Kurz & bündig
- Aussehen täuscht: Trockene Ähren sind kein sicheres Reifezeichen.
- Messen hilft: Feuchtigkeitswerte bringen Klarheit.
- Warten lohnt sich: Zu frühe Ernte kostet Qualität und Geld.
Viele Landwirte stehen vor der Herausforderung: Ist das Getreide jetzt wirklich reif genug zum Ernten – oder werden durch zu frühes Ernten finanzielle Einbussen riskiert? Ein Balanceakt zwischen dem Wetter, dem Feuchtigkeitsgehalt und der Qualität.
Lohnunternehmer Lukas Christen aus Schweizersholz TG steigt aus seinem Auto, nimmt sein mobiles Feuchtigkeitsmessgerät und macht sich auf den Weg zu den drei Gerstenfeldern, die er heute beurteilen will. [IMG 5]
«Manchmal sieht es auf den ersten Blick fast so aus, als wäre alles bereit für die Ernte», sagt er, «aber bis die Ähren wirklich trocken sind, dauert es oft noch.»
Feld 1: Noch zu feucht – keine Chance
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Das erste Feld wirkt schon von Weitem nicht genügend trocken. Die Halme sind zwar nicht mehr sattgrün, aber noch sind sie spürbar feucht und glänzen leicht in der Sonne. Die Ähren neigen sind mehrheitlich, sie sind prall und voll, aber das Feuchtigkeitsmessgerät zeigt 29 % Feuchtigkeitsgehalt an.
«Da ist noch viel Wasser drin», sagt Christen. Es dauere sicher noch eine Woche, bis der Drusch wieder ein Thema werde. Denn pro Tag verliere das Getreide rund zwei Prozent Feuchtigkeit, weiss er aus Erfahrung.
Feld 2: Feuchte Stängel, trockenes Korn
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Beim zweiten Feld ist die Gerste schon weiter: Die Halme sind nicht mehr saftig grün, aber eben noch nicht ganz trocken. Die Ähren stehen noch aufrecht, das Gesamtbild wirkt etwas unruhig.
«Das ist einer der kniffligen Fälle», sagt Lukas Christen. «Auch wenn sich nicht alle Ähren gegen den Boden neigen, zeigt das Korn selbst schon niedrige Feuchtigkeitswerte.»
Er prüft eine Probe: 13,4 % Feuchtigkeitsgehalt – eigentlich erntereif.
Gerade die noch leicht grünen Stängel geben beim Dreschen wieder Wasser ans Korn ab. Zudem erschweren sie die Ernte mit dem Drescher. Tipp von Lukas Christen: «Noch ein, zwei Tage stehen lassen und lieber einmal länger warten als nachtrocknen.»
Feld 3: Erntebereit – das klassische Bild
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Das dritte Feld präsentiert sich perfekt reif. Die Halme sind goldgelb und hängen nach unten, die Ähren sind matt und glänzen kaum noch.
«Hier sieht man es richtig: Das Feld ist ruhig, die Halme sind trocken», sagt Lukas Christen zufrieden. Die Feuchtigkeitsmessung bestätigt: unter 14 % Feuchtigkeitsgehalt.
«Das ist der Moment, wo du bedenkenlos dreschen kannst – und dich auf eine gute Ernte freuen darfst», sagt Christen mit einem breiten Lächeln.
Das Feld-Fazit: Das Aussehen kann täuschen
Drei Felder, drei sehr unterschiedliche Reifestadien – obwohl sie nur wenige Kilometer auseinanderliegen. Für Lohnunternehmer Lukas Christen ist eines klar:
«Man darf sich nicht nur auf das Aussehen verlassen. Besonders wenn die Stängel noch feucht sind, kann das täuschen. Die Messung bringt Klarheit – und schützt vor teuren Fehlern.»
Feuchtigkeitsmessung: Strom «trifft» Wasser
Der Feuchtigkeitswert beim Getreide wird in Prozent (%) angegeben und beschreibt den Anteil des im Korn enthaltenen Wassers am Gesamtgewicht des Korns.
So funktioniert die mobile Kornfeuchtemessung
Lukas Christen benutzt ein mobiles Gerät vom Typ «Superpro» von Supertech Agroline mit integriertem Mahlwerk. Dabei wird eine kleine Kornprobe zerkleinert und das Mahlgut analysiert. Das Gerät misst den elektrischen Widerstand – ein Wert, der direkt vom Wassergehalt im Korn abhängt: je feuchter das Korn, desto geringer der Widerstand.Innerhalb weniger Sekunden steht ein präziser Wert zur Verfügung, der unabhängig vom optischen Eindruck die tatsächliche Kornfeuchte widerspiegelt.
Sensor im Mähdrescher misst anders
Im Gegensatz dazu arbeitet der Feuchtigkeitssensor im Mähdrescher nach einem anderen Prinzip. Noch bevor das Korn in den Korntank gelangt, läuft es durch einen Sensor, bei dem es zwischen zwei Metallplatten hindurchgeführt wird. Je höher der Wassergehalt, desto stärker beeinflusst das Korn das elektrische Feld zwischen den Platten. Diese Veränderung wird elektronisch erfasst und in einen Feuchtigkeitswert umgerechnet, der dem Fahrer in Echtzeit auf dem Monitor angezeigt wird. Anders als bei der mobilen Messung wird das Korn nicht gemahlen.
Gezielte oder kontinuierliche Werte
Während die mobile Messung im Feld gezielt an einzelnen Stellen vorgenommen wird und besonders in zweifelhaften Fällen zuverlässige Referenzwerte liefert, bietet die Sensorik im Drescher eine kontinuierliche Überwachung während des Druschs. Letztere kann jedoch durch Restfeuchte aus noch grünen Stängeln oder Strohresten verfälscht werden. Deshalb ist die vorgängige Kontrolle mit dem mobilen Gerät eine wertvolle Entscheidungshilfe – besonders bei uneinheitlichen Beständen.