Kurz & bündig

-Bei der künstlichen Grastrocknung bleiben mehr als 90 Prozent der vorhandenen Nährstoffe erhalten.
-Die Graspellets haben zudem einen hohen Anteil an pansenstabilem Eiweiss, welches im Dünndarm der Kuh aufgenommen wird und deren Eiweissbedarf deckt.
-Die Graspellets zeichnen sich durch eine hohe Schmackhaftigkeit aus, sodass sie zum Beispiel als Lockfutter im Melkroboter genutzt werden können.
-Die teilweise hohen Kosten der künstlichen Trocknung lohnen sich nur, wenn die Qualität des Schnittguts ausreichend hoch ist.

«Wenn Sie Spinat pflücken und diesen einfrieren, haben Sie im Winter fast erntefrischen Spinat. Ähnlich, wenn auch nicht genau gleich, ist es beim Trocknen von Grünfutter», erklärt Peter Bürli, der die Bürli Trocknungsanlage AG in Alberswil LU leitet.

Zum Unternehmen gehört eine Trocknungsanlage, in der unter anderem Gras getrocknet und zu Trockengraspellets verpresst wird. «Grastrocknung unter Zufuhr künstlicher Wärme ist die teuerste, aber dafür verlustärmste Konservierungsart», so Bürli.

Doch die Pellets bewähren sich: Auf dem Milchviehbetrieb von Herbert Meier aus Muri AG ist die Fütterung von Trockengras schon seit über 20 Jahren gang und gäbe. «Uns ist eine einfache und effiziente Fütterung wichtig. Wir legen Wert auf möglichst betriebseigenes Futter, Maispellets und Graspellets, sowie Luzerne-Strukturballen aus eigener Produktion», erzählt Meier, der Kunde bei der Grastrocknungsgenossenschaft Muri-Merenschwand ist.

Der Landwirt produziert viel Zwischenfutter, weil die Betriebsflächen knapp sind. «Dann ist es super, wenn ich im Frühling schöne Kunstwiesen trocknen lassen kann. Auch im Herbst kann ich gute Graspellets mit einem Rohproteingehalt von 22 bis 23 Prozent machen lassen», berichtet Meier.

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Graspellets als Lockfutter am Melkroboter

2020 hat die Familie einen neuen Stall gebaut und auf ein automatisches Melksystem mit Roboter umgestellt. Auch vorher, im alten Stall, wurden bereits Graspellets eingesetzt. Im neuen Stall hat die Fütterung der Graspellets allerdings einen höheren Mehrwert gebracht, denn Herbert Meier kann die Graspellets jetzt auch als Lockfutter am Roboter einsetzen. Die ersten zwei Jahre habe er die Pellets nur als Rationsbestandteil beigemischt.

Erst 2022 begann er damit, zwei bis drei Kilo Graspellets einzeln als Lockfutter einzusetzen. «Seitdem laufen mir die Kühe deutlich besser. Wir müssen nicht mehr viel nachtreiben. Das hätte ich schon viel früher machen sollen», berichtet der Landwirt und lacht.

Herbert Meier hat festgestellt, dass nur das beste Gras auch gute Pellets ergibt. Die Qualität des Ausgangsmaterials bestimme hier, wie so oft, die Qualität des Endprodukts. Auf dem Betrieb von Familie Meier gibt es einen Vormischer, in dem laktationsabhängig im Winter pro Tag und Kuh 3 bis 5 kg Graspellets, 3 kg Maiswürfel und 1,5 kg Zuckerrübentrockenschnitzel gemischt werden. Hinzu kommen circa 13 kg Heu und Emd sowie durchschnittlich 1,2 kg Eiweisskonzentrat. Im Sommer werden die Kunstwiesen eingegrast und die Kühe werden zusätzlich mit Maispellets, Zuckerrübenpellets und Heu gefüttert.

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Teuer, aber lohnend, wenn die Futterqualität stimmt

Nach den Nachteilen der Graspellets gefragt, merkt Meier deren Preis an. Sei die Futterqualität aber hoch, lohne sich die Investition allemal. Herbert Meier lässt sein Futter regelmässig auf die vorhandenen Nährstoffe hin analysieren. Das gibt Aufschluss über den vorhandenen RP-Gehalt.

Dementsprechend kann er die Menge an zugekauftem Proteinfutter zurückfahren. Das spart Kosten und ist besser für die Umwelt. «Bei den Graspellets weiss ich genau, woher sie kommen, weil es sich um ein regionales Produkt handelt. Das kann ich beim zugekauften Kraftfutter nicht sagen, weil es schlussendlich über die ganze Welt gekarrt wurde», sagt Herbert Meier.

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Höchster Anteil an bei pansenstabilem Eiweiss bei Trockengras

Um die Qualität von künstlich getrocknetem Wiesenfutter zu bewerten, analysierte die Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) im Projekt «TopGrün» mehr als 100 Futtermittelproben von Mitgliedsbetrieben des Verbands Schweizer Trocknungsbetriebe (VSTB).

Die Auswertung der Proben zeigte, dass das Trockengras im Vergleich zu siliertem oder belüftetem Wiesenfutter den höchsten Anteil an pansenstabilem Eiweiss aufweist, schreibt die HAFL in einem Merkblatt. Im Vergleich zu Grassilage habe das Trockengras etwa doppelt so viel pansenstabiles Eiweiss. Der Grund dafür liege im Proteinabbau während der Gärung und der Bildung von Ammoniak.

Pansenstabile Proteinquellen werden von den Pansenbakterien nicht abgebaut und haben dadurch die Möglichkeit, im Verdauungstrakt weiter zu wandern. Dem Dünndarm steht das Protein dann zur Aufnahme zur Verfügung. So steht den Kühen mehr absorbierbares Protein am Darm (APD) zur Verfügung, um ihren Eiweissbedarf zu decken. Luzernebestände und Klee-Raigras-Mischbestände eignen sich besonders gut für die Produktion von Trockengras mit hohen Gehalten an Rohprotein (RP), schreibt die Hochschule.

Kurze Anwelkdauer bringt schmackhaftes Futter

Bei der künstlichen Heisslufttrocknung durch die Wärmeschockbehandlung wird das Futter im Trocknungsbetrieb innerhalb von sechs Minuten getrocknet. Dies sei mit einer Verlustrate von weniger als zehn Prozent die verlustärmste Konservierungsart, die es gebe, so Peter Bürli: «Wir welken nicht so stark vor wie bei einer Silage. Wird Gras an der Sonne getrocknet, kommt es zu einem stündlichen Verlust des sekundären Pflanzenstoffs Beta-Karotin, einer Vorstufe des Vitamins A.» Die Anwelkdauer sollte so kurz wie möglich sein, bestätigen auch die Wissenschaftler der HAFL, da zu starkes oder zu langes Anwelken die Zucker-, RP- und Nährstoffverluste erhöht. Hinzu komme, dass das getrocknete Gras durch die Wärmeschockkonservierung sehr schmackhaft wird und das Trockengrün die Ration dadurch aufwerte, ergänzt Peter Bürli.

Was braucht es, damit das Trockengrün der Kuh schmeckt?

Für die Produktion von nährstoffreichem, schmackhaftem Trockengrün müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst ist die richtige Gräsermischung je nach Standort wichtig: Für eher trockene Standorte seien Luzerne-Gras-Mischungen geeignet, während die Mattenklee-Mischung für gelegentlich trockene Standorte zu bevorzugen sei. Die klassischen Englisch-Raigras-Weissklee-Mischungen funktionieren am besten an Standorten mit guten Niederschlagsverhältnissen.

Für Betriebe mit viel Gülle sind Mischungen mit Weissklee im Vorteil, schreibt die Hochschule in ihrem Merkblatt. Der Schnittzeitpunkt sollte zudem bei gräserreichen Beständen nicht später als beim Beginn des Rispenschiebens sein, um hohe RP-Gehalte zu erzielen.

Der Futterbau und somit auch die richtige Qualität des Schnittguts als Ausgangsmaterial muss stimmen. Besonders Kleebestände und Luzerne sollten früh geschnitten werden, wenn das Gras im Aufwuchs und der Proteinanteil sehr hoch ist.

Wird das Gras zu spät geschnitten, ist der enthaltene Proteinanteil bereits gefallen – dann kann die Trocknung auch nichts mehr wettmachen. «In einem solchen Fall ist das Gras eher hellgrün und riecht auch weniger stark», berichtet Bürli.

Werden zu alte Bestände getrocknet, kann die Wärmeschockbehandlung auch die Schmackhaftigkeit nicht mehr verbessern. «Wird hingegen frisches Kleegras getrocknet, werden die Pellets richtig dunkelgrün und die Scheune riecht von hinten bis vorne. Das ist wie ein Parfüm», erzählt Bürli.

Sind das Ausgangsmaterial und der Vorwelkgrad passend, so können die Pellets auch als günstiges Kraftfutter dienen, so Bürli. Durch die Schmackhaftigkeit der Graspellets erhöht sich nicht nur die TM-Aufnahme der Kühe – viele von Bürlis Kunden berichten zudem über weniger Klauenprobleme und eine verbesserte Fruchtbarkeit, seit sie die Graspellets in die Ration ihrer Milchkühe integriert haben.

Je nach Futterqualität lohnt sich künstliche Trocknung

Die Kosten der Grünfuttertrocknung sind auf den ersten Blick nicht unerheblich. «Die Trocknungspreise von Gras liegen bei uns je nach Jahreszeit und Menge zwischen 25 und 29 Franken je 100 kg Trockengut», berichtet Bürli. Allerdings müsse man zunächst einmal einen guten Überblick über die eigenen Kosten für die Silagekonservierung oder die Heubelüftung haben, um urteilen zu können, ob die Preise für Graspellets für den eigenen Betrieb wirklich einen Unterschied machen, erklärt der Leiter der Trocknungsanlage.

«Wenn die Futterqualität stimmt, macht sich die künstliche Trocknung bezahlt. Denn dann erhält man daraus hochwertiges Kraftfutter. Wenn allerdings jemand zu altes Gras in die Trocknung bringt, nur weil es vom Feld wegmuss, dann wird die Trocknung zu teuer pro Liter Milch. In diesem Fall ist die Rundballensilage günstiger», stellt Bürli klar.

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«Grassilage ist ebenfalls eine wertvolle Proteinquelle», sagt Stefan Probst, Dozent für Tierernährung an der HAFL und Leiter der dortigen Fachgruppe Nutztier- und Pferdewissenschaften. Allerdings sei diese nicht auf Käsereimilchbetrieben einsetzbar. Für solche Betriebe biete sich Trockengras als willkommene Proteinergänzung an, so Probst weiter.

Der Vergleich zu herkömmlichen Proteinquellen wie Sojaschrot, Rapsschrot oder Maiskleber sei unpassend, denn bei Letzteren handele es sich um klassische Kraftfuttermittel, während Trockengras ein gegebenenfalls sogar betriebseigenes Grundfutter sei.

«Zudem müssen die meisten dieser Proteinfuttermittel importiert werden, während Trockengras auf Flächen in der Schweiz angebaut werden kann. Insofern ist es ein wertvolles Futtermittel, durchaus auch für Silagebetriebe, da es eine mögliche einheimische Proteinquelle ist», erklärt Probst.

Betriebsspiegel der Familie Meier

Sibylle und Herbert Meier, Muri AG
LN: 30 ha
Kulturen: Kunstwiese, Naturwiese, Mais, Futterweizen, Hochstammbäume
Tierbestand: 55 bis 60 Milchkühe, 10 Rinder, 15 Kälber, 3000 Mastkaninchen
Weitere Betriebszweige: Pferdepension, direkter Milchverkauf mit Auslieferung
Arbeitskräfte: Sibylle und Herbert Meier, Jungmannschaft, zwei Lernende, Aushilfen