Kurz & bündig
- Durch das Wiegen seiner Mastschweine kann Landwirt Silvan Vogel zu schwere und zu leichte Schweine vermeiden und einen besseren Schlachterlös erzielen.
- Der zeitliche Aufwand für das Wiegen ist gering und liegt bei unter einer Minute pro Schwein.
- In der Praxis ist die fahrbare, geeichte Einzeltierwaage das häufigste Hilfsmittel zur Gewichtsbestimmung von Mastschweinen. Systeme mit künstlicher Intelligenz sind in der Schweiz in Entwicklung.
Seit fast 30 Jahren werden auf dem Fluhhof im seeländischen Ins Mastschweine gehalten. «Mein Vater hat 1996 mit rund 100 Freilandschweinen angefangen. Da immer mehr Fläche notwendig wurde, haben wir aufgrund der Kapazitäten unseres Betriebs mit den Freilandschweinen aufgehört», erzählt Landwirt Silvan Vogel.
Im Jahr 2003 wurde auf dem Fluhhof ein Mastschweinestall für 306 Tiere gebaut. 2010 folgte der Neubau eines zweiten, identischen Mastschweinestalls. Die Tiere in der Vormast werden in 36er-Buchten gehalten, diejenigen in der Ausmast in 18er-Buchten. Die Schweine der Rasse Premo werden nach den Richtlinien von IP-Suisse gehalten.
Der Betrieb arbeitet mit der Anicom zusammen, welche die Ferkel liefert und die schlachtreifen Schweine vermarktet. Die Schweine werden jeden Dienstag in Courtepin FR bei der Micarna geschlachtet. «Jede Woche werden bei uns Ferkel angeliefert und Schweine wegtransportiert», ergänzt Vogel.
Wie viele Tiere angeliefert und wie viele wegtransportiert werden, variiert je nach Woche. Jährlich werden auf dem Betrieb etwa 2000 Schweine ausgemästet. Weiter kann Silvan Vogel jede Woche zehn Schweine an die Dorfmetzgerei verkaufen, welche am Montag geschlachtet werden. Die Transporte zum Schlachthof und zur Metzgerei erledigen Silvan Vogel und sein Vater Heinz Vogel jeweils selbst mit dem eigenen Viehtransporter, der Platz für 70 Mastschweine bietet. Dies ist gut möglich, da der Schlachthof in Courtepin nur eine halbe Stunde Transportweg erfordert.
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Jeden Mittwoch werden auf dem Fluhhof Schweine gewogen
Seit auf dem Fluhhof Schweine gehalten werden, werden auch Schweine gewogen. Im Jahr 2007 hat der ehemalige Betriebsleiter Heinz Vogel im Rahmen der Suisse Tier sogar eine Auszeichnung für genaues Wiegen erhalten.
Gewogen werden die Schweine jeden Mittwoch in der Woche vor der Schlachtung. Als Waage benutzt Silvan Vogel eine geeichte Einzeltierwaage. Eine solche Waage kostet etwa 2500 bis 3500 Franken. Im Zeitraum von fast 30 Jahren ist auf dem Fluhhof heute die dritte Waage im Einsatz. Für das Wiegen laufen die Schweine durch den Treibgang über die Waage. Die Waage zeigt das Gewicht mittels digitaler Anzeige an. Die Schweine, welche das Zielgewicht erreicht haben, werden mithilfe eines Sprays mit einem blauen Strich gekennzeichnet.
Die Tiere gelangen nach dem Gang über die Waage in den Auslauf der nächsten Bucht und können danach wieder retour in den Auslauf der eigenen Bucht getrieben werden. Nach dem Wiegen wird die Anzahl an Schweinen gezählt, welche in der folgenden Woche schlachtreif sind.
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«Das ideale Schlachtgewicht liegt bei 85 bis 87 kg», sagt Vogel. Bei durchschnittlichen Tageszunahmen von 850 g sollten die Tiere am Mittwoch beim Wiegen rund 109 kg Lebendgewicht aufweisen. Die Dorfmetzgerei bevorzugt schwerere Tiere mit etwa 90 kg Schlachtgewicht. Durch die jahrelange Erfahrung mit dem Wiegen haben Silvan und Heinz Vogel ein gutes Auge entwickelt, ob sich die Schweine im idealen Gewichtsbereich befinden. In der Regel reicht deshalb auch ein einmaliges Wiegen pro Schwein.
Der zeitliche Aufwand für das Wiegen ist gering und liegt bei unter einer Minute pro Schwein. In einer Stunde können durch eine Person 75 Schweine gewogen werden.
Das Wiegen bewährt sich. «Im besten Jahr hatten wir von 2000 Schweinen nur sieben Tiere, für welche wir Abzug bekommen haben, da sie nicht im idealen Gewichtsbereich lagen», so Vogel.
Das Wiegen stellt eine relativ einfache Lösung dar, den Anteil an Tieren im idealen Gewichtsbereich zu steigern. Zu viele Mastschweine ausserhalb des idealen Gewichtsbereichs können zu hohen Verlusten beim Mäster führen. Bei zu schweren Tieren kommen bei gleichzeitigem Abzug noch zusätzliche Kosten durch den Platz, die Arbeit und das Futter dazu. «Wenn man ein zu schweres Schwein liefert, wird man gleich mehrfach bestraft», verdeutlicht Vogel.
Silvan Vogel kann durch das Wiegen zu schwere und zu leichte Schweine vermeiden und einen besseren Schlachterlös erzielen. «So wie es wirtschaftlich im Moment aussieht, bin ich sehr zufrieden», sagt Vogel. Der Landwirt würde aufgrund der vielen Vorteile auch anderen Mästern raten, ihre Schweine regelmässig zu wiegen. Durch den Austausch mit Berufskollegen weiss er, dass das in der Praxis noch nicht so verbreitet ist.
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Betriebsspiegel Fluhhof
Silvan Vogel, Ins BE
LN: 20 ha
Kulturen: Weizen, Mais, Gerste, Triticale, Zuckerrüben, Raps
Tierbestand: 612 Mastschweine
Arbeitskräfte: Silvan Vogel, Vater Heinz Vogel
Wer nicht regelmässig wiegt, der verliert Geld
Als häufigstes Hilfsmittel zur Gewichtsbestimmung von Mastschweinen setzen Schweizer Schweinemäster die fahrbare, geeichte Einzeltierwaage ein. «Das Wägen schult das Auge und gibt Erfahrung für die Einschätzung des optimalen Schlachtzeitpunkts», sagt Adrian Schütz von Suisseporcs.
Ein weiteres Hilfsmittel, welches in der Praxis eingesetzt wird, ist das Massband, um den Bauchumfang zu messen und dadurch den Gewichtsbereich einzuschätzen. Dies sei gemäss Schütz ein einfaches Mittel für eine Ersteinschätzung, aber erfülle die Ansprüche an eine fehlerfreie Sortierung nicht. Eine gute Kennzeichnung der Tiere, rationelle Treibgänge sowie ein geschultes Auge seien zentral, damit nicht zweimal gewogen werden muss.
Die Mäster, welche ihre Schweine wiegen, tun das in der Regel zwei Wochen vor dem voraussichtlichen Liefertermin. Weiter würde es laut Adrian Schütz auch Schweinemäster geben, welche die Schlachtschweine beim Verladen wägen und die Ausbeute im Schlachthof damit überprüfen.
Wie viele Schweinemäster ihre Tiere tatsächlich wiegen, ist nicht bekannt. «Profis wägen oder haben es sonst im Griff. Wer nicht wiegt, verliert Geld», betont Schütz. Laut Aussagen von Mästern, welche ihre Schweine wiegen, erzielen diese durch die Wiegearbeit den besten Stundenlohn.
Wiegen mit digitalen Hilfsmitteln und künstlicher Intelligenz (KI)
Thomas Echtermann, Oberarzt Schweinemedizin an der Universität Zürich, gibt Auskunft zu digitalen Hilfsmitteln und KI bei der Gewichtserfassung von Schweinen.
Diese Systeme gibt es
Für die Gewichtserfassung beim Schwein stehen neben herkömmlichen Waagen folgende Systeme zur Verfügung:
- Waagen in Verbindung mit elektronischen Ohrmarken
- Kamerabasierte Gewichtserkennungen mittels Videoaufnahmen, kombiniert mit dem Einsatz künstlicher Intelligenz
- Bei der Gewichtserkennung muss dabei zwischen dem Wiegen ganzer Gruppen und dem Wiegen von Einzeltieren sowie stationären und mobilen Lösungen unterschieden werden.
In der Schweiz in Entwicklung
Der Einsatz von Gewichtserfassungen mittels KI ist beim Schwein in der Schweiz in Entwicklung. Aktuell werden sowohl kamerabasierte Systeme als auch die elektronischen Ohrmarken vor allem von Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen oder beispielsweise den Anbietern des Gesundheitsdienstprogrammes erprobt.
KI liefert zusätzlich eine Erklärung
Neben dem Wiegen ohne Tierkontakt, das zusätzlich zur Arbeitserleichterung vor allem zu einer Stressreduzierung für die Tiere führt, liegt der Vorteil der Gewichtserfassung mittels künstlicher Intelligenz darin, dass ein gutes System zeitgleich eine Erklärung für eine Veränderung mitliefern kann. Es sagt einem also nicht nur, dass dieses Tier nicht sein Idealgewicht hat, sondern kann auch mitbeurteilen, wie viel und wie oft dieses Tier oder die Gruppe zuletzt gefressen oder getrunken hat oder welchen Einfluss die letzte Umgruppierung, die letzte Erkrankung oder das Stallklima auf das Verhalten und damit auch auf die Gewichtsentwicklung gehabt hat.
Gelingt diese Interpretation, funktioniert künstliche Intelligenz im Sinne einer Früherkennung oder sogar Frühwarnung. Aber hierfür braucht es zu Beginn die Bereitschaft des Menschen, Daten zu liefern, erste Resultate zu prüfen, zu verwerfen und neue Impulse von aussen zu setzen, damit sich ein Algorithmus oder, anders gesagt, eine Entscheidungshilfe für einen Betrieb überhaupt entwickeln kann.