Kurz & bündig

- Der Linsenanbau ist in der Schweiz auf nährstoffarmen Böden und in niederschlagsarmen Gegenden gut geeignet.
- Wegen den jährlich ändernden Witterungsbedingungen schwanken aber die Erträge stark.
- Zudem können Schweizer Linsen preislich nicht mit Importlinsen mithalten: Die Mengen sind klein und die Preise sowie der Aufwand für die Verarbeitung hoch.
- Die Nachfrage nach Schweizer Linsen steigt jedoch. Coop führt je nach Verfügbarkeit Schweizer Linsen im Sortiment.

Fast schüchtern muten die Linsen an, die sich im Feld von Beat Preisig auf seinem Betrieb in Utzenstorf BE langsam entwickeln. Sie ducken sich ins Feld, ihre schmalen Blätter und Blüten wiegen sich im Wind. Wegen der Trockenheit im Frühling und Sommer 2023 sind sie noch nicht so weit, wie sie eigentlich sein könnten.

Der Linsenanbau in der Schweiz befindet sich in einer Nische, hat aber das Potenzial zum Ausbau und Linsen sind für Speisezwecke gefragt.

Linsen bringen Stickstoff in den Boden

Die Linsen sind eine der ältesten Ackerkulturen, welche die Menschheit bis heute ernähren. Kein Wunder, denn ihr Proteingehalt ist mit 20 Prozent recht hoch. Kanada und Indien sind die zwei grössten Produzenten auf dem Weltmarkt.

Linsen zählen zu den Leguminosen und sind willkommene Stickstofflieferanten in der Fruchtfolge. Durch die Knöllchenbakterien (Rhizobien) der Linse wird Luftstickstoff gebunden und im Boden verfügbar gemacht. Die nach Linsen angebaute Kultur kann vom fixierten Stickstoff profitieren, was die Stickstoffgaben in der Folgekultur senkt – gut fürs Portemonnaie und gut für den verminderten Dünge-Einsatz.

Linsen werden meistens im Frühjahr von Mitte März bis April in ein sauberes Saatbeet gesät. Die Jugendentwicklung der Pflanzen ist langsam und der Unkrautdruck je nach Feld hoch. Dann können mit dem Striegeln die lichtliebenden Beikräuter reguliert werden.

Vorsicht ist allerdings geboten, denn bei den Durchgängen können Steine an die Oberfläche kommen, die später beim Dreschen hinderlich sind. Deshalb lohnt es sich, beim Vorbereiten des Saatbeetes darauf zu achten, dass die Steine herausgeräumt werden.

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Linsen brauchen Wasser, aber dosiert

In Ausnahmefällen kann eine Bewässerung für den Feldaufgang nötig sein – wie bei späten Saaten im Jahr 2023. In der Regel sind Linsen nicht zu bewässern. Die Pflanzen mögen es warm von den Temperaturen her und leicht im Boden. Schwere, lehmige Böden bekommen ihnen weniger.

Auch der Wasserhaushalt ist anspruchsvoll. Linsen neigen zum Lagern, was die Ernte anspruchsvoll macht. Auch durch tiefes Schneiden mit dem Mähbalken können Steine ins Erntegut gelangen, was die Reinigung erschwert.

Um der Lagerung vorzubeugen, werden Linsen oft mit einer Stützfrucht angebaut. Dies ist in den meisten Fällen Leindotter (ein Kreuzblütler), ein Getreide oder es kann auch eine Erbse sein. Leindotter hat sich in Kombination mit Linsen bewährt, weil damit ein guter Kompromiss zwischen agronomischen und aufbereitungstechnischen Bedürfnissen gefunden wurde. Auch die Begleitkräuter im Frühjahr können mit der Blattrosette des Leindotters etwas unterdrückt werden.

Marktlage und Angebot

Linsen sind eine Nischenkultur. Die Nachfrage übersteigt aber das inländische Angebot bei weitem, weshalb Landwirtinnen und Landwirte gesucht sind, die bereit sind, die Hülsenfrucht anzubauen.

Richtpreise für Schweizer Leguminosen gibt es laut einer Aussage von Stephan Scheuner von Swissgranum (siehe «die grüne», Ausgabe 5/2023) immer noch nicht. Der Preis kann sich jedoch sehen lassen. Für eine Dezitonne Linsen zahlt die Biofarm 480.– Franken. Wirtschaftlich gesehen ist die Produktion von Linsen eher im Biolandbau anzustreben, da im Anbau nach ÖLN-Richtlinien der Deckungsbeitrag tief ist.

Es bleibt aber spannend. Die Nachfrage ist steigend, Abnehmer sind vorhanden. Doch ist immer auch der Verkaufspreis für den Konsumenten zu beachten.Dieser dürfte jedoch wegen den schonenden Anbauverfahren und der hohen Nachfrage nach pflanzlichen Proteinen auch der Wert sein, den die Linse verdient. Ein Highlight: Coop führt seit einiger Zeit je nach Verfügbarkeit Schweizer Linsen im Sortiment. Die Erfolgsgeschichte geht weiter.

Anbau in Mischkulturoder Reinkultur?

Die Mischkultur von Linsen hat zum Ziel, das Unkraut besser zu unterdrücken und die Dreschbarkeit durch geringere Lagerung des Bestandes zu verbessern. Eventuell könnte auch Glutenfreiheit ein Thema sein.

Wenn dieser Rechnung getragen werden soll, ist es wichtig, in Reinkultur mit Leindotter oder auch in Kombination mit anderen Leguminosen wie Erbsen anzubauen. Das Projekt «Promise», welches vom BLW und Bio Suisse finanziert und vom FiBL und Agroscope durchgeführt wird, brachte diesbezüglich interessante Erkenntnisse, erklärt Jürg Hiltbrunner von Agroscope.

Linsen gedeihen gut in Reinkultur, wenn der Boden mager ist und die Wetterbedingungen (warm, nicht zu viel Niederschlag) stimmen. Damit sind Linsen eine Kultur, die in der Schweiz auf nährstoffarmen Böden und in niederschlagsarmen Gegenden angebaut werden kann – eine vielversprechende Zukunft also. Dies könnte vor allem im Hinblick auf knapp werdendes Ackerland eine interessante Zukunftsperspektive eröffnen. In Kombination mit Erbsen werden ebenfalls gute Erträge erzielt.

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Wichtig ist hier, merkt Jürg Hiltbrunner an, dass es eine halbblattlose Erbsensorte ist, welche eine bessere Standfestigkeit aufweist als Erbsensorten mit viel Blättern. Der zweite Vorteil ist, dass glutenfrei produziert werden kann – was auch mit Leindotter als Mischungspartner möglich ist. Als weiteren Vorteil merkt Jürg Hiltbrunner anlässlich der Flurbegehung in Utzenstorf an, können im Fall von Linsen-Erbsen-Mischkulturen bereits nach sieben Jahren auf der selben Fläche wiederum Linsen oder Erbsen angebaut werden.

Beim separaten Anbau von Linsen und Erbsen in einer Fruchtfolge heisst dies, dass gemäss aktuellem Wissensstand nur alle 13 Jahre Linsen auf der selben Fläche angebaut werden können aufgrund der Leguminosenmüdigkeit.

Die Ernte und die Aufbereitung haben es in sich

Linsen und Leindotter werden gemeinsam gedroschen. Auf ihrem Weg zur Konsumfertigkeit müssen aber diverse Schritte durchlaufen werden. Wegen ihrer unterschiedlichen Samengrössen ist die Trennung nach dem Dreschen gut möglich.

Für die Aufbereitung, Reinigung und Sortierung ist allerdings Erfahrung und ein Netzwerk gefragt. Es lohnt sich, den Austausch mit erfahrenen Linsenanbauern und -aufbereitern zu pflegen, um Geräte gemeinsam zu nutzen und Praxiswissen mitzunehmen.

Die Trocknung und die Reinigung der Linsen geschieht darum bei einigen wenigen spezialisierten Betrieben. Die Linsenmengen sind jedoch noch klein. Deshalb sind die Kosten pro Linsenposten hoch, was das Schweizer Produkt verteuert, beziehungsweise den Absatz gegenüber den preisgünstigeren Importlinsen beschränkt, so Melanie Rediger, Produktmanagerin bei Biofarm für Hülsenfrüchte.

Der Schlüssel für den Linsenanbau: Zusammenarbeit

Absprachen und gemeinsam getätigte Beschaffungen könnten ein Weg sein, die Kosten zu optimieren und auch den Linsenanbau für Produzenten mit kleineren Flächen interessanter zu machen, meint Jürg Hiltbrunner von Agroscope.

Die Trocknung, Reinigung und Qualitätsbestimmungen bei den Linsen sind einige der grossen Herausforderungen. Einerseits ist die Bereitschaft von Spezialisten gefragt, Schweizer Linsen zu reinigen und die Qualitätsbestimmungen wie Farbe, Grösse oder auch die Trennung in Klassen zu übernehmen.

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Qualitätsanforderungen machen Produzenten das Leben schwer

Zudem ist auch der Detailhandel gefragt. Laut Melanie Rediger sind die hohen Qualitätsanforderungen des Detailhandels eine grosse Absatzherausforderung. Auch schwanken die Erträge von Linsen sowie anderen Proteinkulturen von Jahr zu Jahr, was keine Kontinuität in die Lieferkette bringt, betont Melanie Rediger.

Die Ertragsschwankungen der Proteinkulturen seien vor allem auf die sich jährlich ändernden Witterungsbedingungen zurückzuführen, ergänzt Jürg Hiltbrunner. Zu grosse Trockenheit in der Wachstums- und Jugendphase oder zu viel Wasser und zu schnelle Lagerung der Kultur kann zum Totalausfall führen.

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, kann zum Beispiel an der Flexibilität des Saatzeitpunktes oder an der Standfestigkeit der Sorten gearbeitet werden. Diese Aufgaben gilt es bei neuen Sorten in der Züchtung anzupacken, führt Jürg Hiltbrunner aus.

Die Reinigung ist anspruchsvoll und kann den Verlust erhöhen

Melanie Rediger erklärt auch, dass die Reinigung der Linsen eine grosse Herausforderung sei. «Der Handel möchte sehr saubere Linsen, also möglichst ohne Fremdbesatz», berichtet sie. Jeder zusätzliche Reinigungsschritt, den die Linsen durchlaufen, kann zur Folge haben, dass diese qualitativen Schaden nehmen und höhere Verluste entstehen.

Dies wiederum erschwert den Absatz im Detailhandel. Klein geratene Lupinen, halbe Erbsen oder Getreidekörner, die im Erntegut zurückbleiben erschweren die Reinigung der Ernte enorm. Aber auch Klebern sind sehr kompliziert auszusortieren, was die Sammelstellen vor Herausforderungen stellt. «Wir holen aber technisch auf», freut sich Melanie Rediger. In der Schweiz richten sich immer mehr Sammelstellen ein und stellen sich den technischen Herausforderungen. Einige der Biofarm-Partner können die Linsen sehr zufriedenstellend von Mischungspartnern trennen und sauber reinigen, so Rediger. Das Ziel ist möglichst sauberes Erntegut mit möglichst wenig Verlust der wertvollen Linse.

Transparente Zusammenarbeit und stetiger Austausch

Entlang der Wertschöpfungskette ist eine gute und transparente Zusammenarbeit und stetiger Austausch, wie auf Flurbegehungen von Biofarm, gefragt, um sich über spezielle Ackerkulturen wie Linsen und andere Leguminosen zu informieren und Neues aus der Forschung zu erfahren.

Teils finden auch grenzübergreifende Informationsaustausche statt, wie mit der Schwäbischen Alb Leisa, wo sich eine Erzeugergemeinschaft gebildet hat, um qualitativ hochstehende Linsen auf den Markt zu bringen.

Aus dem Merkblatt: Anbau Linsen im Biolandbau von Biofarm

Saatzeitpunkt: Mitte März bis 20. April

Sorten: Anicia (grüne Linsen), Belugalinsen und braune Berglinsen.

Saatmenge: Ziel für Mischkultur ist 75 bis 85 % der Saatdichte bei Reinsaat, d.h. ca. 180 Samen/m2 (Reinsaat: 240 S./m2). Entsprechend dem TKG und unter Beachtung der Keimfähigkeit würde das theoretisch eine Saatmenge von 56 kg/ha bei Anicia, 40 kg/ha bei Beluga und 64 kg/ha bei den Berglinsen geben.In der Praxis haben sich aber höhere Saatmengen, bei Beluga 50 bis 55 kg/ha, bei Anicia 65 bis 70 kg/ha und bei Berglinsen 75 bis 80 kg/ha besser bewährt.

Saattiefe: 2 bis 4 cm

Aussaat: Mit einer Sämaschine und einem Reihenabstand von 12,5 cm, wenn man hacken möchte 25 cm.

Ernte: Mitte Juli bis Mitte August. Direktdrusch ist die Regel. Je nach Abreifung und Beikrautflora kann sich ein Schwaddrusch lohnen. Hierbei ist es aber sehr wichtig, dass man die Linsen beim Ernten nicht zu stark bewegt und einen lockeren Schwad aufbereitet. Bandrechen sind nicht zu empfehlen.

Ertrag: durchschnittlich 800 bis 1200 kg/ha, Leindotter 100 bis 150 kg.

Link zum Merkblatt