Kurz & bündig

- Samuel Künzli und Carol Sidler kombinieren Arbeitspferde und motorisierte Landmaschinen.
- Ihre drei Arbeitspferde stehen das ganze Jahr im Einsatz.
- Die Ausbildung ist zeitintensiv, macht den beiden aber grosse Freude.

Eines stellt Samuel Künzli (35) gleich zu Beginn klar: «Das ist hier kein Gotthelf-Film.»

Er arbeitet mit Pferden, weil es für ihn und seine Partnerin Carol Sidler zum Betrieb passt. Mit dem romantisch geprägten Blick in die Vergangenheit kann er nichts anfangen.[IMG 2]

Deshalb hält er auch nichts davon, alte Maschinen vom Heuboden zu holen und einfach mal auszuprobieren: «Maschinen müssen perfekt in Schuss sein», sagt er.

Und Künzli investiert auch in Technik: Rund 12'000 Franken hat er 2020 für die Mähmaschine (inklusive Vorwagen) bezahlt, die er mit Hilfe eines Händlers aus Pennsylvania USA importiert hat. Das I & J-Mähwerk mit Doppelmesserbalken ist für Samuel Künzli wichtig, denn einen guten Teil der Futterbau-Arbeiten erledigt er mit seinen Freibergern. Er mäht dreispännig und schwadet mit den Pferden.

Bei Samuel Künzli sind die Freiberger das ganze Jahr im Einsatz

Ohne motorisierte Landmaschinen will er aber nicht arbeiten: «Ich habe einen Kreisler mit einer hohen Flächenleistung und das Heu führen wir ebenfalls mit dem Traktor ein.»

[IMG 3]Die Pferde setzt er das ganze Jahr ein: Im Frühling eggt er mit ihnen Wiesen, führt und zettet Mist. Im Ackerbau pflügt er teilweise mit drei bis vier Freibergern, er striegelt und hackt teilweise im Frühling auch den Mais zweispännig. Im Winter setzt er sie zum Holzrücken ein.

Die Begeisterung für Pferde hatte Künzli schon immer. Er ist nicht auf einem Hof aufgewachsen, aber im luzernischen Nottwil mit Pferden. Eines seiner Lehrjahre als Landwirt hat er bei Henri Spychiger auf dem Mont Crosin verbracht und beim ehemaligen Präsidenten des Schweizerischen Freibergerzuchtverbandes viel gelernt. Auch heute noch wendet er sich an ihn, wenn er bei der Ausbildung seiner Freiberger Fragen hat.

Denn Samuel Künzli und Carol Sidler züchten und bilden selber aus. «Ich arbeite extrem gerne mit jungen Pferden», sagt Carol Sidler. Die Pferde sind nach der Fohlenzeit auf einer Weide im Jura und kommen mit 2,5 Jahren zurück. Dann beginnen die beiden sanft mit der Ausbildung, die einen ersten Abschluss mit dem Feldtest findet.

«Doch damit ist es nicht getan», sind sich die beiden einig. Schritt um Schritt lernen die Freiberger bei ihnen die Arbeit mit den Landmaschinen. Zuerst werden sie an die Wiesenegge gewöhnt, erst später kommt das Mähwerk und die Arbeit im Wald.

Junge Pferde haben einen Lehrmeister, von dem sie viel lernen

Dabei nutzen die beiden geschickt das Wesen des Pferdes als Herdetier: Künzli und Sidler arbeiten meistens zweispännig, manchmal auch drei- oder vierspännig. «Unsere jungen Pferde haben dann einen Lehrmeister, dem sie vertrauen und bei dem sie lernen, dass die Geräusche keine Bedrohung sind», sagt Samuel Künzli.

Beim Eingrasen läuft die 5-jährige Stute Noblesse zwischen den erfahrenen Wallachen Helix (8) und Hektor (6). Künzli kennt seine vierbeinigen Mitarbeiter und weiss, wer zwar der Chef der kleinen Herde ist, aber etwas mehr Motivation braucht: Helix. Der etwas grössere Hektor ist enorm arbeitswillig und trägt bei der Arbeit «Blinker» (halbe Scheuklappen), damit er die an Helix gerichteten Winke mit der Peitsche nicht falsch versteht.

Handfeste Argumente für die Arbeit mit den Freibergen

Künzli steht dazu, dass für ihn die Arbeit mit den Pferden Seelenbalsam ist und ihm enorm Freude macht. Doch er hat auch handfeste agronomische Argumente für seine Bewirtschaftungsweise: Zum einen spart er Diesel und Traktorstunden, seine Maschinen halten länger.

Zum anderen ist es ihm als Landwirt wichtig, nahe an der Natur zu sein und diese zu beobachten. «Das geht nun mal besser, wenn ich mit den Pferden nahe am Boden bin, als wenn ich in einer klimatisierten Kabine sitze», sagt er. Ihm ist wichtig, den Boden zu schonen und so zu erhalten, dass er ihn an seine Nachkommen weitergeben kann: Pferde machen keine massiven Verdichtungen und weit weniger Fahrspuren als Traktoren.

[IMG 4] Die nächste Generation steht bei Samuel Künzli und Carol Sidler in den Startlöchern: Sohn Philipp (3) drängt auf den Kutschbock der Mähmaschine und demonstriert, wie er mit einem Handgriff den Doppelmesserbalken heben und senken kann – natürlich unter dem aufmerksamen Blick der Eltern.

Sicherheit ist bei der Arbeit mit Pferden ein grosses Thema: Künzli und Sidler legen zum einen grossen Wert auf gepflegtes, gut unterhaltenes Material. Die Geschirre sind geputzt und geölt, damit nichts bricht, die Maschinen in einem Top-Zustand.

Zum anderen geht Samuel Künzli beim Anspannen der Pferde an die Maschinen bedächtig vor und ist froh um Hilfe. Wenn immer möglich, sind die Maschinen gebremst. Fahren darf nur, wer Routine und das nötige Können hat. Lehrtochter Shannon Dodds (15) etwa fährt nur, wenn Samuel Künzli dabei ist.

Der Pachtbetrieb Kehrhof sichert der Familie die Existenz

Den Kehrhof bewirtschaften Samuel Künzli und Carol Sidler seit dem 1. Januar 2022. Der Pachtbetrieb ist im Besitz der Bally-Erben und gross genug, um der vierköpfigen Familie eine Existenz zu ermöglichen. Davor waren sie acht Jahre auf einem Pachtbetrieb in Buttisholz LU, den Samuel Künzli als «klein und fein» bezeichnet – aber leider zu klein für die Familie.

Carol Sidler arbeitet zwar weiterhin 40 Prozent auswärts als Bekleidungsgestalterin, ist aber sonst überall auf dem Betrieb, wo es sie braucht. Sei es beim Melken der Milchkühe oder dem Füttern der 200 Mastschweine.

Bei Samuel Künzli brauchen die Freiberger einen guten Schritt

Für die Freiberger haben sich die beiden entschieden, weil sie es wichtig finden, die Schweizer Rasse zu erhalten. Der Fremdblut-Anteil ihrer Tiere liegt bei allen unter 30 Prozent. Samuel Künzli findet aber andere Merkmale deutlich wichtiger: Er will robuste, nicht zu kleine Pferde mit einer breiten Brust und einer gewissen Masse. 1.60 m Stockmass und 650 Kilogramm findet er ideal.

Für den Einsatz auf seinem Betrieb ist ein guter Schritt entscheidend, in dieser Gangart erledigen seine Pferde die gängigen Arbeiten. Gesunde Hufe, ein gutes Fundament, straffe Sehnen und trockene Gelenke, darauf achtet Samuel Künzli.

Samuel Künzli gibt sein Wissen über die Arbeit mit Pferden gerne weiter

Künzli und Sidler haben auch schon eigene Nachzucht-Pferde verkauft, aktuell ist Stute Noblesse trächtig. «Damals war der Preis gerade kostendeckend, mittlerweile sind gut ausgebildete Freiberger aber gefragt», sagt er. Denn ein Pferd, das gut arbeite, sei auch ein ideales Freizeitpferd.

Wer eines ihrer Pferde kauft, muss dafür garantiert keine Angst haben, dass das Pferd durchbrennt, wenn ein Kehrichtwagen an ihm vorbeifährt: Beim Besuch auf dem Kehrhof zucken die drei Freiberger nicht mit der Wimper, als der Kehrichtwagen anrumpelt, den Container leert und wieder davon fährt. Samuel Künzli ist mit seiner Art der Bewirtschaftung in der Nachbarschaft gut akzeptiert, wohl auch, weil er es völlig selbstverständlich macht. «Ich muss keinem etwas beweisen», sagt er.

Er gibt sein Wissen aber gerne weiter, etwa mit Kursen für die IG Arbeitspferde. «Wer aber mit Pferden arbeiten will, muss es mit Freude und aus Überzeugung tun», sagt er. Deshalb hat ihm auch seine Zeit als Trainsoldat und Wachtmeister Freude bereitet: Die Arbeit mit dem ihm anvertrauten Lebewesen sei eine grosse Verantwortung, die er sehr geschätzt hat.

Künzli und Sidler wollen auch in Zukunft mit Pferden arbeiten

Zukunftspläne haben Künzli und Sidler, die Baubewilligung für einen neuen Pferdestall für sechs Tiere ist eingereicht. Aktuell freuen sich die beiden auf das Jungpferd, das aus dem Jura zurückkommt und mit dessen Ausbildung sie beginnen.

Samuel Künzli freut sich auf die Herausforderung: «Mit jungen Pferden lernen auch wir wieder immer etwas. Wie kann ich es so weit bringen, dass es Vertrauen hat und mir glaubt?»

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Betriebsspiegel Kehrhof

Samuel Künzli und Carol Sidler, Oberkirch LU
LN: 27 ha, 3 ha Wald
Bewirtschaftung: IP-Suisse
Tierbestand: 35 Milchkühe(Brown Swiss und Red Holstein), 200 Mastschwein-Plätze, 6 Freiberger (drei im Einsatz als Arbeitspferde, drei Aufzuchttiere)
Kulturen: Kunst- und Naturwiesen, Silo- und Körnermais, UrDinkel, Futterweizen, Raps
Arbeitskräfte: Betriebsleiterpaar Samuel Künzli und Carol Sidler sowie Eltern, Lernende Shannon Dodds

Die Schweizer Armee zählt auf 180 Freiberger und 20 Maultiere

Die Armee verfügt für Tragtier- und Patrouillenreitereinsätze über keine eigenen Pferde, sondern mietet diese für die entsprechenden Dienstleistungen mehrheitlich von privaten Pferdelieferanten ein («Lieferantensystem»). Zu einem kleineren Anteil werden die Pferde auch von den Armeeangehörigen des Trains, welche einen «Bund» während oder im Nachgang ihrer Rekrutenschule gekauft haben, selbst in den Dienst mitgebracht.

180 Freiberger im Militär
In diesem System kann die Armee auf rund 200 Tragtiere zählen (180 Freibergerpferde und 20 Maultiere). Die Entwicklung ist in den letzten Jahren zahlenmässig stabil.
Die Trainpferde und Maultiere werden jeweils in der ersten Novemberhälfte angekauft. Im Anschluss durchlaufen sie folgenden Ausbildungsgang:
- KW 46 bis 04: Zwölf Wochen Ausbildung durch das Berufspersonal des Nationalen Pferdezentrums (NPZ)in Bern
- KW 05 bis 07: Drei Wochen Ausbildung durch ein Detachement von erfahrenen WK-Soldaten am Standort Sand-Schönbühl BE
- KW 08 bis 19: 13 Wochen Einsatz und Weiterausbildung in der laufenden Veterinärdienst- und Armeetier-Rekrutenschule

Während der Phase in der Rekrutenschule werden sie in einem ersten Durchgang an interessierte Rekruten und in einem zweiten Durchgang an die Pferdelieferanten der Genossenschaften Ost und West verkauft. Ab diesem Verkaufstag haben die Eigentümer Anrecht auf Auszahlung des Mietgeldes. Die Pferde absolvieren aber ihren Ausbildungsgang bis zur Woche 17 dieser Rekrutenschule und werden erst dann sogenannt «abgeschatzt» und zu ihrem neuen Eigentümer transportiert.

Rund 8500 Diensttage pro Jahr
Jedes Tragtier leistet pro Jahr etwa 40 bis 50 Diensttage. Das ergibt rund 8500 Diensttage pro Jahr, ist aber selbstverständlich von der Anzahl der Trainsoldaten in Schulen und Kursen abhängig. Die Armee verfügt über drei Trainkolonnen (sowie zusätzlich je eine Veterinär- und Hundeführerkompanie). In diesen drei Kolonnen leisten rund 350 Train-Soldaten Dienst. Im Vordergrund stehen Transporteinsätze in unwegsamen Gelände zugunsten von militärischen oder zivilen Partnern. Daneben sind sie auch in der Lage, Holzrückearbeiten durchzuführen (z.B. bei Sturmschäden) oder Raumüberwachungen in unübersichtlichem und schwer befahrbaren Gelände vorzunehmen.

Die Kavallerie gibt es seit 1972 nicht mehr. Der Train hat jedoch Zukunft, schreibt Armeesprecher Mirco Baumann auf Anfrage: Die Schweiz, deren Geografie mit ihren Bergen durch genau derartiges Gelände geprägt ist, benötigt genau diese Fähigkeit, in schwierigem, für Fahrzeuge unzugänglichem Gelände Transportaufträge sicherzustellen, und dies bei jeder Witterung und in allen Lagen.
Ausserdem bieten die Patrouillenreiter die Möglichkeit, grössere unwegsame und unübersichtliche Geländeabschnitte geräuscharm zu überwachen und damit vorteilhaft zugunsten von anderen Bodentruppen eingesetzt zu werden.

800'000 Fr. pro Jahr für den Train

Neben dem Mietgeld von 40 Franken pro Diensttag werden den Pferde-lieferanten ein Bereitstellungsbetrag von 7 Franken pro Tag ausbezahlt. Dies geht mit der Verpflichtung einher, das betreffende Pferd für die Armee zur Verfügung zu halten und bei Bedarf in den Dienst zu stellen sind.
Zusammengezählt kommt hier ein Betrag von gegen 800'000 Franken jährlich zusammen. Dazu kommen die Kosten für Einstreu und Futtermittel während den rund 8500 geleisteten Diensttagen: Ein Pferd hat Anrecht auf 4 kg Stroh sowie 8 kg Heu und 4 kg Futterwürfel pro Tag. Diese werden zu Marktpreisen jeweils direkt während den Dienstleistungen gekauft.