem Markt gibt es mittlerweile eine breitere Auswahl an Mischungen, jedoch vorwiegend abfrierende. Durch das eigene Rezept kann er die Gründüngungen auf seine Fruchtfolge und Anforderungen anpassen. In der Mischung sind Winterroggen, Sommerackerbohnen, Grasigerbsen, Sandhafer, Sonnenblumen, Phacelia und Guizotia drin.