Kurz & bündig

- Nur Raps und Braugerste düngt Patrik Huber noch mineralisch.
- Spurenelemente, aber auch Stickstoff bringt er als Blattdünger aus.
- Mit der Wirkung von Biostimulanzien ist er bisher zufrieden.

Nichts davon ist bewiesen oder wissenschaftlich untersucht», sagt Patrik Huber zu seinen Erfahrungen der letzten zwei Jahre mit Biostimulanzien und Blattdüngern. «Aber die Resultate sind einfach geil», ergänzt er breit lächelnd. Wie seine Kulturen aussehen, bereitet dem Landwirt aus Birrhard AG grosse Freude. Und auch die Zahlen in der Buchhaltung stimmen, obwohl er mehrere schmerzlich teure Produkte einsetzt.

Offenheit und Trotz führten hin zu Biostimulanzien

Man könne sich über politische Entscheide wie den Entzug von Zulassungen für Pflanzenschutzmittel (PSM) oder den Beschluss zum Absenkpfad ärgern, findet Patrik Huber. «Aber ich habe weder Zeit noch Lust dazu.»

Lieber sieht er die Chancen in den sich ändernden Rahmenbedingungen und sucht Wege, wie er seinen Betrieb weiterentwickeln kann. Dessen Schwerpunkt liegt auf der Milchproduktion, doch Huber sieht seinen Vierbrunnenhof als Gesamtsystem und hat den Pflanzenbau genauso im Blick.

Den Weg zu Biostimulanzien ebneten ihm seine Offenheit für Neues ebenso wie sein Trotz, erklärt der Landwirt: «Obwohl die Direktzahlungen hoch sind und sich die Kultur daher lohnen würde, habe ich angesichts der enormen Anzahl Behandlungen mit Chemie 2022 einfach keine Zuckerrüben mehr angebaut.» Ein Jahr darauf versuchte er es – gleich auf 6 ha – mit IP-Suisse-Rüben, die ohne Fungizide und Insektizide produziert werden. Im Gegensatz zum Nachbarn hatte Huber daraufhin massive Schäden durch Erdflöhe.

Er reagierte in der Folge auf ein Werbe-Mail, das eine chemiefreie Lösung versprach. «Der Berater kam, empfahl eine Vergrämung und anschliessende Behandlung sowohl gegen Erdfloh als auch gegen Läuse und den hohen Cercospora-Druck», schildert der Aargauer. Das habe er durchge-zogen und am Ende 120 t/ha Zuckerrüben mit 17 Prozent Zuckergehalt geerntet. «Das waren nicht schöne Rüben, sondern sehr schöne Rüben», bilanziert er.

Damit war der erste Schritt getan. Der Grossteil der Kanister und Säcke, die Patrik Huber heute in seinem Giftschrank aufbewahrt, enthält keine Chemie. Stattdessen riechen die Produkte zum Beispiel nach Ketchup oder verströmen einen starken Geruch nach Knoblauch.

Nur auf Herbizide könne er nicht verzichten, bemerkt Huber. Um das Unkraut mechanisch im Zaum zu halten, seien die Zeitfenster mit annehmbaren Bedingungen für Durchfahrten auf dem Feld auf seinem Betrieb zu kurz.

Neue Strategie bei der Düngung der Ackerkulturen

Die zweite grössere Umstrukturierung betraf die Düngung der Ackerkulturen auf dem Vierbrunnenhof. Patrik Huber nahm die Pensionierung seines langjährigen Beraters und in die Höhe schiessende Düngerpreise zum Anlass, seine bisherige Strategie zu überdenken.

Sein Ziel: Mineraldünger reduzieren und wo immer möglich organisch düngen. «In der organischen Düngung sehe ich ein Riesenpotenzial», sagt Huber, «rein mineralisch versorgte Böden sind einfach nicht dasselbe.»

Die kleine Menge hofeigenen Mistes von Hühnern sowie Pferden und die Rindervollgülle aus dem Laufstall der Milchkühe ergänzt der Landwirt mit zugeliefertem Hühnermist und Biogasgülle. «Phosphor war bei uns immer ein Thema. Biogasgülle hat am meisten Phosphor im Verhältnis zum enthaltenen Stickstoff», so Huber.

Nach zwei Jahren mit diesem System seien die Phosphor-Vorräte im Boden den Analysen zufolge jedoch wieder gut gefüllt. Huber überlegt sich, eventuell auf Schweinegülle umzuschwenken.

Mineralischer Dünger für Raps und Braugerste

Raps und Braugerste erhalten bei Patrik Huber noch mineralischen Dünger. Bei der Ölsaat sprechen die tiefen Temperaturen im Herbst und Frühling für ihn noch gegen eine organische Düngung und er setzt bei der ersten Gabe Kalkstickstoff ein.

Braugerste sei insofern speziell, als dass keine hohen Proteingehalte erzielt werden dürfen. «Daher verwende ich dort einen schnell wirkenden, mineralischen Stickstoffdünger und bringe ihn eher spät aus.» Früher habe er jeweils Mühe gehabt, bei der Suisse-Bilanz auf einen Wert unter 110 Prozent zu kommen. Jetzt erreiche er beim Stickstoff problemlos 80 bis 90 Prozent.

Die Erträge hätten darunter nicht gelitten, versichert Patrik Huber. Regelmässig seien Besucher erstaunt, wenn er ihnen erkläre, dass sie Extenso-Raps vor sich haben, oder wunderten sich ob der schönen Zuckerrüben.

Biostimulanzien und Blattdünger im Einsatz auf dem Vierbrunnenhof

Patrik Huber nutzt Produkte mit den folgenden Inhalts- bzw. Wirkstoffen:

Huminstoffe: Organische Substanzen, die natürlicherweise in Böden vorkommen. Enthalten Stickstoff, Phosphor und Schwefel, können Kationen binden, Wasser speichern und langfristig durch Mineralisierung Nährstoffe freisetzen. Zur Bodenapplikation; Huminstoffe können gemäss Hersteller Humusbildung, Bodenleben, Pflanzengesundheit, Düngereffizienz, Nährstoffgehalt und Lagerbarkeit der Ernte fördern.

Spurenelemente als Blattdünger:Bor, Schwefel, Silizium, Mangan, Magnesium.

Zitronensäure: Zum Ansäuern der Spritzbrühe auf pH 4–5 für eine optimale Wirkung von Blattdüngern und Biostimulanzien.

Steinmehl: Liefert nach Herstellerangaben Vitamine und andere Wirkstoffe für ein gutes Pflanzenwachstum und verbessert die Bodenfruchtbarkeit. Kann auch gegen Schädlinge (z. B. Rapsglanzkäfer oder Erdflöhe bei Zuckerrüben) eingesetzt werden.

Güllezusatz: Aus Natriumchlorid mit Sauerstoffaktivierung. Soll Gülle fliessfähiger und weniger geruchs-intensiv machen und deren Verrottung durch die Anregung der aeroben Bakterien verbessern.

Mikroorganismen:Flüssiges Präparat auf Basis effektiver Mikroorganismen. Für mehr Widerstandsfähigkeit und stärkere Kulturen als Blattspritzung ausgebracht.

Keine Kunstwiesen, dafür Gründüngungen in der Fruchtfolge

Im Zuge der Veränderungen hinsichtlich Pflanzenschutzes und Düngung hat der Aargauer auch seine Fruchtfolge angepasst. Sie sei eine ewige Baustelle, kommentiert er.

Wegen zunehmender Trockenheit und weil er sie nicht bewässern wollte, strich Patrik Huber Erbsen und Bohnen. Leguminosen finden sich stattdessen in den Gründüngungen, die er gleich nach der Ernte von Getreide und Raps per Grubber sät.

«Ich arbeite viel mit Weissklee», schildert Huber. Dieser bilde einen niedrigen, grünen Teppich, fixiere Stickstoff aus der Luft und halte die Feuchtigkeit im Boden.

Kunstwiesen gibt es nicht in Hubers Fruchtfolge, da das Futter für die Tiere des Betriebs von weiter entfernten Naturwiesen stammt. Von Untersaaten habe ihn bisher kein Berater überzeugen können. Dafür ist Huber ein Fan ausführlicher Bodenanalysen und führt ausschliesslich Analysen der Kationenaustauschkapazität (KAK) durch.

Alle Hersteller stehen mit Biostimulanzien am Anfang

«Wie hast du das gemacht?», lautet sodann die Frage, die angesichts gut gediehener Bestände immer im Raum steht. Ganz genau kann das Patrik Huber auch nicht sagen. Er sei schlecht darin, Spritzfenster anzulegen, meint er und schmunzelt.

Fest steht, dass der Landwirt mittlerweile eine Reihe von Biostimulanzien und Blattdüngern einsetzt. Dabei gelte es auch, Pionierarbeit zu leisten: «Manche dieser Produkte lösen sich kaum in Wasser auf. Ich hatte schon verstopfte Düsen oder musste die Spritze mit dem Hochdruckreiniger entkrusten», erinnert sich Huber.

Einen Unterschied je nach Hersteller habe er nicht festgestellt, alle stünden gleichermassen noch am Anfang. Daher arbeitet er mit seiner «Mischstation», einem oben aufgeschnittenen Tank.

Darin löst er mit einem Hand-Mörtelrührer hartnäckige Mittel wie etwa ein Huminstoff-Granulat (siehe Kasten links) in Wasser auf, um es anschliessend in die Feldspritze zu pumpen. Am besten mische man das Ganze zwei Tage vor dem Ausbringen an, sagt Huber aus Erfahrung. «Denn es löst sich wie schlechtes Kakaopulver in der Milch und bildet sonst eine Art Schwimmschicht und Klumpen.»

Ein Mischen direkt im Spritztank wäre da nicht zu empfehlen. Zwar gäbe es Produkte auch in flüssiger Form, doch zu einem viel höheren Preis. «Diese neuartigen Mittel fordern den Landwirt», so Hubers Fazit.

Die Wirkungsbeschreibungen von Huminstoffen seien bisweilen fast schon esoterisch, räumt der Landwirt ein. Mit einem solchen Produkt habe er vor zwei Jahren aber eine schlecht aufgelaufene Parzelle behandelt und prompt 46dt/ha Extenso-Raps gedroschen – «mehr als auf einer anderen Fläche, die gut aufgelaufen war».

 

Kein direkter Ersatz für Fungizid

Von 2020 bis 2022 hat das Forum Ackerbau in einem Exaktversuch sieben verschiedene Pflanzenstärkungsmittel (Biostimulanzien) im Winterweizen getestet. Es wurde eine unbehandelte Kontrolle jeweils der anfälligen Sorte Claro und der resistenten Sorte Montalbano mit dem klassischen Fungizidverfahren und einer Stärkungsmittelbehandlung nach Hersteller-angaben verglichen. «Der 1:1-Ersatz eines klassischen Fungizids durch Stärkungsmittel kann in der breiten Praxis nicht empfohlen werden», so das Fazit. Weder in Ertrag noch Qualität überzeugte die Wirkung der Produkte das Forum Ackerbau.
www.forumackerbau.ch Jahresbericht 2022

Unberechenbarkeit organischer Düngung ausgleichen

Neben mikrobiellen und anderen Biostimulanzien spielen Blattdünger in Patrik Hubers Anbaustrategie eine wichtige Rolle. «Spurenelemente wie Mangan, Bor oder Schwefel bringe ich so aus und Silizium kommt in allen meinen Kulturen zum Einsatz», er-läutert der Landwirt. Gerade auf Silizium würden die Pflanzen «brutal stark reagieren», so seine Beobachtung.

Mit Stickstoffdünger in flüssiger Form versuche er auszugleichen, dass die Nährstofffreisetzung bzw. Aufnahme aus organischen Düngern im Boden unberechenbar sei. Da spielen Faktoren wie Witterung, Temperatur und Mineralisierung mit. 25 bis 30m3/ha Rindergülle in den Zuckerrüben ergänzt er daher mit Stickstoff-Blattdünger, wenn die Rüben bei Reihenschluss bleich erscheinen oder zögerlich wachsen.

Das Produkt habe sich überdies bei der Bekämpfung des Rapsglanzkäfers bewährt: «Der Stickstoff-Flüssigdünger ist klebrig, das mögen die Käfer nicht. Gemischt mit Steinmehl war das anscheinend sehr effizient.»

In der Buchhaltung geht die Rechnung auf

Bei allem Ausprobieren und Vermuten will der Aargauer seine Buchhaltung im Blick behalten. Die Trotzreaktion mit einem Jahr ohne Zuckerrüben schlägt sich darin nieder. Sonst blieb sein Erlös aus dem Pflanzenbau trotz allen Umstellungen ungefähr stabil.

«Eingerechnet sind Aufwände wie die Versicherung gegen Hagel und Trockenheit aller Kulturen, Spritzmittel, Dünger, Pflanz- und Saatgut», erklärt Patrik Huber. Auf der Ein-nahmeseite flossen IP-Suisse-Prämien, nicht aber Direktzahlungen ein.

Damit ist die Rechnung nicht vollständig, für Huber aber eine Bestätigung, auf dem richtigen Weg zu sein. Auch weil er von mehreren Direktzahlungsprogrammen profitieren und somit politischen Forderungen entsprechen kann.

Nicht zuletzt sieht Patrik Huber in Biostimulanzien und Flüssigdüngern eine Möglichkeit, die Kulturen beim Umgang mit dem veränderten Klima zu unterstützen. Fertig ausprobiert hat er indes nicht: «Ich bin weiterhin offen für Neues», hält Huber fest.

Betriebsspiegel Vierbrunnenhof

Patrik und Irene Huber, Birrhard AG

LN: 58 ha
Boden: Rasch abtrocknend, durchlässig, mittelschwer, tiefes Speichervermögen für Wasser und Nährstoffe.
Kulturen: Zuckerrüben, Braugerste, Winterweizen, Raps, Speisehanf als Zweitkultur. Flächen werden auf Zeit an benachbarten Gemüsebauer verpachtet, der mit seinen Kulturen die Fruchtfolge «auffüllt».
Tierbestand: 55 Milchkühe, 7 Pensionspferde, einige Hühner.
Weitere Betriebszweige: Direktvermarktung im eigenen Hofladen, Veranstaltungen auf dem Bauernhof, Vermietung von Stellplätzen.
Arbeitskräfte: Betriebsleiterpaar, Lehrling im dritten Lehrjahr.

 

Rechtliche Definition von Biostimulanzien

Biostimulanzien gelten in der Schweiz als Dünge-, nicht als Pflanzenschutzmittel und müssen durch das Bundesamt für Landwirtschaft bewilligt werden. Per Definition handelt es sich um einen Dünger, der dazu dient, pflanzliche Ernährungsprozesse unabhängig vom Nährstoffgehalt des Produkts zu stimulieren. Dabei wird ausschliesslich auf die Verbesserung eines oder mehrerer der folgenden Merkmale der Pflanze oder des Wurzelraums im Boden (Rhizosphäre) abgezielt:

1. Effizienz der Nährstoffverwertung;
2. Toleranz gegenüber abiotischem Stress wie Trockenheit oder Hitze;
3. Qualitätsmerkmale oder
4. Verfügbarkeit von im Boden oder in der Rhizosphäre enthaltenen Nährstoffen.

Das Pflanzen-Biostimulans muss laut Verordnung die auf der Etikette angegebenen Wirkungen für die dort genannten Pflanzen besitzen. Sowohl für mikrobielle als auch für nichtmikrobielle Mittel sind Grenzwerte für diverse Krankheitserreger definiert.