Kurz & bündig
- Susanne und Thomas Leuenberger in Dürrenroth BE lassen ihre Milchkühe jeweils halbtags weiden.
- Im Stall erhalten die Kühe gemähtes Gras und ergänzendes Futter an der Station.
- Mit dieser Fütterungsstrategie sind Leuenbergers erfolgreich: Die Kühe sind gesund und geben gehaltvolle Milch.
- Um den neuen Weidebeitrag zu lösen, reicht die Weidefläche nicht aus.
- Anders bei Michael Sutter: Der Landwirt erklärt, wie er seinen Vollweide-Betrieb auf die Auflagen rund um den Weidebeitrag ausrichtet.
In den zwei letzten März-Wochen ist das Gras beträchtlich gewachsen. Auf der Weide von Familie Leuenberger steht es anfangs April fausthoch, grün und saftig. Doch noch haben Susanne und Thomas Leuenberger ihre Kühe nicht auf die Weide gelassen. Das Wetter war in Dürrenroth BE bis anhin zu unbeständig und nass. So auch an diesem Morgen, an dem es regnet, stürmt und sogar blitzt und donnert.
Leuenbergers Betrieb liegt an den Emmentaler Hügeln. In den teils stotzigen Hängen würden die Kühe in der nassen Weide zu grossen Schaden verursachen. Sobald die Weide etwas abtrocknet ist, steht dem Weidegang nichts mehr im Wege.
«Rund um den Stall liegen vier Weiden, die wir nacheinander abgrasen lassen», erklärt der Landwirt. Nachdem Leuenberger die Kühe am Morgen gemolken hat, werden sie auf die Weide gelassen. Damit die Tiere motiviert sind, nach draussen zu gehen, unterteilt Thomas Leuenberger die Weide jeweils mit einem Zaun, damit jeden Tag frisches, unzertrampeltes Gras zur Verfügung steht.
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Die erste Weide reicht für die Herde von 36 Kühen für zwei Tage. Thomas Leuenberger ist also nicht beunruhigt, dass das Gras mittlerweile eine gewisse Höhe erreicht hat: «Die Kühe können da gut mithalten und werden das Gras sauber herunterfressen.»
Für die Vollweide-Strategie reichte die Fläche nicht aus
Das Futter auf der Weide reicht nicht aus, um die Herde zu füttern. Daher holt Thomas Leuenberger die Tiere am Mittag in den Stall. Dort erhalten sie ebenfalls Gras, das Leuenberger vorher gemäht hatte. Dieses Eingrasen ist mit einem Zusatzaufwand verbunden. Denn das Gras könnten sich die Kühe auf der Weide selbst holen – ohne, dass extra gemäht werden muss.
Bis vor einigen Jahren hätten sie genau das gemacht, erzählen Leuenbergers. Damals verfolgten sie eine Vollweide-Strategie. Davon sind sie wieder weggekommen, weil mittlerweile das Futter nicht mehr ausreichte. «Nach dem Um- und Ausbau des alten Anbindestalls waren anfangs nicht alle Plätze besetzt. Mittlerweile halten wir ein paar Kühe mehr. Ausserdem habe ich den Eindruck, dass in den trockenen Jahren 2018 und 2022 viel weniger Gras auf der Weide gewachsen ist», sagt Thomas Leuenberger.
Bei der Leistung seiner Holstein-Kühe von rund 8'900 Litern Milch pro Laktation reiche das Weidefutter grundsätzlich eher knapp aus, um die nötige Energie und das Eiweiss zu liefern, gibt Leuenberger zu bedenken. «Da wären sicher andere, extensivere Rassen geeigneter.»
Aus diesen Gründen konnte auch der neue Weidebeitrag (siehe Kasten am Ende des Artikels) Leuenbergers nicht dazu motivieren, wieder auf Vollweide umzustellen. «Die geforderten 70 % der gesamten TS könnten wir den Kühen auf unseren Weiden nicht zur Verfügung stellen», sagt Thomas Leuenberger.
Er löst mit seinen 2,8 Hektaren Dauerweide plus zusätzlich nahe gelegenen Kunstwiesen den Tierwohlbeitrag RAUS. Auch bei diesem Beitrag hat es Neuerungen gegeben: Seit anfangs 2023 müssen neu 4 Aren pro Grossvieheinheit zur Verfügung stehen – wobei Umtriebsweiden, welche ja nicht permanent die gewünschte Fläche haben, nicht von RAUS ausgeschlossen werden.
Betriebsspiegel der Familie Leuenberger
Susanne und Thomas Leuenberger, mit Fabian, Andrin und Jannik, Dürrenroth BE
LN: 31 ha
Kulturen: Futterweizen, Wintergerste, Kartoffeln, Kunst- und Naturwiese, Weide
Tierbestand: 36 Milchkühe (Holstein und Red Holstein), Aufzuchttiere gehen im Vertragzum Nachbarn.
Arbeitskräfte: Thomas und Susanne Leuenberger, mit Unterstützung von Fabian, Andrin und Jannik – sofern sie neben Schule und Lehre Zeit dazu finden.
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Fütterungsplane erleichtert das Eingrasen beträchtlich
Mit der aktuellen Fütterungsstrategie seien sie zufrieden, sind sich Susanne und Thomas Leuenberger einig. Der Arbeitsaufwand für die Fütterung halte sich in Grenzen.
Die Kunstwiesen sind in Stallnähe und die Fahrt mit dem gemähten Gras im Ladewagen dadurch kurz. Im Futter-Tenn des alten Anbindestalls fährt Leuenberger mit dem Ladewagen auf eine weisse Plane, die am Boden liegt, und legt das Gras darauf ab.
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Anschliessend fährt er mit dem Traktor wieder weg und hängt die Plane in der Mitte an eine Reihe von Haken. Nach und nach wird die Plane mit dem Futter nun hochgezogen, wodurch das Gras nach links und rechts hinunterrutscht und dort in der Futterkrippe landet. Leuenbergers sparen sich somit das Gabeln und die Kühe können erst noch weniger wählerisch fressen und das Futter wegschieben. «Ich würde diese Plane nicht mehr hergeben», lobt Thomas Leuenberger.
Die Plane kommt nicht nur während der Vegetationsperiode zum Einsatz, sondern ebenfalls im Winter: Dann mischt Thomas Leuenberger jeden Tag eine frische Totalmischration (TMR) aus Heu, Emd, Luzerne, Trockengras, Kartoffeln, Rübenschnitzel, Melasse und Eiweisskonzentrat an, welche er anschliessend mit dem Futtermischwagen auf der Plane verteilt.
Die Zusammenstellung dieser TMR lässt Thomas Leuenberger regelmässig berechnen. Als Grundlage nimmt er einmal im Jahr eine Heuprobe, um dessen Gehalte zu kennen. Ausgehend davon passt er die restlichen Komponenten der Futterration an. Über die Futterstation werden zusätzlich im Sommer und Winter Energie-, Startphasen- oder Eiweissfutter ausgeglichen.
Gehaltvolle Milch ist ein gutes Zeichen: Die Fütterung stimmt
Die Fütterungsstrategie sagt nicht nur Leuenbergers zu, sondern es mundet auch den Kühen. Sie sind gesund und liefern ausserdem gehaltvolle Milch: Für die 4,41 % Fett und die 3,46 % Eiweiss erhalten Leuenbergers Gehaltszahlungen von der Käserei Dürrenroth, bei der sie die Milch abliefern.
«Im Winter war ich besonders zufrieden mit den Gehalten. Wären die Kühe nicht gut versorgt, würden diese Zahlen sicherlich anders aussehen», ist Thomas Leuenberger überzeugt.
Für den Weidebeitrag angemeldet: Was bleibt jetzt zu tun?
Am 1. Januar 2023 wurde das neue Tierwohlprogramm «Weidebeitrag» eingeführt. Wer eine oder mehrere Kategorien seines Rindviehs anmelden will, muss bei allen anderen Rinder-Kategorien das RAUS-Programm erfüllen. Nebst dieser Voraussetzung müssen Tiere ab dem 160. Lebenstag mindestens 70 % der Trockensubstanz auf der Weide fressen – um nur eine von mehreren Anforderungen zu nennen. Landwirt Michael Sutter verfolgt eine Vollweide-Strategie und hat den Betrieb für den Weidebeitrag angemeldet. Er bewirtschaftet den Hof in Bretzwil BL in einer Generationengemeinschaft mit seinem Vater (siehe auch die Reportage in «die grüne» vom Juni 2022).
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Herr Sutter, mussten Sie Anpassungen im Weide- oder Futtermanagement machen, um die Auflagen zu erfüllen?
Michael Sutter: Nein, beim Weide- oder Futtermanagement nicht, da wir bereits seit 13 Jahren Vollweide machen. Jedoch mussten wir einen neuen Kälberstall bauen, damit alle Rinder-Kategorien RAUS erfüllen.
Wie stellen Sie sicher, dass 70 % der TS auf der Weide geholt werden?
Wir messen mit dem «Rising Plate Meter» einmal in der Woche die Grashöhen, zumindest bis im Juni. Da wir Vollweide machen, erübrigt sich das Nachrechnen des Anteils. Im Sommer leiden unsere Weiden in der Regel unter Trockenheit, weshalb wir normalerweise für eine gewisse Zeit zufüttern. Da wissen wir jedoch genau, wieviel im Stall gefressen wurde. Grundsätzlich stelle ich mich auf den Standpunkt, dass ich jederzeit genügend Weidefläche (gemäss BLW-Rechner) bereitstellen muss. Wenn wir auf diesen Flächen aufgrund von Trockenheit kein Futter mehr haben, sollte dies aus meiner Sicht kein Grund sein, weshalb wir aus dem Programm fliegen sollten.
Wie halten Sie das für die externe Kontrolle fest?
Zusätzlich zu den genannten Überprüfungen führen wir ein Weidejournal. Darin ist ersichtlich, welche Weideflächen zum jeweiligen Zeitpunkt den Kühen zur Verfügung stehen.
Wie können Sie in Phasen des geringen Graswachstums das nötige Futter garantieren?
Gemäss dem Rechner des BLW benötigen wir rund 13 ha Weidefläche. Effektiv stehen uns rund 28 ha zur Verfügung. Wir haben also genügend Reserve.
