Kurz & bündig
- Dachbegrünungen können das Klima im Stall und somit das Tierwohl verbessern.
- Die Integration eines begrünten Dachs auf dem Geflügelstall hat Landwirt Peter Gysin bei der Baubewilligung weitergeholfen.
- Die Bewilligung erfolgt im Einzelfall unter Berücksichtigung der gesamten Umstände.
Im Stallbau werden in Zukunft klimafittere Bauweisen nötig sein. Eine Möglichkeit könnte zum Beispiel die Begrünung der Dächer darstellen.
Extensiv begrünte Dächer sollen zum Schutz vor extremer Sonneneinstrahlung im Sommer und eisigen Temperaturen im Winter beitragen. Zudem helfen Gründächer dabei, Lebensräume zu vernetzen, und tragen somit zur Biodiversitätsförderung bei. Ein weiterer Pluspunkt ist die Optik.
Die Umsetzung eines Gründachs auf einem Stall erfordert aber eine sorgfältige Planung, insbesondere hinsichtlich der Tragfähigkeit des Dachs, der geeigneten Pflanzenauswahl und der Pflege. Auch wichtig zu beachten ist, dass eine Bewilligung nötig ist. In der Schweiz sowie in den umliegenden Ländern ist die Nachfrage nach begrünten Stalldächern momentan noch gering. Hinsichtlich der klimatischen Veränderungen könnte die Thematik aber in Zukunft interessant sein.
Dachbegrünung auf dem Geflügelstall
Landwirt Peter Gysin aus Läufelfingen BL hat im Jahr 2003 einen Stall für 2000 Legehennen gebaut. Auf dem Dach wurde eine Dachbegrünung angelegt, welche bis heute besteht.
Ausschlaggebend dafür, dass sich Peter Gysin damals für eine Dachbegrünung entschieden hat, war die Baubewilligung für den Geflügelstall. Um den Wünschen des Naturschutzes entgegenzukommen, wurde ein Konzept mit Gründach sowie Bäumen und Sträuchern rund um den Stall geplant. Dies mit der Idee, mehr Biodiversität zu integrieren und den Stall besser dem Landschaftsbild anzupassen. «Dieses Konzept hat uns schliesslich dabei geholfen, die Baubewilligung zu bekommen», so Gysin.
Der Aufbau des Dachs besteht aus einem Profilblech, gefolgt von einer 9 cm dicken Substratschicht aus Blähschiefer und Kompost. Begrünt wurde das Dach mit sechs verschiedenen Arten von Sedumpflanzen, welche besonders gut mit Wetterextremen umgehen können und wenig Ressourcen benötigen.
Die Kosten für die Dachbegrünung (inkl. Substrat) lagen damals bei Fr. 14.– pro Quadratmeter, wobei durch die Dachfläche von 600 Quadratmeter Gesamtkosten von Fr. 8400.– entstanden sind. Heute liegen die Kosten bei der gleichen Firma bei Fr. 16.– bis Fr. 19.– pro Quadratmeter. Nicht inbegriffen ist bei diesen Kosten der Arbeitsaufwand. Peter Gysin sieht den grössten Vorteil der Dachbegrünung bei der Klimawirkung. «Im Sommer und im Winter dient die Begrünung als Isolierung und schützt vor Wärme und Kälte», so Gysin. Auch der Aufwand für die Pflege des Gründachs sei gering. In den ersten zwei Jahren musste das Dach lediglich zwei- bis dreimal pro Jahr mit Hornspänen gedüngt werden.
Neben den Vorteilen gebe es aber auch einige Herausforderungen. «Über die Jahre wurden gewisse Pflanzen verdrängt und bestimmte Arten haben überhandgenommen», beobachtet Gysin. Eine etwas gezieltere Düngung wäre in diesem Fall vermutlich nützlich gewesen.
Ein weiteres Problem sei zudem, dass im Stall vermehrt Kondenswasser an der Decke auftritt. «Ich kann mir vorstellen, dass das Dach über die Jahre ein wenig undicht geworden ist durch die Feuchtigkeit, welche über das Gründach durchdrückt», vermutet Gysin. Dies könnte auch mit dem Aufbau des Gründachs im Zusammenhang stehen. In der Praxis werden heute Dachbegrünungen mit einem komplexeren Aufbau eingesetzt.
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Aufbau einer extensiven Dachbegrünung
Dachbegrünungen, die heute in der Praxis eingesetzt werden, sind grundsätzlich aus den folgenden Elementen aufgebaut:
- Vegetationstragschicht (Substrat): speichert Wasser und Nährstoffe und dient den Pflanzen als Wurzelraum.
- Filterschicht: ist wasserdurchlässig, verhindert aber das Eindringen von Feinteilen in die Drainageschicht.
- Drainageschicht: speichert zusätzlich Wasser, vergrössert den Wurzelraum bzw. belüftet die Wurzeln und schützt die darunterliegende Abdichtung vor Beschädigungen.
Eine wichtige Rolle spielt zudem die Dachneigung. Flachdächer erfordern in der Regel einen anderen Schichtaufbau als Steildächer. Um Staunässe zu vermeiden, sollte die Dachneigung zudem mindestens 2 Prozent betragen. Liegt sie darunter, muss besonders gut auf eine ausreichende Drainage- bzw. Entwässerungsschicht geachtet werden.
Auswirkungen des Gründachs auf das Stallklima
Der Kühleffekt des Gründachs erfolgt durch die natürlichen Eigenschaften der Pflanzen. Durch die Feuchtigkeitsabgabe, die durch die Pflanzen entsteht, wird Verdunstungskälte erzeugt. Je dichter der Pflanzenbestand, desto höher ist der Kühleffekt, wobei sich die Fläche weniger aufheizt. Dies soll unter dem Dach zu einer Reduktion der Temperatur und somit zu einer Verbesserung des Tierwohls führen.
Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) hat den Einfluss von unterschiedlichen Dachaufbauten auf Hitzestress in Milchviehställen untersucht. Daraus wird ersichtlich, dass die Anzahl Hitzestressstunden bei Gründächern im Vergleich zu anderen Dachaufbauten deutlich tiefer ist.
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Die Sektion Klima und Mobilität des Amts für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL) des Kantons Zürich befasst sich unter anderem mit der Wirkung von extensiven Dachbegrünungen. Die unmittelbar am Dach gemessene Temperatur ist laut AWEL bei extensiven Dachbegrünungen im Schnitt 5 Grad kühler als auf unbegrünten Dächern. Auch auf die Innentemperaturen hätten Dachbegrünungen einen kühlenden Effekt. Bei Dachwohnungen mit begrünten Dächern können 3 bis 5 Grad kühlere Temperaturen gemessen werden als bei solchen mit unbegrünten Dächern.
Wie viel Grad dieser Kühleffekt in Ställen beträgt, kann aufgrund verschiedener Einflüsse (Standort, Tierart, Anzahl Tiere usw.) unterschiedlich aussehen und es ist schwierig, genaue Angaben dazu zu machen.
Regelung im Raumplanungsgesetz und in der Raumplanungsverordnung
Das Bauen ausserhalb der Bauzonen wird weitgehend im Bundesgesetz über die Raumplanung (RPG) und in der Raumplanungsverordnung (RPV) geregelt. Das Anlegen von Gründächern in der Landwirtschaftszone ist jedoch weder im RPG noch in der RPV ausdrücklich geregelt.
Es gilt der allgemeine Grundsatz, wonach Bauten und Anlagen nur mit behördlicher Bewilligung errichtet oder geändert werden dürfen.
Baubewilligung erforderlich
Durch die Begrünung des Dachs verändert sich das äussere Erscheinungsbild des Gebäudes. Wird das Dach eines bestehenden Gebäudes (z. B. Stall) begrünt, stellt dies somit eine Änderung einer bestehenden Baute dar, die grundsätzlich baubewilligungspflichtig ist. Soll ein Neubau in der Landwirtschaftszone realisiert werden, ist die Begrünung des Dachs in den Baugesuchsunterlagen anzugeben.
Beurteilung nur im Einzelfall
Im Baubewilligungsverfahren ist zu prüfen, ob ein begrüntes Dach den bau- und raumplanungsrechtlichen Vorschriften entspricht oder nicht. Dabei ist unter anderem zu prüfen, ob öffentliche Interessen (z. B. die Einordnung ins Landschaftsbild/Ortsbild) gegen oder für die Begrünung des Dachs sprechen. Weiter sind die Ästhetikvorschriften im Baureglement der Gemeinde zu berücksichtigen. Eine Gemeinde kann z. B. in ihrem Baureglement vorschreiben, dass in der Landwirtschaftszone nur Satteldächer und keine Flachdächer erlaubt sind.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Begrünung von Dächern in der Landwirtschaftszone nur im Einzelfall unter Berücksichtigung der gesamten Umstände beurteilt werden kann.