Kurz & bündig
- Um die Umtriebsdauer zu verlängern, führen gewisse Legehennenbetriebe einen Mauser-Umtrieb durch. Die Mauser wird dabei künstlich durch Licht- und Futteranpassungen ausgelöst.
- Auf dem Geflügelhof Schönenbühl werden mit wenigen Unterbrüchen alle Legehennen seit 50 Jahren gemausert.
- Die Mauser bietet Vorteile hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit (z. B. tiefere Produktionskosten pro Ei) und der Nachhaltigkeit. Herausforderungen liegen unter anderem bei der Planung.
Nach dem intensiven Regen freuen sich auch die Hühner vom Geflügelhof Schönenbühl in Wolfhalden AR, wieder den Auslauf zu erkunden. Sobald Landwirt René Bänziger die Schieber öffnet, schauen bereits die ersten neugierigen Köpfe raus. Kurz danach bewegen sich zwei braune Herden links und rechts in ihrem Auslauf, dazwischen eine Gruppe weisser Tiere: ein Farbspiel, das schön mitanzusehen ist.
Der Grossvater von René Bänziger hat bereits in den 1920er-Jahren mit der Geflügelhaltung angefangen, damals mit der Zucht und Brut von Legehennen mit späterer Spezialisierung auf die Eierproduktion. Im Jahr 1991 erfolgten der Neubau und die Umstellung auf Freilandhaltung, welche bis heute besteht. 2003 hat René Bänziger den Betrieb von seinem Vater übernommen.
Auf dem Geflügelhof Schönenbühl leben heute 6000 Legehennen. Aufgeteilt sind die Tiere in vier Herden:
- 2000er-Herde, braune Legehybriden
- 2000er-Herde, braune Legehybriden
- 1000er-Herde, braune Legehybriden
- 1000er-Herde, weisse Legehybriden
Die Herden weisen drei verschiedene Alter auf, wobei die beiden 1000er-Herden immer gleich alt sind. Dies ist so, weil René Bänziger alle seine Junghennen selbst aufzieht und jeweils in 2000er-Gruppen plant.
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Schon in den 1990er-Jahren wurde auf dem Geflügelhof Schönenbühl die Direktvermarktung aufgebaut. 40 bis 50 Prozent der Eier werden heute direktvermarktet und grösstenteils per Lieferdienst an Privathaushalte verkauft. Weiter zählen einige Restaurants, Grossküchen, Bäckereien und Läden zu den Kunden. Der andere Teil der Eier wird durch die Ei AG abgenommen und über das Label Coop Naturafarm vertrieben.
Ein natürlicher Prozess, der künstlich gesteuert wird
Die Mauser ist ursprünglich ein natürlicher Prozess, der bei Hühnern in der Regel im Herbst/Winter stattfindet. Der Prozess dauert zwei bis drei Monate und wird durch die abnehmende Tagesdauer und das karger werdende Nahrungsangebot ausgelöst. In dieser Zeit erneuern die Tiere ihr Federkleid und der Legeapparat kann sich regenerieren. Die Legepause während der natürlichen Mauser dauert mindestens drei Wochen. Anschliessend stabilisiert sich der Hormonhaushalt und die Tiere starten in eine neue Legeperiode.
Um die Umtriebsdauer zu verlängern, führen gewisse Legehennenbetriebe einen Mauser-Umtrieb durch. Die Mauser wird dabei künstlich durch Licht- und Futteranpassungen ausgelöst.
«Das Wichtigste ist sicher, dass die Betriebsleitung ihre Tiere kennt und diese gut beobachtet. Die Mauserphase ist sehr aufwendig und zeitintensiv, wenn sie zum ersten Mal durchgeführt wird», sagt Bettina Gächter, Tierärztin beim Geflügelgesundheitsdienst (GGD) in Regensdorf ZH. Zunächst sollte geplant werden, welche Massnahmen wann durchzuführen sind, wobei ein sogenannter «Mauserplan» erstellt wird.
Da die Mauser eine Zeit ist, in der die Tiere und besonders deren Immunsystem geschwächt sind, ist die Durchführung nur bei gesunden Herden zu empfehlen.
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«Es sollten nur absolut gesunde Tiere gemausert werden.»
Bettina Gächter, Tierärztin
Vor der Durchführung sollten Proben entnommen werden, um den aktuellen Gesundheitszustand der Herde zu erfassen. Zumindest eine Kotuntersuchung zur Bestimmung der momentanen Parasitenbelastung sollte unbedingt durchgeführt werden. «Ist diese zu hoch, sollte vor der Mauser entwurmt werden, je nach Schwere der Belastung sogar doppelt im Abstand von sechs Wochen. Zudem empfehlen wir die Durchführung einer Salmonellenprobe und, wenn nötig, die Entnahme von Blutproben zur Untersuchung auf Infektiöse Bronchitis (IB) und Mykoplasmen», erklärt Gächter.
Zeitlich sollte das Auslösen der Mauser laut Gächter frühestens ab der 65. und spätestens in der 75. Alterswoche durchgeführt werden. Die Lichtdauer (und bei Bedarf die Lichtintensität) wird reduziert, um den Tieren eine verkürzte Tageslänge und somit den Herbst bzw. den Winterbeginn zu signalisieren. Die Tiere sollen nun die Futterkette leerfressen und werden danach nur noch restriktiv mit Protein- und kalziumarmem Futter gefüttert. In dieser Phase sollte den Tieren der Zugang nach draussen verwehrt werden. Einerseits, um die Lichtdauer besser regulieren zu können, und andererseits, um die Tiere möglichst vor potenziellen Infektionen zu schützen.
Die Tiere stellen die Legetätigkeit dann komplett ein und die Legeleistung fällt auf 0 %. Der Eierstock und der Legedarm bilden sich in dieser Zeit stark zurück. Zudem verlieren die Tiere an Körpergewicht. Die eigentliche Mauser – das Wechseln der Federn – verläuft wie der Legeleistungsrückgang sehr abrupt, wobei über Nacht plötzlich enorme Mengen an Federn im ganzen Stall auftauchen. Die Tiere sind jedoch nie komplett nackt.
Zum Ende der Mauser folgt eine Regenerationsphase, bei der das Futter wieder gewechselt und das Lichtprogramm wieder normalisiert wird. «In dieser Zeit ist die Vitamin-, Aminosäuren- und Mineralstoffversorgung unbedingt sicherzustellen und falls möglich zu intensivieren. Die Zugabe eines hochdosierten Multivitamins (insbesondere eines mit Vitamin-B-Komplex) ist klar zu empfehlen», betont die Tierärztin. Die Tiere sollten nun ihre Federn regenerieren und die Legetätigkeit wieder aufnehmen. Sobald die Regeneration vollendet und die Legeleistung wieder stabil ist, kann der Zugang nach draussen wieder geöffnet werden.
Erfahrung mit der Mauser seit über 50 Jahren
Auf dem Geflügelhof Schönenbühl werden alle Legehennen – mit wenigen Unterbrüchen – seit 50 Jahren gemausert. Nach langjähriger Erfahrung werden heute die folgenden Massnahmen ergriffen, um die Mauser auszulösen:
- Alter der Tiere beim Auslösen der Mauser: nicht vor der 65. Alterswoche (AW), idealerweise in der 70. AW, kann sich je nach Planung verschieben
- Lichtreduktion: sofortige Reduktion von 13 Stunden auf 8 Stunden Licht pro Tag, Tageslänge wird am Nachmittag gekürzt
- Futterumstellung: sofortige Umstellung auf Mauserfutter (grösstenteils aus Kleie, hoher Rohfasergehalt)
- Futterreduktion: von 7 bis 8 auf 2 bis 3 Fütterungen pro Tag
- Kein Zugang zum Aussenklimabereich (AKB)
Wasser muss den Tieren weiterhin zur freien Verfügung stehen, diese trinken durch die kürzere Lichtdauer jedoch automatisch weniger.
Vom ersten Tag der Mauser bis hin zur vollen Legeleistung vergehen etwa 7 bis 8 Wochen. Die Legepause in dieser Zeit dauert 3 bis 4 Wochen.
Am Ende der Mauser wird das Licht beim Legebeginn zunächst auf 10 Stunden und bis zur vollen Legeleistung wieder auf 13 Stunden pro Tag hochgestellt. Was die Jahreszeit anbelangt, sei der Einfluss gemäss den Erfahrungen von René Bänziger nicht sehr gross. «Die korrekte Lichtsteuerung ist auf alle Fälle das A und O», betont Bänziger. [IMG 3]
Das Futter wird abrupt umgestellt, dies aufgrund der schlechten Mischfähigkeiten der beiden Futter. Es sollte verhindert werden, dass in der Legephase nach der Mauser auf einmal wieder Mauserfutter kommt. Das Silo sollte beim Einfüllen des Legehennenfutters leer sein. «Grundsätzlich erhöht sich der Futterverbrauch nach der Mauser nicht in grossem Mass. Der Unterschied zu einer Junghenne, welche in Produktion kommt, ist, dass das Huhn durch die höhere Eimasse einen höheren Bedarf an Eiweiss und Energie hat. Das Futter muss entsprechend angepasst werden», ergänzt Bänziger.
Nach der Mauser fallen im Schnitt mehr grosse Eier an als vorher. Durch die Direktvermarktung können die grossen Eier gut vermarktet werden, jedoch seien diese auch bei den Eierabnehmern wieder vermehrt gefragt. Ein weiterer Punkt, der sich gemäss René Bänziger durch die Mauser stark verbessert, ist die Eischalenqualität.
Dies beobachtet auch Bettina Gächter: «Die Schalenqualität ist der eindrücklichste Faktor bei der Mauser. Da die Schalendrüsen sich erholen können und die Kalziumspeicher wieder aufgefüllt wurden, ist die Eischale nach der Mauser wieder deutlich stabiler.» Nach der Mauser setzt René Bänziger ein Futter mit einem erhöhten Kalziumanteil ein, da der Bedarf der Tiere tendenziell grösser ist.
Stress während der Mauser je nach Herde unterschiedlich
Tierärztin Bettina Gächter weist auf das mögliche Auftreten von Verhaltensstörungen während der Mauserzeit hin. Die Tiere sind durch die abrupte Futterumstellung sehr hungrig und durch das Ausbleiben des Weidegangs mehrheitlich gelangweilt, es kann also schnell zu Fehlverhalten wie Kannibalismus und Zehenpicken kommen.
[IMG 5] In dieser Zeit sollte den Tieren zwingend zusätzliches Beschäftigungsmaterial angeboten werden. Heunetze, Picksteine, Plastikbälle usw. haben sich hierbei als sehr effektiv erwiesen. «Doch wiederum gilt, jede Herde ist anders und nimmt unterschiedliche Materialien unterschiedlich gut an. Zudem sollten die Beschäftigungen stetig gewechselt werden, um das Interesse daran hochzuhalten», betont Gächter.
René Bänziger hat in dieser Hinsicht gute Erfahrungen gemacht und bisher keine Probleme mit Verhaltensstörungen während der Mauser. «Generell sind die Hühner bei mir beim Übergang zum Legestart am anfälligsten auf Verhaltensstörungen», so Bänziger. Er setze in diesem Fall auf eine gute Beobachtung, um bei Bedarf eingreifen zu können. Kurzfristig könne auch die Lichtstärke reduziert werden. Besonders wichtig sei es zudem, dass die Herde schon im Vorhinein möglichst homogen ist, was viel Wissen und Erfahrung des Betriebsleiters benötige.
Braune und weisse Hennen besser getrennt mausern
René Bänziger hat Erfahrung mit der Mauser bei weissen und braunen Legehennen und kann deutliche Unterschiede beobachten. Generell sei die Mauser bei den braunen Herden anspruchsvoller, da die Legeleistung nicht so schnell abfallen würde wie bei den weissen Herden. «Weisse Herden legen bei mir in der Regel ab Beginn der Mauser nach 3 bis 4 Tagen keine Eier mehr, die braunen haben viel mehr Reserven», so Bänziger.
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Zudem mausern bei den weissen Herden 100 Prozent der Tiere richtig durch, bei den braunen hingegen nur gut 97 bis 98 Prozent.
Würden weisse und braune Hennen zusammen gemausert werden, kann die Herde sehr unterschiedlich werden, da gewisse Tiere erst kurz in der Mauser sind, während andere kurz vor dem Legen sind. Ein weiterer Punkt, die braunen und weissen Tiere separat zu mausern, stellt die daraus führende Homogenität der Herde dar, um Fehlverhalten entgegenzuwirken.
Voraussetzungen für das Durchführen der Mauser
Ob sich eine Herde für den Mauser-Umtrieb eignet, hängt von verschiedenen Faktoren ab. «Es sollte sich klar um Betriebe handeln, bei denen die verantwortliche Person einen guten Überblick über die Herde hat und diese auch engmaschig überwachen kann», sagt Bettina Gächter. Die tierbetreuende Person muss gerade in der Vorbereitung auf die Mauserphase viel Zeit und Arbeit investieren.
Weiter müsse auch mit dem Eierabnehmer abgeklärt werden, ob ein Mauser-Umtrieb überhaupt möglich sei. «Es gibt meines Wissens nur einen Schweizer Eierabnehmer, welcher die Mauser bei möglichst allen Zulieferern durchführen möchte», so Gächter.
Die Herde selbst ist jedoch der ausschlaggebende Faktor, um zu entscheiden, ob eine Mauser durchgeführt werden kann. Folgende Parameter zeigen, ob eine Herde gut für die Mauser vorbereitet ist:
- Gut aufgearbeitete Herdendaten
- Vorgängig durchgeführte Gesundheitschecks
- Gute Körperkondition trotz fortgeschrittenen Alters
- Ruhige und ausgeglichene Herde
- Legeleistung von mindestens 85 %
Generell gilt: Es sollten nur absolut gesunde Tiere gemausert werden. Herden, die kein stabiles Sozialkonstrukt haben, ausgepowert, krank oder sehr nervös sind, eignen sich laut Bettina Gächter nicht für die Mauser.
«Eine gut funktionierende Herde in engagierter Haltung kann durch die Mauser gut und Ertrag bringend noch ein weiteres Jahr genutzt werden», fasst Gächter zusammen.
Unterschiedliche Richtlinien je nach Label
Auch was das Mausern anbelangt, gibt es je nach Produktionsrichtung gesetzliche Aspekte, die beachtet werden müssen.
Gerade im Biobereich sollten die Biorichtlinien hinsichtlich des Futters und der Zusatzstoffe bekannt sein. «Es ist möglich, dass entgegen den Richtlinien ein kommerzielles Vitaminprodukt angewendet werden muss. Dies ist unbedingt mit dem Bestandestierarzt zu besprechen», betont Bettina Gächter. Ebenso könne es je nach Label zum Bedarf einer tierärztlichen Verordnung über die Dauer und Intensität der Lichtreduktion sowie den Hausarrest kommen. Dies sollte unbedingt vorgängig abgeklärt werden, rät Gächter.
«Tierschutztechnisch ist die Mauser eine Grauzone. Da sie jedoch der Tiergesundheit dienlich ist, können, wie auch bei den Label- und Biovorschriften, Rezepte vom Tierarzt zur zeitlich begrenzten Übertretung der Vorgaben beantragt werden», erklärt die Tierärztin. Dabei müssen der Ablauf und der Nutzen der Prozedur genau beschrieben werden.
Wirtschaftliche und planerische Aspekte der Mauser
Die Legehennenherden von René Bänziger weisen vor der Mauser etwa 92 bis 95 % Legeleistung auf. Bei voller Legeleistung nach der Mauser können anschliessend Leistungen von 94 bis 96 % erreicht werden. Beim Umtriebsende liegt die Legeleistung durchschnittlich bei 85 bis 90 %. Vor allem bei den weissen Hennen sei die Leistung bis zum Schluss verhältnismässig hoch.
«Bis jetzt habe ich noch keine weisse Herde mit einer Legeleistung unter 90 % ausgestallt», so Bänziger. Die Legehennen auf dem Geflügelhof Schönenbühl werden nach der Mauser noch bis in die 100. bis 105. Alterswoche gehalten. Für René Bänziger bietet der Mauser-Umtrieb wichtige Vorteile:
- Marktwirtschaftliche Gründe: Huhn kann über längere Zeit amortisiert werden, mehr Eier pro Huhn, tiefere Produktionskosten pro Ei, grosse Eier sind gefragt.
- Nachhaltigkeit: Weniger Küken müssen produziert und weniger Althennen müssen entsorgt werden.
«Zu erwähnen ist noch, dass wir nahezu alle Althennen entweder als Suppenhuhn oder verarbeitet in Fleischprodukten selbst verwerten können», ergänzt Bänziger.
Die grösste Schwierigkeit beim Mauser-Umtrieb ist sicher die Planung. «Die Mauser ist aus planerischer Sicht eher schwierig, weil sich jede Herde etwas anders verhält. Mal beginnen die Tiere früher zu legen, ein anderes Mal entspricht die Leistung vielleicht nicht den Erwartungen. Auch die Anzahl an Abgängen gegen Ende des Umtriebs unterscheidet sich je nach Herde», erklärt der Landwirt.
Zu beachten sei auch, dass die modernen Hybriden grundsätzlich nicht für ein hohes Alter gezüchtet werden.
Betriebsspiegel Geflügelhof Schönenbühl
René und Karin Bänziger, Wolfhalden AR
LN: 6 ha
Kulturen: Grünland, 35 Hochstammbäume
Tierbestand: 6000 Legehennen, 2400 Junghennen, 60 Mutterschafe
Weitere Betriebszweige: Direktvermarktung, Süssmostproduktion
Arbeitskräfte: René und Karin Bänziger, 5 Angestellte (Teilzeit)
www.schoenenbuehler-ei.ch