Komposttee wird in der regenerativen Landwirtschaft zur Verbesserung der Boden- und Pflanzengesundheit eingesetzt. Der Tee soll Pflanzen stärken und ihre Abwehr gegenüber Krankheiten und Schädlingen verbessern. Im Boden soll die Bodenaktivität und somit der Humusaufbau erhöht werden.
Peter Zurbuchen ist Biolandwirt aus dem thurgauischen Lippoldswilen und Geschäftsführer der Firma Zurbuchen Bodenschutz, welche Bodenrekultivierungen durchführt. Er hat im Jahr 2018 in eine Komposttee-Brauanlage mit 2000 Liter Volumen investiert und begonnen, selbst Komposttee herzustellen. Er hat eine extragrosse Anlage angeschafft mit der Idee, eine Art Komposttee-Tankstelle zu erstellen, welche auch umliegende Betriebe nutzen können. Im Verlauf der Anwendungen stellte Zurbuchen die Wirkung von Komposttee im Ackerbau und Grünland aber aufgrund mangelnder Effekte vermehrt in Frage. Im Bereich Bodenrekultivierung ist der Komposttee erfolgreich und der Effekt nachweisbar.[IMG 2]
Bodenbakterien anstelle von Kompostbakterien
Zurbuchen stellt aber nicht den klassischen Komposttee her, sondern eher eine Art Bodenextrakt. Als Ausgangsmaterial verwendet er nicht Kompost, sondern Oberboden von überdurchschnittlich guten Standorten. Die Überlegung dahinter ist, die erwünschten, an den Boden angepassten Mikroben und Pilze zu vermehren und auf zu verbessernde Böden auszubringen. «Dazu nehmen wir Oberboden von einem besonders guten Standort. Von genau solchem Boden, wie wir generell haben möchten.»
Urs Steinlin ist Projektleiter des Bereichs Rekultivierung der Firma Zurbuchen Bodenschutz. Er setzt häufig Bodenbakterien auf neu rekultivierten Böden ein. Komposttee ist in seinen Augen wenig sinnvoll. «Aus unserer Sicht macht es keinen Sinn, Kompostmikroben zu vermehren, um sie in einem anderen Lebensraum, dem Boden, auszubringen. Man weiss nicht, ob sich Komposttee-Bakterien später im Boden überhaupt etablieren können. Deshalb produzieren wir Bodenextrakte.»
In der Regenerativen Landwirtschaft gibt es verschiedene Kompostteerezepte. Wie der Bodenextrakt bei Zurbuchen hergestellt wird, entnehmen Sie der Infobox «Wie Zurbuchen Bodenextrakt herstellt».
Mit Mikroskop die Mikroben-Aktivität überprüfen
Zurbuchen wollte die Wirksamkeit und Beschaffenheit des Bodentees auch wissenschaftlich begleiten. Deshalb hat er sich ein Mikroskop angeschafft. «Oftmals ist der Komposttee-Extrakt tot. Dann bringt die Ausbringung überhaupt nichts und generiert nur Umtriebe», meint Peter Zurbuchen.
Natürlich hat nicht jeder Landwirt ein Mikroskop zur Hand. Ohne Mikroskop wird die Qualitätsüberwachung des Tees aber schwierig und es kann sein, dass man inaktive Extrakte ausbringt.
Betriebsspiegel
Peter Zurbuchen, Lippoldswilen TG
Bewirtschaftung: Bio
LN: 25 ha
Kulturen: Lagergemüse, Weizen, Wildblumenvermehrung, Buntbrache, Kunstwiese
Arbeitskräfte: 3 Angestellte
www.zurbuchen-bodenschutz.ch/landwirtschaft
«Ich sehe keinen Effekt beim Komposttee»
«Die Wirkungsweise vom Komposttee muss jeder für sich selbst herausfinden, aber ich kann es nicht belegen», erklärt Peter Zurbuchen. Er habe Drohnenaufnahmen seiner behandelten und unbehandelten Parzellen gemacht und keinen messbaren Effekt feststellen können. Einzig, als der Bodentee in die Gülle gemischt wurde, konnte ein Effekt festgestellt werden. Die behandelten Pflanzen nahmen die Nährstoffe besser auf und waren dadurch deutlich grüner.
«Wir Landwirte werden pro Tonne Ertrag entlöhnt. Wenn ich mit Komposttee-Extrakt keinen Mehrertrag oder keine Pflanzenschutzmittel-Einsparung erzielen kann, dann lohnt sich die Applikation für mich nicht», erklärt Peter Zurbuchen. Er habe mehrere Zehntausend Franken in das Projekt investiert – eher ein extremes Beispiel. Aber im Handel kosten kleine Brühanlagen auch mehrere tausend Franken. «Diese Investition muss anhand eines Mehrwerts wieder reingeholt werden», mahnt Zurbuchen.
Studien können den Effekt von Komposttee auch nicht eindeutig belegen. «Was die Pilze und Bakterien genau im Boden und auf den Pflanzen machen, ist zu komplex, um es wissenschaftlich nachvollziehen zu können.»
Zurbuchen meint, mit der Applikation von Komposttee werde der Boden und die Kulturen tendenziell besser beobachtet. So kann frühzeitiger auf Krankheiten und Schädlinge reagiert werden. Er kritisiert: «Als Landwirt den Boden und die Pflanzen zu beobachten, das ist für mich einfach die gute landwirtschaftliche Praxis, wie man sie in der Lehre gelernt hat».
Bei der Komposttee-Ausbringung auf Frischgemüse sei Vorsicht geboten. Man wisse nicht genau, was man für Bakterien aufs Feld bringt. Der Extrakt könne auch unerwünschte Bakterien wie E. Coli oder Salmonellen enthalten. Gelangen diese mit dem Gemüse in den menschlichen Verzehr, hätte das fatale Folgen.
Effekt auf rekultivierten Böden feststellbar
Während Peter Zurbuchen den Bodenextrakt in der Landwirtschaft nicht mehr einsetzt, hat Urs Steinlin bei der Bodenrekultivierung Erfolg. «Wenn Humus längere Zeit an einem Depot war, ist die Mikrobenaktivität stark vermindert und muss wieder aktiviert werden. Dabei kann Bodenextrakt helfen, den Boden wieder mit guten Bodenmikroben zu impfen», erklärt Urs Steinlin.
«Je schlechter der Boden ist, desto eher sehen wir einen positiven Effekt. Aber ich denke nicht, dass in der Schweizer Landwirtschaft die Böden so schlecht sind», sagt Peter Zurbuchen. Urs Steinlin sagt, dass Komposttee auch eher eine vorbeugende Wirkung haben würde.
Wie Zurbuchen Bodenextrakt herstellt
- Wasser erwärmen.
- Auf 2000 Liter Wasser 30 bis 60 kg Substrate und Zusatzstoffe beigeben.
- Nährmedium beifügen, je nach Bakterienstamm Zucker, Stärke und Eiweisse.
- Gemisch während 24 bis 38 Stunden unter Sauerstoff-zufuhr rühren und auf 28 Grad erwärmen.
- Wenn möglich, Extrakt mikroskopieren und erst aus dem Fermenter nehmen, wenn genügend gewollte aktive Mikroorganismen vorhanden sind.
- Extrakt verdünnen (idealerweise mit Warmwasser, aber das ist nicht immer möglich) und innert weniger Stunden ausbringen. Mit der Feldspritze oder in die Gülle einmischen.
- Ausbringung bei bewölktem, regnerischem «Güllewetter», um die Bakterien vor UV-Licht und dem Vertrocknen zu schützen.