Auch Samuel Ineichen, der gemeinsam mit seiner Familie den Sentenhof in Muri AG bewirtschaftet, kennt stressige Ernte-Zeiten. Zum Hof gehören 65 ha Ackerfläche mit einer siebenjährigen Fruchtfolge aus Dinkel, Silo- und Körnermais, Eiweisserbsen, Hafer und Kunstwiese.

Der Ackerbau hat auf dem Sentenhof eine lange Tradition. «Tatsächlich kommt in der Erntezeit jedes Jahr etwas Nervosität auf. Aber das ist auch gut so. Es spornt einem dazu an, sich gut vorzubereiten, um diese Hochleistung zu bringen. Deshalb ist Stress nicht immer gleich schlecht», erzählt der Landwirt.

Maschinen warten und pflegen, möglichst früh alles organisieren

Und doch gibt es einige Faktoren, die dabei helfen, die körperliche und mentale Last in der Erntezeit auf ein geringeres Mass zu reduzieren. Denn bei der Ernte könne einiges schief laufen, so Ineichen.

Der Landwirt rät dazu, Maschinen und Gerätschaften bereitzuhalten, die bei der Ernte zum Einsatz kommen sollen. Eine gute Wartung und Pflege kann plötzlich auftretenden technischen Ausfällen vorbeugen. Diese kommen nämlich während den Erntetagen gänzlich ungelegen. Auch Organisatorisches sollte nicht bis kurz vor der Ernte aufgeschoben, sondern so früh wie möglich erledigt werden.

Die Frage, ob der Erntezeitpunkt von LandwirtInnen oft falsch gewählt werde, verneint Samuel Ineichen. «Meiner Erfahrung nach passiert das nicht oft. Falsch machen tun wohl die wenigsten LandwirtInnen etwas. Es sind eher unbeeinflussbare Faktoren wie eine ungünstige Wetterlage, überlastete Getreideannahmestellen oder Engpässe bei den Lohnunternehmern, die dafür sorgen, dass die Ernte nicht reibungslos abläuft. Dann entsteht Zeitdruck.» Auch lohnt es sich, den Lohnunternehmer frühzeitig über die voraussichtlichen Ernteflächen zu informieren. So kann dieser seine Einsätze gut planen.

Kurz & bündig

- Die Zeit der Ernte ist für die meisten LandwirtInneneine intensive Zeit mit langen Arbeitstagen.
- Unvorhersehbare Faktoren (Wetter, Maschinenpannen) sorgen dann für Stress.
- Läuft die Zusammenarbeit zwischen Landwirt und Lohn-unternehmer nicht optimal, kann dies die Ernte zusätzlich torpedieren.
- Im Idealfall ist der Lohnunter-nehmer problemlos verfügbar und die Getreidesammelstellen nehmen das Korn auch am Wochenende an.
- Lohnunternehmer freuen sich hingegen darüber, wenn Zufahrtswege grosszügig angelegt, und Obstbäume zurückgeschnitten sind.

Lohnunternehmer lassen sich nicht kurzfristig wechseln

Apropos Planbarkeit, ist es eigentlich eine gute Idee den Lohnunternehmer jedes Jahr zu wechseln, oder sollte man lieber eine konstante Zusammenarbeit anstreben? Aus Erfahrung weiss Samuel Ineichen, dass es gar nicht so einfach ist, den Lohnunternehmer zu wechseln, vor allem kurzfristig: «Oft sind Lohnunternehmer fest in bestimmten Regionen tätig und haben dort ihre Stammkunden. Weil sie bereits ausgebucht sind, nehmen sie niemanden mehr an.» Die Wünsche an den Lohnunternehmer aus Sicht des Landwirtes sind klar: Im Idealfall ist der Lohnunternehmer zur bestellten Zeit natürlich immer verfügbar. Samuel Ineichen würde sich auch freuen, wenn der Lohnunternehmer sich von selbst bei den Bauern meldet, wenn sich eine intensive Erntephase abzeichnet.

Freie Zufahrt und Muster für die Sammelstelle

Gegenfrage: Was wünscht sich der Lohnunternehmer vom Landwirt? «Wir würden uns freuen, wenn die Zufahrten zum Feld grosszügiger angelegt und Obstbäume rechtzeitig zurückgeschnitten würden», sagt Peter Kiener, der ein Lohnunternehmen in Trimstein BE leitet.

«Zu nass und zu trocken liegen nah beieinander.» ­


Peter Kiener, Lohnunternehmen in Trimstein BE

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Um den Erntezeitpunkt optimal zu treffen, wäre es auch wünschenswert, wenn Muster in die Sammelstelle gebracht werden. Lieber mal mehr als zu wenig. «Bei uns können die Landwirte mit Ähren vorbeikommen, die wir dann mit einem kleinen Probe-drescher ausdreschen. Anschliessend können wir die Feuchtigkeit messen. Es ist wichtig, dass nicht nur die schönsten oder unreifen Ähren genommen werden, sondern von allem etwas», erklärt Peter Kiener. «Zu nass und zu trocken liegen leider sehr nah beieinander», so Kiener weiter.

Deshalb wäre es zum Beispiel wünschenswert, wenn LandwirtInnen, die das Getreide zu trocken anliefern, einen Bonus bekommen würden. Dies würde den Zeitdruck für den optimalen Erntetermin etwas entschärfen.

Getreideflächen über eine Software melden

Um die Ernteeinsätze gut planen zu können, schreibt Peter Kiener seine Kunden vor der Ernte jeweils an. Die Landwirte können ihm dann ihre Getreideflächen mittels einer Software von Agrarmonitor melden.

«Mit der Software können die Landwirte ihre Flächen mit Parzellennamen selber eintragen. Sie können damit auch die genaue Grösse messen oder zum Beispiel Marchsteine und Schächte einzeichnen. Bei der Ernte sieht der Mähdrescherfahrer dann auf dem Tablet, wo sich das Feld befindet und welche Hindernisse ihn dort erwarten.»

Obwohl die Ernteeinsätze gut vorbereitet werden, kommt es zur Zeit der Getreideernte öfters zu Transport-engpässen. Das ist vor allem bei Weizen und Raps der Fall, die etwa gleichzeitig geerntet werden. Problematisch wird es zum Beispiel, wenn zu wenig freie Transportanhänger zur Verfügung stehen. Hier ist eine effiziente Logistik essenziell.

Bei Peter Kiener klappt es recht gut, dass das Getreide sofort nach der Ernte abgegeben werden kann. Wichtig sei, dass die Sammelstellen auch am Samstag und Sonntag Getreide annehmen. Dann klappt es auch mit den freien Wagen.

Auch der Austausch von Kippern mit Biobauern oder Landwirten deren Felder höher oder tiefer gelegen sind, und die deshalb leicht frühere oder spätere Erntezeitpunkte haben, kann die Transportlogistik erleichtern. Zudem besteht noch die Möglichkeit die Dienstleistung eines Lohnunternehmers mit Muldenservice in Anspruch zu nehmen.

Eine weitere Alternative wäre, das geerntete Getreide auf dem Betrieb entweder in Silos oder lose überdacht einzulagern. Ist diese Möglichkeit gegeben, ist der Landwirt weniger abhängig von der sofortigen Verfügbarkeit des Lohnunternehmers. Das nimmt Druck und vermindert Stress.

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Klima und technische Entwicklung als grösste Veränderungen

Die Getreideernte ist früher wie heute eine der intensivsten im landwirtschaftlichen Jahr. Sowohl für die Landwirte als auch für die Lohnunternehmer bedeutet die Ernte lange Tage mit viel Arbeit und unsicheren Faktoren. Allerdings unterliegen die Herausforderungen, welche die Erntezeit mit sich bringen, auch einem stetigen Wandel.

Auf die Frage nach den grössten Veränderungen bei der Getreideernte in den letzten 20 Jahren antwortet Landwirt Samuel Ineichen: «Das Klima! Terminplanung ist wegen dem Wetter schwieriger geworden. Dadurch, dass es auch ungewiss ist, wie sich das Klima in den nächsten Jahren konkret entwickeln wird, ist dies ein Stressfaktor. Planbarkeit im Jahresplan ist ziemlich ausgeschlossen.»

Für Lohnunternehmer Peter Kiener liegt die grösste Veränderung der letzten 20 Jahre in der fortschreitenden technischen Entwicklung. «Die Flächenleistung der Maschinen sind noch einmal gestiegen», erklärt er.

Berechnen, welche Kultur wirklich rentabel ist

Sobald die Ernte eingefahren ist, geht es sowohl für die LandwirtInnen als auch für die LohnunternehmerInnen wieder etwas lockerer weiter. Nach der Abgabe des Getreides soll nun Bilanz gezogen werden. Wie hoch war der Deckungsbeitrag? Welche Kultur/Sorte/Parzelle war am rentabelsten?

Bei diesen Fragen hilft die Agridea. In den aktuellsten Deckungsbeitragkatalogen für Ackerbau und Getreide werden neben dem Ertrag auch Annahmen für individuelle Preisfaktoren wie Trocknungskosten oder Abzüge beziehungsweise Zuschläge für das Hektolitergewicht getroffen. Im Katalog sind Musterberechnungen für Deckungsbeiträge für die Bereiche Ackerkulturen, Futterbau, Spezial-kulturen und Tierhaltung.

Ebenfalls werden pro Betriebszweig auch die beiden unterschiedlichen Verfahren ÖLN und Bio dargestellt. Unter dem folgenden Link steht auch eine Excel-Tabelle zur Verfügung, welche eingefüllt werden kann um eine personalisierte Berechnung der Deckungsbeiträge für den eigenen Betrieb zu erstellen. So können betriebsindividuelle Arbeitsverfahren und Produktionsverhältnisse berücksichtigt werden.