Kurz & bündig
- Das neue Jagerpreismodell ist seit September 2023 im Einsatz.
- Wie erfolgreich die Umsetzung des neuen Modells funktioniert, kann noch nicht gesagt werden.
- Das Jagerpreismodell alleine werde die strukturellen Probleme nicht lösen können, sagt Schweinezüchter Philipp Käppeli.
- Mittelfristig müssten Sauenplätze reduziert werden, so Käppeli: «Andernfalls werden wir keine kostendeckenden Preise erzielen können.»
- Gleichzeitig geht der Konsum von Schweinefleisch in der Schweiz jährlich um 1 Prozent zurück.
Die Schweinehalter haben teure Jahre hinter sich: «Die Durchschnittspreise waren 2022 und 2023 für die Schweinehaltenden nicht kostendeckend», sagt Raphael Helfenstein von der Geschäftsstelle der Suisseporcs. 2023 lag der Jahresdurchschnitt bei Fr. 3.54 pro kg Schlachtgewicht (SG) für die Schlachtschweine. Um seine Kosten decken zu können, bräuchte ein durchschnittlicher Zucht-Mastbetrieb jedoch einen Preis ab Stall von Fr. 4.40/kg SG.
Grund für die tiefen Preise war eine Überproduktion. Der Inlandanteil lag 2023 bei zu hohen 98,4 Prozent, erklärt Helfenstein: «Der ideale Inlandanteil für eine marktgerechte Produktion und vernünftigen Preisen ab Stall liegt bei 92 bis 93 Prozent.»
Höherer Schlachtschweinepreis ergibt höheren Jagerpreis
Die Überproduktion ergab sich aus zwei Gründen:
- Die damals guten Marktpreise führten dazu, dass die Schweinefleischmenge anstieg: Von 2019 auf 2022 um fünf Prozent, auf rund 232 300 t Schlachtgewicht SG.
- Der Konsum von Schweinefleisch nimmt in der Schweiz stetig ab, um 1 Prozent pro Jahr.
Es mussten Marktentlastungsmassnahmen ergriffen werden. Schlachthälften wurden eingefroren oder ins Ausland exportiert. So könne es nicht weitergehen, war sich eine Mehrheit in der Schweinebranche einig.
Die Suisseporcs erarbeitete daraufhin zusammen mit Branchenvertretern und der wissenschaftlichen Unterstützung durch die HAFL einen neuen Ansatz zur Preisfestlegung. «Das Resultat ist das neue Jagerpreismodell, das seit September 2023 erfolgreich umgesetzt wird», sagt Raphael Helfenstein, der bei der vorherigen Lösung, der wöchentlichen Jagerpreisbörse, die Moderation innehatte.
Neu wird der Jagerpreis also nicht mehr an dieser Börse zwischen Züchtern, Mästern und Händlern verhandelt. Stattdessen wird anhand messbarer Indikatoren ein Index berechnet (siehe Grafik 1). Dieser Index wird wiederum mit dem aktuellen Schlachtschweinepreis multipliziert (siehe Grafik 2).
Somit hat der Schlachtschweinepreis einen grossen Einfluss auf den Jagerpreis – logischerweise: Je höher der Schlachtschweinepreis, umso mehr Geld kann verteilt werden und umso höher ist auch der Jagerpreis.
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Ein objektives Instrument, das den Menschen ausklammert
«Das neue Preismodell wird das strukturelle Grundproblem nicht lösen. Da sind sich die meisten in der Branche einig. Aber es wird das Problem schmälern und es wird uns helfen, eine solche Katastrophe der Überproduktion, wie sie letzten Winter passierte, zu verhindern», sagt Philipp Käppeli, Züchter und Mitglied der Fachkommission Markt der Suisseporcs.
Die Fachkommission Markt – bestehend aus Züchtern, Mästern und Händlern – überwacht das Jagerpreismodell, erteilt die wöchentliche Freigabe zur Veröffentlichung des Jagerpreises und nimmt bei Bedarf Bestimmungen und Anpassungen der Indizes vor.
Eine solche Anpassung sei durchaus notwendig, sagt Philipp Käppeli: «Letzten Herbst machte der Preis manchmal von einer zur anderen Woche einen höheren Sprung als beim alten Modell.» Die Glättung der Preise müsse daher noch justiert werden, sagt Käppeli. Damit habe man gerechnet: «Das neue System muss mindestens 18 Monate laufen, damit wir Nachkorrekturen machen können.» Der Züchter zieht dennoch eine positive erste Bilanz zum Jagerpreismodell, aus zwei Gründen:
- «Erstmals haben wir ein objektives Instrument, das den Menschen und dessen subjektive Einschätzung der Marktlage ausklammert.»
- «Wir schauen mit dem neuen Modell 15 Wochen (Mastdauer, Anm. der Redaktion) nach vorne und setzen für die Jager von heute einen Preis, welcher der Marktsituation in 15 Wochen gerecht sein wird.»
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Konsum von Schweinefleisch geht zurück
Eine wichtige Zahl im Jagerpreismodell ist die Zielmenge an Tieren in 15 Wochen. Aktuell liegt die Zielmenge in 15 Wochen bei 45 000 Schlachtschweinen pro Woche. Diese Zahl stammt aus den Einschätzungen des Detailhandels, wie Käppeli erklärt. «Die Detailhändler können heute recht gut vorrechnen, was sie werden absetzen können.»
Von dieser Prognose aus wird – mit Einberechnung von aktuellem Angebot und einem Erlösanteil der Zucht von aktuell 40 Prozent – der Jagerpreis für die nächste Woche berechnet.
Diese Zielmenge wird in den nächsten Jahren weiter abnehmen. Denn der Konsum von Schweinefleisch geht weiter zurück, erwähnt nach Helfenstein auch Käppeli: «Mittelfristig müssen 2000 Sauenplätze pro Jahr verschwinden. Andernfalls werden wir keine kostendeckenden Preise erzielen können.» Bei schweizweit rund 2000 Zuchtbetrieben müsste im Schnitt jeder Betrieb pro Jahr einen Muttersau-Platz aufgeben.
«Alle – auch jene, die sagen, es werde sich schon wieder beruhigen, das habe es immer schon getan – dürfen sich nicht mehr darauf verlassen, dass der Schweinezyklus die Menge und damit die Preise regulieren wird», warnt Käppeli. Der Schweinezyklus finde heute nicht mehr statt. Käppeli nennt zwei Gründe:
- «Der Detailhandel lässt die Preise kein weiteres Mal so tief fallen, wie dies in den letzten Jahren der Fall war. Denn die tiefen Preise beim Schweinefleisch konkurrenzieren anderes Fleisch im Laden.»
- «Die Schweineproduzenten steigen nicht aus.» Das habe wiederum mehrere Gründe. Einer davon sei, dass noch auf den regulierenden Schweinezyklus vertraut wird. Ein anderer sei, dass viele Landwirte in die Schweinehaltung investiert hätten und nun nicht vom einen auf den anderen Tag aussteigen können und wollen. Wo vorhanden, wird die Schweinehaltung mit anderen Betriebsteilen quersubventioniert.
Wirkung des Preissignals ist noch unklar
Der Konsumrückgang geschieht schneller, als die Produzenten Schweineplätze abbauen können – was die Preise tief hält. «Mit dem neuen Jagerpreismodell wollen wir ein Instrument schaffen, mit dem wir vorausschauen und die grössten Höhen und Tiefen ausgleichen können.»
Gleichzeitig laufen im Hintergrund Überlegungen und Abklärungen für weitere Massnahmen. Raphael Helfenstein erklärt, der Zentralvorstand habe die Arbeitsgruppe Schweinemarkt der Suisseporcs beauftragt, folgende Varianten auszuarbeiten.
- Keine Massnahme (Status Quo)
- Stilllegung Zuchtschweineplätze
- Stilllegung Zucht- und Mastschweineplätze
- Branchenlösung/Mengenplanung
«Sämtliche Varianten besitzen Vor- und Nachteile. Die Delegiertenversammlung vom 8. Mai 2024 soll entscheiden, ob die Massnahmen bearbeitet werden sollen oder nicht», sagt Helfenstein.
Was können die ProduzentInnen unter diesen unklaren Voraussetzungen tun? Philipp Käppeli empfiehlt den Züchtern, Vertrauen in das neue Jagerpreismodell aufzubauen. «Das heisst, als Züchter sollte ich widerstehen, wenn der Händler mir sagt, dass ich ruhig noch mehr Schweine produzieren könne – ich aber gleichzeitig sehe, dass der Preis nach dem neuen Modell ein anderes Signal gibt», erklärt Käppeli.
Ob dies umgesetzt wird, ob also das Preissignal des neuen Jagerpreismodells die gewünschten Konsequenzen hat und die Anzahl Schlachtschweine reduziert werden, könne aktuell noch nicht gesagt werden, so Philipp Käppeli.
Auch dazu muss das Preismodell länger im Einsatz sein, damit Betriebe die Zeit haben, ihre Planung anzupassen.