Kurz & bündig
- Welches Anbausystem auf welche Bodenart trifft, entscheidet über die Sortenwahl.
- Für den Extensoanbau sind robuste Sorten mit guter Standfestigkeit sinnvoll.
- Diversität in der Sortenwahl verhindert, dass bei schlechten Bedingungen grosse Mengen betroffen sind.
«Bei Weizen und Gerste gibt es eine starke Anbau-Fokussierung auf wenige Sorten», beobachtet Olivier Zumstein vom Feldbau-Team des Landwirtschaftlichen Zentrums Liebegg (AG). Beim Weizen geschehe diese Fokussierung in den einzelnen Qualitätsklassen, bei der Gerste bei den Sortentypen. «Das ist nicht unbedingt ideal, weil es ein Klumpenrisiko darstellt», so Zumstein.
Leidet eine bestimmte Sorte zum Beispiel stärker unter speziellen Wetterbedingungen, sind grosse Mengen von tiefer Qualität oder schlechtem Ertrag betroffen. Dies könne auch bei einem Resistenzdurchbruch einer Krankheit der Fall sein. «Ideal wäre daher, wenn im Anbau wieder etwas mehr Diversität einkehren würde», so Zumstein.
Dafür und dawider bei der Bodenbedeckung
Die im Juni 2025 von Agroscope publizierte «Liste der empfohlenen Getreidesorten für die Ernte 2026» enthält beim Weizen neu das Kriterium «Bodenbedeckung». In der Sortenliste wird als einer der positiven Punkte erwähnt, dass gut bedeckte Böden besser vor Erosion und Auswaschung geschützt sind. Ebenfalls erwähnt wird der Unkrautdruck. Dazu meint Niklaus Althaus, Pflanzenbauberater bei UFA-Samen: «Gut deckende Sorten können im herbizidfreien Anbau helfen, den Unkrautdruck tiefer zu halten.»
Althaus und Zumstein weisen aber darauf hin, dass sich frühe Bedeckung nicht nur positiv auswirke: Bei einem schnelleren Reihenschluss muss die mechanische Unkrautbekämpfung früher erfolgen und daher wird das Zeitfenster enger. Zudem steigt das Risiko, dass einerseits die Unkrautbekämpfung weniger effektiv ist oder andererseits die Weizenpflanzen stärker geschädigt werden.
Althaus sagt zudem, dass bei schweren Böden in eher nassen Jahren der Krankheitsdruck höher sei, weil der Weizen weniger gut durchlüftet ist. Schliesslich kann aufgrund des veränderten Mikroklimas die Luftfeuchtigkeit steigen und damit auch das Risiko für Pilzinfektionen wie Mehltau oder Septoria.
Einschätzungen zu den neuen Sorten auf der Liste
Olivier Zumstein hat mit seinem Team an der Liebegg Sortenversuche zu Gerste und Weizen gemacht. Beim Weizen gab es keine neuen Sorten, Caminada (Top) war bis jetzt provisorisch auf der Liste und bleibt nun definitiv.
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«Etwas mehr Diversität im Anbau ist empfehlenswert.»
Olivier Zumstein, Liebegg
Die Wintergerstensorte Arthene ist aufgrund der Versuchsresultate im Rahmen der Sortenprüfung die ertragsstärkste zweizeilige Sorte unter extensiven wie intensiven Anbaubedingungen. «Sie muss diese Resultate nun in der Praxis unter Beweis stellen», so Zumstein. Niklaus Althaus ergänzt, dass sie in Sachen Krankheiten einzig bei Sprenkelnekrosen durchschnittlich, in allen anderen Werten aber positiv sei.
[IMG 2] Interessant sei die Hybrid-Gerstensorte SY Zoomba, sagt Althaus: Sie sei gemäss Syngenta als einzige Gerstensorte resistent gegen alle bekannten Stämme des Gelbverzwergungs-Virus. Gerstengelbverzwergungs-Viren werden durch Blattläuse übertragen. Die Viren vermehren sich nur in den Wirtspflanzen, breiten sich aber im gesamten Körper der Blattlaus aus, bis diese stirbt. Nach der Infektion zeigen sich je nach Temperatur nach ein bis drei Wochen Symptome wie Blattverfärbungen und Wachstumsstörungen. Die Viren stören den Zuckertransport, die Chloroplastenbildung sowie das Wurzelwachstum, was die Pflanze schwächt. In extremen Jahren drohen Ertragseinbussen von über 30 Prozent.
Während SY Zoomba resistent gegen die Viruskrankheit ist, schätzt Althaus die Hybridsorte SY Galileoo dafür als etwas ertragsstärker ein.
KWS Antonis ist eine sechszeilige Gerstensorte mit einem sehr guten Ertragspotenzial. Althaus weist darauf hin, dass sie wegen teils durchschnittlicher Krankheitstoleranzen nur im intensiven Anbau eingesetzt werden sollte.
Neue Wintertriticale-Sorte und neue Dinkelsorte
Die neue Wintertriticale-Sorte Kitesurf ist ertragsstark. Sie gelte als gesund und weise, obwohl die Pflanzen sehr lang werden, eine gute Standfestigkeit auf. «Sie ist im Aufbau, darum ist nur beschränkt Saatgut für den konventionellen Anbau verfügbar», so Niklaus Althaus.
Gletscher als neue Dinkelsorte bietet ein hohes Ertragspotenzial, eine gute Standfestigkeit und ist eher spätreif, aber sehr gesund. «Als Urdinkel ist Gletscher nicht zugelassen», betont Althaus. Im Handel erhältlich sei die Sorte als konventionelles wie auch als biologisches Saatgut.
Bei der Sortenwahl gebe es die klassischen Entscheidkriterien, so Olivier Zumstein: «Wer Extenso oder Bio produziert, achtet bei der Sortenwahl auf hohe Erträge unter extensivem Anbau, auf gute Krankheitsresistenzen und auf Standfestigkeit.» Ansonsten sei es sicher nicht verkehrt, die Wünsche der Abnehmer in die Sortenwahl einzubeziehen.
Für Althaus steht bei der Sortenwahl im Vordergrund, welches Anbausystem auf welche Bodenart trifft. Wie für Zumstein ist es für ihn klar, für den Extensoanbau robuste Sorten mit guter Standfestigkeit auszuwählen. «Sorten, die punkto Krankheitstoleranz oder Standfestigkeit einen Makel haben, empfehle ich im intensiven Anbau.» Diese Sorten bevorzugt Althaus auch bei schweren Böden.
Er weist darauf hin, dass es im Bioanbau wichtig sei, das Nährstoffniveau auf seinen Parzellen richtig einzuschätzen: «Um gute Qualität und guten Ertrag zu ernten, braucht auch der Bioweizen Energie», so Althaus.
Die empfohlenen Wintersorten
Winterweizen: In der Liste für die Ernte 2026 wurde die Sorte Caminada definitiv aufgenommen. Die Kandidatensorte Pianalto (provisorisch Klasse II) ist ebenfalls unter der Marke Suisse Garantie anerkannt. Über ihre Aufnahme in die Liste wird nächstes Jahr entschieden. Die Futterweizensorte Sailor steht zum letzten Mal auf der Liste.
Winterroggen: Die Hybridsorte KWS Serafino steht auf der Liste der empfohlenen Winterroggensorten.
Winterdinkel: Die Sorte Gletscher steht neu auf der Liste. Gestrichen wurde die Sorte Polkura.
Wintergerste: Neu in die Liste aufgenommen wurden die Sorten SY Zoomba (Hybrid), KWS Antonis (sechszeilig) und Arthene (zweizeilig). Die Sorten KWS Higgins, SY Kingston und SU Celly sind nicht mehr aufgeführt. KWS Orbit und SU Laubella stehen zum letzten Mal auf der Liste.
Triticale: Neu auf der Liste steht in diesem Jahr die Wintertriticale-Sorte Kitesurf ergänzend zu den bisherigen Sorten Triangoli und Balino. Lerma wurde gestrichen. Die Sommertriticale-Sorte Villars kann auch als Wintertriticale angebaut werden.