Markus Bucheli vom Luzerner Berufsbildungszentrum Natur und Ernährung Landwirtschaft (BBZN) konnte einen Sandstall im italienischen Mantello besuchen und tiefere Einblicke in dieses Stallsystem gewinnen und sich von dessen Funktionalität selbst überzeugen.

Doch wie wird ein solcher Stall überhaupt angelegt? Die Laufflächen in Sandställen werden zunächst 50 bis 70 cm ausgehoben. In dieser Tiefe werden alle zwei Meter Drainagerohre mit einem Durchmesser von 60 bis 90 mm verlegt, in einem Gefälle von zwei Prozent zu den Abflussrohren hin. Eine feste Kunststofffolie sorgt dafür, dass der von den Kühen abgesetzte Urin zu den Drainagerohren geleitet wird. Sind die Rohre sowie die Folie verlegt, wird alles wieder mit Sand aufgefüllt.

Für ein gut funktionierendes System sollte der Sand eine Körnung von 250 bis 500 µm aufweisen. «In dem italienischen Stall, den wir besucht haben, war der Sand etwas feucht. Körnung, Kornform und Lehmanteil waren nicht optimal. Die Spezifikationen müssen dabei schon beachtet werden. Allerdings habe man den Sand einfach vom nahegelegenen Flussbett hergeholt. Daran lag es wahrscheinlich», erzählt Markus Bucheli mit einem Augenzwinkern. Eine Herausforderung stellen auch feuchte Witterungsverhältnisse und Nebel dar, der den Sand zusätzlich befeuchtet.

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«Früher oder später wird der Sandstall auch hier ausprobiert.»

Markus Bucheli

Ein mobiles Sieb sammelt die Kuhfladen ab

Koten die Kühe später auf die Fläche, bleibt der Kuhfladen oben auf dem Sand liegen. Ein- bis zweimal täglich wird der Kot mit dem sogenannten Bedding Cleaner abgesammelt. Dieser ist sozusagen ein mobiles Sieb, welches an den Traktor angehängt werden kann.

Der Bedding Cleaner siebt die oberste Einstreuschicht ab und befördert den Kot dabei in einen Auffangbehälter. Der saubere Sand fällt durch das Siebband wieder auf die Fläche.

«Dadurch gehen täglich zwei bis drei Millimeter Sand weg. Das entspricht für 50 Kühe ein bis zwei Kubikmeter», verdeutlicht Bucheli. Die Sandoberfläche dunkelt durch Kot und Feuchtigkeit etwas ab. Grabt man ein Loch in die Oberfläche, ist der Sand in etwa 10 cm Tiefe wieder komplett trocken und hell.

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Vertrieben wird das System unter dem Namen «Frei-Leben-Stall» der niederländischen Firma Hanskamp. «Grosse Vorteile bietet der Sandstall durch das anorganische Einstreumaterial in Sachen Euter- und Klauengesundheit. Die somatischen Zellzahlen gehen auf den Betrieben mit einer Lauffläche aus Sand stark zurück. Auch für die Klauengesundheit ist der Sand ideal. Die Klauen der Tiere in Mantello waren komplett sauber», berichtet Bucheli.

Neben einem hohen Tierkomfort sei gemäss der Firma Hanskamp die Geruchsbelästigung im Sandstallsystem geringer, die Nährstoffe können auf dem Betrieb gehalten werden und der Wartungsaufwand sei gering.

Hat das Sandstallsystem Potenzial in der Schweiz? Dies bejaht Markus Bucheli: «Die Schweizer Landwirte sind grundsätzlich schon neugierig. Ich denke, früher oder später wird der Sandstall hierzulande auch ausprobiert.»

Hohes Tierwohl, aber grosser Flächenanspruch

Ein Hindernis könnte allerdings der Flächenanspruch sein, den dieses System stellt. Während man in Kompostierställen mit einer Fläche von 10 m2 pro Kuh arbeitet, sind im Frei-Leben-Stall 20 m2 pro Tier notwendig. «Das überschreitet die vom Tierschutzgesetz vorgegebene Mindestfläche 3,5-mal», erklärt der Berater.

Zu beobachten sei, dass die Tiere durch das hohe Platzangebot ihre natürlichen Verhaltensweisen gut ausleben können. Es ist gewissermassen «die Weide im Stall», so Bucheli. Der hohe Flächenbedarf werde kostentechnisch in manchen Ländern durch eine Einsparung an Beton für das Stallfundament ausgeglichen.

«Dort kleidet man den Boden des Systems stattdessen mit einer Teichfolie aus. Theoretisch wäre das möglich, in der Schweiz allerdings in keinem der Kantone akzeptabel», erklärt Bucheli.

Keine Urinpfützen auf den Laufflächen

In Sachen Klimawirkung sei die saubere Trennung von Kot und Urin grundsätzlich positiv, weil so die Entstehung von Ammoniak-Emissionen vermieden wird. Der Urin versickert zudem innerhalb kurzer Zeit und steht nicht als Pfütze im Stall. Aufgefallen ist dem Experten bei der Stallexkursion zudem, dass die Kühe stets auf der Sandfläche Urin abgesetzt haben. «Wir waren insgesamt zwei Tage vor Ort und haben viele Stunden im Stall verbracht. Während der ganzen Zeit waren die betonierten Laufflächen trocken.

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Auf einer Linie standen etwa 120 Kühe und man sah keine einzige Urinpfütze», erzählt Markus Bucheli. Fraglich sei allerdings, ob in dem Milieu unter dem Sandbett Lachgas entstehen kann. «Für die Entstehung von Lachgas braucht es Stickstoff unter Luftabschluss. Ob dies beim Sandstall der Fall ist, wäre zunächst wissenschaftlich abzuklären», so der Experte.