Kurz & bündig
- Im neu lancierten Programm Suisag-BioSec geht es darum, die Biosicherheit auf den Schweinebetrieben zu erhöhen.
- Betriebe, die die Anforderungen erfüllen, erhalten ein Zertifikat.
- Nebst Weiterbildungen für die LandwirtInnen müssen insbesondere auch bauliche Massnahmen getroffen werden.
- Die Teilnahme am Projekt kostet. Hinzu kommen individuelle Investitionskosten. Als Anreiz werden Rabatte angeboten.

«Im Vergleich zu unseren Nachbarländern ist die Schweinegesundheit in der Schweiz sehr gut. Die Bestände sind frei von PRRS (Porcines reproduktives und respiratorisches Syndrom), enzootischer Pneumonie und APP (Actinobacillus pleuropneumoniae) und damit in einer guten Ausgangslage», sagt Stefanie Klausmann, Tierärztin beim Schweinegesundheitsdienst der Suisag. Nichtsdestotrotz – oder gerade deshalb – sei Biosicherheit ein wichtiges Thema.

Ein Risiko stellt beispielsweise die Afrikanische Schweinepest ASP dar. Im Radar-Bulletin des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen steht die Ampel für ASP auf rot: Das heisst, das Risiko eines Ausbruchs ist in der Schweiz hoch. Diese Einschätzung teilt Klausmann: «Wir haben uns daran gewöhnt, dass ASP in Wildschweinbeständen in Ost-Deutschland vorkommt. Man darf sich aber nicht in falscher Sicherheit wiegen.»

Bauliche Massnahmen wurden selten ergriffen

«Auch als das Thema noch ganz frisch und erschreckender war als heute, hatte ASP nicht zu dem grossen Fortschritt bezüglich Biosicherheit geführt, den wir uns erhofft hätten», sagt Nadine von Büren, ebenfalls Tierärztin bei der Suisag und Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung.

[IMG 2]

«Man darf sich aber nicht in falscher Sicherheit wiegen.»

Stefanie Klausmann, Suisag

Es haben nicht viele Landwirte bauliche Massnahmen ergriffen, um ihre Betriebe auf ein besseres Niveau zu heben. «Wir treffen ausserdem Betriebe an, die kaum Biosicherheitsmassnahmen umsetzen», sagt Klausmann.

Das ist nicht nur im Zusammenhang mit ASP und anderen Tierseuchen-Erregern relevant. Es geht auch darum, den Betrieb vor «alltäglichen» Krankheitserregern zu schützen.

So gehen interessierte BetriebsleiterInnen vor

Hier kommt die neue Dienstleistung namens Suisag-BioSec ins Spiel, die Mitte Dezember von der Suisag und Partnern lanciert wurde. Damit sollen die BetriebsleiterInnen künftig noch stärker für die Biosicherheit sensibilisiert werden. «Denn eigentlich müssen wir uns doch jetzt wappnen, bevor die ASP zu uns kommt», sagt von Büren. So funktioniert es:

  1. Betriebe, die beim Suisag-BioSec-Programm mitmachen, melden sich bei der Suisag an und bezahlen den Programmbeitrag.
  2. Anschliessend füllt der Betriebsleiter die ASP-Risikoampel aus, um eine erste Selbstanalyse der Biosicherheit des Betriebes zu erhalten.
  3. Anlässlich eines Betriebsbesuches wird das Selbstbild des Betriebes ergänzt mit dem Fremdbild der Tierärzte der Suisag. Daraus wird ersichtlich, wie der aktuelle Stand der Biosicherheit des Betriebes ist.
  4. Allfällige Lücken werden anschliessend durch individuelle Beratung und die Umsetzung konkreter Massnahmen gezielt angegangen.
  5. Ergänzend besucht der Betriebsleiter eine halbtägige Biosicherheits-Weiterbildung bei der Suisag. In den Folgejahren besteht die Weiterbildung jeweils aus einem zwei- bis dreistündigen Online-Kurs.
  6. Falls der Betrieb die notwendigen Anforderungen (siehe Kasten) erfüllt und die Weiterbildung besucht hat, bekommt er das Suisag-BioSec-Zertifikat.

Anforderungen an die Betriebe
Um zertifiziert zu werden, müssen nebst der ausgefüllten Risikoampel und den Weiterbildungen folgende Grundanforderungen sowie genügend Biosicherheitspunkte erfüllt sein.

Grundanforderungen, die alle zwingend erfüllt sein müssen, um zertifiziert zu werden:

- Sofern Auslauf vorhanden: Wildschwein-sicher umzäunt (kein Nase-Nase-Kontakt möglich; kein Durchschlupf von Frischlingen möglich; wenn doppelte Umzäunung nötig, dann min. 1,20 m hoch, Maschendraht oder ähnliches; kein Elektrozaun)
- Silos, Futterlager, Mistplatte und Verladerampe ebenfalls umzäunt
- Schleuse vorhanden (vor jedem Stalleingang, sodass ein klarer schwarz-weiss-Bereich entsteht)
- Zugang zu Schweinen findet nur durch Schleuse statt
- Handwaschgelegenheit vorhanden (Lavabo)

Biosicherheitspunkte, in verschiedene Kategorien gegliedert und verschieden stark gewichtet. Total können 49 Punkte erreicht werden. Um zertifiziert zu werden, müssen mindestens zwei Drittel, also mindestens 33 Biosicherheitspunkte erreicht werden:

Betriebsstruktur
- Keine Weidehaltung
- Quarantäneställe vorhanden und genutzt (betrifft nur fremd-remontierende Zuchtbetriebe)
- keine überbetriebliche Nutzung von Güllefahrzeugen/Gülle

Schädlinge
- systemische Schadnagerbekämpfung
- systemische Fliegenbekämpfung
- kein Vogeleinflug

Kadavermanagement
- korrekte Kadaverlagerung/sofortige Entsorgung
- extra Schuhwerk
- extra Kleidung
- auslaufsicheres Transportbehältnis

Zutritt zum Stall
- Hunde und Katzen haben keinen Zugang zum Stall
- Schweinestall-eigene Stiefel und Nutzung (Betriebsleiter/Mitarbeiter)
- betriebseigene Kleidung und Stiefel/Überzieher für Besucher

Reinigung und Desinfektion
- Reinigung 60°C, HD
- Leerzeit länger als drei Tage
- Desinfektion

Umgang mit kranken Tieren
- Fix installierte Krankenbucht, die als solche genutzt wird
- Lage der Krankenbucht/Arbeitsablauf sinnvoll

Quelle: Reglement Suisag-BioSec-Programm

Bauliche Massnahmen sind eine Herausforderung

Jeder Betrieb kann sich für das Programm anmelden. «Viele Betriebe werden noch bauliche Anpassungen wie die Umzäunung des Futtersilos in Angriff nehmen müssen, um zertifiziert zu werden», prognostiziert Nadine von Büren. «Uns ist bewusst, dass insbesondere die baulichen Anforderungen hoch sind. Wir haben uns dazu entschieden, weil wir nur so eine wirkliche, starke Verbesserung der Biosicherheit erzielen können.» 

[IMG 3]

«Wir müssen uns doch jetzt wappnen, bevor die ASP zu uns kommt.»

Nadine von Büren, Suisag

Doch wie sollen SchweinehalterInnen in der aktuell herausfordernden Marktlage motiviert werden, für die Biosicherheit zu bauen? Um Anreize zu schaffen, spannte die Suisag mit zwei Partnern zusammen:

  • Beim Zaunteam erhalten LandwirtInnen 10 Prozent Rabatt beim Bauen von Schutzzäunen. Um diesen Rabatt zu erhalten, reicht es, im Anmeldeprozess zu sein und man muss noch nicht definitiv zertifiziert sein.
  • Bei der Schweizer Hagel-Versicherungsgesellschaft erhalten Landwirte 10 Prozent Rabatt auf die Tierseuchen-Versicherung. Dies, nachdem sie endgültig zertifiziert sind.

Ob und wie andere Player der Wertschöpfungskette im Projekt mitwirken wollen, werde sich nun nach der Lancierung zeigen, sagen Klausmann und von Büren.

Biosicherheit macht jeder für sich selbst

Abo Personen vom Zivilschutz suchen mit Stangen den Waldboden nach toten Wildschweinen ab. Sachversicherung Die Nutztiere gegen Seuchen versichern Tuesday, 29. November 2022 Nebst den baulichen Massnahmen nicht zu unterschätzen sind die Biosicherheitspunkte. «Man kann baulich noch so gut vorbereitet sein. Wenn man die Stiefel nicht wechselt, bevor man in den Schweinestall geht, ist das Risiko immer noch gross», erklärt Nadine von Büren. 

Diese konsequente Umsetzung muss verinnerlicht werden – deshalb auch die jährlichen Kurse zur Auffrischung.

Mit Biosicherheit kann man den Eintrag und die Verbreitung von Krankheitserregern reduzieren. Das kommt auch der Wirtschaftlichkeit des Betriebs zugute: Ein gesunder Bestand braucht weniger Medikamente, hat eine bessere Leistung und es können gesunde Tier verkauft werden.

«Am Ende ist jeder Betriebsleiter selbst verantwortlich. Er schützt mit den umgesetzten Biosicherheitsmassnahmen den eigenen Betrieb und Bestand», sagt Stefanie Klausmann. Nadine von Büren ergänzt: «Wenn solche Biosicherheitsmassnahmen ergriffen werden, kann man im Ernstfall vielleicht einen Tick ruhiger schlafen.»

Kosten vs. Nutzen für die LandwirtInnen

Kosten
- Das Suisag-BioSec-Programm ist kostenpflichtig: 550 Fr. im ersten Jahr, danach 450 Fr. pro Jahr.
- Individuelle Investitionskosten in die Infrastruktur (Schutzzäune, Hygieneschleuse, usw.).

Nutzen
- Zertifizierung
- 10 Prozent Rabatt auf Erstellung von Schutzzäunen (Zaunteam)
- jährlicher Weiterbildungskurs
- ein ordentlicher Betriebsbesuch durch Tierärzte der Suisag pro Jahr
- 10 Prozent Prämienrabatt auf Tierseuchen-Versicherung (Schweizer Hagel)
- Gesenktes Risiko für die Einschleppung von Krankheitserregern und damit auch gesenktes Risiko von wirtschaftlichen Einbussen im Krankheits- oder Seuchenfall.