Kurz & bündig
- Blütenhanf hat agronomische Vorteile, bringt aber viel Handarbeit.
- Vor allem die Stecklinge sind eine Investition.
- Qualität und Unkraut stellen Herausforderungen dar.

Was seinem Vater passiert ist, hätte Martin Kocher vom Anbau von Hanf abschrecken können. Denn Ueli Kocher pflanzte Ende der 1990er-Jahre auf seinem Betrieb in Radelfingen BE diese Kultur an, um daraus Öl zu gewinnen. «Er hat verschiedene Produkte lanciert», erzählt Martin Kocher. Sein Vater bekam aber Probleme wegen zu hoher THC-Werte und wurde schliesslich zu drei Monaten Gefängnis bedingt verurteilt. «Weil er einer MS-Patientin 100 g seines Naturhanfs verkauft hat», schildert sein Sohn.

Vor sechs Jahren begann Martin Kocher dennoch, Hanf anzubauen, und zwar als Zweitkultur nach Gerste. Für ihn sei das ein Betriebszweig von mehreren, betont er. So gehört die Produktion von CBD-Blüten zum Rauchen auf 50 Aren heute zu seinem Betrieb, ebenso wie Weihnachtsbäume und Getreide. Milchwirtschaft ist das Hauptstandbein des Familienbetriebs.

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Anbau ohne Folie, aber mit Pflug und Striegeldurchgängen

Hanf als Kultur sei fruchtfolgeneutral und selbstverträglich, sagt Martin Kocher. Er baut ihn ohne Folie an, setzt aber zur Unkrautprävention auf Pflug und mehrmalige Bodenbearbeitung. Nach einem Striegeldurchgang kommen die Stecklinge in den Boden, um anschliessend weitere drei bis vier Mal gestriegelt und eventuell angehäufelt zu werden. «Ab etwa 30 cm Höhe können wir den Hanf nur noch von Hand hacken.»

Die Stecklinge bezeichnet Kocher als eine «Investition», denn sie kosten pro Stück etwa Fr. 1.50. Er pflanzt einen Steckling pro Quadratmeter, damit die Pflanzen viel Platz haben. Somit kommt ihn eine Hektare auf etwa 15 000 Franken Stecklingskosten zu stehen. Je nach Wetter sei eine Bewässerung nach der Pflanzung empfehlenswert.

Für Hanf sind keine Pflanzenschutzmittel zugelassen. Martin Kocher hat die Erfahrung gemacht, dass ein Standort ohne Nebel von Vorteil ist, weil seltener Schimmel, Botrytis und Blattflecken auftreten. «Die wichtigsten Schädlinge sind Eulenraupen und der Baumwollkapselkäfer.» Beide schädigen die Blüten, die im Anschluss schimmeln und unverkäuflich werden.

Die Hanfernte im Oktober ist Handarbeit

Anfang bis Mitte Oktober erfolgt bei Kochers die Ernte in Handarbeit. «Wir schneiden die ganze Pflanze mit einer Baumschere ab und lassen sie hängend wie Tabak in der Scheune trocknen», schildert der Landwirt. Eine Zeltheizung sorgt für das passende Klima, denn zur Schimmelprävention müssen die Blüten schnell trocknen. Nach etwa zwei Wochen ist der Trocknungsprozess abgeschlossen und drei Wochen nach der Ernte werden die Blüten vom Stängel geschnitten und von den Blättern getrennt.[IMG 2]

Es folgt das Trimmen (Abknipsen der Knospen) und Nachtrocknen. «Das Ganze ist extrem zeitaufwendig», bemerkt Kocher. Eine maschinelle Verarbeitung würde ihm zufolge aber die Qualität des Ernteguts vermindern. Über die Jahre seien er und seine HelferInnen allerdings schneller geworden, und: «Grosse, schöne Blüten rüsten sich besser», gibt er zu bedenken.

«Wenn der Hanf reif ist, muss man ihn gleich ernten.»

Martin Kocher, Landwirt

Wer einen fixen Abnehmer hat, kann mit Hanf Geld verdienen

Wer – wie er selbst – einen fixen Abnehmer für seinen Hanf gefunden habe, könne mit dieser Kultur Geld verdienen, sagt Martin Kocher. Er liefert seine CBD-Blüten an Valora, die unter anderem die K-Kioske betreibt.

Allerdings müsse man sich bewusst sein, dass, wer Hanf anbaue, nach wie vor schnell als «Drogenbauer» oder Ähnliches bezeichnet werde. Neben den hohen Anfangskosten in Form von Stecklingen sei die wetterbedingt extrem schwankende Qualität schwierig und die Verunkrautung der Felder bereite Probleme.

Martin Kocher erlebt den Anbau von Hanf gewissermassen als «Arbeitsfalle»: «Wenn die Kultur reif ist, muss man gleich ernten, sonst ist keine Topqualität zu erreichen.» Die Vermarktung findet der Berner insofern schwierig, als dass Abnehmer nur ungern Verträge abschliessen würden und das Risiko so stark beim Produzenten des Hanfs liege. Diebstahl auf dem Feld sei vor allem zu Beginn ein Thema gewesen, mit den derzeit tieferen Hanfpreisen komme so etwas heute weniger vor.

«Wer keinen Absatzkanal hat, sollte die Finger von Hanf lassen», betont Martin Kocher.

Betriebsspiegel der Familie Kocher

Martin Kocher, Radelfingen BE

LN: Rund 40 ha, davon 9 ha Weide
Kulturen: 10 ha Mais, 5 ha Zuckerrüben, 4 ha Getreide, 2 ha Karotten, 9 ha Dauergrünland, 50 a Weihnachtsbäume, 50 a CBD-Hanf, 8 ha Wald
Tierbestand: 50 Milchkühe und 20 Stück Jungvieh
Arbeitskräfte: Betriebsleiter Martin Kocher, Vater Ueli, Onkel Res. Ehefrau Manuela und die Kinder Reto (14), Alex (11) und Nina (8) unterstützen bei Arbeitsspitzen.