Kurz & bündig
- Wer seine Milchkühe auf die Alp schicken will, sollte früh mit der Suche beginnen.
- Sinnvoll ist, sich vor Ort ein Bild des Sömmerungsbetriebs machen.
- Ein Kuhplatz kann je nach Kanton bis zu 1000 Franken kosten.
- Die ideale Alpkuh hat gute Klauen und ist eutergesund.
Die Milchviehkühe auf eine Alp schicken und das fruchtbare Ackerland zu Hause auf dem Talbetrieb gezielt für den Anbau von Gemüse, Kartoffeln oder Getreide nutzen: Der Gedanke ist gut und kommt auch den Forderungen von Gesellschaft und Agrarpolitik entgegen.
Doch die Umsetzung ist nicht ganz einfach. Zuerst muss eine passende Alp gefunden werden. Es empfiehlt sich, nicht erst im Frühling mit der Suche zu beginnen. Hansueli Häberli aus Kirchlindach BE inserierte auf der – unter Alpinteressierten sehr beliebten – Plattform www.zalp.ch und wurde relativ schnell im Berner Oberland fündig. Nach den heissen Sommern 2022 und 2023 suchte er eine Möglichkeit, um den Trockenheitsstress seiner Weiden und den Hitzestress für die Kühe zu umgehen, und sömmerte dieses Jahr erstmals einen Grossteil seiner Herde.
Auch Martin Hadorn schickt seine 20 Kühe seit zehn Jahren im Sommer z Alp, um der Trockenheit auf dem Heimbetrieb in Bremgarten BE zu entgehen. Gleichzeitig schätzt er die Arbeitsentlastung und die Wertschöpfung durch die Alpprodukte. Über die Jahre hat er sich einen guten Kundenstamm aufgebaut und vermarktet jährlich etwa 1,5 Tonnen Alpkäse in seinem Hofladen.
Die erfolgreiche Lagerung und Vermarktung von Alpkäse erfordert Infrastruktur, die richtige Pflege, Zeit und ein gutes Netzwerk. Nicht alle Bauernfamilien, die Kühe alpen wollen, möchten auch Käse.
«Wir stellen fest, dass zunehmend mehr Alpen gesucht werden, auf denen die Bestossenden keinen Käse zurücknehmen müssen», erklärt der alpwirtschaftliche Berater Töni Gujan vom Plantahof GR.
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Sich ein Bild von der künftigen Alp machen
Wer seine Kühe zum ersten Mal sömmert, sollte sich nicht nur über die Käsevermarktung Gedanken machen. Berater Töni Gujan verweist auch noch auf weitere Aspekte wie Transport, Versicherung und die Kommunikation mit den Alpbewirtschaftern: «Es ist wichtig zu wissen, wer wofür zuständig ist.»
Bevor Hansueli Häberli seine Kühe z Alp schickte, besichtigte er den Sömmerungsbetrieb, um sich selbst ein Bild davon zu machen, wohin seine Kühe gehen würden. Bei einer solchen Gelegenheit können sich Alpneulinge informieren.
Eine gute Gesprächsgrundlage bietet der «Vertrag zur Sömmerung von Nutzvieh» (siehe QR-Code am Ende des Artikels), welcher vom Plantahof zur Verfügung gestellt wird. Wie häufig wird die Milchmenge gemessen? Wer ist zuständig, wenn ein Tier erkrankt? Wird Arbeitsleistung von den Bestossern verlangt? Wie wird Ende Sommer abgerechnet?
Abhängig davon, ob Gemeindewerk geleistet und Alpprodukte zurückgenommen werden müssen, liegen die Sömmerungspreise im Kanton Graubünden zwischen 50 und 70 Rappen pro Liter Milch. Diese Werte entsprechen pro Kuh 250 bis 650 Franken netto.
In anderen Regionen der Schweiz kann ein Kuhplatz bis zu 1000 Franken kosten. Bestosser sollten unbedingt abklären, was im Preis inbegriffen ist.
Die ideale Alpkuh hat gute Klauen und ist eutergesund
Passen meine Kühe auf die ausgewählte Alp? Eine wichtige Frage, denn nicht jede Alp ist gleich anspruchsvoll und nicht alle Kühe haben die gleiche Kondition. Dabei ist nicht die Rasse, sondern eher die Milchleistung, das Laktationsstadium und die Grösse der Tiere entscheidend, wie Töni Gujan erklärt.
Martin Hadorn erinnert sich, dass das Alppersonal gegenüber seinen Kiwi-Cross-Kühen anfangs sehr skeptisch war. Die kleinen Kühe haben jedoch bereits im ersten Sommer bewiesen, dass sie durchaus alptauglich sind. Wichtig sind gesunde Klauen und eine gute Eutergesundheit. Viele Alpbetriebe verlangen vorgängig Milchproben, um Staph.-aureus-positive Tiere auszuschliessen.
Für eine gute Käsequalität muss vor Alpbeginn die Silagefütterung abgesetzt werden. Das kann für gewisse Betriebe zur Herausforderung werden. Da auf vielen Alpen die Kühe zum Melken in den Stall gebunden werden, sollten die Tiere einen guten Umgang haben. Sehr scheue Kühe erschweren die Arbeit des Alppersonals.
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Nach dem Alpsommer gilt es, den Käse zu vermarkten
Zurück auf dem Heimbetrieb sollte der Informationsfluss sichergestellt werden.
- Wurden die Kühe (erfolgreich) besamt?
- Wurden sie behandelt und müssen Absetzfristen eingehalten werden?
- Wie viel Kilogramm Milch haben die Tiere geleistet?
Durchschnittlich spricht man von etwa 1000 bis 1800 kg Milch pro Kuh, was eine Ausbeute von etwa 100 bis 180 kg Alpkäse ergibt. Bei einer gesunden Kuh in der Produktionsphase kommen einige Laibe zusammen.
So auch bei Hansueli Häberli; seine 23 Kühe brachten stolze drei Tonnen Käse mit nach Hause. Er schmunzelt: «Mein Milchgeld liegt jetzt im Keller.» Abhängig davon, wie gut der Berner den Käse vermarkten kann, wird sein Keller mehr oder weniger Milchgeld hervorbringen.
Ein Blick zurück: Alpsommer 2024
Das milde Frühlingswetter lockte früh. Bereits in der Pfingstwoche wurden die tiefer gelegenen Alpen bestossen. Währenddessen stapfte man in den höheren Lagen noch immer durch den Schnee. Die Alpauffahrten in den Hochalpen fanden je nach Region fünf bis zehn Tage verspätet statt.
Kaum waren die Tiere oben, schlug das Wetter Mitte Juni um. Kälte und Nässe forderten das Alppersonal. Vielerorts standen die Tiere im Dreck, teilweise wurde man von Schnee überrascht. Wo man konnte, wurde zugefüttert. Das Graswachstum erlitt einen starken Dämpfer, das schlechte Wetter schlug dem Personal auf die Motivation.
Vom Wolf stark beansprucht wurden die ÄlperInnen und Alpgenossenschaften in den Kantonen St. Gallen, Graubünden, Waadt und Wallis. Mitte Juli dann der langersehnte Wetterumschwung. Die Sonne liess die Temperaturen steigen und die wertvollen Alpenkräuter wachsen. Futter und Wasser waren bis in den Herbst genügend vorhanden. Dementsprechend waren auch die Milchleistungen der Kühe und die Käseausbeute sehr gut.
Kurz vor dem eidgenössischen Bettag am 15. September folgte der krasse Wetterwechsel: Am Sonntag noch heiterer Sonnenschein bei 30 Grad, donnerstags Schneefall bis 1300 m über Meer. In manchen Regionen fiel der Schnee so stark, dass Alpen notfallmässig entladen werden mussten. Somit fand ein abwechslungsreicher Sommer ein abruptes Ende.