Kurz & bündig

- Viele Menschen sehen ihr Pferd heute als Freizeitpartner. Das verändert die Anforderungen an die Haltung.
- Eine klare Linie und gute Kommunikation helfen bei der Stallführung.
Ausbildung ist Pflicht, zum Beispiel mit dem Lehrgang Equigarde.

Eine Ecke im alten Rinderstall räumen und leichtes Geld verdienen mit ein paar Einstellpferden? Die Chance ist minim, dass der Stallbetreiber und die Pferdehalterin auf diese Weise glücklich werden.

«Es braucht Pflichtbewusstsein, Aufmerksamkeit und vollen Einsatz», nennt Esther Bickel die Erfolgsfaktoren in dieser Branche. Sie führt in Niederglatt im Kanton Zürich einen Stall mit 16 Einstell- und zwei eigenen Pferden. Dass sie ein gut gelaunter und kommunikativer Mensch ist, hilft sicher auch.

«Je mehr du informierst, desto weniger Probleme gibt es. Und es soll allen wohl sein auf dem Hof», sind ihre Grundsätze. Sie verbringt sechs Tage die Woche viele Stunden im Stall, denn neben der Kommunikation in Chatgruppen, per E-Mail und Pinnwand im Stall brauche es den persönlichen Kontakt.

Hohe Ansprüche ans Zuhause der Pferde

Viele Pferdebesitzerinnen haben umfangreiche Erwartungen an das Zuhause ihres Lieblings. Wenn es nicht passt, sind sie schnell wieder weg.

Sie profitieren vom gestiegenen Konkurrenzdruck unter den Anbietern: Immer mehr Landwirtschaftsbetriebe haben die Pferdehaltung als Standbein entdeckt, während die Anzahl der Equiden in der Schweiz nach Jahren des Booms stagniert.

Dabei geht der Trend weg vom Sport; Arbeitspferde auf dem Feld und im Wald sind sowieso eine Rarität. Die meisten Equiden hierzulande sind Freizeitpartner für den Menschen, und der wünscht eine entsprechende Rundumbetreuung. Lange Futterpausen sind ungesund, man gönnt dem Pferd Weidegang, zu dick soll es aber nicht werden.

Kontakt zu Artgenossen ist wichtig, doch Schrammen sind unerwünscht. Auf dem Vormarsch sind ausgeklügelte Aktivställe, in denen sich das Tier beschäftigen und bewegen kann, für sich selber schätzt der Pferdebesitzer Reiterstube und Garderobe.

«Die Ansprüche sind sehr hoch geworden. Die Menschen wollen nur das Beste für ihr Pferd», stellt Esther Bickel fest. Das sei ja grundsätzlich gut, aber manchmal seien die Wünsche kompliziert und die Tiere würden vermenschlicht. Als Stallbetreiberin brauche sie eine klare Linie und müsse Grenzen setzen. «Und immer alle gleich behandeln, unabhängig von Sympathien.»

Bickel ist Stallbetreiberin mit drei Mitarbeitenden

Esther Bickel ist nicht die Besitzerin des Stalls in Niederglatt, sondern mietet einen Teil davon. Sie beschäftigt drei Mitarbeitende, die sich 180 Stellenprozente teilen. Gelernt hat sie mehrere Berufe: Handarbeits- und Werklehrerin, Hortnerin und Damenschneiderin.

Zur Stallbetreiberin wurde sie eher ungeplant, weil ihr Vorgänger ausstieg und sie mit ihren beiden Pferden nicht umziehen wollte. Dabei war für sie klar: «Ich will eine Ausbildung, um etwas in der Hand zu haben.» Sie wählte aus den verschiedenen Möglichkeiten den Fachkurs Equigarde der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften und des Schweizer Nationalgestüts in Zusammenarbeit mit dem Nationalen Pferdezentrum Bern.

Das strukturierte Programm überzeugte Esther Bickel

Sie hätte sich das Zertifikat näher und einfacher holen können. Es gibt Lehrgänge von verschiedenen Anbietern, die sich durch inhaltliche Schwerpunkte, Umfang und Kosten differenzieren, mittlerweile sind sogar Onlinekurse im Angebot.

Für Esther Bickel gab das strukturierte, kompakte Programm von Equigarde mit 17 Modultagen innerhalb von zehn Monaten den Ausschlag.

Bearbeitet wurden Themen zu Gesundheit, Fütterung, Verhalten, Haltung, Nachhaltigkeit, Betriebswirtschaft, Recht, Marketing, Kommunikation und anderem, unterrichtet von über 25 Fachspezialisten.

Die Projektleiterin von Equigarde, Sonia Holzer, nennt als Zielgruppe des Lehrgangs grundsätzlich alle Personen, die Equiden halten oder besitzen, ob Freizeitreiter oder gewerbliche Pferdehalterin. Es gehe darum, «das Wohlbefinden und die Zusammenarbeit mit dem Partner Pferd bestmöglich zu gestalten». Und zwar umfassend und auf hohem fachlichem Niveau.

Die Ausbildung ist eine Investition, die sich gelohnt hat

Esther Bickel hat den Equigarde-Kurs im Jahr 2018 erfolgreich abgeschlossen; «die Prüfung war happig, nicht alle haben bestanden». Auch das Schulgeld war mit gut 4000 Franken eine ordentliche Investition. «Aber es hat sich gelohnt», sagt sie. Sie sieht eine besondere Qualität von Equigarde in der Praxisnähe und den kompetenten Dozierenden, sie profitierte zudem vom Austausch in der Klasse.

Ihr Fazit: «Ich habe viel gelernt für meine Arbeit.» Dabei hat sie mehr als nur Fachwissen erworben. Persönlichkeitsbildung sei zwar kein Kursinhalt gewesen, die Ausbildung habe aber ihre Selbstsicherheit gestärkt, «und das brauche ich auf dem Betrieb».

 

Ausbildung

In der Pferdehaltung gilt eine Ausbildungspflicht. Bei mehr als fünf Equiden wird ein Sachkundenachweis (SKN) verlangt, bei mehr als elf Equiden eine berufsunabhängige fachspezifische Ausbildung (FBA). Neben Equigarde gibt es Kurse von mehreren landwirtschaftlichen Zentren und einigen privaten Anbietern.

Von der Ausbildungspflicht befreit sind Personen mit landwirtschaftlichen Berufen, Pferdeberufen oder einem Studienabschluss, der Pferdehaltung beinhaltet.

Liste der vom BLV anerkannten Organisationen für die Ausbildung von Pferdehal­terInnen: www.diegruene.ch/anerkannte-organisationen

 

Darauf kommt es an in der Pensionspferdehaltung
 
Zonenkonformität: Auf Landwirtschaftsbetrieben ist Pensionspferdehaltung unter bestimmten Bedingungen möglich, aber Infrastrukturbauten sind ausserhalb der Bauzone stark eingeschränkt. Mehr Freiheit bieten Gewerbe-, Sport-, Freizeit- und Spezialzonen für Pferdesport.

Wirtschaftlichkeit: Pensionspreise für Pferde variieren stark je nach Standort, Infrastruktur und Service. Ein Kostenfaktor ist der Zeitaufwand, wozu neben der Stallarbeit die Administration und der Kundenkontakt gehören. Eine Vollkostenrechnung schafft Klarheit über die Rentabilität.

Infrastruktur: Die Infrastruktur macht einen Stall attraktiv. Es hängt von der jeweiligen Kundschaft ab, ob eine Führanlage Priorität hat, eine geräumige Sattelkammer oder ganzjähriger Weidegang. Darum macht es Sinn, auf eine Zielgruppe zu fokussieren.

Dienstleistungen: Wer Pensionspferde betreut, bietet eine Dienst-leistung an und sollte seine Kundschaft entsprechend behandeln. Gute Kommunikation ist entscheidend für die Kundenzufriedenheit. Ein Pensionspferdevertrag mit klaren Abmachungen beugt Konflikten vor.

Versicherung: Im Pferdepensionsbetrieb ergeben sich Haftungsfragen zu Schäden, die das Tier verursacht oder erleidet, zu Diebstählen und anderem. Oft ist der Stallbetreiber grundsätzlich haftbar und die Schäden können hoch sein. Versicherungen müssen unbedingt angepasst werden.

Tierschutz: Der Pensionsgeber ist für die Einhaltung des Tierschutzes verantwortlich. Er muss die entsprechenden Vorschriften kennen und dafür sorgen, dass sie eingehalten werden. Auf Landwirtschaftsbetrieben gibt es für weiter gehende Tierwohlprogramme wie BTS und RAUS Beiträge.