Kurz & bündig
- Das Waschwasser fliesst 20 Mal im Rundlauf durch einen Behälter, der mit Aktivkohle gefüllt ist.
- Die Anlage kann rund 99 Prozent der gesamten Pflanzenschutzmittel-Rückstände eliminieren.
- Die Anlage ist relativ teuer, zumal bis jetzt das Waschwasser noch ins Gülleloch geleitet werden darf.
Stefan Iseli aus Urtenen-Schönbühl BE ist Lohnunternehmer und erledigt den Pflanzenschutz für etwa 15 Betriebe. Dabei fällt einiges an Waschwasser an beim zweiten Reinigungsdurchgang der Feldspritze auf dem Waschplatz.
Dieses Waschwasser kann noch mit Pflanzenschutzmitteln kontaminiert sein. Deshalb muss es gereinigt werden, um den Boden und die Gewässer nicht zu belasten. Seit März 2022 läuft bei Iseli eine Pflanzenschutzmittel-Reinigungsanlage mit Aktivkohle von Creabeton.
Spritzschäden durch schlecht abgebaute PSM in Gülle
Die meisten Landwirte, welche den Pflanzenschutz selbst ausführen, leiten das Waschwasser vom Wasch- und Betankungsplatz ins Gülleloch. Dort werden Pflanzenschutzmittel-Rückstände durch Mikroorganismen abgebaut und durch die Güllemenge verdünnt.
Iseli hält ausschliesslich Pensionspferde und hat somit nur wenig Gülle auf dem Betrieb. Das ist nicht genügend, um die Reste der Pflanzenschutzmittel aller Kunden abzubauen. «Ich war quasi der Abfallkübel von all meinen Kunden. Der Spritzmittel-Cocktail kam dann in mein Gülleloch», erklärte Iseli. Dies machte sich auch optisch bemerkbar. Wenn Iseli die Gülle später auf seinem Land ausbrachte, kam es teilweise zu Spritzschäden wegen ungenügend abgebauten Herbizid-Rückständen.
Ausserdem hätte Iseli die Güllegrube sanieren müssen, da eine Wand noch aus Sandstein besteht. Das war aber für ihn auch aus oben genannten Gründen keine Option. Er wollte eine Lösung, die langfristig hält.
Zuerst plante er den Bau einer Verdunstungsanlage, diese wurde jedoch von den Behörden nicht bewilligt. Das Gülleloch sanieren wollte er nicht, eine Verdunstungsanlage installieren durfte er nicht – was nun?
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Wenn schon, denn schon: Die Aktivkohle-Reinigungsanlage
Das Amt für Wasser und Abfall AWA und das Amt für Gemeinden und Raumordnung AGR im Kanton Bern empfahlen ihm, eine Aktivkohle-Reinigungsanlage anzuschaffen. Die Anlage ist ein Schweizer Produkt und wurde von der Firma Creabeton in Zusammenarbeit mit der Ostschweizer Fachhochschule entwickelt. Es gibt eine oberirdische und neu teilweise erdverlegte Variante. Die Kunststofftanks werden im Berner Oberland produziert.
Im Jahr 2020 kam die erste Anlage im Kanton St. Gallen in Betrieb. Iseli wollte sich ein Bild vor Ort verschaffen und besuchte einen Lohnunternehmer in Heiligkreuz SG. Danach war er sofort überzeugt und investierte in die Anlage.
Mit der Installation der Anlage war es aber noch nicht getan. Iseli musste gleich ein separates Gebäude mit Waschplatz bauen. Der Einlauf von Regenwasser oder Schnee sollte möglichst vermieden werden, damit nicht sauberes Wasser durch die Anlage unnötig und kostspielig behandelt werden muss.
Wie funktioniert das System der Aktivkohle-Reinigungsanlage?
«Der Umgang mit der Anlage ist ziemlich simpel», meint Iseli. «Es hat einen Knopf zum Anstellen und einen Knopf zum Abstellen.» Bei einer Störung wird Creabeton direkt benachrichtigt und kann online sofort mit der Problemlösung beginnen. Zum Glück gab es bei Stefan Iseli bis jetzt noch keine Störungsmeldungen.
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Die Anlage setzt sich aus mehreren aneinandergereihten Modulen zusammen (siehe Abbildung auf der nächsten Seite). Zuerst läuft das Waschwasser vom Waschplatz in einen 2 m3-Sammeltank mit integrierter Pumpe.
Wenn die Anlage zur Reinigung gestartet wird, pumpt sie das gelagerte Waschwasser in den nächsten Tank, das GUS-Modul. Dort werden Partikel durch Sedimentation und einen Feinpartikelfilter entfernt. So werden beispielsweise humose Teile oder Sand abgetrennt. Anschliessend wird das filtrierte Wasser in einem Pufferbehälter zwischengelagert.
Vom Pufferbehälter kommt das Waschwasser in das AK-Modul. Das AK-Modul hat ein Volumen von 1 m3 und ist mit granulierter Aktivkohle gefüllt. Zur Reinigung wird der obere Tank vollständig gefüllt, dann das Ventil geöffnet, und das Wasser läuft vollständig durch die Aktivkohle hindurch in den unteren Tank.
Das Wasser wird 20 Mal im Rundlauf geführt, sodass die Pestizid-Rückstände von der Aktivkohle adsorbiert wurden. Der ganze Vorgang dauert vier bis fünf Stunden, bis 1 m3 Waschwasser vollständig gereinigt wurde. Nach der Reinigung gelangt das Wasser in einen IBC-Behälter zur Wiederverwendung, beispielsweise zur Bewässerung auf dem Feld oder zum Ansetzen einer neuen Spritzbrühe.
Über 99 Prozent der Rückstände können eliminiert werden
Wenn mit der Anlage 50 m3 Waschwasser gereinigt wurden, stellt sie automatisch ab. Dann tauscht Creabeton die gebrauchte Aktivkohle gegen eine neue Kohle aus und die belastete Aktivkohle wird im Hochofen verbrannt. Mit der Anlage lassen sich im Schnitt über 99 Prozent der gesamten Pflanzenschutzmittel-Rückstände eliminieren. Bei einer modernen Kläranlage mit vierter Reinigungsstufe können rund 80 Prozent entfernt werden.
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Die Aktivkohle-Reinigungsanlageist nicht ganz billig
Gemäss Creabeton kostet die Anlage mit einer Jahreskapazität von 20 m3 rund 45 000 Franken. Die grössere Anlage für 50 m3 Waschwasser kostet knapp 60 000 Franken. Die jährlichen Betriebskosten für Service und das Auswechseln und Entsorgen der Aktivkohle und Filter belaufen sich auf 1500 bis 3000 Franken.
Im Ganzen kostete das Projekt von Iseli rund 200 000 Franken, weil noch ein Gebäude mit Waschplatz errichtet wurde. Beim Bau leistete Iseli Eigenarbeit mittels Bagger- und Betonarbeiten, welche er bei der Finanzierung zu einem guten Stundenlohn anrechnen lassen konnte. Zudem stammte das Holz aus seinem eigenen Wald.
Die Umsetzung wurde innerhalb des Berner Pflanzenschutzprojektes teilfinanziert, sodass Iseli rund die Hälfte der Ausgaben mittels Direktzahlungen erstattet wurden. Das Projekt finanzierte bis Ende 2022 vielerorts Waschplatzsanierungen.
Lohnt sich die Anschaffung auch für «Nicht-Lohnunternehmer»?
«Wenn ich keine Unterstützung bekommen hätte, dann hätte ich es mir noch ein paar Mal durch den Kopf gehen lassen, ob ich diese Investition wirklich machen soll», erwidert Iseli. Er hat extra noch die grössere Anlage gekauft mit der Idee, dass auch andere Landwirte ihre Feldspritze bei ihm reinigen können. Bis jetzt kommt aber lediglich ein Landwirt, der einen viehlosen Betrieb führt und daher auch keine Gülle mehr hat.
Iseli gibt zu bedenken: «Solange es noch erlaubt ist, das Waschwasser in die Güllegrube einzuleiten oder die Spritze auf dem Feld zu reinigen, lohnt sich für viele Landwirte, die auf dem eigenen Betrieb Pflanzenschutz betreiben, die Investition nicht». Das sieht auch Sarah Wyss-Schäfer, Technische Beraterin von Creabeton: «Für die Landwirte ist es sehr schwierig abzuschätzen, in was sie investieren sollen.»
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«Die Politik will immer weniger Pflanzenschutzmittel, aber man weiss nicht, in welche Richtung es längerfristig gehen wird. Bis jetzt ist das Interesse an der Aktivkohle-Reinigungsanlage noch nicht so gross, da das Waschwasser noch in die Güllegrube geleitet werden darf», sagt Sarah Wyss-Schäfer.
«Diejenigen, die eine Anlage anschaffen, haben wirklich Interesse, die Pflanzenschutzmittel-Einträge in der Umwelt zu reduzieren.» In den letzten Jahren wurden viele betriebseigene Waschplätze gebaut. Das hat viel Geld gekostet. Wenn diese Waschplätze mit einer Reinigungsanlage kombiniert gebaut und gemeinsam genutzt werden würden, würde die Umwelt von unnötigen Pflanzenschutzmitteleinträgen effektiv entlastet.
Sarah Wyss-Schäfer kann sich auch vorstellen, dass Landis oder Werkhöfe öffentliche Waschplätze anbieten könnten und die Landwirte ihr Waschwasser zum Reinigen anliefern.
Iseli ist sehr zufrieden mit der Investition
Bei Stefan Iseli läuft die Anlage jetzt in der zweiten Saison und er ist sehr zufrieden. Einen wesentlichen Vorteil sieht er darin, dass die Aktivkohle-Reinigungsanlage im Unterschied zur Verdunstungsanlage grosse Waschwassermengen witterungsunabhängig verarbeiten kann. Ausserdem sei die Anlage wartungsarm und der Service durch Creabeton entlaste ihn. Nachteilig seien die Anschaffungskosten und der wasserdichte, gedeckte Waschplatz. Ausserdem eigne sich die Anlage nicht zum Reinigen von Maschinen – was natürlich praktisch wäre – da die Aktivkohle kein Öl im Waschwasser verträgt.
Heute laufen in der Schweiz 13 Anlagen. Die meisten davon im Kanton Bern, weil sie im Rahmen des Berner Pflanzenschutzprojektes finanziell unterstützt wurden. Die speziell ausgewählte Aktivkohle stammt aus einem Nachbarland, wie diejenige für Kläranlagen. Einsatzmöglichkeiten von aktivierter Pflanzenkohle aus der Schweiz werden aktuell geprüft.
Ausserdem ist geplant, die Nutzungsdauer der Aktivkohle zu erhöhen, damit sich die Anlage schneller amortisiert. Um die Stand- und Beladungszeit der Aktivkohle besser zu kontrollieren, laufen derzeit Tests mit der Ostschweizer Fachhochschule.
Betriebsspiegel der Familie Iseli
Stefan Iseli, Urtenen-Schönbühl BE
LN: 17 ha
Kulturen: Raps, Zuckerrüben, Kartoffeln, Weizen
Tierbestand: 10 Pensionspferde
Weitere Betriebszweige: Lohnunternehmen mit Pflanzenschutzservice für etwa 15 Betriebe und etwa 1000 ha pro Jahr
www.iseli-urtenen.ch