Kurz & bündig
- Die Generationengemeinschaft von Michael und Fritz Balsiger in Gerzensee BE produziert seit 2016 Pouletfleisch für die Micarna.
- Bei der Gesundheit des Geflügels ist das Stallklima relevant, welches konstant von Sensoren überprüft und bei Bedarf angeglichen wird.
- Ausserdem wichtig ist die regelmässige Kontrolle durch die Betriebsleiter, um das Wohlbefinden der Herde im Auge zu behalten.
- Zur Bekämpfung von Coli-Bakterien wird das Trinkwasser angesäuert. Bei Bedarf wird ein pflanzliches Präparat zur Immunstärkung verabreicht.
- Weitere Arzneimittel sind nur sehr selten nötig.
In der Geflügelmasthalle ist es 29 Grad heiss. Unter dem feinen Haarnetz, das die Besucher aus Hygienegründen tragen, bilden sich die ersten Schweisstropfen. Was für (einige) Menschen unangenehm ist, bedeutet für die acht Tage alten Küken ein perfektes Stallklima.
«Die richtige Temperatur, Luftfeuchtigkeit und ein angemessener CO2-Gehalt sind für die Gesundheit des Geflügels entscheidend», sagt Michael Balsiger. Als Generationengemeinschaft bauten Fritz und sein Sohn Michael Balsiger 2016 eine Pouletmasthalle. Seither produzieren sie auf ihrem Betrieb in Gerzensee BE für die Micarna Pouletfleisch.
In diesen Jahren sammelten sie einiges an Erfahrung, mit der sie heute zuverlässig die Gesundheit der Herde überwachen können. Temperatur, Luftfeuchtigkeit und CO2-Gehalt werden zwar laufend gemessen. Dies geschieht an verschiedenen Orten im Stall: Am Boden, wo sich das Geflügel befindet, an der Decke sowie die Aussentemperatur im Wintergarten. Die Heizung – übrigens eine Bodenheizung – und Lüftung regulieren sich automatisch, indem die gemessenen Werte mit hinterlegten Soll-Werten abgeglichen werden.
Die Abgangsrate als wichtiger Messwert für die Gesundheit
Doch die regelmässigen Kontrollgänge von Michael und Fritz Balsiger sind genauso wichtig. Insbesondere in den ersten zehn Tagen gehen die beiden vier bis fünf Mal pro Tag durch die Herde. Sie beobachten, ob sich die Küken gut verteilen oder ob sie sich entweder zu einem Haufen ballen – dann ist es im Stall zu kalt – oder ob sie sich an die Wände pressen – dann ist es zu heiss.
Die Landwirte schauen, wie die Tiere trinken und fressen, kontrollieren, wie das Wohlbefinden der Tiere ist und sammeln tote Küken ein. Mit Letzteren muss immer gerechnet werden – auch wenn natürlich ein Minimum angestrebt wird. Bei einem gesunden Umtrieb wird mit einer Abgangsrate von 1,5 bis 2,5 Prozent gerechnet. «Die Abgangsrate ist für uns ein weiterer wichtiger Parameter, um die Hühnergesundheit zu überwachen», erklärt Michael Balsiger.
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Betriebsspiegel der Generationengemeinschaft Balsiger
Fritz und Michael Balsiger, Gerzensee BE
LN: 26,5 ha
Kulturen: Winterweizen, Silomais, Kunstwiese
Tierbestand: 40 Milchkühe, rund 9600 Mastplätze für Geflügel
Weitere Betriebszweige: Lohnarbeiten
Arbeitskräfte: Fritz (100 %) und Michael (Teilzeit) Balsiger, mit Unterstützung der Familie
www.poulet-team.ch
Angesäuertes Wasser für schwächere Küken
Aktuell liegt die Abgangsrate eher am oberen Ende des Toleranzbereichs. «Die Elterntiere dieser Küken sind jung. Dementsprechend waren auch die Eintagsküken, die wir einstallten, eher klein und dadurch auch etwas schwächer», erklärt Balsiger.
Die toten Küken sind meist Kümmerer, die nicht mehr die Kraft fanden, zur Tränke und zum Futter zu kommen. «Das ist natürlich sehr schade. Aber ich mache mir nicht unbedingt Sorgen um die Gesundheit der Küken, da sie nicht aufgrund von Krankheiten sterben», so Balsiger.
Die kleineren Küken seien ihnen bereits beim Einstallen aufgefallen. Deshalb hat Balsiger das Wasser leicht angesäuert, um damit gegen die Coli-Bakterien vorzugehen und den Erregerdruck tief zu halten. Zusätzlich verabreicht er den Küken, ebenfalls über das Wasser, ein pflanzliches Präparat, das die Vitalität der Küken stärken soll.
Wasser ansäuern und Pflanzenpräparat für vitale Küken
«Wichtig ist, dass ich das gleich von Beginn weg mache, damit sich die Küken an den veränderten Geschmack und Geruch des Wassers gewöhnen. Wenn ich zu spät damit beginne, bricht der Wasserkonsum ein. Dann schwäche ich die Tiere zusätzlich, statt ihnen zu helfen», erklärt Balsiger. Beides – Ansäuerung und Pflanzenpräparat – wird bei Balsigers nicht standardmässig gemacht, sondern nur bei Verdacht auf schwächelnde Tiere. Abgesehen davon braucht Balsiger keine Arzneimittel beim Geflügel. «Ich bin sehr zufrieden, wie gesund meine Herden bis jetzt waren.»
Ist die Herde ernsthaft krank, ruft Michael Balsiger sofort den Tierarzt (siehe auch Interview mit Stéphane Blatti-Cardinaux). «Steigt die Abgangsrate, zählt jede Minute, um möglichst viele Tiere zu retten», sagt Balsiger. Der Tierarzt wird schnellstmöglich kommen, sich die Lage anschauen und gegebenenfalls die nötigen Medikamente verabreichen. «Das ist bis jetzt zum Glück nur zwei Mal vorgekommen», so Balsiger.
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Futter- und Wasserverbrauch sind aufschlussreich
Futter und Wasserverbrauch sind ebenfalls gute Indikatoren für die Gesundheit. Die Schnecke, die eines der drei Futter – Vormast-, Mast- oder Ausmastfutter – vom Silo in den Stall befördert, meldet die Futtermenge. «Es ist keine Waage eingebaut, sondern die Fördermenge pro Minute ist bekannt. Diese Angabe ist allerdings nicht allzu genau», erklärt Balsiger.
Verlässlicher ist daher der Wasserverbrauch. Ist dieser ungewöhnlich tief oder hoch, erhält Balsiger einen Alarm auf dem Handy. Bei den Futteralarmen geht es meist nicht darum, dass Hühner krank sind, sondern darum, dass bei der Technik etwas nicht stimmt.
«Einmal war der Futterbehälter leicht verschoben und es ging Futter daneben. Die Futterschnecke erhielt vom Sensor im Futterbehälter die Rückmeldung, dass mehr und noch mehr Futter gefördert werden muss. Ohne Alarm wäre am Ende der ganze Siloinhalt im Stall angehäuft gewesen», erinnert sich Balsiger.
Damit die Küken weniger mit dem Wasser «choslen»
Zurück zum derzeitigen Umtrieb: Eine Woche nach dem Einstallen ist die Herde auseinandergewachsen und präsentiert sich heterogen. Das erschwert es dem Landwirt, die optimalen Bedingungen für alle zu schaffen: «Für die Grössten hängen die Tränken bereits zu tief. Aber ich kann sie nicht höher stellen, weil sonst die Kleinsten nicht mehr zum Tränke-Nippel kommen.»
Dann müssen sich halt die Grösseren etwas bücken, ist doch nicht weiter schlimm – oder doch? Balsiger erklärt: «Idealerweise müssen die Küken den Hals leicht recken, um die Tränke-Nippel zu erreichen. So «choslen» sie weniger mit dem Wasser.» Das hat gleich zwei Vorteile: Zum einen ist der Wasserverbrauch geringer. Zum anderen wird die Einstreu unter der Tränke weniger nass.
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Eine trockene Einstreu ist eine weitere Voraussetzung für gesundes Geflügel. In trockener Einstreu entwickelt sich weniger Ammoniak, ein Gas, das ätzend-agressiv ist und die Füsse der Hühner angreift. Michael Balsiger legt daher besonderen Wert auf hochwertiges Einstreumaterial.
«Ich streue gepresste Strohwürfel mit dem Düngerstreuer ein. Diese Würfel sind vielleicht anfangs etwas zu grob für das perfekte Tierwohlbefinden. Aber die Würfel öffnen sich nicht sofort, sondern nach und nach und bleiben langfristig saugfähig.» Dementsprechend ist Balsiger auch mit der Gesundheit der Fussballen zufrieden.
Stall desinfiziert und Hygieneschleuse eingerichtet
Um gar nicht erst Krankheiten in den Stall zu tragen, legen Balsigers grossen Wert auf die Hygiene. Das fängt bereits vor dem Umtrieb an. In der Leerzeit, die mindestens eine Woche dauert, wird der ganze Stall gewaschen und desinfiziert. Letzteres übernimmt die Micarna für Balsigers. «Es sind zwar externe Kosten. Aber ich muss im Gegenzug diese mühselige Arbeit nicht erledigen. Ausserdem sind die Fachleute immer auf dem neusten Stand, was das wirksamste Desinfektionsmittel ist», sagt Michael Balsiger.
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Während des Umtriebs geht jede und jeder, der in den Geflügelstall geht, durch die Hygieneschleuse: Kleiderwechsel, betriebseigene Schuhe, die desinfiziert werden, Haarnetz. Und externe Besucher werden im Besucherjournal notiert.
Von alledem bekommen die Küken in ihrem 29 Grad warmen Stall nichts mit. Hauptsache, Wasser und Futter werden zuverlässig vorgelegt. Dann scheinen sie zufrieden – und gesund.
