Während grössere Betriebe ihre Tiere dem Händler übergeben, der sie zum Schlachthof fährt, transportieren Lukas und Fabienne Buchli ihre Mastrinder selbst. Sie halten auf ihrem Hof «Bio Monti» im bündnerischen Scharans 18 Mutterkühe und deren Kälber nach den KAGfreiland-Richtlinien und lassen jedes Jahr 7 bis 10 Jungrinder für die Direktvermarktung schlachten.
Es ist gerade halb sechs Uhr, die Bäuerin ist früher im Stall als sonst. Sie füttert den Mutterkühen und ihren Kälbern Heu und etwas Chrüsch (Kleie) und macht ihre Arbeit wie sonst.
Den Viehanhänger schon am Vortag erkundet
Schliesslich geht sie zu Pierro, einem anderthalb Jahre alten Evolener-Stier, den sie und ihr Mann heute zur Schlachtung fahren wollen. Er ist mit einem Gatter von den anderen Tieren getrennt, aber in deren Nähe. Der Landwirt hat schon am Vortag den Viehanhänger an den Auslauf gefahren. «Pierro war gestern schon drin», erzählt die Bäuerin. Er konnte den mit Stroh und Sägemehl eingestreuten Anhänger in Ruhe erkunden. Je besser ein Tier für den Transport vorbereitet ist, desto leichter geht das Verladen, haben Buchlis festgestellt.
Fabienne bietet dem jungen Stier etwas Chrüsch in einem Plastikbecken an und krault ihn auf der Stirn. «So ist er das Berühren der Stirn etwas gewöhnt.», erklärt sie. Dann treibt sie ihn in den Auslauf und schliesst die Türe hinter ihm.
«Er ist etwas unruhig heute», bemerkt sie. Etwas zaghaft versucht sie, Pierro mit einem Schaufelstiel in Richtung Anhänger zu bewegen, aber er ignoriert es. Er spürt wohl, dass auch die Bäuerin etwas nervös ist und bleibt einfach stehen. Erst als ihr Mann in den Auslauf steigt und bestimmt von der Seite auf das Tier zugeht, weicht Pierro in Richtung Anhänger aus. Er betritt die Rampe und stoppt wieder. Es braucht das Chrüsch-Becken: Als Pierro damit gelockt wird, macht er die letzten Schritte in den Anhänger. Abschlussgatter zu und Rampe nach oben.
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Dem Tier auf dem Weg zur Betäubungsbucht Zeit lassen
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Während die Tierschutzverordnung sechs Stunden als maximale Transportzeit vorschreibt, darf sie nach den KAGfreiland-Richtlinien nur maximal zwei Stunden dauern.
Nach knapp zehn Minuten Fahrzeit ist Pierro am Schlachthof Realta, wo schon einige Kälber im Pferch vor dem Gebäude warten. Wir kommen wie ausgemacht pünktlich um halb sieben. Buchlis legen Wert darauf, dass ihre Tiere nicht lange warten müssen und sie dabei sein können, bis sich das Tier in der Tötungsbucht befindet. Das setzt voraus, dass sie zur vereinbarten Zeit kommen.
«Es gibt Tiere, die gehen schön vorwärts und andere, die einfach stehen bleiben», hat die Bäuerin schon am frühen Morgen erzählt. Pierro legt die paar Meter zwischen den Gattern vom Anhänger zum Gebäude zügig zurück. Dann stockt er. Ein Schlachthof-Angestellter schiebt schnell einen Holzbalken in das Gatter hinter dem Stier, damit er nicht zurückweichen kann.
Pierro braucht jetzt etwas Zeit, die neue Umgebung zu erkunden. Ohne sie wahrzunehmen, will er nicht weitergehen. Es ist wohl sein Instinkt, der ihn warnt, «unbedacht» vorwärts zu gehen.
Nun ist die Geduld des Treibers gefragt. Der Kugelschreiber, mit dem die Schlachthof-Veterinärin auf das Sitzbein des Tieres tippt, irritiert Pierro eher, als dass er ihn veranlasst, nach vorne zu gehen. Er schlägt nach hinten aus. Die Bäuerin bringt das Becken mit Chrüsch. Pierro macht ein paar Schritte nach vorne und schon geht das Falltor hinter ihm zu. Das Betäuben sieht man von aussen nicht mehr, sondern nur, wie Pierro kurz drauf kopfüber am Schlachtband hängt.
Tierschonendes Verladen gehört für Buchlis dazu
Die Schlachthälften kommen zur Metzgerei Fischbacher in Thusis, wo sie zerlegt und gelagert werden. Die Landwirte packen das Fleisch ab und liefern es direkt an ihre Kunden. Was Buchlis nicht direkt vermarkten, geht als Natura Beef an die Vianco.
Zu ihrem Angebot gehört nicht nur Fleisch, sondern auch alte Getreidesorten wie Einkorn, Dinkel und Weizen, die sie teils zu Teigwaren weiterverarbeiten. Buchlis mussten sich einen Markt für ihre Produkte aus tierfreundlicher Haltung und ökologischem Anbau aufbauen. Dass sie ihre Tiere schonend verladen und transportieren, ist nicht zuletzt auch ein Zeichen dafür, dass sie Mensch, Tier und Natur in Einklang bringen möchten. Etwas, das die Konsumenten von der Landwirtschaft immer mehr erhoffen und erwarten.
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Betriebsspiegel «Bio Monti»
Lukas und Fabienne Buchli aus Scharans (Graubünden)
LN: 37 ha, davon 10 ha Ackerfläche, 5 bis 6 ha Getreide (Einkorn, Dinkel, Weizen, Domleschger Mais)
Tierbestand: 18 Mutterkühe inkl. Kälber (Evolener und Kreuzungen), ca. 5 Mastremonten, Sömmerung auf Alp Danis
Weitere Betriebszweige: Teigwarenproduktion, Hofladen für Getreideprodukte inkl. Mais-Chips, Direktvermarktung von Fleisch
Arbeitskräfte: Betriebsleiter-Ehepaar, Angestellte zu 50 % und 15 %