Kein Konsument will Pflanzenschutzmittel im Essen. Aber jeder will schön gewachsene und grosse Äpfel ohne Schorf und Wurmstiche. Und perfekte Kartoffeln, Rüebli und Salate. Und natürlich jederzeit genug Weizen für den Sonntagszopf. All das gibt es nur mit Agrochemie.

Die Geschichte des Pflanzenschutzes ist so alt wie die Geschichte des Ackerbaus und der Obstkulturen:

  • 850 v. Chr. schrieb Homer im alten Griechenland über gebrannten Schwefel zur Pilzbekämpfung.
  • 50 n. Chr. gibt Plinius der Ältere den römischen Bauern den todsicheren Rat, das hochgiftige Arsen als Insektizid zu verwenden.

Im 18. und 19. Jahrhundert wurden neue pflanzliche Wirkstoffe entdeckt, die gegen Schädlinge eingesetzt werden konnten. Von Nikotin aus Tabak-Blättern über Pyrethrum aus Chrysan-themen (heute noch in Insektensprays, Elektroverdampfern und Hunde-Floh-halsbändern) bis zu Rotenon aus den Wurzeln einer asiatischen Liane.

Im 19. Jahrhundert wurden erstmals Pflanzenschutzmittel im industriellen Massstab produziert. Vom Schweinfurter Grün (das stärker war als alle Armeen des 19. Jahrhunderts und Napoleon Bonaparte das Leben kostete) über Blei-Arsenat und Kupferkalk-Brühe (beide gegen den Kartoffelkäfer eingesetzt) bis Methyl-Quecksilber.

Schon 1874 synthetisierte der Österreicher Othmar Zeidler die Verbindung Dichlor-Diphenyl-Trichlorethan – er erkannte aber deren Bedeutung nicht. Erst 1939 führte der Schweizer Paul Hermann Müller bei Ciba-Geigy an Fliegen ein Screening verschiedener Chemikalien auf ihre insektizide Wirksamkeit durch und entdeckte dabei DDT. 1948 erhielt Müller dafür den Medizin-Nobelpreis.

DDT war lange das weltweit meistverwendete Insektizid: Einfach herzustellen, hoch wirksam gegen Insekten und gering toxisch für Säugetiere. Bis man entdeckte, dass sich DDT im Gewebe von Menschen und Tieren anreichert. 1968 verboten deshalb die USA und Kanada die Einfuhr von Schweizer Käse. In die Milch kam das DDT über eine insektizidhaltige Farbe, mit der viele Kuhställe zur Fliegenbekämpfung gestrichen wurden.

1972 wurde DDT in der Schweiz verboten, 1977 in Deutschland – aber erst 1992 in Österreich. Seit 2004 ist DDT weltweit nur noch zur Bekämpfung von Malaria-Mücken zugelassen.

Der Schweizer Verbrauch von Pflanzenschutzmitteln liegt seit 2008 stabil bei 2200 t

Ab den 1940er-Jahren entwickelte die Agrochemie die «modernen» Schädlings- und Unkrautbekämpfungsmittel. Alleine in der Schweiz werden gemäss Bundesamt für Landwirtschaft jährlich rund 2200 t Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe ausgebracht.

Geschätzt 85 bis 90 Prozent der PSM braucht die Schweizer Landwirtschaft, der Rest landet vor allem in Hobby-Gärten. Von den zehn meistverkauften Wirkstoffen werden Kaolin, Kupfer, Paraffin-Öl und Schwefel auch im Bio-Landbau eingesetzt

Von 2008 bis 2016 sank die Menge an Herbiziden um 225 t oder 27 Prozent, was vor allem auf den Rückgang von Glyphosat und die vermehrt wieder eingesetzte mechanische Unkrautbekämpfung zurückzuführen ist.

Insgesamt aber bleibt die Gesamtmenge der Pflanzenschutzmittel in der Schweiz seit 2008 stabil, weil vermehrt Insektizide gegen neue Schädlinge gebraucht werden. Mit dem Auftreten der Kirschessigfliege im Obstbau stieg zum Beispiel der Kaolin-Verbrauch nach 2011 um das 13-fache von 6,5 t auf 85 t/Jahr. Schweizer Landwirte brauchen rund 7 kg PSM pro Hektare Ackerland und Spezialkulturen – doppelt soviel wie ihre Berufskollegen in den Nachbarländern Deutschland und Österreich. Der Vergleich hinkt allerdings, weil in der Schweiz der Anteil an Spezialkulturen höher ist, in denen besonders viele Pestizide verbraucht werden.

Zudem ist das entscheidende Mass für die Intensität des Pestizid-Einsatzes nicht die eingesetzte Menge (Gewicht) pro Hektare, weil je nach Wirkstoff die benötigte Menge bis zum Faktor 1000 und mehr differiert.

Seit 1918 ist die Getreide-Anbaufläche in der Schweiz von 159 000 ha um 10 Prozent auf 83 700 ha gesunken. Gleichzeitig wurde die Getreide-Produktion von 151 500 t um 290 Prozent auf heute 539 300 t gesteigert. (3) (4) Dies war nur mit Pflanzenschutzmitteln möglich, die Ernte-Ausfälle vermindern.

Quellen:

(1) www.dgrn.ch/PSM_CH_
Verkaufsstatistik
(2) www.dgrn.ch/PSM_CH_Top10
(3) www.dgrn.ch/Getreide_1918
(4) www.dgrn.ch/Getreide_2018