Kurz & bündig

- Effiziente Abläufe müssen bei der Planung vom Stallbau von Anfang an durchdacht werden.
- Tägliche Routinearbeiten sollen möglichst automatisiert werden.
- Klare Wegeführung einplanen und Erweiterbarkeit des Stalls ermöglichen.
- Tierwohl mit viel Platz und Luft steht im Vordergrund.

Ein Stallneubau ist für viele Landwirte ein einmaliges Projekt im Berufsleben. Deshalb sind die Erwartungen entsprechend hoch. Für Marcel Röösli aus Escholzmatt LU war klar: «Wenn ich neu baue, dann so, dass ich meine Tiere alleine betreuen kann und dabei keine Umwege oder Leerläufe entstehen.»

Gemeinsam mit der Firma Krieger AG plante er seinen Milchviehstall, der 2024 fertiggestellt wurde. «Die Planung ist entscheidend. Nur wenn Abläufe, Einrichtungen und Dimensionen von Beginn weg durchdacht sind, funktionieren die Abläufe im Alltag», sagt Projektleiter Pius Bucher zur Bedeutung dieser Vorarbeit.

Marcel Röösli hatte beim Planungsbeginn klare Vorstellungen, was der neue Stall erfüllen muss. Seine wichtigsten Punkte waren:

  • Arbeiten im Einmannverfahren
  • Sofortige Tierbehandlungen
  • Smarte Automatisierung
  • Tiergerechtes Stallklima
  • Klare Wegeführung und Erweiterbarkeit 

«Bei der Planung muss man die Baukosten genau rechnen und dabei auch die Auflagen der Behörden im Auge haben. Kompromisse, die zu arbeitstechnischen Einschränkungen führen, dürfen keine eingegangen werden. Diese bereut man sonst schnell», sagt Pius Bucher mit Nachdruck.

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Automatisierung als täglicher Helfer

Als Beispiel erwähnt Marcel Röösli den Klauenpflegestand, der immer einsatzbereit ist. «Dieser ist im Stall integriert und muss für eine Behandlung nicht erst von anderswo hingefahren werden. Dazu hilft mir die Separierung mit dem Melkroboter sehr. Will ich eine Kuh separieren, um beispielsweise die Klauen zu kontrollieren, gebe ich diesen Auftrag im System ein und nach dem Melken wird die Kuh nicht zurück zur Herde, sondern in das Behandlungsabteil geleitet. Auch brünstige Kühe werden so automatisch separiert», sagt Marcel Röösli.  [IMG 5]

«Die Funktionsbereiche im Stall müssen gut durchdacht sein.»

Marcel Röösli, Landwirt

Die Einrichtungen und die Aufteilungen im Stall sind also entscheidend, damit solche Lösungen umgesetzt werden können. Der Nutzen solcher Lösungen zeigt sich nicht nur darin, dass hier das Einmannverfahren umgesetzt wurde, bei dem nicht eine zweite Person benötigt wird, welche beispielsweise Abtrenngitter öffnet und schliesst. «Wenn ich bei einer Kuh etwas kontrollieren will, muss ich also nicht zuerst eine Mithilfe organisieren, sondern kann unabhängig vorgehen. Aber ich kann eine Kuh natürlich auch direkt aus der Herde holen und in den Behandlungsbereich bringen, wenn ich nicht zuwarten kann, bis sie der Melkroboter separiert», sagt Marcel Röösli.

Sofort handeln statt abwarten

Da der Behandlungsstand wie erwähnt direkt im Stall integriert ist, kann eine Klauenpflege oder eine andere Kontrolle jederzeit ohne grossen Vorbereitungsaufwand vorgenommen werden. «Es ist für mich kein grosser Aufwand, rasch die Klauen zu kontrollieren, wenn ich bei einem Tier den Eindruck habe, es laufe nicht rund. Dann mache ich es sofort. Ich warte nicht erst noch ab, in der Hoffnung, es werde dann schon besser. Das ist gut für die Tiergesundheit und ich kann dabei wirtschaftlich profitieren», sagt Röösli.

«Wir haben bei diesem Bauprojekt vieles automatisiert, was den Betriebsleiter bei der täglichen Routinearbeit unterstützt und effiziente Betriebsabläufe ermöglicht. Wenn man heute baut, ist die Planung extrem wichtig, damit diese Ziele erreicht werden können. Denn in der Landwirtschaft stehen immer weniger Arbeitskräfte zur Verfügung und die Verantwortung wird grösser», so Pius Bucher.

Nicht ohne Grund erwähnt Bucher auch den Komfort im Kälberstall mit viel Platz, gutem Klima und heizbarer Kälberbox. Nötig sei aber auch genügend Zeit für das Management der Kälber. So einfach es töne: «Ein gesundes Kalb von heute ist die leistungsfähige Kuh von morgen», sagt Bucher.

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Behördenauflagen bei der Planung berücksichtigen

Beim Tierwohl gibt es bei heutigen Bauten keine Kompromisse. Alle Abmessungen bei Flächen und Breiten von Einrichtungen werden, wenn immer möglich, mit Reserve gegenüber den geltenden Normen realisiert. Dass eine gute Lufthygiene für die Gesundheit und die Leistung der Kühe sehr wichtig ist, hat man längst erkannt.

«Wenn man die Möglichkeit hat, einen Stall frei von bestehenden Gebäuden und Einrichtungen zu bauen, erreicht man eine sehr hohe Qualität bei den erwähnten Bereichen. Die baulichen und einrichtungsmässigen Herausforderungen hat man im Griff», sagt Pius Bucher aufgrund seiner Erfahrung. Heute seien es vor allem Behördenauflagen, welche ein Bauprojekt zu einer Herausforderung machen. Baubewilligungsverfahren würden umso aufwendiger, je mehr Fachstellen involviert seien, erwähnt Pius Bucher.

Beim neuen Stall von Marcel Röösli war dies auch der Fall. So haben sich beispielsweise die Auflagen bei der Ammoniakreduktion direkt auf die Bauplanung ausgewirkt, da eine grössere Güllegrube gebaut wurde. 

Ammoniakreduktion beim Stallbau

In der Schweiz sind die Vorschriften zur Reduktion von Ammoniakemissionen beim Stallbau kantonal geregelt. Bereits ab einer Grösse von fünf Grossvieheinheiten (GVE) müssen entsprechende Massnahmen eingeplant werden, um vorgegebene Emissionsgrenzwerte einzuhalten. Dafür kommen unter anderem angepasste Laufgänge und Spaltenböden oder eine bessere Abstimmung der Tierhaltung auf die verfügbare Nutzfläche zum Einsatz. Die genauen Anforderungen sowie die dafür notwendigen Punkte sind in kantonalen Massnahmenplänen festgelegt. 
Der kantonale Massnahmenplan des Kantons Luzern, in dem sich der Betrieb von Marcel Röösli befindet, hat das Ziel, die Ammoniakemissionen aus der Luzerner Landwirtschaft bis 2030 gegenüber dem Jahr 2014 um 20 Prozent zu reduzieren. Damit sollen im Rahmen von Bauvorhaben bauliche Massnahmen zur Verminderung von Ammoniakemissionen umgesetzt werden. In Abhängigkeit des Bauvorhabens und der Tierintensität muss eine bestimmte Punktzahl aus einem vorgegebenen Massnahmenset erreicht werden. Die Anzahl der geforderten Punkte ist von der Anzahl GVE abhängig. Marcel Röösli musste elf Punkte erreichen.

Er punktete vor allem beim Tierbesatz (GVE/ha) und wählte weitere Massnahmen, welche ihm in der Praxis einen Nutzen bringen, zum Beispiel mit mehr als einem Monat zusätzliche Lagerkapazität für Gülle. Das bedeutet für seinen Betrieb in der Bergzone I und II eine Lagerdauer von sieben Monaten. Die Komplexität heutiger Bauten ist gross und geht über agronomische Anforderungen hinaus. Es lohnt sich, wenn bei einem Stallbauprojekt ein spezialisiertes Unternehmen einbezogen wird. So können Behördenauflagen von Beginn weg berücksichtigt werden und die Planung entwickelt sich von Anfang an in eine bewilligungsfähige Richtung. Quelle: Merkblatt Ammoniakreduktion bei Stallbauten, Kanton Luzern

Zurück zu fachlichen Entscheiden beim Bauen: So wurde der neue Stall von Marcel Röösli auf drei Seiten offen gehalten, aber mit Curtains (Seitenrollwänden) ausgestattet. «Die Wände sind grundsätzlich immer offen, das gibt gute Luft. Zieht ein Unwetter auf, schliesse ich die Curtains. Bei der Dachentlüftung haben wir auf einen Lichtfirst verzichtet. Die Sonne würde sonst direkt auf den Futtertisch strahlen und das Futter erwärmen», sagt der Betriebsleiter. Die Seitenrollwände und die Beleuchtung kann er übrigens mit dem Handy über das Internet bedienen. Für die Bedienung nutzt er ein smartes System. Auch diese Einrichtung erleichtert die Arbeit.

Marcel Röösli hat den Betrieb im Jahr 2023 von seinen Eltern übernommen und begann bereits vorher mit der Planung des Neubaus. Bis dahin wurden 15 Milchkühe im bestehenden Anbindestall gehalten. Mit dem Neubau werden 39 Milchkühe gehalten. Das ist möglich, weil er seit mehreren Jahren noch einen Zweitbetrieb bewirtschaftet und mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von 26 Hektaren genug Futter produzieren kann. Vor dem Einzug in den Neubau hatte es auf dem Betrieb zusätzliches Futter, welches für den Verkauf produziert wurde.

Das Jungvieh wird in Zukunft auf externen Betrieben gehalten.

Durchdachte Wegeführung

Während der Vegetationszeit werden die Kühe geweidet und nehmen dort einen hohen Futteranteil auf. Im Stall wird die Fütterung mit Heu ergänzt. Im Winter wird Heu, Gras- und Maissilage eingesetzt und mit dem Futtermischwagen vorgelegt.

Durch das Weiden verlassen die Kühe logischerweise den Stall. Die Frage ist nur, wo sie aus dem Stall kommen und wie sich dies mit den weiteren Zugängen zum Stall einrichten lässt, damit sich die Wege nicht kreuzen. «Ich hatte eine klare Vorstellung, wie dieses Layout aussehen soll. Ich wollte eine klare Trennung der verschiedenen Funktionen, damit ich nicht den ganzen Tag den Vorplatz putzen muss, weil die Kühe darüber laufen», so Marcel Röösli.

Auf der ostseitigen Stirnseite sind der Vorplatz und der Hauptzugang zum Stall. Dort fährt auch der Milchtransporter zum Betrieb. Zudem werden die Siloballen ins Futtertenn zum Mischwagen gebracht. Auf der Westseite befinden sich das Mistlager und der Ausgang der Kühe Richtung Weide. Von dort aus gelangen die Kühe auf drei arrondierte Weidebereiche mit einer Fläche von insgesamt 13 Hektaren.

Durch diese Anordnung kreuzen sich also keine Auftriebswege mit der Zufahrt zum Stallgebäude.

Wachstum muss möglich sein

An der Westseite, wo die Tiere verkehren, könnte der Stall dereinst erweitert werden.

Für Stallbauplaner Pius Bucher von der Krieger AG ist es der Idealfall, wenn bei einem Neubau nebst der optimalen Stalleinrichtung mit guten Abläufen auch noch eine Erweiterbarkeit besteht und bei zukünftigen Entwicklungen Wachstum möglich ist. [IMG 4]

«Arbeitstechnische Einschränkungen müssen vermieden werden.»

Pius Bucher, Stallbauplaner

Betriebsspiegel der Familie Röösli

Marcel Röösli, Escholzmatt LU
LN: 26 ha, Bergzone I und II
Kulturen: Grünland und 1 ha Silomais
Tierbestand: 39 Milchkühe
Arbeitskräfte: Betriebsleiter, Mithilfe Ehefrau Sara und Vater Josef Röösli