Kurz & bündig

- Impfpläne werden im Geflügelbereich individuell für den Betrieb erstellt und bei Bedarf fortlaufend angepasst.
- Die korrekte Verabreichung des Impfstoffs ist wichtig, um möglichst viele Tiere zu immunisieren.
- Regelmässiges Impfen kann die Tiergesundheit und somit die Wirtschaftlichkeit stark verbessern.

In der Schweizer Nutztierhaltung haben sich Impfleitfäden für Rinder und Schweine durchgesetzt, welche Empfehlungen zum strategischen Einsatz von Impfstoffen geben. Anders sieht das im Geflügelbereich aus. Dort wird die Impfstrategie individuell auf den einzelnen Betrieb angepasst.

Krankheiten in der Schweizer Geflügelhaltung

Je nach Alter und Produktionsart treten bei verschiedenen Beständen Probleme mit unterschiedlichen Krankheiten auf. Die folgenden Krankheiten sind in der Schweizer Nutzgeflügelhaltung am häufigsten anzutreffen:

Legehennen: E.-coli-Infektionen, Eierstock- und Eileiterentzündungen, Lungen- und Luftsackentzündungen, IB (Infektiöse Bronchitis), Mykoplasmose, diverse Parasitosen.

Junghennenaufzucht: Dottersackentzündung (E. coli), Kokzidiose.

Mastpoulets: Dottersackentzündung (E. coli), Kokzidiose, IBD (Infektiöse Bursitis, auch Gumboro), Enterococcus cecorum.

«Ausser gegen Verwurmung und Enterococcus cecorum kann gegen alles geimpft werden», sagt Bettina Gächter, Geflügeltierärztin beim Geflügelgesundheitsdienst (GGD AG) in Regensdorf ZH.

Was regelmässiges Impfen bringt

Die wichtigsten Vorteile durch das regelmässige Impfen des Geflügelbestandes sind:

  • gesunde Tiere
  • konstante Leistungen
  • weniger Leistungseinbrüche
  • weniger Abgänge
  • höherer Verdienst

«Klar hat man durch das regelmässige Impfen mehr Arbeitsaufwand, das stimmt. Dafür zahlt sich das im Nachhinein durch die vielen Vorteile wieder aus», sagt Bettina Gächter.

Impfpläne werden individuell für jeden Betrieb erstellt

Impfpläne für Geflügel werden vom Tierarzt, von der Tierärztin individuell für jeden Betrieb erstellt, mit dem Landwirt, der Landwirtin sowie allfällig involvierten Aufzuchtorganisationen besprochen und bei Bedarf fortlaufend angepasst. «Grundsätzlich wäre es praktisch, in der Schweiz ein einheitlicheres Impfkonzept zu haben», merkt die Tierärztin an.

So hätte man ein gewisses «Grundgerüst», auf dem man aufbauen könnte, was am Ende auch für TierhalterInnen mit weniger Aufwand verbunden wäre. «Hat ein Betrieb besonders starke Probleme mit einer spezifischen Krankheit, wie beispielsweise IB, könnte der Impfplan entsprechend angepasst werden», verdeutlicht Gächter.

Die folgenden Gründe sind vor allem ausschlaggebend dafür, weshalb sich Impfpläne unterscheiden können:

  • geografische Lage des Betriebs
  • Infektionsgeschehen und Krankheitsgeschichte des Betriebs
  • viele beteiligte Parteien (TierhalterInnen, Brüterei, Aufzuchtorganisation, Eiervermarkter, TierärztInnen)

Eine grosse Rolle spielt auch die Herkunft der Küken. «Gegen was geimpft wurde, hängt von der jeweiligen Brüterei und deren Impfkonzept ab», so Gächter. Um nachfolgende Impfungen für die Aufzucht oder die Mast zu planen, muss man sich also am Impfkonzept der jeweiligen Brüterei orientieren.

Gegen was beim Geflügel in der Schweiz geimpft wird

Trotz Unterschiede zwischen den verschiedenen Betrieben ist ein gewisses «Muster» zu erkennen, welche Impfungen in der Schweizer Geflügelhaltung in den bestimmten Bereichen (Brüterei, Aufzucht, Mast) eingesetzt werden. Das hat laut Bettina Gächter vor allem damit zu tun, dass es in der Schweiz eine vergleichsweise begrenzte Anzahl an verfügbaren und zugelassenen Impfstoffen gibt.

In der Praxis werden häufig die folgenden Impfungen verabreicht:

Brüterei konventionell: Kokzidien, Marek, Gumboro, IB

Brüterei bio: Marek, IB, teilweise Kokzidien

Aufzucht Legehennen konventionell: IB, AE (Aviäre Enzephalomyelitis)

Aufzucht Legehennen bio: Gumboro, IB, AE

Legehennen (Einstallung): IB und Mycoplasmoides gallisepticum (MG) in den Muskeln

Legehennen (Legeperiode): IB

Mastpoulets: Gumboro, IB

Die Kosten variieren je nach Betrieb, Impfstrategie, Anzahl und Art der Impfungen. «Bei Legehennen belaufen sich die Kosten auf etwa drei Rappen pro Tier, wenn ein Betrieb regelmässig impft», zeigt Bettina Gächter auf.

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Stallspezifische Impfstoffe sind teuer

Im Geflügelbereich werden stallspezifische Impfstoffe vor allem gegen Coli, Mykoplasmen, Pasteurellen und Rotlauf angewendet. Stallspezifische Impfstoffe werden speziell für einen bestimmten Betrieb hergestellt.

Für die Herstellung werden im ersten Schritt Tiere oder Bakterientupfer ans Tierspital Zürich/Bern geschickt. Dort werden die Bakterien angezüchtet und möglichst viele verschiedene Stämme entnommen. Anschliessend werden die Bakterienisolate eingefroren und ins Ausland geschickt. Dort werden sie typisiert und analysiert. Ein detaillierter Bericht liefert Informationen, welche Stämme genau vorhanden sind. Anhand dieser Informationen wird dann ein Impfstoff hergestellt, der genau gegen diese Stämme wirken soll.

«Das lohnt sich in erster Linie für Betriebe, die mehrere Umtriebe lang mit der gleichen Krankheit Probleme hatten», so Bettina Gächter. Stallspezifische Impfstoffe werden in der Schweiz im Geflügelbereich aktuell aber selten eingesetzt, da das Herstellungsverfahren teuer und sehr aufwendig ist. «Um 2000 Tiere zu impfen, bezahlt man im Schnitt 2500 bis 3000 Franken. Im Minimum dauert es zudem drei Monate, bis so ein Impfstoff fertig hergestellt ist», ergänzt die Tierärztin. Im Rindviehbereich haben sich stallspezifische Impfstoffe bisher stärker durchgesetzt.

Bestimmte Impfungen sind verboten

Neben den Impfstoffen, die in den Schweizer Geflügelhaltungen eingesetzt werden, gibt es auch solche, die explizit verboten sind. «Dass es in der Schweiz verbotene Impfstoffe gibt, hängt mit der Tierseuchenverordnung zusammen. Um von einer bestimmten Seuche ‹frei› zu sein, muss nachgewiesen werden, dass keine Antikörper im Umlauf sind», erklärt Bettina Gächter. Die Produktion von Antikörpern anzuregen, ist jedoch genau das Ziel einer Impfung.

Relevante Impfungen, die in der Schweiz verboten sind, sind diejenigen gegen Salmonellen, ILT (Infektiöse Laryngotracheitis) und Newcastle. Gegen alle diese Krankheiten wird im Ausland geimpft. «Wieso man gegen Newcastle immer noch nicht impft, ist für mich fragwürdig, da praktisch alle unsere Nachbarländer diese Impfung einsetzen», sagt Gächter.

Folglich sind die meisten Tiere, die aus dem Ausland importiert werden, geimpft. Diese müssen dann in der Schweiz aufgrund der vorhandenen Antikörper gekeult werden. «Werden Küken importiert, sollte darauf geachtet werden, dass diese noch nicht geimpft sind. Generell wird aber empfohlen, Geflügel nicht aus dem Ausland zuzukaufen», sagt die Tierärztin.

Auch gegen die Vogelgrippe gibt es in der Schweiz noch keinen zugelassenen Impfstoff. Das liegt laut Bettina Gächter in erster Linie daran, dass die Entwicklung des Impfstoffes noch nicht so weit ist.

Impfstoffe auf dem Betrieb richtig verabreichen

Grundsätzlich wird in der Praxis über das Trinkwasser geimpft, da dies die sicherste Möglichkeit ist, um möglichst viele Tiere zu erreichen. In Brütereien erfolgen diese Impfungen mittels Sprayapplikation, wodurch sich im Kükenflaum Flüssigkeitstropfen ansammeln, welche die Tiere sich während des Transports gegenseitig abpicken. Bei so verabreichten Impfstoffen handelt es sich um sogenannte «Lebendimpfstoffe».

«Totimpfstoffe», welche intramuskulär verabreicht werden, kommen bei Legehennen beim Einstallen oder bei Küken in der Brüterei zum Einsatz. Bei der Verabreichung von Impfstoffen über das Trinkwasser sind die folgenden Punkte besonders wichtig:

  • Lebendimpfstoff muss nach dem Anmischen innerhalb von zwei Stunden verabreicht werden, da die Impfviren oder -bakterien danach absterben und die Wirkung somit ausbleibt.
  • Wasser vor dem Impfen für zirka zwei Stunden abstellen, damit die Tiere Durst haben und möglichst alle trinken (bei der Aufzucht am Abend abstellen, um am nächsten Morgen zu impfen, bei Legehennen nach dem Legen während ein bis zwei Stunden abstellen und anschliessend impfen).
  • Tiere nicht zu lange dursten lassen, damit auch rangniedrige Tiere den Impfstoff einnehmen.
  • Möglichst kühles Wasser (10 bis 15 Grad) benutzen, um den Impfstoff gut aufzulösen.
  • Sauberkeit der Geräte (Dosatron, Kübel für das Anmischen usw.) sicherstellen.
  • Trinkwasserleitung vor der Verabreichung wenn möglich spülen.
  • Trinkwasserleitungen regelmässig auf die Funktion überprüfen (z. B. mit Dechlorierungstabletten, die das Wasser blau einfärben).
  • Impfstoffe richtig lagern (im Kühlschrank zwischen 2 und 8 Grad).

Wichtig zu wissen ist, dass es in jeder Herde Tiere gibt, die den Impfstoff nicht einnehmen und somit keine Antikörper haben. «Wenn man für jedes Tier eine Impfdosis miteinberechnet, also 100 Prozent der Herde impft, kann man davon ausgehen, dass bei 65 Prozent der Herde eine tragbare Immunität entsteht», verdeutlicht Gächter. Aus diesem Grund sollten theoretisch mehr Dosen verabreicht werden, als es Tiere gibt, was aber zu deutlich höheren Kosten führen würde.

Impferfolg überprüfen und bei Bedarf den Impfplan anpassen

Meistens wird während des jährlichen, obligatorischen Tierarzneimittelbesuches auch über die Impfstrategie gesprochen. «Gerade für Legehennenbetriebe empfiehlt es sich, mindestens vor dem Umtriebswechsel den Impfplan mit dem Tierarzt zu diskutieren», rät Bettina Gächter.

Folgende Massnahmen können dabei behilflich sein, den Impferfolg zu überprüfen:

  • Blutentnahme in der Aufzucht (ca. in der 15. Alterswoche), um Antikörper gegen Mykoplasmen und IB zu überprüfen.
  • Kotproben in der Aufzucht, um Kokzidien nachzuweisen.
  • Überprüfung der Eier bei Legehennen (zeigen häufig Krankheitsausbrüche an).
  • Gute Beobachtung des Gesundheitszustandes und der Leistung der Herde.

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«Regelmässiges Impfen zahlt sich im Nachhinein aus.»

Bettina Gächter, Tierärztin