Welche Stallsysteme bieten mehr Klimakomfort bei Hitze?
Erika Bigler: Grössere Geflügelställe verfügen über eine mechanische Lüftung und einen Stallcomputer, womit das Stallklima gesteuert und die Stallluft intensiv ausgetauscht werden kann. Diese Ställe sind gut isoliert, wodurch sie sich weniger schnell aufwärmen. Heute werden auch häufig Vernebelungsanlagen zur Kühlung fix eingebaut. In mobilen und kleineren Hühnerställen wird die Stallluft häufig nur über Lüftungsschlitze und Lüftungsöffnungen erneuert. Dies, und die eher schlechtere Gebäudeisolation, führt bei sommerlichem Wetter zu eher heisseren Temperaturen im Stall.
Sind die Aussenklimabereiche (AKB) vorteilhaft für die Bewältigung von Hitzestress?
Über 90 Prozent des Geflügels in der Schweiz hat Zugang zu einem AKB. Wenn dessen Dach isoliert oder nicht stark von der Sonne beschienen ist, kann der AKB durchaus eine leichte Entlastung des Hitzestresses bieten. Insbesondere, wenn allenfalls noch ein leichtes Lüftchen weht, das einen abkühlenden Effekt bietet.
Da die Tiere frei entscheiden können, wo sie sich aufhalten wollen, können sie den für sich angenehmsten Standort im Stall, im AKB oder allenfalls auf der Weide aufsuchen. Werden die Auslauföffnungen nachts oder zumindest abends offen gehalten, kann dies natürlich auch zu einer Abkühlung der Tiere und des Stallklimas führen.
Haben schwerere Rassen stärker mit Hitzestress zu kämpfen? Gibt es generell eine genetische Komponente die manche Rassen stärker für Hitzestress prädisponiert?
Je schwerer ein Tier ist und je grösser die Leistung des Tieres (Wachstum, Legeleistung), desto grösser ist die Wärmeproduktion des Körpers. Die überschüssige Wärme muss an die Umwelt abgegeben werden. Da das Huhn nicht schwitzen kann, ist dieser Prozess deutlich schwieriger als bei uns Menschen.
Vergleicht man die verschiedenen Geflügelarten, sind sicherlich die schnell wachsenden Masthybriden mit zunehmendem Alter (und somit Gewicht) am stärksten durch Hitzeperioden belastet. Diese müssen nämlich regelrechte Höchstleistungen erbringen.
Wie wirkt sich Hitzestress aus auf:
Wachstum: Hitzestress führt zu einem reduzierten Futterkonsum, welcher sich negativ auswirkt auf das Wachstum bei Mastpoulets und Junghennen sowie auf das Ei-Gewicht bei Legehennen.
Eierqualität: Insbesondere bei älteren Hennen führt Hitzestress zu einer schlechteren Schalenqualität.
Schlupfrate: Hitze führt zu einer geringeren Aktivität der Hähne, was zu einer reduzierten Befruchtungsrate und somit auch zu einer tieferen Schlupfrate führt.
Gibt es in besonders heissen Perioden Anpassungen bei der Fütterung zu beachten?
Ein Futterwechsel während Hitzeperioden ist unter Schweizer Bedingungen nicht praktikabel. Unterstützen kann man die Tiere mit der Beigabe von Vitamin C ins Tränkewasser.
In der Geflügelmast kann bei längeren Hitzeperioden die Lichtphase, und somit auch die Fütterungs- und Aktivphase der Tiere, etwas gegen den frühen Morgen verschoben werden. So sind die Tiere in der heissesten Zeit am Nachmittag weniger aktiv und produzieren selber weniger Wärme.
Können Landwirte eventuell Elektrolyte zur Verfügung stellen um die Tiere bei Hitzestress zu unterstützen?
Der Nutzen von Elektrolyten bei Geflügel ist wenig erforscht, scheint jedoch zu etwas höherem Wasserkonsum zu führen. Da Geflügel nicht schwitzen kann, ist der Verlust an Salzen deutlich tiefer als beim Menschen.
Wichtig für Geflügel ist der dauernde Zugang zu kühlem, frischem Wasser. In der Nacht kann den Masttieren der Zugang zur Tränke durch eine Orientierungsbeleuchtung von maximal einem Lux Helligkeit erleichtert werden.
Am besten kann das Geflügel unterstützt werden, indem die Temperatur durch Verdunstung von Wasser reduziert wird und/oder im Tierbereich mittels Luftbewegung ein kühlender Effekt erreicht wird.