Der Herbst bringt Herausforderungen für die Weidehaltung von Kühen. Proteinreiches Gras und feuchte Bedingungen erhöhen das Risiko von Pansenblähungen, die zu ernsthaften Stoffwechselproblemen führen können. Eine ausgewogene Fütterung und das richtige Management der Weideflächen sind entscheidend, um die Gesundheit der Tiere zu schützen und die Nutzung des Herbstgrases zu optimieren.


Wie entsteht eine Pansenblähung?

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Das proteinreiche, energiearme Gras kann dazu führen, dass es im Pansen zu Schaumbildung kommt. Die Gase, die bei der Fermentation des Futters durch die Mikroorganismen entstehen, können wegen des Schaums nicht mehr ausgerülpst werden. In der Folge besteht die Gefahr, dass sich der Pansen bläht.

Die Mikroorganismen im Pansen brauchen ein ausgewogenes Futter, in dem sich verfügbare Eiweisse und verfügbare Energie die Waage halten. Andernfalls kann nicht alles Eiweiss verwertet werden. Der überflüssige Stickstoff (ein wichtiger Bestandteil von Proteinen) muss stattdessen ausgeschieden werden.

Das geschieht, indem die Leber das Ammoniak (ein Gas, das Stickstoff enthält) zu Harnstoff umwandelt und diesen über die Milch ausscheidet. Die Leber wird bei dieser Aufgabe stark beansprucht. Insgesamt ist dadurch der Stoffwechsel belastet, die Leber ist beispielsweise bei weiteren Entgiftungsprozessen gehemmt.

Das macht die Kuh anfälliger für Infektionskrankheiten. Das Energiedefizit kann ausserdem den Stoffwechsel entgleisen lassen, beeinträchtigt die Fruchtbarkeit und kann zu Klauenerkrankungen führen. 


Wie erkenne ich Blähungen?

  • Fressunlust
  • Häufige Kot- und Urinabscheidung
  • Atemfrequenz und Herzfrequenz steigen an
  • Maulatmung mit herausgestreckter Zunge
  • Ausdehnung der linken Flanke

 


Wie behandle ich geblähte Kühe?

Bei den ersten Anzeichen ruft man den Tierarzt an. Gleichzeitig sollte den Kühen das Futter sofort weggenommen respektive die Tiere von der Weide geholt werden. Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass nicht nur eine Kuh, sondern mehrere betroffen sind und weitere Tiere in den nächsten Stunden ebenfalls Symptome zeigen.

Wenn die Lage akuter wird, kann den Kühen Speiseöl verabreicht werden. Das Öl verringert die Oberflächenspannung, was wiederum das Zusammenfliessen kleiner Gasblasen zu grösseren Blasen erleichtert, die leichter aufsteigen und entweichen können. Im Idealfall steht die Kuh vorne leicht erhöht und die Flüssigkeit wird mittels Schlundsonde verabreicht.

Im absoluten Notfall reicht die Zeit, bis der Tierarzt auf Platz ist, oft nicht aus, und der Pansenstich muss selbstständig durchgeführt werden. Die Wundversorgung und Nachbehandlung sollte aber auf jeden Fall gemeinsam mit dem Tierarzt erfolgen. Dieser absolute Notfall tritt dann ein, wenn die Eingabe von Öl oder Blähmittel keine Besserung gezeigt hat oder das Tier bereits eine stark verstärkte Maulatmung mit hervorgestreckter Zunge zeigt.

Die Liebegg gibt in einem Merkblatt Tipps.


Wie füttere ich im Herbst?

Die erhöhten Harnstoffwerte aufgrund von proteinreichem Futter können in der Milch gemessen werden. Entsprechend sollte die Fütterung ausgeglichen werden: Das proteinreiche Herbstgras wird im Stall durch energiereiche Futtermittel wie Mais oder Getreide ergänzt.

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Heu in der Ration bewirkt ausserdem, dass strukturreiches Futter in den Pansen gelangt – eine gute Ergänzung zum strukturarmen, jungen Herbstgras. Heu hat zudem den Vorteil, dass es beim Kauen die Speichelproduktion ankurbelt. Der Speichel enthält Proteine, die wie ein natürliches Antischaummittel wirken – und damit der Schaumbildung im Pansen entgegenwirken.


Das Futter konservieren statt eingrasen oder beweiden

Statt zu beweiden oder einzugrasen, kann das Herbstgras auch siliert werden – was jedoch anspruchsvoll ist. Zum einen können die kühleren und nasseren Wetterbedingungen eine Herausforderung sein. Zum anderen enthält das Herbstgras weniger Zucker. Den Milchsäurebakterien steht damit weniger Nahrung zur Verfügung, was wiederum die Ansäuerung der Silage verlangsamt. Es kann zur Nacherwärmung der Silage kommen.

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Daher empfiehlt es sich, die Herbstgrassilage im Winter, bei tieferen Temperaturen, zu verfüttern. Ergänzt wird diese Silage am besten mit einem struktur- und energiereichen Futtermittel, wie etwa Maissilage.

Falls das Silo schon voll ist oder die Bedingungen zum Silieren nicht stimmen, kann das Gras alternativ in einer «Grasdeeri» getrocknet und zu Pellets verarbeitet werden. 


Beweiden

 

Wer beim RAUS-Programm mitmacht, muss den Kühen bis zum 31. Oktober an mindestens 26 Tagen pro Monat Auslauf auf der Weide gewähren. «Diese Herbstweide bietet eine gute Möglichkeit, das vorhandene Gras noch zu nutzen und so ein fausthohes Einwintern zu ermöglichen», sagt Anja Schmutz, Beraterin an der Liebegg.

«Wichtig ist, dass das Futter sauber abgefressen wird und sich in den Weideresten keine Mäuse einnisten», sagt Schmutz. Wo viel Futter oder rohfaserreiche Gräser wie Knaulgras und Rohrschwingel vorhanden sind, müsse die Weidefläche daher strenger unterteilt werden, erklärt die Beraterin. Dafür eignet sich die Portionenweide. Die Umtriebs- oder die Kurzrasenweide eignen sich bei feuchtem Boden, weil sich die Tiere auf der Fläche besser verteilen und es so zu weniger Trittschäden kommt.

Dichte, weidegewohnte Bestände mit Gras-Klee-Mischungen seien problemlos zum Weiden, so Schmutz. Es sei einzig zu beachten, dass im Stall genügend rohfaserrreiches Heu zugefüttert wird, um bei übermässigem Kleeanteil (über 30 Prozent) Pansenblähungen zu vermeiden.

Auch Zwischenfutter können beweidet werden. «Der hohe Protein- und Wassergehalt muss in der Fütterung respektive der Ergänzung zwingend beachtet werden», erinnert Schmutz. «Gründüngungen sind hingegen nicht für die Beweidung gemacht. Sie enthalten Pflanzen von geringem oder schlechtem Futterwert und sind nicht trittfest.»