Kurz & bündig
- Auf einem Pouletmastbetrieb wurden 19 tote Tiere entdeckt. Weitere Tiere zeigten schlaffe Lähmungserscheinungen.
- Eine mögliche Ursache: Clostridium botulinum. Die nötigen Tests wurden schnellstmöglich durchgeführt – der Verdacht bestätigte sich.
- Dennoch musste der Bestand glücklicherweise nicht gekeult werden, konnte mediziniert werden und erholte sich.
- Anschliessend war eine gründliche Desinfektion nötig.
Auf einem Pouletmastbetrieb mit etwa 7000 Tieren wurden am Morgen vom Betriebsleiter 19 tote Tiere aufgefunden. Da dies in diesem Alter, gegen Ende der Mast, ungewöhnlich ist, hat der Betriebsleiter Kontakt mit dem Berater aufgenommen und die Situation geschildert.
Es zeigte sich folgendes Bild auf diesem Beispielsbetrieb: Die Herde war gut entwickelt und im Verhalten normal. Futter- und Wasserkonsum zeigten keine Abweichungen. Beim Kontrollgang durch die Herde wurden zu den 19 toten Tieren vom Vormittag noch sieben Kümmerer und 21 Tiere mit einer schlaffen Lähmung ausgemerzt.
Schlaffe Lähmungserscheinungen: Botulismus?
Der vor Ort durchgeführte Gumboro-Schnelltest war negativ (Gumboro: eine Viruserkrankung). In der Hofsektion konnten keine Hinweise gefunden werden, die auf bestimmte Erkrankungen, wie beispielsweise durch Enterokokken (Bakterien) verursacht, hindeuten.
Plötzliche Todesfälle in Verbindungen mit schlaffen Lähmungserscheinungen können allerdings ein Anzeichen für eine Clostridium-botulinum-Infektion sein. Deshalb wurden die Tierkadaver im Labor der Universität Zürich in der Abteilung für Geflügel- und Kaninchenkrankheiten analysiert. Auf dem Mastbetrieb wurden unter anderem erhöhte Hygienemassnahmen angeordnet.
Die Laboranalyse zeigte keine spezifischen Organveränderungen, doch der starke Verwesungsgrad der Kadaver deutete auf eine Clostridium-botulinum-Infektion hin.
Umweltkeime, die im Futter zum Problem werden
Clostridien sind sporenbildende Bakterien, welche zum Wachstum ein strikt anaerobes Milieu brauchen (ohne Sauerstoff). Die Endosporen, eine Überdauerungsform der Bakterien, sind hitzeresistent.
Die Clostridien-Bakterien sind sogenannte Umweltkeime und kommen überall vor – insbesondere in Böden und im Verdauungstrakt von Vögeln und Säugetieren. Sie gelangen durch Staub- und Erdpartikel auch in das Futter, wo sie zu ernsthaften Problemen führen können. Weiden können über längere Zeiträume kontaminiert sein. Unentdeckte Kadaver oder eine kontaminierte Silage können eine Infektionsquelle sein.
Der Erreger-Nachweis ist kompliziert
Nach der Aufnahme der Bakterien vermehren sich diese im Darm des Wirts und bilden ein Gift. Die ersten Anzeichen der Krankheit treten nach 12 bis 78 Stunden auf.
Ein typisches Anzeichen für die Infektion durch Clostridium botulinum sind müde wirkende Tiere und fehlende Körperspannung – typischerweise hängen die Flügel und der Hals kippt nach vorne. Die fehlende Körperspannung ist auf die Vergiftung zurückzuführen.
Es ist kompliziert, das Bakterium Clostridium botulinum nachzuweisen. Früher wurde das Toxin durch langwierige Tierversuche nachgewiesen. Das französische Labor Anses hat jedoch eine PCR-Methode entwickelt, die aus gefrorenem Lebergewebe innerhalb von Tagen Ergebnisse liefert. Daher wurden Vorbereitungen getroffen, um Proben zur Bestätigung der Diagnose per Express nach Frankreich zu senden.
Was ist Botulismus?
Der Botulismus (auch «Wurstvergiftung», lateinisch: botulus = «Wurst») ist eine schlaffe Lähmung der Muskulatur infolge des Nervengiftes von Clostridium botulinum. Das Gift blockiert die Signale von den Nerven zu den Muskeln. Die Muskeln können sich nicht mehr zusammenziehen. Es kommt zum Erstickungstod bei Menschen und Tieren, weil die Atemmuskulatur blockiert wird.
Clostridium b. kann verschiedene Toxine produzieren. Für einige der Toxintypen sind nur die Menschen empfänglich, für andere nur die Tiere. Und bei einigen Typen reagieren sowohl Mensch als auch Tier. Je nachdem, welches Toxin gefunden wird, können die Masthühner behandelt und geschlachtet werden. Oder aber die ganze Herde muss gekeult werden, weil das Fleisch nicht mehr lebensmitteltauglich ist.
Typische Anzeichen für Botulismus beim Geflügel
- Plötzliche und hohe Sterblichkeit (4 bis 100 %)
- Schlaffe Lähmung von Beinen, Flügeln, Hals und Augenlidern
- Schläfrigkeit
- Atemschwierigkeiten
- Schnelle Verwesung von Kadavern
So gelangt Botulismus in den Bestand
- Schadnager, Wildtiere
- Kontaminiertes Futter oder Einstreu
- Kadaver
Wie ging es weiter mit den Poulets auf dem Betrieb?
Der Beispielsbetrieb hatte Glück: Innert kurzer Zeit lag das Ergebnis aus dem französischen Labor vor. Es handelte sich um den Typ C/D, welcher für den Menschen nicht giftig ist. Die Herde musste nicht ausgemerzt werden. Die Hygienemassnahmen wurden weitergeführt und noch intensiviert, da das nachgewiesene Gift auch für die anderen Tiere des Betriebes eine Gefahr darstellt.
Zusätzlich wurde die Herde behandelt. Das Futter wurde ausgetauscht und es wurde eine zehn Zentimeter dicke Einstreumatratze erstellt, um eine mögliche Reinfektion über die Einstreu zu vermeiden. Die Herde erholte sich sehr gut.
Nach dem Ausstallen wurden Einstreu und Futterreste verbrannt. Aufgrund der hohen Widerstandsfähigkeit der Clostridien-Sporen ist es essenziell, eine Umweltkontamination, insbesondere der Rinderweiden, zu verhindern.
Nach einer intensiven Reinigung wurden sowohl der Stall als auch die Futtersilos speziell desinfiziert. Diese Desinfektion schloss auch den Fuhrpark und das Verbrauchsmaterial ein. Eine verlängerte Leerzeit wurde angeordnet. Die nächste Mastperiode verlief problemlos.
Stefanie Rossteuscher ist Geflügeltierärztin. Mit ihrem Beitrag wird die Tiergesundheits-Serie von «die grüne» erstmals um das Geflügel erweitert.